Das Schützenhaus am Faltenbach um 1900.
...ist der älteste Verein der Marktgemeinde Oberstdorf
Von den Anfängen des Oberallgäuer Schützenwesens, als es noch Hakenbüchsen, Lunten und Musketen gab.
Manche der abgeklungenen Zeiterscheinungen und Volksgewohnheiten leben heute noch in alten Straßenbezeichnungen fort. So findet man in Oberstdorf geschichtliche Straßennamen wie Hochstift-, Tigen-, Rothenfelser-, Ehrenberger- und Heimenhofenstraße.
Auch die Schützenstraße führt ins Ortsgeschehen zurück. So stellte beim Adel das Turnier, beim Bürger die Ausbildung mit der Armbrust und später mit dem Zielrohr einen ritterlichen Sport dar. Wenn auch die schriftlichen Nachweise vom Oberstdorfer Schützenwesen erst von 1552 an erhalten sind, so gilt als sicher, daß der Augsburger Bischof mit der Erwerbung des Tigens Rettenberg (ungefähr der ehemalige Landkreis Sonthofen ohne Immenstadt und Oberstaufen) für sein Hochstift im Jahr 1477 ein schon gut entwickeltes Schützenwesen übernahm, dessen Anfänge wohl bedeutend weiter zurückreichen.
Zuerst benötigten die Menschen Waffen, um Wild als Nahrung zu schießen. Die Landesherren liebten das Wildbret ebenfalls und verboten ihren Untertanen, dieses zum Lebensunterhalt zu schießen. Wilderei wurde bestraft mit Bußgeld, Handabschlagen oder gar mit einem Todesurteil.
Die damaligen Landesherren waren meist unfähig, ihr Volk militärisch zu schützen. Daher entschlossen sich die Bürger und Bauern zur Selbsthilfe und begannen auf Scheiben zu schießen. Hieraus enstanden die Schützengesellschaften. Geselliges Zusammenkommen in Frieden, aber auch das sportliche Schießen mit Freude und Spaß waren wichtige Motive für sie.
Die Landesherren nutzten die bestehenden Schützengesellschaften zur Landesverteidigung, da hier hervorragende Schützen ausgebildet wurden. Hieraus enstand später die Miliz. Dies war eine Truppe aus Landesangehörigen, die im Frieden ausgebildet und im Kriegsfall formiert eingesetzt wurde, also keine beruflichen Landsknechte. Zum Dienst in der hochstiftischen Landmiliz waren alle gesunden Männer vom 17. bis zum 80. Lebensjahr verpflichtet. Der Einsatz erfolgte nur zur Verteidigung und diente dem Schutz, daher die Bezeichnung „Schütze”. Nur im Notfall wurden aus den Reihen der Milizleute jüngere Männer aufgeboten und auswärts eingesetzt.
Die Landmiliz war in ihrer Organisation den Verwaltungseinheiten eingefügt. Im vorliegenden Fall war dies das „Gericht Oberstdorf” bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts. In jedem Hause mußte ein Mindestbestand an Waffen liegen, welche die Hausbesitzer, auch wenn sie weiblichen Geschlechts waren, aus eigenen Mitteln zu beschaffen hatten. Eine Aufstellung von 1519 läßt erkennen, daß Oberstdorf 156 hochstiftisch-augsburgische Hofstätten (Häuser) zählte. Nachrichten über die rothenfelsischen Häuser sind nicht mehr erhalten. Im Jahre 1490 wurden die Oberstdorfer Schützen erstmals erwähnt, als sie in Schwabmünchen bei einer Unterstützungsaktion mit den Augsburgern einzogen und dann müde vom langen Marsch, aber ohne Verluste erlitten zu haben, in ihre Heimat Oberstdorf zurückkehrten.
Schon im Jahr 1521 spricht man in einer alten Chronik von Schützenfesten in Oberstdorf. 1536 fand ein Waffenappell statt, die 298 Hofstätten des Gerichts Oberstdorf stellten 299 Milizleute. Diese Zahl beweist, daß in fast jedem Haus im Durchschnitt nur ein männliches Familienmitglied in Anspruch genommen wurde. Oberstdorf allein stellte 141 Mann, darunter 75 Schützen mit einem Feuergewehr. In einer Urkunde von 1550 heißt es: „Schützen in dem Gericht Obersdorff ... vier Schützen zu Kornau ... Michel Kappeler ...” (die anderen drei Namen sind nicht lesbar). Westlich der Trettach, bei der „Schießhütte”(am Kohlplatz), werden Schießübungen veranstaltet.
Im Vereinsregister ist eingetragen: „Königl. priv. Schützengesellschaft Oberstdorf 1557”. Deshalb feiert der Verein 2007 sein 450jähriges Bestehen.
1557 Im Notizbuch des Landammanns Christoph Straub (von 1565 bis 1581 zu Oberßdorff) ist zu lesen: „Item 5 gldn. Schitzen gelt Grichtsaman zalt” (d. h.: 5 Gulden Schützengeld zahlt der Gerichtsammann).
1581 Urkunde vom 1.Februar:„...das Gässelein bei den obern zway Schmidten, so am Dorfbach bis Kolstatt gegen die Schiesshütte geht ...” Aus diesem Jahr weiß man von landesherrlichen Anweisungen an die Schützen des Tigens Rettenberg mit Aufruf zu eifrigem Üben, wozu der landesherrliche „Vortel” als Preis und Anreiz angeboten wurde.
1613 Die Landmiliz versuchte, mit der waffentechnischen Entwicklung Schritt zu halten sowie Bewaffnung und taktische Gliederung stets zu modernisieren. Vor Beginn des Dreißigjährigen Krieges stellt Oberstdorf 94 Musketiere, 56 Doppelsöldner, 56 Hellebardiere, 43 Schützen (mit leichten Gewehren) und 1 Zimmermann. Befehlshaber war Ferdinand Städer. Die Leute mit dem höchsten Lebensalter befanden sich bei den Hellebardieren; in ihren Reihen stehen auch, wohl des guten Beispiels wegen, der 83jährige Gerichtsammann Conradt Schraudolph und der 82jährige Hauptmann (ein ziviler Rang) Hanß Schraudolf. Dann folgen, altersmäßig herabsteigend, die Doppelsöldner, während unter den Musketieren und Schützen die im besten Alter Stehenden zu finden sind.
1695 Schießhütte in Oberstdorf an der Trettach erwähnt.
1708 Eine neue Schießhütte wurde an diesem Platz erbaut.
1754 „Hiermit wird bekannt gemacht,dass der Gemeinderat Ulrich Voglerin seiner Eigenschaft als Schützenobmann und die zwei Schützenmeister namens Joseph Fischer und Michael Huber [in ihrer Eigenschaft als] Schützenmeister, dann Dominikus Zobel [Ergebnis-]Anzeiger, weiter einige hiesige Schützen ohne jegliche Anfrage beim Ehrsamen Gemeinderat die Schießstatt vom Plattenbichl ins Bannholz verlegen wollten und eigenmächtig begonnen haben, die Mauern, an denen die Scheiben aufzuhängen sind, zu errichten. Darüber haben sich bereits viele hiesige Bürger beschwert und das damit begründet, dass bei dieser Schießstattlage weder Mensch noch Vieh, ganz be- sonders auch nicht die gemeine Herde [heute die Gassenkühe] nach Bedarf durchgehen könnten. Es ist daher vom ganzen Gemeinderat beschlossen worden, dass man nach altem Brauch bei der bisherigen Schießstatt auch in Zukunft bleiben soll und die Schießscheiben nirgendwo anders als am Plattenbichl aufzuhängen seien. Die bisher entstandenen Kosten aber haben jene zu tragen, die sie verursacht haben. Diese sind verpflichtet, den Platz [am Bannholz] wieder in den ursprünglichen Zustand zu versetzen.
Oberstdorf, zur Kopie [vorgelegt] Melchior Tauscher, Bürgermeister” |
1790 22. Februar: Garten bei der Schiesshütte (nördlich des heutigen EWO lagen die kleinen Krautgärten der Obermärktler am Steinenbach entlang bis zur gehlen Buind nach Westen).
1809 Von der 3. Kompanie, bei der der Feilenhauer Antoni Math Hauptmann gewesen ist, wurden fünf Mann als Geiseln in das Herzogtum Lüttich in die Spanisch-Niederlande geführt. Darunter der später in der Schießhütte wohnende Antoni Math sowie Johann Seeweg (unterer Müller), Johann Spindler (der Löwirt), Martin Dauscher (Bäcker) und Thadä Übelhör (Bauer).
1858 Der in Oberstdorf geborene Adlerkönig Leo Dorn und auch sein Vater waren Mitglieder in der Oberstdorf Schützengesellschaft. Dorn folgte dem Ruf des Prinzregenten Luitpold, er übernahm die Jagdstelle in Hindelang und wurde später königl. Oberjäger. Er war ein hervorragender Schütze und hat im Oberallgäu das Schießen mit Spitzkugeln und im Jahr 1867 erstmals den Hinterlader (Zimmerstutzen) eingeführt.
1890 Das Schützenhaus am Faltenbach wurde am heutigen Standort, als Holzhaus ohne Herd und Kamin, von der Schützengesellschaft erbaut.
1928 – das alte Schützenhaus vor dem Abbruch.
von links, untere Reihe: Martin Waibel, Mathias Rueß, Fidel Berktold, Xaver Volderauer, Melchior Jauss, Franz Huber, Thomas Vogler, Hans Schmid, Leo Besler, Eduard Berktold;
mittlere Reihe: Sepp Braxmair, Andreas Hofmann, Josef Math, Max Gschwender, Wolfgang Hohenadl, Max Brutscher, Josef Renn, Albert Gschwender, Karl Tauscher, Wilhelm Huber, Josef Haggenmiller, Anton Jäger, Magnus Haas, August Metz, Paul Geiger, Johann Sinz, Johann Dorn, Josef Schuster, Xaver Staiger, Karl Richter;
obere Reihe: Josef Herberg, Josef Braxmair sen., Franz Müller, Ludwig Vogler, Ludwig Hochfeichter, Georg Mayer, Martin Zeller, Max Menz, Josef Joas, Ludwig Waibel, Josef Altstetter, Johann Georg Vogler, Martin Vogler.
1906 Die neue Fahne der Schützengesellschaft wurde geweiht. Patenverein war die Kgl. priv. Schützengesellschaft Sonthofen 1500.
1908 Erstmals wurde eine Schützenkette angeschafft. Erster König der Schützengesellschaft Oberstdorf wurde Josef Fidel Huber.
1925 Der Grundbesitz am Faltenbach (heutiger Standort des Schützenhauses) gehörte der Ortschaft Oberstdorf. Die Schützengesellschaft verpflichtete sich, als Gegenleistung für die überlassene Fläche ein gleichwertiges Grundstück zu verschaffen und aufzulassen. Karl Richter verzichtete auf sein Gemeinde- und Weiderecht an der Meyersoywiese, Teil 75 und 76 im Eigentum, zu Gunsten der Schützengesellschaft. Somit wurde es möglich, die bestehende Schuld bei der Ortsgemeinde zu begleichen.
1928 Abbruch des Schützenhauses und Neubau mit Kegelbahnen.
1929 Anläßlich des Eröffnungsschießens findet im September ein Oktoberfest in einem Riesenzelt auf der Schützenwiese statt.
1938 Die Sportbehörde in München teilte am 31. März mit, daß die Kgl. priv. Schützengesellschaft Oberstdorf als Sportverein anerkannt ist.
1943 Das Aufbewahren von Waffen und Munition in den Schießstätten ist nicht mehr erlaubt.
1944 Am 5. November fand das letzte Schießen auf dem Kleinkaliber-Stand statt. Sepp Joas wurde vorläufig letzter Schützenkönig.
1945 Nach dem Kriegsende im Mai gehörte zu den ersten Maßnahmen der Sieger die Aufforderung, Waffen aller Art abzugeben, die dann sofort vernichtet wurden. Wer diese Weisung nicht befolgte, dem drohte die Todesstrafe. Damit hörte auch der Schießbetrieb in der Schützengesellschaft für unbestimmte Zeit auf.
1949 Am 4. Januar versammelten sich die Mitglieder der Schützengesellschaft im Schützenhaus. Grund für die Zusammenkunft war die von der Militärregierung vorgenommene Rückgabe des Gebäudes an den Verein mit der Auflage, hier künftig nur gesellige Veranstaltungen durchzuführen. Beschlossen wurde die Umbennung in „Kegelverein Oberstdorf e.V.”. Gewählt wurden in geheimer Wahl Josef Braxmair (1. Vorstand), Michl Besler (2. Vorstand), Engelbert Übelhör (Kassier), Kaspar Waibel (Schriftführer), Sepp Joas und Georg Vogler (Beisitzer).
1951 Bei der Generalversammlung am 23. Mai zählte der Verein 138 Mitglieder. Nachdem der Wunsch geäußert wurde, den Schießbetrieb doch bald wieder aufzunehmen, erfolgte der einstimmige Beschluß, die Vereinssatzung vom 4. 1. 1949 zu ändern, nämlich zu § 1: Pflege des sportlichen Schießens; zu § 2: der Verein trägt wieder den Namen „Kgl. priv. Schützengesellschaft Oberstdorf”. Die Bezeichnung „Kegelverein Oberstdorf e.V.” soll im Vereinsregister gestrichen werden.
Zunächst kaufte man über Spenden zwei Luftgewehre und machte in vielen freiwillig geleisteten Arbeitsstunden den Schießstand wieder funktionsfähig.
1953 Nach acht Jahren gab es mit Josef Braxmair wieder einen neuen Schützenkönig. Die äußerst wertvolle Schützenkette wurde von Seppl Joas durch die Kriegs- und Nachkriegszeit gerettet, indem er sie, außerhalb von Oberstdorf, unter einer Scheune versteckte. Dort wurde sie von einem in der französischen Armee dienenden Marokkaner entdeckt. Nach Betteln und Flehen von Seppls Mutter gab er sie zum Glück wieder zurück.
1957 Die Schützengesellschaft veranstaltet im September, anläßlich des 400jährigen Bestehens, ein Jubiläumsschießen. 406 Schützen schossen an 20 Ständen um wertvolle Preise. Nach dem Weckruf, einem Gottesdienst und der Kranzniederlegung am Kriegerdenkmal bewegte sich am Nachmittag ein Festzug mit 400 Teilnehmern durch den Ort.
1958 Ehrenmitglied und Altschütze Märtl Zeller wurde, als erster Schütze des Vereins, beim Oberallgäuer Gauschießen in Langenwang Gauschützenkönig mit einem 20-Teiler.
1965 Zum zweiten Mal fand im September ein Oberallgäuer Gauschießen in Oberstdorf statt mit einer Rekordbeteiligung von 450 Schützen und einem großen Festzug.
1969 Ein Jubiläumsschießen fand statt zu Ehren von Martin Zeller (60 Jahre Mitglied) sowie Sepp Braxmair, Sepp Joas, Ferdl Brutscher und Anton Jäger (50 Jahre Mitglied).
1971 Am 20. Oberallgäuer Gauschießen im September in Oberstdorf beteiligten sich 407 Schützen. Wegen der großen Teilnehmerzahl fand die Preisverteilung in der Oybele-Festhalle statt. Ein großer Festzug war der Höhepunkt der Veranstaltung.
1977 Erster Gauschützenmeister Ludwig Rehle überreichte im Auftrag des Deutschen Sportbundes die goldene Ehrenplakette anläßlich des 425jährige Bestehens der Schützengesellschaft.
1983 Wegen der steigenden Zahl von Jungschützen erwarb der Verein eine Schützenkette für die Jugend.
1984 Die Damen-Königskette, die seit 1964 im Besitz des Vereins war, wird vom neu gegründeten „Schützenverein Stillachtal” zurückgefordert und diesem übergeben. Mit vorhandenen Schützentalern konnte aber eine neue, schöne Kette für die Damen zusammengestellt werden.
1986 Im April wurde in Oberstdorf zum dritten Mal das 28. Oberallgäuer Gauschießen, unter der Gesamtleitung von 1. Schützenmeister Sepp Rietzler, im Eislaufzentrum an 40 elektrischen Ständen durchgeführt. Es kamen 935 Schützinnen und Schützen an den Stand. Dies ist ein absoluter Teilnehmerrekord im heimischen Gau.
Da die alte Fahne, seit 1906 in Gebrauch, sehr brüchig geworden war, wurde eine neue angeschafft. Im September wurde bei strahlendem Sonnenschein ein Feldgottesdienstes nebst Fahnenweihe im Kurpark mit Pfarrer Karl Rottach und mit dem Patenverein „Kgl. priv. Schützengesellschaft Hindelang 1557” gefeiert.
Für die Herren wurde eine neue Schützenkette angeschafft, da die alte Kette zu wertvoll und zu schwer geworden war. An besonderen Festlichkeiten wird die Kette aus dem Tresor geholt und bei Umzügen getragen.
1987 Für langjähriges Wirken und besondere Verdienste um die Pflege und Entwicklung des Sports erhielt die „Kgl. priv. Schützengesellschaft Oberstdorf 1557” die Sportplakette des Bundespräsidenten Richard von Weizsäkker und einen Ehrenteller des Bayerischen Staatsministeriums. 1. Schützenmeister Sepp Rietzler und 2. Schützenmeister Josef Göttle nahmen in München die Ehrung entgegen.
1997 Der Bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber verlieh das Ehrenzeichen „Für Verdienste im Ehrenamt” unserem Ehrenschützenmeister Sepp Rietzler.
2005 Bauliche Veränderungen am Luftgewehrstand: Vergrößerung des Standes und Schaffen einer Umkleidefläche, da inzwischen die meisten Schützen mit Schießhose, Jacke und Schießschuhen schießen.
2006 Bei der Sportlerehrung in Fischen erhielten die Oberstdorfer Schützen die Gaustandarte für ein Jahr. Der Verein darf somit bei festlichen und traurigen Anlässen den Gau Oberallgäu mit der Gaufahne als Abordnung vertreten.
2007 Zum vierten Mal fand im April in Oberstdorf das Gauschießen statt. Diesmal wurde im Schützenhaus geschossen. Dazu wurden die Kegelbahnen mit 9 Schießständen ausgestattet, damit man auf insgesamt 21 Ständen schießen konnte.