Oberstdorfs Bergführer - ihnen vertrauten sich Generationen von Touristen an (Teil 4)

von Eugen Thomma am 01.12.1999

Obwohl er erst 1897 in Innsbruck seinen „Lehrkurs für Bergführer” absolvierte, war er bereits 1893 als Führer autorisiert und ihm der Hüttenschlüssel Nr. 554 übergeben worden. Die Rede ist von dem Bauern Donatus Vogler aus Gerstruben, im Volksmund kurz „Donates” genannt.

Wie lange „Donates” schon geführt hatte, bevor er die behördliche Bestallung erhielt, weiß ich nicht zu sagen, aber er dürfte auch einer der bereits früher genannten Höfats-Führer gewesen sein. Er war 1893 schon „zugelassen für alle Touren im Oberstdorfer Gebiet”, heißt es in einem Vermerk, den sich der Führer-Referent der AV-Sektion Kempten gefertigt hat. Ein späterer Zusatz lautet: „Donatus ist ein verlässiger Mann, der meistens Familien in ganzen Truppen auf gebahnten Wegen führt, sonst ein guter Kerl und für einen tüchtigen Schluck nicht unempfänglich.”

Bergführer - Heft 35

Bergführer Donatus Vogler

Im Gipfelbuch des Hohen Lichts finden wir unter dem 25. September 1895 folgenden Eintrag: „M. Rauch, Photograph aus Kempten, sowie dessen unermüdliche Frau Anna Rauch, Xaver Volderauer von Oberstdorf unter der bewährten Führung des Führers Donatus Vogler. Ankunft Früh 6 Uhr 10, Aussicht herrlich. Abstieg nach mehreren photographischen Aufnahmen um 9 Uhr zur Rappenseehütte.”

Die frühe Ankunft der Gruppe am Gipfel läßt darauf schließen, daß sie auf der Rappenseehütte genächtigt und dort auch das „große Gepäck" zurückgelassen hatte. Der Bau der Rappenseehütte (1885) ließ das Hohe Licht zu einem richtigen Modeberg werden. Photograph Rauch hat ganze Serien von Aufnahmen im Oberstdorfer Bereich gefertigt.

Leider hat ein Wasserschaden in seinem Archiv viele Zeitdokumente aus jenen Tagen vernichtet. 1907, so ist in Notizen der Alpenvereinssektion Kempten zu lesen, führte Vogler eine Reihe von Touren in der Hornbachkette und auf die Parseierspitze. Als 60jähriger startete „Donates” 1911 noch acht Führungstouren und 1912 deren noch drei. Ab dem 1. April 1915 erhielt Vogler die „Führer-Invaliden-Rente”.

Donatus Vogler war am 8. Februar 1851 in Oberstdorf geboren, später mit Therese Geißler von Gerstruben verheiratet und bewirtschaftete mit dieser das Anwesen Haus Nr. 1 dort oben, später in Oberstdorf Haus Nr. 218 (heute Fischergasse 8 - Brutscher). Am 28. April 1922 hat „Donates” seinen letzten Gang angetreten.

„Erinnerung an den Führer-Curs in Innsbruck 1899” ist das Gruppenbild unterschrieben, auf dem ganz links außen der Oberstdorfer Otto Geißler zu sehen ist.

„Aldschdeddars Oddo”, wie Geißler mit Hausnamen genannt wurde, hat also noch vor der Jahrhundertwende einen Führerkurs in Innsbruck besucht und mit der Prüfung erfolgreich abgeschlossen. Nur kurze Zeit konnte er die Früchte seiner Arbeit und seines Fleißes ernten. Schon im folgenden Jahr starb der junge Mann an den Folgen einer Erkältung, die er sich bei einer Führungstour auf die Trettach zugezogen hatte.

Otto Geißler hat wie alle seine damaligen Kollegen schon zur Aspirantenzeit selbständig Touristen geführt. Gerade in den neunziger Jahren erlebte der alpine Tourismus eine solche Blüte, daß die vorhandenen Führer aus zeitlichen Gründen die Wünsche der Alpinisten nicht alle erfüllen konnten. Aspiranten mußten einspringen und die Lücken füllen.

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Bergführer Otto Geißler

Als Beispiel einer kurzfristigen Führer-Bestellung mag ein Telegramm dienen, das am 19. Juli 1897, von Immenstadt ausgehend, bei der »Königlich Bayerischen Telegraphenstation Oberstdorf« eingegangen ist:

„Bürgermeister
Bitte morgen Nachmittag Führer Mädelegabel.
v. Lichtenstein”

Bürgermeister Ludwig Vogler, der zu jener Zeit Oberstdorfs Interessenvertreter in der Alpenvereinssektion Allgäu-Immenstadt war, gab solche Ersuchen an den jeweiligen Führerobmann weiter, der dann den entsprechenden Führer mit der Aufgabe betraute.

Leider sind kein Buch und keine Aufzeichnung über Geißlers alpine Tätigkeit vorhanden. Neben einem Bild erinnert nur noch seine „Auszug-Spektive” im Oberstdorfer Heimatmuseum an den jungen Führer.

Otto Geißler war am 12. September 1870 als Sohn der Bauerseheleute Thomas Geißler und Afra, geb. Rietzler, in Oberstdorf geboren worden. Er verehelichte sich am 22. Januar 1894 mit Maria Balbina Wittwer. Die Familie bewirtschaftete das Anwesen Haus Nr. 75 (heute Frohmarkt 6 - Feurstein, Enkelin). Am 1. März 1900 ging Otto Geißler in die Ewigkeit hinüber.

In den »Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins« vom 30. April 1901 ist ein Bericht über den Bergführerkurs, der in der Zeit vom 17. bis 27. März in Innsbruck abgehalten worden war, abgedruckt. Unter den 28 Absolventen der Prüfung war auch der Oberstdorfer Franz Xaver Steiger, der in der Gesamtnote mit „Sehr gut” abschloß. Franz Xaver Steiger gehörte zu der Gruppe von Oberstdorfer Bergführern, die 1911 auf der Höfats ein Kreuz errichteten.

Sechs Wochen später ist im neuen Gipfelbuch zu lesen:

„5. Juli 1911 Traverse über sämtliche 4 Gipfel
mit Führer Steiger bei prachtvollem Wetter.
Karl Iron,
Ludwigshafen / a / Rh., Sektion Pfalzgau.”

Schon wenige Tage später, am 13. Juli, ist Franz Xaver Steiger wieder auf der Höfats. Diesmal ist die Philosophiestudentin Gertrud Marburg aus Frankfurt am Main an seinem Seil. Die Tour führt wieder über alle vier Höfatsgipfel.

Die „Travers”, die Überschreitung der vier Höfatsgipfel, war zu jener Zeit eine sehr beliebte Tour. Meist erfolgte dabei der Aufstieg über den Nordgrat des Westgipfels. Nach erfolgter Überquerung zum Ostgipfel führte die Route meist über den Ostgrat zum Älpelesattel hinunter. Nach heutigen Maßstäben keine schwierige Kletterei, aber „luftig” ist die „Travers” auch heute noch.

F. X. Steiger ist aber nicht nur als vielbeschäftigter Führer in Erscheinung getreten, denn er gehörte 1906 zu den Gründungsmitgliedern des »Skilauf- Vereins Oberstdorf/Allgäu« und war, als sich die Bergführer 1912 „selbständig” machten, Mitbegründer des Skivereins II. Später wurde er dessen Ehrenmitglied.

Wann Steiger die Prüfung als Skiführer abgelegt hat, konnte ich nicht ermitteln, doch ist der damals Sechzigjährige 1925 im »Zettler« als solcher aufgeführt. Im »Oberstdorfer Gemeinde- und Fremdenblatt« vom 18. Januar 1927 ist zu lesen:

„F. X. Steiger führt seit 25 Jahren Dr. Kalkhoff aus Stuttgart, jetzt wieder Übergang zum Arlberg ”

Steiger war also an seinem 62. Geburtstag, einem Alter, in dem man damals schon fast zu den Greisen zählte, als Skiführer am Arlberg unterwegs. Wann Steiger mit der Bergführerei begonnen hat, konnte ich leider nicht erforschen. Jedenfalls war er schon vor der Jahrhundertwende als amtlich bestallter Träger auf der Tafel am Rathaus vermerkt.

Am 20. Januar 1865 als Sohn der Eheleute Joseph und Viktoria Steiger in Oberstdorf geboren, erlernte er das Schuhmacherhandwerk. Er verehelichte sich mit Anna Fischer und erbaute im damals völlig freien Steinach ein Wohnhaus. Am 4. März 1944 ging sein Lebensweg zu Ende.

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Bergführer Franz Xaver Steiger

Ebenfalls vor 1900 als Träger auf der Tafel am Rathaus war vermerkt Kaspar Rietzler, „Schdeafars Kaschba”. Wann seine alpine Laufbahn begonnen hatte, konnte ich nicht erfahren. Im Jahre 1902 absolvierte Rietzler den Führerkurs in Innsbruck und wurde im gleichen Jahr amtlich als Bergführer autorisiert. Der Alpenverein vertraute ihm den Hüttenschlüssel Nr. 551 an.

Aus dem Führerbuch des Kaspar Rietzler hat man sich beim Alpenverein in Kempten einige Notizen gemacht. Aus diesen geht u.a. hervor, daß Rietzler z.B. am 29. August 1903 „mit Ernst Probst die Überschreitung Großer Wilder - Schneck” unternommen hat. An weiteren Touren stehen Höfats-Nordgrat - Traverse (1906), Parseierspitze, Trettach, Marchspitze (1907) zu Buche. Über eine besondere Tour im August/September 1911 berichtet Herr Gustav Eideney aus Hannover:

„Zeugnis!

Der Bergführer Kaspar Rietzler aus Oberstdorf führte meine Frau und mich von Ende August 1911 ab etwa 14 Tage lang von Hinterstein über den Hochvogel - Bäumenheimerweg nach Elbigenalp, von dort über die Ansbacherhütte und den Dawinkopf (Augsburger Höhenweg) nach Landeck; von hier über Feuchten und das Gepatschhaus auf die äussere Oelgrubenspitze und hinunter zum Taschachhaus; weiter über die Wildspitze (Nordspitze) zur Vernagthütte und zum Brandenburger Haus; von hier auf das Weisskugeljoch über die Nordwand der Weisskugel, und über das hintere Eisjoch und das Höllerschartel zur Höllerhütte; von da hinaus nach Matsch und Schluderns.

Rietzler hat sich auch auf dieser Tour wieder als treuer, zuverlässiger und vorsichtiger Führer bewiesen, als den ich ihn schon auf mehrern früheren Touren kennen gelernt hatte. Auch möchte ich noch besonders hervorheben, dass Rietzler, der zum ersten Mal bei dieser Gelegenheit Schneetouren machte, sich auch bei diesen ausserordentlich zuverlässig und sicher gezeigt hat. Hannover, den 1. Februar 1912 Gustav Eideney DuÖAV Hannover.”

Dieses Zeugnis war sehr wichtig für Kaspar Rietzler, weil beim Alpenverein über ihn eine Beschwerde eingegangen war. Das pikante an dieser Beschwerde war aber, daß sie nicht direkt gegen den Führer Rietzler, sondern anonym gegen „einen Oberstdorfer Bergführer” in der Alpenvereinszeitung gerichtet war. „Die Oberstdorfer Bergführer” verwahrten sich gegen so eine ungerechtfertigte Anschuldigung, und so wurde die relativ geringe Verfehlung ins Rampenlicht gezerrt.

Was war geschehen? Rietzler hatte sich mit einem Ehepaar auf der Rappenseehütte verabredet. Der Rucksack der Touristen war im Gasthof Birgsau deponiert worden, von wo ihn Rietzler zur Rappenseehütte nachbringen sollte. Als Kaspar in dem Gasthof eintraf, weilten dort Freunde. Er trank mit ihnen einen Schoppen, und noch einen und . . . verspätete sich, daß er erst nachts auf die Hütte kam. Er war wohl zum festgesetzten Zeitpunkt der Tour am Ausgangsort, aber das Verhängnis hatte schon am Vorabend seinen Lauf genommen. Die Touristen waren beim Aufstieg zur Rappenseehütte von einem Gewitter überrascht worden und kamen bis auf die Haut durchnäßt oben an. Die trockenen Kleider befanden sich aber im Rucksack und dieser - mit Kaspar - in der Birgsau. Der Hüttenwirt half selbstverständlich mit trockenen Sachen aus, aber entsprechend ausgeschmückt eignete sich das Thema bestens für einen Pressebericht über „Oberstdorfer Bergführer”.

Die Bergführerkollegen waren stinksauer. Die Alpenvereinssektion Kempten war aufgefordert, die Zuverlässigkeit des ihr unterstellten Führers zu prüfen. Da war natürlich ein Zeugnis wie vorstehend für Kaspar Gold wert. Der ganze Vorgang war noch am Laufen und löste sich wie keiner der Beteiligten es erwartet hatte. Am 10. Juni 1912 schickte der Oberstdorfer Bergführer-Obmann, der Buchbinder Franz Xaver Volderauer, „die Sachen [Führerbuch, Führerabzeichen, Hüttenschlüssel] des verstorbenen Bergführers Kaspar Rietzler” an die Sektion Kempten zurück. Er war am 1. Juni 1912 „Infolge Starrkrampf”, wie es in der Tageszeitung hieß, in die Ewigkeit gegangen.

Als Sohn des Schreinermeisters Joseph Rietzler und dessen Ehefrau Katharina, geb. Rosenblüh, erblickte Kaspar Rietzler am 23. März 1867 in Oberstdorf das Licht der Welt. Er erlernte auch das Schreinerhandwerk und arbeitete bei seinem Vater in der Werkstätte am Faltenbach. Das Rietzler-Haus mit der alten Haus-Nr. 1 1/2 (heute Am Faltenbach 1 - Seeweg-Rünzler) war das erste echte Wohnhaus im heutigen Ortsteil Faltenbach.

Mit dem Malergesellen Fritz Dünßer taucht ein junger Mann in der Führergilde auf, der bald von sich reden machen sollte. Ein zweites berufliches Standbein wollte er sich schaffen, indem er seine Passion zum Beruf wählte. Am 27. Juni 1904 wurde Fritz Dünßer vom DuÖAV als Träger legitimiert. Er war nun befugt, 70 % der Führertaxe für seine Dienste zu erheben. Während einer Art Probezeit war ihm im Trägerbuch eine Beschränkung der Touren vermerkt worden. Zugelassen waren: „Heilbronner Weg, Hohes Licht, Krottenkopf, Hochvogel, Höfats und die sonstigen mittleren Touren im Allgäu”.

Als ersten Touristen hatte der frischgebackene Träger am 5. Juli 1904 den Fabrikdirektor Rudolf Fiedler aus Berlin zu führen. Von Einödsbach über das Waltenbergerhaus auf den Gipfel der Mädelegabel und weiter zur Kemptner Hütte ging die Tour.

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Bergführer Fritz Dünßer

Das Zeugnis, das Direktor Fiedler ins jungfräuliche Trägerbuch schrieb, endete mit dem Satz: „In jeder Hinsicht zufriedengestellt.”

Diese und weitere ähnliche Eintragungen bewirkten, daß bereits im Juni 1905 die Tourenbeschränkung mit dem Nachsatz: „Zu allen, auch den schwierigen Touren im Allgäu & dem ganzen Gebiet”, aufgehoben wurde. Fritz Dünßer erhielt das Bergführer-Aspiranten-Abzeichen, und es wurden ihm 90 % der offiziellen Führertaxe zugestanden.

Kaum war die Einengung der Tourenwahl aufgehoben, geleitete der junge Aspirant am 27. Juli 1905 die „Frau Direktor Zellweger aus Blaichach”, die Gattin des Direktors der »Allgäuer Baumwoll-, Spinn- und Weberei«, Rudolf Zellweger, auf die Trettach.

Der Führerreferent der AV-Sektion Kempten schrieb in seinen Handakt folgende Notiz:

„Dünßer ist ein gewandter, anstelliger Bursche, der Schneid und Energie hat, sich zu den schwierigen Touren gut eignet, verspricht Ersatz für Braxmair [Anm.: Franz Braxmair] zu werden, wenn derselbe mit zunehmenden Jahren das Schwerste nicht mehr machen kann.”

Wenn ein junger Führer-Aspirant von 24 Jahren praktisch als Nachfolger des schon legendären Braxmair, der das Prädikat „erstklassig” besaß, angesehen wurde, dann müssen seine Fähigkeiten schon außergewöhnlich gewesen sein.

Am 16. August 1905 bestätigt ein Otto Reichenbach, daß ihn Fritz Dünßer nach Führung auf die Höfats sicher ins Oytal geleitet habe und daß beim Abstieg dem Führer das Führerzeichen verlorengegangen sei. Diese Beglaubigung war notwendig, um von der Aufsichtssektion ein neues Zeichen zu bekommen.

Nach bestandenem Lehrkurs im Frühsommer 1907 in Innsbruck wurde Fritz Dünßer offiziell als Bergführer autorisiert. Der gerade Fünfundzwanzigjährige war zweifellos ein gefragter Mann. Neben vielen anderen Touren führte ihn sein Beruf auch immer wieder auf die Höfats. Im Gipfelbuch des Ostgipfels ist er 1911 dreimal, 1912 einmal und 1913 wiederum dreimal nach erfolgter Traversierung der vier Gipfel mit seinen Schutzbefohlenen verzeichnet. Selbstverständlich war Dünßer auch dabei, als 1911 Oberstdorfs Bergführer auf dem Ostgipfel der Höfats das Kreuz errichteten.

Als Sohn des Malermeisters Karl Dünßer und dessen Ehefrau Karolina, geb. Remmele, am 17. November 1881 in Oberstdorf geboren, erlernte er wie zwei seiner Brüder beim Vater das Malerhandwerk. Er heiratete Johanna Vogler und lebte mit seiner Familie auf dem Anwesen Haus Nr. 65 (heute Rankgasse 11 - Bergführer Thomas Dünßer, Enkel). Der Mann, der in den Bergen so viele Gefahren hervorragend gemeistert hatte und seinen Touristen ein Muster an Mut und Gewandtheit gewesen war, kam am 22. Juli 1926 unten im Tal beim Heumachen durch einen Blitzschlag ums Leben.

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Im Jahre 1904 wurde mit Josef Vogler ein neuer Träger legitimiert. Sennereigehilfe, Nagelschmied und Maurer sind uns als Berufe übermittelt. Er übernahm eben alles, um für seine Familie den Lebensunterhalt zu verdienen.

Bei der Alpenvereinssektion Kempten wird eine Notiz verwahrt, in der Josef Vogler vom damaligen Führerreferenten kurz wie folgt qualifiziert wird: „willig, bescheiden, tüchtiger Führer”.

Touristen, die sich in der Obhut ihres Führers sicher fühlten und meist auch einen guten menschlichen Kontakt zu diesem hatten, wollten auch bei späteren Touren nur von ihrem Führer begleitet werden. So war es auch bei dem Direktor Franz Krause aus Hannover. Dieser hatte nach vier Touren ein solches Vertrauen zu Vogler, daß er sich von diesem am 5. August 1905 mit drei seiner vier Töchter (20,18 und 14 Jahre alt) auf die Höfats führen ließ.

Im Sommer 1906 führte Vogler neben vielen anderen Touristen wieder den Direktor Krause. Diesmal waren alle vier Töchter mit von der Partie. Die Route führte über das Nebelhorn zum Luitpoldhaus, von dort auf den Hochvogel und über das Himmeleck zurück ins Oytal. Weil es so schön war, begleitete Vogler wenige Tage später die gleichen Schützlinge über Schrofenpaß - Biberalp - Rappenseehütte - Hohes Licht - Heilbronner Weg - Mädelegabel - Kemptner Hütte - Märzle - Kreuzeck und wiederum hinab ins Oytal.

Ebenfalls im Sommer 1906 schrieb der kgl. Amtsrichter E. Herrmann aus Nürnberg nach einer Tour auf den Hochvogel in Voglers Führerbuch:

„Rühmend hervorzuheben ist, daß er gelegentlich des Abstieges über das Schneefeld im ,kalten Winkel’ einen ,Führerlosen’ offenbar wenig geübten Touristen, der ausglitt und den Abhang hinunterrollte, durch seine Geistesgegenwart u. sein besonnenes energisches Eingreifen vor dem Sturz in die Tiefe bewahrte.”

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Bergführer Josef Vogler

Josef Vogler hat 1907 den Bergführerkurs in Innsbruck „mit sehr gutem Erfolg” abgeschlossen und wurde am 2. Juli 1907 als Bergführer autorisiert. Er war ein vielbeschäftigter Führer, denn von 1904 bis 1908 waren drei Führerbüchlein vollgeschrieben. Das Glück war nicht mit ihm. Vogler erkrankte und starb am 22. März 1910 im Alter von erst 38 Jahren.

Er war geboren am 21. August 1871 als Sohn des Nagelschmiedes Ignaz Vogler und dessen Ehefrau Barbara Huber. Verheiratet war er mit Kreszentia Waibel. Der frühe Tod des Führers war ein herber Verlust für seine große Familie (sechs Kinder, und das siebente wurde nach dem Tode des Vaters geboren). Besonders tragisch war zusätzlich, daß Vogler auf Grund seiner Erkrankung seit der Autorisierung nicht ganze zwei Jahre aktiv als Führer tätig war. Somit kam die Familie nicht in den Genuß der Führer-Unterstützungs- Kasse und geriet in bittere Armut. Bürokratie auch damals schon!

Eines der sieben Kinder, den Sohn Ignaz, werden wir später auch wieder als Bergführer kennenlernen.

Das Jahr 1904 muß eine richtige Anwärterflut mit sich gebracht haben. Neben Dünßer und Vogler taucht auch noch der Spenglergeselle Johann Rietzler, „Schdeafars Hans”, auch „Roseblühs Johann” genannt, auf. (Er war der Bruder des uns schon bekannten Kaspar Rietzler.)

Um Verwechslungen mit seinem Namensvetter Johann Rietzler, „Jachemars Hans”, zu vermeiden, legte man den beiden Ordnungszahlen zu. So wurden aus dem „Jachemar” Rietzler Johann I und aus dem „Roseblüh” Rietzler Johan II.

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Bergführer Johann Rietzler II

Wann nun der Johann II mit der Bergführerei begonnen hat, konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Es müssen aber schon einige Jahre gewesen sein, bis der junge Mann zum Führerkurs in Innsbruck zugelassen wurde, an dessen Ende er die Prüfung ablegte. Im gleichen Jahr noch, 1905, wurde Johann Rietzler II autorisierter Bergführer und erhielt den Hüttenschlüssel mit der Nummer 2580 (an dieser Zahl ersehen wir, welchen zahlenmäßig gewaltigen Aufschwung das Bergführerwesen seit den achtziger und neunziger Jahren allein im deutschen und österreichischen Alpenraum genommen hatte).

Neben vielen anderen Touristen führte Rietzler II eine Partie, auf deren Eintrag im Führerbuch er besonders stolz sein konnte:

"Am 19.8.1908 bestiegen wir mit dem Führer Johann Rietzler II die Höfats, am 20. 8. die Trettachspitze. Rietzler ist umsichtig und äußerst tüchtig."

Allen Bergsteigern sehr zu empfehlen.
E. Dülfer / Hans Dülfer

Es waren dies Vater (Emil) und sein Sohn Hans, der später so bekannte Alpinist, dessen Name ewig mit dem nach ihm benannten Abseilsitz verbunden sein wird.

Oberstdorfs Ehrenbürger Karl Hofmann erzählte mir, daß er, als er fünfzehn Jahre alt war, mit Johann Rietzler II die Trettach-Südwand durchstiegen habe. Karls Vater, der damals Bergführer-Obmann war, muß also zu Johann II volles Vertrauen gehabt haben, daß er ihm seinen Sohn für die damals noch als sehr schwierig bezeichnete Tour anvertraute.

Der Bergführer Rietzler II wird 1922 vom Alpenverein auch als Skiführer bestellt und betreibt hier an seinem Heimatort eine Skischule.

Geboren wurde Johann Karl Rietzler am 22. November 1873 in Oberstdorf. Seine Eltern waren der Schreinermeister Joseph Rietzler und dessen Frau Katharina, geb. Rosenblüh. Er verheiratete sich mit Maria Zobel und lebte auf dem Anwesen Haus Nr. 74 (heute Frohmarkt 8 - Hannelore Fuchs, Enkelin). Am 31. Juli 1932 ging Johann Rietzlers Lebensweg zu Ende.

Fortsetzung folgt

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