Wie das Oytalhaus entstand

von Agnes Schöll am 01.12.1991

Von Oberstdorf führt der Fahrweg von der Mühlenbrücke aus zum Kühberg bergan, am Abhang des Schatten-berges südwärts und biegt dann östlich taleinwärts in das schöne Oytal (vgl. Karl Hofmann: Der blaue Führer. Oberstdorf 1989. S. 118). Die Felswand am Eingang des Oytales, die Adlerwand, hat ihren Namen von den Adlerfängen, die im 19. Jahrhundert hier stattfanden. Leo Dorn, der »Adlerkönig«, hat im Jahre 1850 im Oytal die junge Brut aus dem Adlerhorst ausgehoben. Er war später kgl. Oberjäger beim Prinzregenten Luitpold von Bayern, dem Jagdherrn der Hintersteiner und Oberstdorfer Berge. Prinzregent Luitpold ging auch im Oytal zur Jagd.

Das Oytal ist das größte Seitental der Trettach. Es wird links von den schroff abfallenden Seewänden, im Hintergrund dem Schochen und dem steilen Schneck, dem Großen und Kleinen Wilden, rechts vom Riefenkopf und Hahnenkopf und weiter taleinwärts von der zerklüfteten Höfats eingerahmt. Vor diesem großartigen Gebirgshintergrund fand im Oytal, in dem es damals noch keine Gaststätte gab, schon 1887 ein Waldfest statt, zu dem der neue Liederkranz „die verehrt. Einwohnerschaft von Oberstdorf und Umgebung und die verehrt. Sommergäste” einlud. Auch der Wildemännlestanz wurde im Sommer 1891 im Oytal, auf dem Platz gegenüber der Adlerwand, aufgeführt.

Ende des 19. Jahrhunderts nahm der Fremdenverkehr stetig zu und auch die touristische Erschließung der Bergwelt lockte viele Bergsteiger in das Oytal.

Max Kappeler war den Einheimischen als »Aliselars Mäxele« bekannt. Er war mit Ludwina Enzensberger verheiratet und hatte drei Töchter. Nach längeren Überlegungen entschloß sich Max Kappeler 1896/97, im Oytal eine Sommerwirtschaft zu bauen und mit seiner Familie zu bewirtschaften. Wie es dazu kam, hat meine Großmutter, Luise Blattner, geb. Kappeler, 1957 zum Andenken an ihre Eltern aufgeschrieben.

Oytalhaus - Heft 19

Otto Blattner, Ludwina und Max Kappeler mit Enkelin Hanna

Hier ein Auszug aus ihrem Brief: „Im Jahre 1897, vor 60 Jahren, waren die Wintertage und Abende in Oberstdorf noch sehr still und ruhig. Vater sinnierte und studierte sehr viel, wie er seinen drei Föhla Hulda, Maria und Luise daheim Arbeit beschaffen könnte; denn er wollte sie nicht in die Fremde schicken. So kam er auf den Gedanken, eine Wirtschaft ins Oytal zu bauen. Er überlegte hin und her, ging öfters allein, und auch mit seinem Wieble, wie er es meistens nannte, und suchte und überlegte, wo wohl der beste Platz wäre, wo das Haus vor Lawinen und Wasser sicher sei. Auch Quellwasser suchte er. Und so kam er auf den Platz, wo das Oytal heute steht.”

Max Kappeler wandte sich an die Ortsgemeinde Oberstdorf und schloß am 19. Dezember 1896 mit dem Ortsgemeinde-
ausschuß einen Vertrag. In diesem wurde Max Kappeler, Schuhmachermeister, Haus Nr. 141, in Oberstdorf, gestattet, auf dem ortsgemeindlichen Weidegrund Hüttlesanger im Oytal eine Waldschenke mit Stallung für Pferde und Kühe zu erbauen und zu betreiben. Für den laufenden Brunnen konnte er eine im Oytal entspringende Quelle benützen. Weiters konnte er im Sommer, von Beginn des allgemeinen Gemeindevieh- austriebes an, zwei Kühe im Oytal weiden lassen.

Für diese Berechtigungen bezahlte Max Kappler an die Marktgemeindekasse Oberstdorf jährlich einen Pachtzins von 370 Mark, zahlbar am 1. November. Unterschrieben wurde vom damaligen Bürgermeister Ludwig Vogler und den Ortsgemeindeausschußmitgliedern Kaspar Braxmair, M. Hauber, Johannes Übelhör, Alois Jäger, Thaddä Tauscher und Wendelin Vogler sowie von dem Pächter Max Kappeler.

Im Gemeindearchiv ist auch zu lesen, daß 1897 im Lugenalperwald 230 fm Bau- und Nutzholz angefallen sind. Es ist zu vermuten, daß das Holz für den Bau des Oytalhauses verwendet wurde. Den Bau hat Luise Blattner, geb. Kappeler, so beschrieben: „Nun ging es an die große Arbeit. Zuerst wurden Holzhütten gemacht und bei dieser dürftigen Unterkunft und großen Entbehrungen mußten meine liebe Mutter und Schwester Maria schon sehr bald mit und für das Wohl der Arbeiter sorgen. Durch große Umsicht und Ausdauer meines Vaters ging es gut vorwärts, so daß sehr bald gewirtschaftet werden konnte.”

Oytalhaus - Heft 19

Beim Bau des Oytalhauses 1897,
ganz links Ludwina Kappeler
und ihre Tocher Maria

Bereits am 1. August 1897 konnte dann die Oytalwirtschaft eröffnet werden. Wie im nachstehenden Bericht der Tageszeitung zu lesen ist, war es ein fröhlicher Nachmittag. Auch die Musikkapelle trug zur Unterhaltung bei.

Oytalhaus - Heft 19
Oytalhaus - Heft 19
Oytalhaus - Heft 19

Von links: ein Bergsteiger, Ludwina Kappeler,
Hermann Demeter
und seine spätere Frau Maria Kappeler,
Luise Kappeler und´s Mäxele

Das Oytalhaus wurde ein beliebtes Ausflugsziel und Ausgangspunkt für viele Bergtouren. Hier kehrten viele Wanderer und Bergsteiger und auch bekannte Persönlichkeiten ein: Baron Heyl, Max Förderreuther, »Dagobert« Wilhelm Blenk (Blenk- Kamin), um nur wenige zu nennen. Bereits 1901 bekam das Oytalhaus Telefonanschluß, was ebenso erstaunlich wie nützlich war (Gesch. d. Marktes Oberstdorf, Bd. IV, S. 186).

Von großer Bedeutung war, als Max Kappeler 1898 die Verbindung vom alten „Hoiberweg ins Gleit” und dem Seealpkessel auf eigene Kosten - 600 Mark - herrichten ließ und damit der Gleitweg entstand. So berichtet der Chronist Franz Alois Schratt (1868 - 1963). Mit diesem Weg eröffneten sich neue Tourenmöglichkeiten. Wo heute die Tafel »Mäxeles Egg« steht, sieht man das erste Mal in das Oytal. Hier baute das Mäxele seinerzeit eine kleine Rasthütte.

Anfang dieses Jahrhunderts pflanzte Max vom Kreuzlesanger bis zum Oytalhaus eine Ahorn-Allee, die heute zum großen Teil noch besteht. Auf dem Bild sind die gepflanzten Alleebäume gut zu erkennen.

Oytalhaus - Heft 19

Otto Blattner mit Fahrgästen

Bis 1912 haben Max und Ludwina Kappeler in dem Oytalhaus „gewirtet”. Max Kappeler verstarb nach längerer Krankheit, im Alter von 69 Jahren, am 12. September 1919. Der bekannte Oberstdorfer Mundartdichter Otto Hengge (1870 - 1960) hat Max Kappeler, seinem Onkel, ein Gedicht gewidmet.

Oytalhaus - Heft 19
Oytalhaus - Heft 19

Das alte Oytalhaus,
1897 - 1957

An einem sonnenheißen Freitag, am 14. Juni 1957, brach im alten Oytalhaus, infolge eines schadhaften Dachkamins, Feuer aus. Obwohl die Feuerwehr mit zwei Löschzügen verhältnismäßig schnell am Brandplatz eintraf, konnte das 60 Jahre alte Holzhaus nicht mehr gerettet werden und brannte völlig aus. Das Bedauern der Einheimischen und der Bergsteiger war sehr groß, daß das gemütliche Oytalhaus ein Raub der Flammen wurde.

Oytalhaus - Heft 19

Mäxeles Rasthütte am Gleitweg

Anmerkung:
Für gute Hinweise zu meinem Beitrag danke ich: Rudolf Blattner. Johanna Schedler. Max Berktold und Eugen Thomma (alle Oberstdorf)

Kontakt

Verschönerungsverein Oberstdorf e.V.
1. Vorsitzender
Peter Titzler
Brunnackerweg 5
87561 Oberstdorf
DEUTSCHLAND
Tel. +49 8322 6759

Der Verein

Unser gemeinnütziger Verein unterstützt und fördert den Erhalt und Pflege von Landschaft, Umwelt, Geschichte, Mundart und Brauchtum in Oberstdorf. Mehr

Unser Oberstdorf

Seit Februar 1982 werden die Hefte der Reihe "Unser Oberstdorf" zweimal im Jahr vom Verschönerungsverein Oberstdorf herausgegeben und brachten seit dem ersten Erscheinen einen wirklichen Schub für die Heimatforschung. Mehr

Wir verwenden Cookies
Wir und unsere Partner verwenden Cookies und vergleichbare Technologien, um unsere Webseite optimal zu gestalten und fortlaufend zu verbessern. Dabei können personenbezogene Daten wie Browserinformationen erfasst und analysiert werden. Durch Klicken auf „Alle akzeptieren“ stimmen Sie der Verwendung zu. Durch Klicken auf „Einstellungen“ können Sie eine individuelle Auswahl treffen und erteilte Einwilligungen für die Zukunft widerrufen. Weitere Informationen erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.
Einstellungen  ·  Datenschutzerklärung  ·  Impressum
zurück
Cookie-Einstellungen
Cookies die für den Betrieb der Webseite unbedingt notwendig sind. weitere Details
Website
Verwendungszweck:

Unbedingt erforderliche Cookies gewährleisten Funktionen, ohne die Sie unsere Webseite nicht wie vorgesehen nutzen können. Das Cookie »TraminoCartSession« dient zur Speicherung des Warenkorbs und der Gefällt-mir Angaben auf dieser Website. Das Cookie »TraminoSession« dient zur Speicherung einer Usersitzung, falls eine vorhanden ist. Das Cookie »Consent« dient zur Speicherung Ihrer Entscheidung hinsichtlich der Verwendung der Cookies. Diese Cookies werden von Verschönerungsverein Oberstdorf auf Basis des eingestezten Redaktionssystems angeboten. Die Cookies werden bis zu 1 Jahr gespeichert.

Cookies die wir benötigen um den Aufenthalt auf unserer Seite noch besser zugestalten. weitere Details
Google Analytics
Verwendungszweck:

Cookies von Google für die Generierung statischer Daten zur Analyse des Website-Verhaltens.

Anbieter: Google LLC (Vereinigte Staaten von Amerika)

Verwendete Technologien: Cookies

verwendete Cookies: ga, _gat, gid, _ga, _gat, _gid,

Ablaufzeit: Die Cookies werden bis zu 730 Tage gespeichert.

Datenschutzhinweise: https://policies.google.com/privacy?fg=1

Externe Videodienste
Verwendungszweck:

Cookies die benötigt werden um YouTube Videos auf der Webseite zu integrieren und vom Benutzer abgespielt werden können.
Anbieter: Google LLC
Verwendte Technologien: Cookies
Ablaufzeit: Die Cookies werden bis zu 179 Tage gespeichert.
Datenschutzerklärung: https://policies.google.com/privacy?hl=de&gl=de

Cookies die benötigt werden um Vimeo Videos auf der Webseite zu integrieren und vom Benutzer abgespielt werden können.
Anbieter: Vimeo LLC
Verwendte Technologien: Cookies
Ablaufzeit: Die Cookies werden bis zu 1 Jahr gespeichert.

Datenschutzerklärung: https://vimeo.com/privacy