Beim Standesamt Oberstdorf sind für das Jahr 1952 folgende Personenstandsvorgänge registriert: 119 Geburten (68 Buben und 51 Mädchen) stehen 112 Sterbefälle (56 männliche und 56 weibliche) gegenüber. Die Ehe schlossen 66 Paare. Der jüngste Bräutigam zählte 20 und der älteste 63 Lenze, die jüngste Braut war 17 und die älteste 56 Jahre alt.
Oberstdorf hat 7.970 Einwohner. Beim Gewerbeamt des Marktes wurden 1952 - 135 Gewerbe angemeldet, abgemeldet wurden 67.
Die Viehzählungen vom Dezember 1952 erbrachten folgende Ergebnisse: 113 Pferde, 8 Muli, 492 Kälber und Jungrinder, 733 Kühe, 17 Bullen und Ochsen, 133 Schweine, 74 Schafe, 77 Ziegen, 1.823 Hühner, 13 Enten und Gänse, 240 Bienenvölker.
Der Bundesverkehrsminister Hans Christoph Seebohm gratuliert Dipl.-Ing. Eugen Obenland von der Wetterstation Oberstdorf zu dessen 25-jährigem Jubiläum im Dienste der Klimaforschung.
Der Markt Oberstdorf hebt das monatliche Schulgeld für Schüler der gemeindlichen Oberrealschule von 20,- auf 30,- DM an, denn der Staatszuschuß für die Schule hängt auch von der Eigenleistung ab.
Im gemeindlichen Wohnhaus Am Faltenbach Nr. 10 bricht ein Dachstuhlbrand aus, den die Feuerwehr so dosiert bekämpft, daß die darunterliegenden Räume weiter bewohnt werden können.
Das gemeindliche Wohnhaus
Am Faltenbach Nr. 10
Siegfried Kuen kann auf 30 Jahre Tätigkeit als Chorregent in der katholischen Pfarrkirche Johann Baptist zurückblicken.
Walter Wiedmann, Fachlehrer für Biologie, Erdkunde und Chemie an der Oberrealschule Oberstdorf und Mitarbeiter an »Hegis Alpenpflanzenbuch«, promoviert mit „magna cum laude”.
Februar
Mit über 400 Teilnehmern wird der Abfahrtslauf der Oberrealschule, mit Ziel am Karatsbichl, schon zur winterlichen Großveranstaltung.
Eine „Geiger’sche Planierraupe” schafft den Durchbruch auf der Straße von Hittisau nach Balderschwang. Schneewehen bis zu sieben Meter Höhe hatten diesen Ort von der Außenwelt abgeschnitten.
Beim Skijöring in Oberstdorf sehen rund 2.000 Zuschauer interessante Rennen hinter Motorrädern und Pferden. Die Rennstrecke: Ludwigstraße - Heuweg - Speichackerstraße - Wannackerstraße - Prinzenstraße.
Wie ein roter Faden zieht sich durch alle Sitzungen des Marktgemeinderates die beantragte Verstaatlichung der gemeindlichen Oberrealschule. Die Gemeinde muß schon zum Jahresbeginn einen Fehlbetrag von über 82.000,- DM abdecken. Sollte sich bis zum 1. September im staatlichen Zuschußwesen nichts geändert haben, müßte die Schule zu diesem Zeitpunkt geschlossen werden.
Der Umbau der Umkleidekabinen im Strandbad Freibergsee hat schon begonnen.
Toni Brutscher, der mit Sepp Weiler und Heini Klopfer das Oberstdorfer „Springer-Dreigestirn ” bildete.
Max Bolkart, der insbesonders nach dem "Dreigestirn" Oberstdorfs Farben in aller Welt vertrat.
...bei einem Sprung auf der Flugschanze in der Zimmeroy
Beim Mannschafts-Pokalspringen in Münchberg siegt (neben dem Trio Brutscher - Klopfer - Weiler) Oberstdorfs damals „zweite Garnitur” mit Helmut Ackermann, Karlheinz Albrecht und Max Bolkart. Willi („Gummi”) Klein wird in Oberammergau Bayerischer Abfahrtsmeister, und Toni Brutscher fliegt am Kulm mit 116 Metern neuen Schanzenrekord.
März
In der Galerie Moliere in der Fuggerstraße ist derzeit eine Reihe von Bildern aus dem Besitz des Hauses Wittelsbach zu sehen. Prof. Hans Paul Ohmert restaurierte diese, unter anderem das von August von Kaulbach geschaffene „Prinzregenten-Bild”.
Über die lebenslange Sperre des Kölner Berufsboxers Peter Müller, genannt „de Aap”, wird neu verhandelt. Müller hatte in einem Kampf den Ringrichter k. o. geschlagen.
Wegen dringender Arbeiten an der Wasserreserve hat am 17. 3. ganz Oberstdorf zwischen 14 und 16 Uhr kein Wasser.
In eigener Regie erstellen Dipl.-Ing. Alfons Huber und Baumeister Richard Ogger nahe der Rubinger Brücke auf einer 4,3 Tagwerk großen Fläche einen Campingplatz (damals noch Zeltplatz genannt), weil auf dem bisherigen Platz, nördlich des Schützenhauses, SWW-Wohnhäuser gebaut werden.
Aus der Anfangszeit von Oberstdorfs Campingplatz an der Rubinger Straße. Im Vordergrund die noch ungemähte Wiese.
Der Landkreis Sonthofen gibt 25.000 - DM Zuschuß an die Oberrealschule Oberstdorf, weil diese die einzige neunklassige Schule im Landkreis ist.
Die Standard-Filmgesellschaft Hamburg dreht unter der Regie von Geza von Cziffra in Oberstdorf Szenen für den Film „Das singende Hotel” mit Rudolf Platte und Hans Söhnker.
April
Die Marktgemeinde Oberstdorf erwirbt von einer Erbengemeinschaft das »Parkhotel Luitpold«, das bis dahin von der Besatzungsmacht beschlagnahmt war.
Der »Verein der ehemaligen Rechtler der Ortsgemeinde Oberstdorf« erhält die Rechtsfähigkeit.
Um den Fortbestand der gemeindlichen Oberrealschule gibt es heiße Debatten im Gemeinderat. „Dem Steuerzahler von Oberstdorf kann nicht zugemutet werden, daß seine Steuermittel für die Kinder anderer Kreisgemeinden ausgegeben werden”, lautet ein Diskussionsbeitrag, denn drei Fünftel der nahezu 500 Schüler sind nicht aus Oberstdorf. Als die relativ geringen Staatszuschüsse angesprochen werden, meint sogar der Vertreter der Bayernpartei: „Wenn München so weitermacht, muß man sich tatsächlich überlegen, daß man in Schwaben andere Wege gehen muß.”
Das 1898/99 erbaute »Parkhotel Luitpold«, Oberstdorfs erstes Nobelhotel, auf dessen Grund heute das Kurhaus steht.
Der Kioskanbau (rechts) besteht heute noch.
Die Umstellung von 110 Volt Gleichstrom auf Wechselstrom wird im ganzen Ort vorangetrieben.
Mai
Laut Gemeinderatsbeschluß darf künftig bei Festen jeder Art nicht mehr vor 7.00 Uhr mit Böllern geschossen werden.
„Gerstruben gehört wieder den Oberstdorfern”, lautet eine frohe Meldung in der Tageszeitung. Die »Rechtler« haben ein Stück Heimat zurückgekauft.
Fritz Geiger folgt Philipp Knöckel als Geschäftsführer des Verkehrsamtes. Knöckel zieht es wieder auf die See hinaus, wo er schon zuvor als Offizier der Handelsmarine tätig war.
Die amerikanische Berufsfeuerwehr, die im westlichen Teil des Feuerwehrhauses untergebracht war, wird aufgelöst.
Im Rahmen der Staubfreimachung des Ortes erfolgt die Teerung der Weststraße. Diese hatte bis dahin nur eine wassergebundene Kiesdecke.
Das Heimatmuseum ist wieder täglich von 15.30 bis 18.30 Uhr geöffnet.
54-jährig verunglückt Erich Fürst von Waldburg zu Zeil mit seinem Jagdwagen tödlich. Der mitfahrende Christoph Graf Vojkffy bleibt unverletzt
Gerstruben, die alte Bergbauernsiedlung, wurde 1953 mit einem finanziellen Kraftakt von den Rechtlern wieder in Oberstdorfer Hände zurückgekauft.
Juni
Im Dienste für die Marktgemeinde kommen Ludwig Hörmann und Leo Huber ums Leben, als eine Brücke bricht und sie mit ihrem Unimog in den Hölltobel stürzen.
Die Oberstdorfer Singschule führt unter der Leitung von Lehrer Josef Wilhelm das Singspiel „Till Eulenspiegel” auf.
„Klein Hawaii” lautet die Unterschrift unter einem Bild in der Tageszeitung, das zwei kleine Mädchen in hawaiianischer Tracht zeigt, als diese an der Prozession zu Fronleichnam teilnehmen. Der Vater der Kinder ist ein hier stationierter US-Soldat.
Walter Just aus Heide in Schlewig-Holstein wird als 500.000ster Fahrgast der Sesselbahn (heute Söllereckbahn) geehrt.
„Wie verträgt sich das mit der deutsch-amerikanischen Freundschaft“, so lautet ein Zeitungsbericht dazu, daß binnen weniger Tage verschiedene Oberstdorfer Familien, unter Zurücklassung des Inventars, ihre Häuser verlassen müssen, weil Offiziere der in Sonthofen stationierten US-Truppen dort einziehen wollen.
Aus der Demonstration gegen die Erhöhung der Arbeitsnormen entwickelt sich am 17. Juni der Volksaufstand in Berlin. Bis zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung dient dieser Tag als gesetzlicher Feiertag zum Gedenken an die Opfer.
Im „feuchtesten” Juni seit dem Hochwasserjahr 1910 sind nur vier Tage ohne Regen.
Juli
Ab dem 1. Juli fährt die Eisenbahn auf der neuen Trasse entlang des Bannholzes. Die alte Bahntrasse, die parallel zur Bundestraße verlief, wird aufgelöst. Die Gemeinde erwirbt das Trassenstück zwischen Rubinger Straße und dem Güterbahnhof und legt darauf die Alpgaustraße an. Sie soll Entlastung für die Sonthofener Straße bringen und den Verkehr vom Zentrum abziehen. Die Baufirma THOSTI erstellt im Auftrag des Marktes Pläne, um das Bahngelände südlich der Alpgaustraße zu überbrücken.
Remig Zobl geht am Freibergsee eine 12pfündige Seeforelle an die Angel.
Nach der Einweihung der evangelischen Kirche im Kleinwalsertal müssen diese Christen nicht mehr nach Oberstdorf zum Gottesdienst.
Mit einem Festabend, einem Festzug und einer sportlichen Großveranstaltung im Oybele begeht der TSV Oberstdorf am 25/26. Juli sein 65. Gründungsfest.
Buchdruckereibesitzer Andreas Hofmann, der sich um das öffentliche Leben Oberstdorfs besonders verdient gemacht hat, stirbt am 31. Juli.
August
Das Wasserwirtschaftsamt führt Verbauungen der Stillach im Bereich von Faistenoy durch.
Im Sitzungssaal des Rathauses wird eine „Ahnengalerie” von Oberstdorfs früheren Bürgermeistern bzw. Gemeindevorstehern eingebracht.
Der Gymnasiallehrer und Heimatforscher Werner Grundmann wird als Nachrücker Mitglied des Marktgemeinderats.
Sägewerksbesitzer Hans Gschwender kandidiert für die »Deutsche Partei« zum Bundestag.
Nach dem Willen des Gemeinderats befaßt sich eine „Kommission” mit den Verkehrsfragen in Oberstdorf.
September
Zu Beginn des neuen Schuljahres besuchen 595 Schüler die Oberrealschule. Für diese Schülerzahl stehen 19 hauptamtliche und 7 nebenamtliche Lehrkräfte zur Verfügung.
Das ehemalige Realschulgebäude an der Fuggerstraße, in dem bis 1959 Unterricht gehalten wurde.
Der Haushaltsplan des Marktes schließt mit 2.424.316,97 DM bei den Ausgaben wie den Einnahmen ab.
Walter Müller beginnt in bewährter Weise wieder mit der Skigymnastik.
Der verfallene Gaißbachtobelweg vom Oytal zum Himmeleck wird von der AV-Sektion Allgäu-Immenstadt wieder instand gesetzt.
Mit Oskar Fries und Josef Forster aus Immenstadt kommen eine der letzten Heimkehrer aus russischer Kriegsgefangenschaft zurück.
Oktober
„Es ist anerkennenswert, daß der Gemeinderat trotz finanzieller Belastungen den Ankauf einer neuen Schultafel und eines neuen Stehbildgerätes genehmigt”, steht unter der Rubrik „Schöllang” im »Allgäuer Anzeigeblatt».
Bei einem Ausflug der Bergwachtbereitschaft Oberstdorf nach Lugano sehen einige junge Bergwachtler erstmals das Ausland.
Pfarrer Josef Rupp weiht die nach Plänen von Willy Huber erbaute Kapelle nahe dem Kinderheim Dienersberg ein. Mariele Brutscher und Sophie Huber sind die Bauherrinnen.
Die Marktgemeinde läßt in der Halle 18 der Jägerkaserne in Sonthofen das Mobiliar des »Parkhotel Luitpold« versteigern.
Mit einem Bild des Rappensees ehrt die Alpgenossenschaft Rappenalp den Hirten Ludwig Schwarz, der schon 25 Sommer dort tätig ist.
Bürgermeister und Kurdirektor Hermann Schallhammer feiert noch voller Schaffenskraft im Amt seinen 70. Geburtstag.
Der in Oberstdorf lebende weltweit bekannte Ägyptologe Kurt Lange hält im Rahmen der Volkshochschule einen Lichtbildervortrag über die „Wunderwelt am Nil”.
Die von Marktbaumeister Fritz Holzmann geplante Erweiterung der Volksschule an der Ludwigstraße wird beendet. Der Bau wird seiner Bestimmung übergeben.
Der Ausbau der Poststraße zwischen Sonthofener Straße und Im Steinach, bis dato nur ein Fußweg, wird in Angriff genommen. Gleichzeitig wird die Rubinger Straße auf einer Länge von 550 Metern geteert.
November
Am 1. November jährt sich zum 100. Mal, daß Oberstdorf eine Poststation erhalten hat. Die „Expedition” befand sich im Hause des „Offizianten”, des Gemeindevorstehers Alois Rietzler am Marktplatz (heute Buchhandlung Hofmann).
Im Rahmen seines 50jährigen Bestehens prämiert der »Verein der Gartenfreunde« den Blumenschmuck von über 250 Häusern.
Unter der Leitung von Centa Späth gastiert das in Oberstdorf beheimatete »Späth’s Bauerntheater« mit großem Erfolg einen Monat lang in Frankfurt.
Der verdienstvolle Ehrenvorstand des TSV Oberstdorf, „Turnvater” Johann Georg Buhl, wird ins Jenseits abberufen.
Einen Lichtblick für die vielen Wohnungsuchenden bildet das Richtfest für das dritte SWW-Haus nahe der Schießstätte.
Auf den Rohbau von Oberstdorfs zweitem Kino, der nach Fertigstellung 800 Sitzplätze aufweisenden »Filmbühne« (heute PLUS-Markt), kann der Richtbaum aufgesetzt werden.
Für die Sommersaison werden 585.749 Gästeübernachtungen gezählt.
Dezember
Im Rahmen der Tagung der Feuerwehrkommandanten des Landkreises wird am Marktplatz das neue Magirus-Tanklöschfahrzeug der Freiwilligen Feuerwehr Oberstdorf geweiht.
Mit 1.350 Kindern gefüllt ist die Turnhalle, als dort das Schwäbische Landesschauspiel das Märchen vom „Aschenputtel” aufführt.
Durch Spenden von verschiedenen Personen ist der Eintritt für alle Kinder frei. Nur Tage später sehen über 1.200 Kinder das „Rumpelstilzchen”, das die Hindelanger Märchenbühne zur Aufführung bringt.
Unter Einbeziehung des Hauses »Schwabenland« und des »Starenhäusel« eröffnen Georg und Gerda Filser in der Freibergstraße ihre Hotelpension.
Eine sechsköpfige Bergwachtmannschaft, die einen vermißten Bergwanderer sucht, wird am 27.12. um Mitternacht am Großen Seekopf, oberhalb des Seealpsees, von einer Staublawine erfaßt. Vier Männer können sich selbst befreien und graben ihre Kameraden aus. Der Gesuchte verbrachte eine feuchtfröhliche Nacht in der Hütte am Seealpsee.
Die Vorbereitungen für die Wintersternfahrt des ADAC, mit Hauptort Oberstdorf, laufen auf vollen Touren. PKW, Motorräder mit und ohne Beiwagen sowie Roller bilden je eine Klasse. Start und Tagesziel soll jeweils Oberstdorf sein.
Mit einem Nachtspringen auf der Kühbergschanze endet das Sportjahr 1953.
Die Kühbergschanze, die im Volksmund „Jugendschanze” genannt wurde, war für die jungen Springer eine Zwischenstation von der kleinen Schneeschanze zur Schattenbergschanze.
Quellen: »Allgäuer Anzeigeblatt«, Jahrgang 1953; eigene Aufzeichnungen.