F.C. Rosen
1897 - 1952
Am 26. September 1997 wäre Friedrich Carl Rosen hundert Jahre alt geworden. Als er am 2. März 1952 in Oberstdorf starb, war er 54 Jahre alt.
Seine Geburtsstadt war München. Im München der Kaiserzeit vor dem ersten Weltkrieg verbrachte er seine Jugend. Die kann nicht ohne Spannungen verlaufen sein. Da war der Vater, der als geachteter Schöffenrichter in dem bürgerlichen Milieu der Familie mit einer recht doktrinären Erziehung dominierte. Das war prägend für den einzigen Sohn. Der Vater war sicher stolz. Der Sohn fand in der Familie zwar Fürsorglichkeit, aber keine Vorbilder oder Unterstützung, den risikoreichen Weg eines freischaffenden Künstlers zu gehen.
Ihn zog es in diesem München ins Theater, in die Museen, die Pinakothek, in Gemälde-Ausstellungen und immer wieder ins Theater. Noch als Schüler nahm er Schauspielunterricht beim Hofschauspieler Lützenkirchen. Mit 16 Jahren stand er das erste Mal auf einer Bühne.
1914, erst 17jährig, zog er als Freiwilliger in den Krieg. Hier gab es einen Kameraden, der Freund wurde, den damals 20jährigen Maler und Graphiker Joseph Scharl. Durch ihn erhielt Rosen seine ersten Anregungen zur Malerei.
Das Kriegserleben ließ ihn zum Pazifisten werden. Vor Verdun wurde er verschüttet - Lazarett - Gasvergiftung - Lazarett. 1917 wurde er vom Militärdienst entlassen. Er hatte buchstäblich die Nerven verloren.
Die Nachkriegsjahre zeigen anhand von vielen vergilbten Zeitungskritiken, Programmheften, Theater- und Filmverträgen ein kurzes, aber bewegtes Schauspielerleben: München - Norddeutschland - Schlesien - die Balkanländer. Er sprach ein perfektes Hochdeutsch und auch Dialekt. So wurde er oft als Charakterdarsteller in Tragödien und Komödien von Anzengruber, Schönherr und Thoma mit guten Erfolgen eingesetzt. Sein Malblock aber war stets dabei.
Oberstdorf ist für Rosen seit 1918 Wahlheimat geworden. Mit dem Ensemble von Späths Bauerntheater (damals noch in München) wurde er hier heimisch. Ab 1928 wurde er seßhaft und blieb ständig in Oberstdorf.
Aus einer von Hans Breinlinger 1934 veröffentlichten Würdigung „Allgäuer Künstlerköpfe - Fritz Rosen” sei zitiert: „Erst jetzt [1928] hatte das gewaltige Bergerlebnis den Künstler und den Menschen in ihm nachhaltig erfaßt, hatte ihm eine in die Tiefe schauende Gestaltungskraft gegeben und hatte ihn noch mehr und noch dringlicher zur bildenden Kunst gewiesen. Seine echte künstlerische Begabung drängte dazu, sich auf diesem Gebiet auszudrücken, obwohl die Bestätigung im Schauspielfach ihn zu schönsten Erfolgen geführt hatte und ihn selbst das feste Bewußtsein seiner Kunst geprägt hatte.
Vier Jahre blieb er dem Schauspiel noch treu, doch jetzt neben der Malerei, die ihn gefangennahm.
Es war Professor Robert Curry (München/Oberstdorf), der sein Talent sah und ihm Lehrmeister wurde. Über Jahre durfte er mit ihm arbeiten. Sie malten gemeinsam „vor der Natur” und vollendeten die Bilder im Atelier.
„An Themen seines Meisters und in der Technik ihm verwandt, hat Rosen lange Zeit festgehalten” (Zitat: Dr. Harder). Er war gelehrig, fleißig und begabt.
„Der Erfolg blieb nicht aus. Im Sommer 1934 kam der Tag, an dem der Lehrer seinem Schüler eröffnen konnte, daß es so weit sei, ein paar seiner Arbeiten zur Ausstellung nach München senden zu können. Der Meister selbst suchte die Gemälde aus. Sie wurden alle angenommen und hingen nun im Karl-Theodor- Palais neben den Werken bekannter Größen” (Zitat: Hans Breinlinger).
Das war ein Anfang. Bis zu seinem Tod 1952 wurden seine Arbeiten in 23 Ausstellungen gezeigt: immer wieder München - Augsburg - Heidelberg - Sao Paulo, z. T. als Einzelausstellungen, selbstverständlich auch in Memmingen, Kempten und Oberstdorf. Im Sommer 1953 veranstaltete die Kulturgemeinde Oberstdorf eine Gedächtnisausstellung mit 57 Arbeiten (zum großen Teil Leihgaben), die in vier Wochen von fast 3.000 Besuchern beachtet wurde.
Was den Menschen Rosen auszeichnete, war seine Geradlinigkeit, seine Loyalität. Im Berufsverband bildender Künstler wurde er regelmäßig in den Vorstand und in die Jury gewählt.
Kontaktfreudig und aufgeschlossen begegnete Rosen den Menschen. Fast jeden im Ort kannte er, und man kannte ihn. Er saß gern in Bauernstuben, jede Werkstatt war interessant. Wo es „echt” war, fühlte er sich wohl. Mit Graf Vojkffy wurden die Schwammerln gesucht und mit dem damaligen Kurdirektor Hermann Schallhammer Eishockey gespielt.
Eine enge Freundschaft verband ihn mit dem Kunsthistoriker, Schriftsteller und Ägyptologen Kurt Lange, der mit seinen glänzenden Vorträgen den Zeitzeugen in Erinnerung ist und dessen Bücher über Ägypten Standardwerke sind.
Dr. Hans Schmitt, der, unter Hitler seines Amtes enthoben, 1945 sofort wieder als Pressesprecher und Kulturreferent ins Kölner Rathaus einzog, fand in Rosen einen gleichgesinnten Freund - eine Freundschaft, die bis zu Rosens Tod anhielt. Ein nächtlich gemaltes Doppelportrait mit dem Titel „Die Verborgenen" entstand zur Erinnerung an diese gemeinsame Kriegszeit. Vor dem Radio wurde damals der verbotene Sender BBC gehört.
In den letzten Kriegsmonaten gehörte Rosen der Widerstandsgruppe „Der Heimatschutz’' an, die Oberstdorf kampflos erhalten wollte.
Der Friede entließ die Menschen orientierungslos und hungrig. Rosens Atelier war immer ein offenes Haus. Mit den Schauspielern Rene Deltgen, Karl John, den Malern Max Pechstein, Hermann Raddatz und Walter Jacob, um nur einige zu nennen, hielt Rosen Kontakt. Es war eine spannungsreiche, nachhaltig prägende Zeit.
Mit dem Tag der Währungsreform 1948 kamen, besonders für die „Freischaffenden”, Jahre bitterster Not. 40,- DM Kopfgeld - und wie weiter?. Bei der Gründung einer Notgemeinschaft setzte sich Rosen aktiv für die Oberstdorfer Berufskünstler ein. Den wirtschaftlichen Aufschwung hat er nicht mehr erlebt.
Zwei Antworten aus dem letzten Lebensjahr, ganz persönlicher, aber kontroverser Art, die zu allgemein gültiger Lösung anregen, sollen diesen biographischen Abriß beschließen: Nach einer guten Kritik seiner Arbeiten anläßlich einer „modernen” Ausstellung erhob sich die Frage: „Hast Du früher einmal geglaubt, dieses Ziel zu erreichen?” - Antwort: „Aber ich fang’ doch erst an!” Ein Tag vor seinem Tod kam die Antwort ohne Fragestellung: „Wenn ich wieder gesund bin, male ich wieder nach der Natur!”