"Wohltätig ist des Feuers Macht, wenn sie der Mensch bezähmt bewacht; was er besitzt und was er schafft, das dankt er dieser Himmelsmacht; doch furchtbar wird die Himmelsmacht, wenn sie der Fesseln sich entrafft" |
Der große Brand von 1865 war der letzte Anstoß dazu, auch in Oberstdorf von der althergebrachten Pflichtfeuerwehr abzugehen und eine freiwillige Löschmannschaft zu gründen. Eigentlich sollte es ein Turn- und Feuerwehrverein werden, doch die als „Rote” und „Liberale” verschrienen Turner wurden als politische Gefahr angesehen. Dadurch erlitten Oberstdorfs Feuerwehrpläne einen anhaltenden Dämpfer.
Wenn die späteren Initiatoren auch weiterhin dem liberalen Lager angehörten, so ließen sie doch den damals revolutionären Gedanken der Turnerei fallen und schwammen nach dem gewonnenen Krieg von 1871 auf der vaterländischen Woge mit.
Der neuangesiedelte Dorfarzt Dr. Ulrich Reh und die beiden Kaufleute Ludwig Gschwender und sein Nachbar Joseph Anton Vogler beackerten den Boden und luden schließlich zu einer Gründungsversammlung ein, die am 13. Mai 1874 erfolgte. Die tatkräftige Vorarbeit trug Früchte; es schrieben sich 90 Männer in die Mitgliedslisten ein. Mit Unterstützung der Gemeinde blühte die Feuerwehr auf. Doch, wie in jedem anderen Verein, gab es auch hier unnütze Eifersüchteleien und Streitigkeiten, die nach Jahrzehnten bis an den Rand der Auflösung führten. In solchen Notzeiten fanden sich dann immer wieder Männer, die wiederum „den Karren aus dem Dreck zogen”.
Insgesamt läßt sich das Wirken der Freiwilligen Feuerwehr Oberstdorf aus historischer Sicht in drei große Zeitabschnitte teilen:
a) Die Zeit der Gründer, mit Vorstand Dr. Reh, Hauptmann Gschwender und Schriftführer Vogler bis in die 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts.
b) Die Ära der ersten Technisierung mit Hauptmann Joachim Schratt, Kassier Johann Blattner und Schriftführer Anton Jäger.
Dieses Dreigestirn lenkte 30 Jahre bis 1941 die Geschicke der Wehr.
c) Den Abschnitt des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg und der modernen Technik mit Kommandant Otto Stenger und seinen jeweiligen Stellvertretern Hans Tauscher, Willi Berktold und Georg Rees. Mehr als 30 Jahre zeichneten sie für den Feuerschutz in Oberstdorf verantwortlich.
Waren zu Dr. Rehs Zeiten Löscheimer und Handdruckspritzen noch die Standardausrüstung und kam erst im Jahre 1900 als neueste Errungenschaft eine mit Handkurbel betriebene Schubleiter in Einsatz, so vollzog sich unter Joachim Schratts Kommandantenzeit die Mechanisierung der Wehr.
Bei der Brandbekämpfung beherrschten nun pferdebespannte Motorspritzen das Bild. Im Jahre 1942 lieferten mit dem LF15 die Magiruswerke das erste motorbetriebene Löschfahrzeug nach Oberstdorf. Dieses Fahrzeug hatte dann im wahrsten Sinne des Wortes seine Feuertaufe zu bestehen, als die Wehr jeweils nach Fliegerangriffen zu Löscheinsätzen nach Sonthofen, Kottern, Kempten, Augsburg und München gerufen war.
Nach dem Zweiten Weltkrieg - die Besatzungsmacht hatte das halbe Gerätehaus und die besten Ausrüstungsstücke beschlagnahmt - galt es, die Wehr aus diesem Tal nach oben zu führen. Langsam vollzog sich der Wandel zur volltechnisierten Lösch- und Hilfsmannschaft. Es war geboten, alte Zöpfe behutsam abzuschneiden und sich auch mit der lange verpönten Theorie zu befassen. Das Schlagwort „lernen und üben” galt für alt und jung.
Einst als Löschhilfe bei Bränden ins Leben gerufen, erfüllt die Feuerwehr heute mehr die Aufgabe eines technischen Hilfsdienstes. Ein ungeliebtes Wespennest am Balkon entfernen, eine verstiegene junge Mieze vom Apfelbaum holen, der Oma die zugefallene Wohnungstüre öffnen, nach einem Wasserrohrbruch den Keller leerpumpen, das übergelaufene Heizöl binden und entsorgen sind nur einige kleine Aufgaben, für die der Bürger die Feuerwehr ruft. Hart sind die Einsätze, wenn es nach schweren Verkehrsunfälllen gilt, Hilfe zu leisten, wenn Menschen mit schwerem Gerät aus Autowracks befreit werden müssen. Traurig ist es für die Helfer, wenn aller Einsatz das Leben eines Menschen nicht mehr retten kann. Dies war in den letzten Jahren auch einige Male der Fall bei Abstürzen von Hubschraubern und Sportflugzeugen.
Welch ein Wandel hat sich mit der Feuerwehr vollzogen!
Zur Gründerzeit war der wassergefüllte Eimer aus Leder oder Segeltuch, der in einer Menschenkette vom Dorfbach zur Brandstelle gereicht wurde, die gängige Löschmethode. Eine allfällige hölzerne Feuerspritze mit Handpumpbetrieb, die mit Hand- oder Pferdezug zur Brandstelle gebracht wurde, war die Krone der Löschtechnik. Untergebracht war alles im Erdgeschoß des alten Rathauses, das hauptsächlich als Kornspeicher diente und in dem sich auch die Gemeindewaage befand.
Heute verfügt die FFO über fünf Löschfahrzeuge, eine Gelenk-Drehleiter und drei Sonderfahrzeuge. Wo früher Melder zu Fuß Nachrichten zu überbringen hatten, sind heute diese Fahrzeuge alle mit Sprechfunk ausgerüstet. Selbst die Brandbekämpfung vom Hubschrauber aus wird in Zusammenarbeit mit der Bundeswehr geübt. Untergebracht ist der ganze Fahrzeugpark in einem modernen, großzügigen Gerätehaus.
In Zusammenarbeit mit der Polizei, dem Roten Kreuz, der Bergwacht, der Wasserwacht und der Bundeswehr ist die Feuerwehr ein wichtiges Glied in der Kette der öffentlichen Sicherheit. Ganz nebenbei leistet sie auch noch einen wertvollen Beitrag in der Jugendarbeit. Es ist hier nicht der Platz, eine Feuerwehrchronik zu schreiben. Aber ich glaube, es ist der Ort, zum Jubiläum zu gratulieren und einmal denen zu danken, die über das ganze Jahr Tag und Nacht bereit sind, ehrenamtlich für ihre Mitmenschen einzuspringen und zu helfen.