Die Ende 1932 durchgeführte Volkszählung ergab für das beginnende Jahr 1933 folgende Bevölkerungszahlen für Oberstdorf: Bewohner männlich 1.952; weiblich 2.429; gesamt 4.381 Einwohner in 935 Haushaltungen.
Otto Rees (Logelars Otto) hat die Waagmeisterstelle vor 25 Jahren von seinem Vater Adolf Rees übernommen. Die Gemeindewaage ist seither zweimal umgezogen: vom Rathaus zum Bahnhof, vom Bahnhof zum Güterbahnhof - heute Grundstück Ogger.
Auf dem Eisplatz (Tennisplätze) wird die bayerische Meisterschaft im Eiskunstlauf ausgetragen. Erstmals wird der Lindenacker nicht mehr zum Eislauf freigegeben. Die Umkleideräume dort werden den Leseräumen angegliedert.
Der bekannte Allgäuer Heimatgeschichtsforscher Oberstudiendirektor Max Förderreuther erlebt die Herausgabe seines Büchleins „Bunte Blätter aus dem Allgäu” nicht mehr.
Bei den Allgäuer alpinen Skimeisterschaften siegen beim Abfahrtslauf, der am Stuibengipfel gestartet wird, Franz Faschingsleitner und Senzl Kaiser vom SCO, die beide auch den Slalom und damit die alpine Kombination gewinnen.
Die Einrichtung eines Flugplatzes für Rund- und Sonderflüge in der Rubingeroy wird vom Ortsausschuß abgelehnt.
Durch die enormen Kostenüberschreitungen beim Bau der Nebelhornbahn ist die AG in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Die Lokalbahngesellschaft (LAG) steigt ein. Bei dem Vergleich erleiden die ortsansässigen Aktionäre erhebliche Vermögenseinbußen.
Die Hirtendingung für die gemeindlichen Herden bringt folgendes Ergebnis: untere Gassenkuhherde Peter Schmid (Uihändler), obere Gassenkuhherde Ludwig Weiler,
Rinderherde Josef Schwarz, Kalbelesherde Ludwig Waibel und Kälberherde Joachim Jäger.
Wirtschaftskreise im oberen Allgäu verhandeln mit der Lokalbahn-AG (Immenstadt - Oberstdorf) um Reduzierung der Fahr- und Frachtpreise, die gegenüber den Reichsbahn-Preisen um 100 % erhöht wurden.
„Die Wilden”, die Ski-Elite des Turnvereins, feiern ihr zehnjähriges Bestehen.
Nach dem „Tag von Potsdam” (21.3.33) verleiht auch Oberstdorf - wie viele andere Orte Deutschlands - Reichspräsident von Hindenburg, Reichskanzler Hitler und General von Epp die Ehrenbürgerwürde.
Josef Schratt, der die niederländische Königin Wilhelmine und Prinzessin Juliane anläßlich deren Aufenthalt 1930 in Oberstdorf mit Sportschuhen belieferte, erhält das Diplom „Hoflieferant der Königin der Niederlande” (heute im Heimatmuseum).
Im Rahmen der allgemeinen Preissenkungen wird von Oberstdorfer Käsereien ein Pfund Schweizerkäse für 80 Pf. und ein Pfund Stangenkäse für 30 Pf. angeboten.
Aufgrund des sog. Gleichschaltungsgesetzes wird der Gemeinderat aufgelöst und ein neuer Gemeinderat eingesetzt. Gemäß der Stimmenzahl bei der letzten Reichstagswahl werden die Mandate wie folgt verteilt: NSDAP 10, „Kampffront Schwarz- Weiß-Rot” 3 und Bayerische Volkspartei 2 Sitze. Zoll-Bezirkskommissar Zettler wird 1. Bürgermeister und Bankdirektor Müller 2. Bürgermeister.
Der Katholische Gesellenverein bringt im Nebelhornbahnhotel das in der Mitte des 15. Jahrhunderts handelnde und sich mit dem Dombau befassende Theaterstück „Der Steinmetz von Köln” zur Aufführung.
Der Milchkäufer bezahlt für die Bergmilch der Alpe Schlappold im Sommer 1933 zehn Pfennig pro Liter.
Im Rahmen einer Pressefahrt besucht der bayerische Staatsminister Hermann Esser mit 25 ausländischen Journalisten Oberstdorf.
Der hohe Kamin am Elektrizitätswerk wird abgebrochen.
Die in Hindenburgstraße umgetaufte Hauptstraße und die Oststraße werden asphaltiert.
Der Marktbaumeister von Sonthofen, Fritz Holzmann, tritt, mit gleichen Aufgaben betraut, in die Dienste des Marktes Oberstdorf.
Bürgermeister Zettler schlägt der Versammlung der Arbeitsgemeinschaft Allgäuer Verkehrsvereine den Bau einer Illerdamm-Straße zwischen Sigishofen und Oberstdorf vor.
Josef Sehrwind geht als Nachtwächter die letzte Runde durch Oberstdorf. Die Verstärkung der Gemeindepolizei macht diese Tätigkeit entbehrlich.
Die Sonnwendfeier wird im Stil der Zeit eine politische Kundgebung.
Nach fünflähriger Pause wird im Festzelt im Oybele der Wilde-Männles-Tanz aufgeführt.
Der Haushaltsplan 1933/34 der Gemeinde Oberstdorf schließt mit Einnahmen und Ausgaben von 325.270,- RM (1932/33 = 348.179,- RM) ab.
Die Gemeinde gibt an minderbemittelte Einwohner Bezugsmarken für verbilligtes Roggenbrot (Pfund 6 Pfennig) ab.
Reichsarbeitsminister Franz Seldte wohnt im Parkhotel Luitpold und besichtigt „seine Scharnhorstjugend”, die Jugendorganisation des „Stahlhelm”.
Der GTEV Almrausch begeht sein zwanzigjähriges Gründungsjubiläum, das mit dem Allgäuer Gaufest verbunden ist.
Ministerpräsident Dr. Siebert und Gemahlin weilen als Gäste im Wittelsbacher Hof.
Kaspar Schwarz und Anton Stolz bezwingen als erste die direkte Nordwand vom Roten Loch zum Ostgipfel der Höfats.
Im Zuge der Arbeitsloseneingliederung darf die Oberstdorfer Musikkapelle die Kurkonzerte nicht mehr bestreiten. Eine aus 17 Berufsmusikern bestehende Kurkapelle gestaltet nun die Konzerte.
Am Oberstdorfer Viehscheid werden für Rinder zwischen 350 und 420 Mark bezahlt. Für ein Kranzrind sollen 500 Mark erlöst worden sein.
Das Erntedankfest wird unter anderem mit einem Festzug durch den Ort begangen.
Das jahrelange Rätseln und Suchen nach Standort und Ausführung der Turnhalle hat ein Ende. Nach den Plänen von Architekt Willi Huber wird der Bau neben der Volksschule errichtet.
Hauptlehrer Zirkel veröffentlicht eine Reihe heimatgeschichtlicher Aufsätze und hält auch Vorträge dieser Art.
Die amtliche Viehzählung für die Gemeinde Oberstdorf bringt folgendes Ergebnis: Pferde 122, Esel 5, Rindvieh 1.721, Schweine 231, Schafe 8, Ziegen 43, Federvieh 1.994; Bienen 141 Völker.
Im Oberstdorfer Kino läuft der hier gedrehte Beck-Gaden-Film „Der Schuß am Nebelhorn”, bei dem eine Reihe Einheimischer mitwirkten.
Die von der Reichsregierung erlassene Grenzsperre nach Österreich bringt Oberstdorf eine noch nie dagewesene Anzahl an Gästen und Übernachtungen.
Anmerkung:
Als Grundlage für die Ausarbeitung der Jahreschronik „Oberstdorf vor 50 Jahren” diente der Jahrgang 1933 des „Oberstdorfer Gemeinde = und Fremdenblattes”.