Der bekennende Pazifist Kästner ahnt nichts von diesen „Kämpfen“, er möchte sich nur erholen. Jedoch kann er seine Winterfrische nicht uneingeschränkt genießen:
„In meinem Winter-Erholungsort,
da wackelt z.Z. die Wand.
Da treibt z.Z. in einem fort,
die deutsche Reichswehr Wintersport.
Für Gott und Vaterland.
…
Ich fühle mich total verirrt.
Ich fühle mich beengt.
Wie das Hotel von Sporen klirrt!
Und in den Zimmern hat der Wirt
Kriegsbilder aufgehängt.“
(Kriegsbericht; KiSch, S.44/45)
Aber nicht erst die Ruhestörung im Hotel lässt den berühmten Schriftsteller mit der „Reichswehr“ und allem Soldatischen hadern. Aufgrund seiner äußerst negativen Erfahrungen während seiner Rekrutenausbildung ist Kästner schlecht auf alles Militärische zu sprechen.
„Die Konstanten seines Denkens sind der unbedingte Pazifismus und das gesellschaftliche Engagement, …“ (EKeB, S.167), womit er auch den Hass der Nationalsozialisten auf sich zog: „Bereits 1931 und 1932 hatte der ´Völkische Beobachter´ … gegen Kästner gehetzt und damit angedeutet, was Schriftsteller wie er nach der `Machtübernahme` zu erwarten hätten.“ (EKeB, S.169)
Am 10. Mai 1933 loderten in Berlin und anderen deutschen Universitätsstädten die Scheiterhaufen der Bücherverbrennungen. Kästners Bücher, „alle(s), außer Emil“ (EKeB, S.179) wurden von den Nazis mit den Worten: „Gegen Dekadenz und moralischen Zerfall! Für Zucht und Sitte in Familie und Staat.“ (EKeB, S.180) in das Feuer geschleudert.
In Oberstdorf, im Jahre 1930, findet Kästner aber schließlich doch noch Ablenkung von den Wirrnissen der Zeit und nachdem er sich über das „Sporenklingen“ im Hotel Luitpold dichterisch ausgelassen hat, wendet er sich wieder den Vergnügungen zu. Es ist Faschingszeit und Kästner zeigt sich gegenüber den sinnlichen Ablenkungen des närrischen Treibens durchaus nicht abgeneigt. Aber auch hierbei stößt er auf ungeahnte Schwierigkeiten:
Der letzte Mohikaner
Im Kurhotel „Zum Wasserfall“
War gestern ein Apachenball.
Na, sehr lustig! Ich ging mit nacktem Oberteil.
Und auf dem Rücken stand „Ski Heil!“
Zwecks Echtheit blieb ich unrasiert. (...)
Dann stieg ich trällernd in die Bar.
Wo der Betrieb im Gange war.
Ich jodelte so gut es ging.
Der Widerhall war sehr gering.
Und als ich durch die Türe trat,
da hatte ich den Salat.
Na, sehr lustig!
Die Herren trugen alle Lack,
die meisten Smoking, manche Frack.
Die Damen wirkten allesamt,
als kämen sie vom Standesamt. (...)
Sie waren starr und sahen aus,
als käm ich frisch vom Irrenhaus. (...)
Dann stieg ich rasch, vor lauter Zorn,
so wie ich war, aufs Nebelhorn.
Seitdem lieg ich im Ortsspital.
Apachenball? Das letzte Mal!
(KiSch, S.45/46)