In der Silvesternacht wird nahe der Breitachbrücke ein junger Mann von einem Auto angefahren und tödlich verletzt. Der Fahrer, der in Richtung Oberstdorf fuhr, begeht Unfallflucht.
Laut der Volkszählung vom 10.10.1949 leben in Oberstdorf 8.540 Menschen, darunter sind 790 Evakuierte und 1.568 Heimatvertriebene. Durch Wegzug und Todesfälle ist die Einwohnerzahl innerhalb eines Jahres um ca. 1.000 Personen gesunken (Rückkehr vieler Evakuierter in die wiederaufgebauten Städte).
Aus dem Jahre 1949 stehen beim Markt Oberstdorf 46 Gewerbeabmeldungen 204 Gewerbeanmeldungen gegenüber.
Ein Vertreter des französischen Hochkommissars für Deutschland besucht das von Ing. Hermann Sörgel geleitete Atlantropa-Büro in Oberstdorf, um sich für den Aufbau einer Filiale in Paris zu informieren. Das Büro befaßte sich u. a. mit einem Damm zwischen Afrika und Europa und in diesem Rahmen mit einem Gezeiten-Kraftwerk zwischen Tanger und Gibraltar.
Bei einer Springertournee durch die Schweiz siegt Sepp Weiler in Lenzerheide, Arosa und Davos.
Georg Strobel und Josef Haggenmiller werden für ihre Leistungen beim Aufbau der Sanitätskolonne Oberstdorf und ihren jahrelangen vorbildlichen Einsatz vom Kolonnenarzt Dr. Knöckel zu Ehrenmitgliedern ernannt.
Der Platzwart der Tennisanlage an der Fuggerstraße, die im Winter als Eisplatz genutzt wird, Urban Tauscher, begeht sein 25jähriges Dienstjubiläum. „Urban” war für alle Tennisspieler und Eissportler eine Institution.
Die Naturschutzbehörde gibt ihr „Ja” zu einem „Versuchs-Skilift” am Nebelhorn.
Am Seekopf oberhalb des Seealpsees wird der aus Wolfratshausen stammende Wolfgang Metzger von einer Lawine verschüttet und kann erst nach tagelanger Suche tot geborgen werden.
Der in Oberstdorf lebende bekannte Ägyptologe Kurt Lange spricht im Rahmen eines Lichtbildervortrages über „Die Umwelt und Jugend Echnatons”.
Unter der Aufsicht von Notar Weiß wird die Oberstdorfer Sesselbahn AG gegründet. Erster Vorstand wird Bücherrevisor Ernst Merkel, Moritz Noack von der Nebelhornbahn und Gustl Seeweg werden seine Vertreter.
Mit Stefan Engel ist der letzte Schöllanger, von dem ein Lebenszeichen vorlag, aus russischer Kriegsgefangenschaft heimgekehrt; 16 Männer sind noch vermißt.
Februar
„Sepp Weiler den nordischen Gästen überlegen”, lautet die Überschrift des Zeitungsberichtes über das „Vierländerspringen”, das vor 7.000 Zuschauern auf der Schattenbergschanze stattfand.
Bei den „Jungfernsprüngen” auf der Skiflugschanze erreichen der Planer der Schanze Heini Klopfer 107 m,Toni Brutscher 112 m und Sepp Weiler 115 m.
Der von der Hochland-Film-GmbH München großteils in Oberstdorf gedrehte Film „Schicksal am Berg”, mit einer Reihe von einheimischen Darstellern, erfährt in Kempten die Welt-Uraufführung.
Hans Moser gastiert mit dem Münchner Volkstheater in der Oberstdorfer Turnhalle. Das Luststück „Weekend im Paradies” kommt zur Aufführung.
Als leitender Arzt des Oberstdorfer Krankenhauses wird der Internist Dr. Gerhard Henkel angestellt. Der Chirurg Dr. Karl Lohmüller und der Frauenarzt Dr. Hermann Schnitzer sind als freie Ärzte dort tätig.
Der traditionelle „Alt-Herren-Abfahrtslauf” wird in „Sepp-Brutscher- Gedächtnislauf” umbenannt.
Am Karatsbichl geht der Schlepplift der Gebrüder Schedler in Betrieb. Die Anlage befördert 480 Personen pro Stunde und überwindet 100 Meter Höhe und 450 Meter Länge.
Laie Andersen singt bei einem Gala-Abend im »Wittelsbacher Hof«.
Willi Klein wird bei den in Rottach-Egern ausgetragenen Deutschen Alpinen Skimeisterschaften Deutscher Meister im Spezialslalom.
Der Karatsbichl-Schlepplift
Deutscher Slalommeister Willi Klein
März
Im Rahmen der Eröffnung der 1. Skiflugwoche weiht Benefiziat Georg Zehter die neue Anlage. Es ist dabei so kalt, daß Akteuren der Musikkapelle Oberstdorf die Instrumente einfrieren. Die Springer sind alle im »Waldhotel Freibergsee« untergebracht. Als besondere Attraktion stellt Josef Schratt den von ihm gefertigten „größten Schuh der Welt” mit Schuhgröße 480 im Schanzengelände aus.
Die amerikanische Besatzungsmacht zwingt die Gemeinde, das Oberstdorfer Trinkwasser zu chloren.
Unter der Leitung von Josef Walter spielt die Musikkapelle am Josefstag zum Bockbierfest im Bahnhofhotel. Nach elf Jahren ist das der erste Starkbieranstich, und eine Reihe von Besuchern sind den „Stößen des Bockes” nicht gewachsen.
Im Rahmen einer Registrierung wird festgestellt, daß in Oberstdorf immer noch 176 Männer seit dem Krieg vermißt sind. Viele sind zu 15 bis 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt, weil sie aus Hunger einige Kartoffeln entwendet haben.
April
Der Gemeinderat genehmigt den Aufbau der Weckerlinie zur Alarmierung der Feuerwehr.
In der Tageszeitung ist zu lesen, daß die Walserstraße zwischen Ortsausgang und Walserbrücke „lebensgefährliche Schlaglöcher” aufweist.
Der als „Wunderdoktor” propagierte Friseurmeister Pietro Tranti hält im »Deutschen Haus« in Immenstadt Sprechstunden ab. Als ihm dies die Behörde untersagt, zieht er in die österreichische »Walserschanz« um.
Das von Josef Rees verfaßte Mundart-Theaterstück ,,‘s tüets allat wiedr” sorgt bei allen Aufführungen des Burschenvereins für ein volles Haus und einen Reinerlös von 459,- DM zu Gunsten der neuen Kirchenglocken.
Die Deutsche Bundesbahn und der Markt Oberstdorf liegen sich in den Haaren wegen des geplanten neuen Bahnhofes. Die Bahn fordert von der Gemeinde, daß die Anwesen Haug (heute Gruber) und Eltrich an der Walserstraße und die Anwesen Brutscher und Hochfeichter in der Zollstraße abgebrochen werden, um den Bahnhof bis an die Walserstraße heranziehen zu können, was der Markt natürlich ablehnt.
Frau Maria Böck, die langjährige Betreuerin des Heimatmuseums, konnte 1949 insgesamt 535 Besucher durch das Haus führen, wird bei der Versammlung des Trachtenvereins berichtet.
Mai
Der Skiclub Oberstdorf 1906 spendet aus den Einnahmen der Flugwoche einen Betrag, mit dem die neue kleine Kirchenglocke erworben werden kann. Die feierliche Glockenweihe findet am 21. Mai auf dem Marktplatz statt.
Der in Oberstdorf geborene Oberlehrer Otto Hengge, der sich um den alten Dialekt und das Liedgut verdient gemacht hat, feiert seinen 85. Geburtstag.
Eine Maikäferplage sucht das ganze Allgäu heim. Im Markt Oberstdorf werden von einem mittelgroßen Apfelbaum 32 kg der gefräßigen Tierchen herabgeschüttelt. Nachdem so ein „Vogel” ca. 1 Gramm wiegt, waren das rund 32.000 Käfer.
Auch die wiederholten Anträge auf Öffnung der Oberstdorfer Täler für den Kfz-Verkehr werden abschlägig beschieden.
Im „Wonnemonat Mai” haben sich 20 Paare das Jawort gegeben, sechs davon allein am 20. Mai.
Juni
Hans Gischl kehrt als einer der letzten Oberstdorfer aus einem russischen Zwangsarbeiterlager am Rande des Eismeeres, wo er als Kriegsgefangener im Bergbau zu arbeiten hatte, in die Heimat zurück.
Glockenweihe in Oberstdorf auf dem Marktplatz.
Der Autohersteller Opel zeigt auf dem Marktplatz einen Querschnitt seines Programmes. Neben Liefer- und Lastkraftwagen interessieren die Besucher sich besonders für die Pkw der Typen Olympia, Kapitän und das „Flaggschiff”, den Admiral.
Bei wiederholten Besprechungen sagt Kultusminister Alois Hundhammer die Verstaatlichung der gemeindlichen Oberrealschule zu, nennt allerdings keinen Termin.
Nach zwölf Jahren wird in einem großen Zelt im oberen Oybele der Wilde-Mändle-Tanz erstmals wieder aufgeführt.
Juli
Die Siedlergenossenschaft feiert den Hebauf von vier Häuschen in der Trettachsiedlung (heute Hermann-von-Barth-Straße).
Nach einigen Monaten Bauzeit nimmt die Sesselbahn (heute Söllereckbahn) den Betrieb auf. In Anspielung auf die nicht geringen Baukosten spielt die Oberstdorfer Musikkapelle bei der Einweihung den damals bekannten Schlager „Wer soll das bezahlen, wer hat soviel Geld ...”
Eine Allgäuer Boxstaffel, in der auch einige Oberstdorfer stehen, siegt gegen eine Augsburger Stadtauswahl im Wilde-Mändle-Zelt mit 10:6 Punkten.
Die Talstation der Söllereckbahn im Rohbau.
Einweihung der Söllereckbahn
von links: Carry Gross (mit Kamera),
Kurdirektor Hermann Schallhammer, Frau Gross, Bücherrevisor Ernst Merkel
Im Rahmen ihres 50. Gründungsfestes veranstaltet die Kolpingfamilie Oberstdorf in der Volksschule (Ludwigstraße) eine Handwerkerausstellung.
August
Der weltbekannte Zirkus Knie gastiert in Oberstdorf.
Ein 26jähriger Student wird auf dem Weg zwischen Kemptner Hütte und Hermann-von-Barth-Hütte ausgeraubt und getötet. Zwei junge Burschen sind der Tat verdächtig.
Nach Jahren ist wieder der Bau des Höhenweges von der Sölleralpe über den „Klonk” oberhalb des Herzrucken zur Schlappoldalpe im Gespräch.
Der „größte Schuh der Welt” ist auf einer Ausstellung in Köln zu sehen.
September
Oberstdorfs ältester Bürger, Oberforstverwalter Dr. h.c. Wolfgang Hohenadl, stirbt im Alter von 94 Jahren. Dr. Hohenadl hatte mit seinen Studien im Forstwesen neue Maßstäbe gesetzt.
Vor 75 Jahren hat die Alpenvereins-Sektion Allgäu-Immenstadt die erste AV-Unterkunft im Oberstdorfer Raum erbaut: das Waltenbergerhaus.
Der Balkon eines Hauses in der Nebelhornstraße wurde wiederholt von Lastkraftwagen weggerissen; diesmal war es ein amerikanischer Truck.
Bei einer Rettungsübung der Bergwacht in den Seewänden wird erstmals in größerem Umfang mit dem Stahlseil gearbeitet (1946 mußten 25 Bergwanderer aus den Seewänden gerettet werden).
Oktober
Vor 40 Jahren hat Hermann Rädler aus Langenwang den später nach ihm benannten Südwestgrat des Himmelhorns im Alleingang bezwungen.
Zu einer Feuerwehrübung in Gerstruben werden Motorspritzen mit Kettenkrädern hinaufgeschafft.
Ein Betrunkener wird, weil er einen Streit verursacht hat, aus einer Gaststätte verwiesen und randaliert draußen weiter. Ein Unbeteiligter versucht den Mann zu beruhigen und wird von diesem mit einem Messer so schwer verletzt, daß er Tage später verstirbt.
Der alte Plan einer Umgehungstraße im Osten Oberstdorfs wird im Gemeinderat immer wieder aufgewärmt.
Einige besonders robuste Badegäste steigen bei 15° bis 16° Wassertemperatur immer noch in die Fluten des Freibergsees.
November
Der vor Jahren vom Hochwasser weggerissene Obere Renksteg wird nach den Plänen von Dipl.-Ing. Alfons Huber durch eine Holzkonstruktion ersetzt.
Die „Rechtler” sind unter gewissen Voraussetzungen zu einem Teilungsvertrag mit der politischen Gemeinde Oberstdorf bereit.
„Dr Leachtlarzins”, ein Mundart-Bühnenstück von Josef Rees, wird im Theatersaal des Cafe Baur uraufgeführt.
Im alten Friedhof werden die Gräberfelder abgebaut und der Ehrenhain angelegt. Bei den Erdarbeiten kommt ein beschädigter alter Taufstein aus der Gotik ans Tageslicht.
Dezember
Die alte Hausnumerierung (von 1 bis 313 mit diversen Bruchzahlen) wird durch eine straßenbezogene Numerierung ersetzt.
Gleichzeitig werden die Neubaustraße in Nebelhornstraße und die Frühlingstraße in Freiherr-von- Brutscher-Straße umbenannt.
Nach einem langwierigen Prozeß mit diversen Gutachten wird Else Glaner, die im Vorjahr zwei Kinder getötet hatte, wegen Volltrunkenheit zu fünf Jahren Gefängnis und zur Einweisung in eine Heil- und Pflegeanstalt verurteilt.
Die Zweigpostämter Riezlern, Hirschegg und Mittelberg, die bisher dem Postamt Oberstdorf unterstellt waren, werden zum 31.12.1950 an die österreichische Postverwaltung übergeben.