Der Umsturz in Oberstdorf

von Angelika Patel am 01.12.2000

„Bei hellem Tageslichte Hab ich es anders gesehn.
Gewiß. Geschichten und Geschichte Wachsen und wechseln schon im Entstehn!”

Theodor Fontane

Vorwort

Manche Kapitel der Heimatgeschichte sind schwieriger zu behandeln als andere. In der Geschichte Oberstdorfs gibt es wohl kaum eines, das so delikat ist wie das der Geschehnisse im April und Mai 1945, als das sogenannte 1000jährige Reich nach 12 Jahren Zusammenbrach.

In Oberstdorf hatte es wie in jeder anderen deutschen Stadt und Gemeinde Leute gegeben, die aus der Euphorie des nationalen Taumels und des Glaubens an den Sieg gerissen wurden und sich wiederfanden in Niederlage, Demütigung und Schuld, andere, für die der 1. Mai die langersehnte Befreiung brachte von Angst und Tyrannei und solche, für die wohl die Beschreibung passen würde: Se hand nix dong, se händ bloß mitdong.

Die Erlebnisse dieser Tage haben sich tief im Denken, Erinnern und Fühlen jedes einzelnen eingeprägt, die Perspektive war aber oft sehr unterschiedlich. Es ist nicht verwunderlich, daß die Beteiligten Erfahrungen und Beobachtungen aus ihrer Sicht erzählt haben, mit jedem Erzählen oder In-Gedanken-Wiederholen sich aber kleine Bereinigungen, Über- oder Untertreibungen einschlichen. Dies verlieh der Beschreibung der Ereignisse zwar mehr Straffheit, mehr Eindeutigkeit von Gut und Böse, die ganze Wahrheit - soweit man diese überhaupt darstellen kann - wurde dadurch aber zunehmend verschleiert. So bildeten sich im Laufe der Jahre sehr unterschiedliche Versionen der Geschehnisse heraus, die viel Potential für böses Blut in sich bargen. Das Thema wurde schließlich mehr oder weniger unter den Teppich gekehrt, um alte Wunden in der Dorfgemeinschaft nicht unnötig wieder aufzureißen.

Damit wurde diese Thematik für die Nachkriegsgeneration aber nur in sehr begrenzter Weise oder gar nicht zugänglich, ein Zustand, dem dieser Artikel entgegenwirken will. Er wurde in erster Linie für die Jugend Oberstdorfs geschrieben, um ihr eine Basis zu geben, sich mit der jüngeren Geschichte auf heimatlichem Boden auseinanderzusetzen.

1947 widmete der damalige Chefredakteur der »Allgäuer Zeitung«, Dr. Hans Falk, den dramatischen Ereignissen im April und Mai 1945 in Oberstdorf einen ausführlichen Artikel. Dieser dient ebenso als Basis für die folgende Darstellung wie Aussagen noch lebender Zeugen, zeitgenössische Briefe, Tagebucheintragungen und andere Presseveröffentlichungen.

Mein besonderer Dank gilt Herrn Max Maile, ohne dessen Anregung und kontinuierliche Unterstützung dieser Artikel nicht zustandegekommen wäre, und Herrn Ministerialdir. a. D. Franz Noichl, der mir die Ergebnisse langjähriger Nachforschungen großzügig zur Verfügung gestellt hat.

Den vielen Gesprächspartnern, die anonym bleiben wollen, danke ich für ihr Vertrauen.

Die militärische Lage in und um Oberstdorf im April 1945

Trotz der anhaltenden Begeisterung für das Dritte Reich in beträchtlichen Teilen der Bevölkerung war im April 1945 für viele das Ende des Krieges abzusehen. Die Alliierten waren im Vormarsch, die deutsche Wehrmacht konnte sie trotz der Mobilisierung aller Reserven, trotz der Einberufung der 16- und der 60jährigen in den „Volkssturm” nicht aufhalten. Aber das Naziregime wollte sich nicht kampflos ergeben. Schon seit Mai 1944 war der Gedanke der sog. „Alpenfestung”, des Rückzugs der verbleibenden Truppen in den Alpenraum, als Ausgangspunkt für einen Partisanenkrieg, im Führerhauptquartier und in den Geheimdienstberichten der Alliierten herumgeschwirrt. Nun, im Frühjahr 1945, strömten die Truppen nach Süden. Ob sie sich auf der verzweifelten Flucht vor den herannahenden Alliierten oder auf einem geplanten Rückzug zur Verschanzung und Verteidigung in den Bergen befanden, war schwer zu unterscheiden in einer Zeit, in der Berichterstattung durch Propaganda total ersetzt worden war.

Umsturz - Heft 37

"Das letzte Aufgebot” - der Volkssturm in Oberstdorf.

Tatsache ist, daß die Lage Oberstdorfs äußerst prekär war. Zum einen bedeutete die geographische Lage, daß man sich hier am „Ende der Fahnenstange” befand und ein auf jeden Fall gefährlicher Truppenstau zu erwarten war. Zum anderen befand sich in einem Tal südlich von Oberstdorf, in der Birgsau, ein SS-Ausbildungszentrum mit angeschlossenem Gefangenenarbeitslager, das in den letzten Kriegsmonaten mit mehreren hundert bewaffneten Offizieren und Mannschaften belegt war. Im Kleinen Walsertal und im Nebelhorn-Berghotel befanden sich SS und Junker der Ordensburgen Vogelsang und Sonthofen. Darüber hinaus lag im Norden Sonthofens die Garnisonsstadt mit der Ordensburg, dem Sitz eines Gebirgsjägerbataillons und der Elite-“Adolf-Hitler-Schule”.

Oberstdorf war somit umgeben von einer Reihe nationalsozialistischer militärischer Machtkonzentrationen, die es zu Kriegsende zu einem potentiellen Pulverfaß machten. Die Bewaffnung und Kampfbereitschaft war schwer einschätzbar, da man auch unter Freunden nur äußerst vorsichtig kommunizierte.

Das Leben im Ort war relativ friedlich. Oberstdorf war Lazarett- und Evakuationsort geworden. Die großen Hotels, das »Luitpold«, der »Mohren«, der »Wittelsbacher Hof«, das »Nebelhornbahnhotel«, das »Christliche Hospiz«, das »Wilde Männle« u. v. a. beherbergten Hunderte von verwundeten Soldaten. In den meisten Privathäusern und Fremdenheimen hatten ebenfalls Hunderte von evakuierten Frauen und Kindern aus den zerbombten Städten und aus Ostdeutschland eine vorläufige, meist sehr beengte Bleibe gefunden. Spannungen blieben unter diesen Umständen natürlich nicht aus. Was alle Bewohner das damaligen Oberstdorf aber vereinte war das Bangen um die Zukunft.

Die Vorbereitungen des Heimatschutzes auf die Stunde X

Bereits Ende 1944 begannen Oberstdorfer Wehrmachtsangehörige, die im Oberallgäu stationiert oder als Verwundete oder Fronturlauber zeitweise nach Hause gekommen waren, sich heimlich darüber zu verständigen, wie der Heimatort trotz der bedrohlichen Lage vor einer sinnlosen Zerstörung bewahrt werden könnte. Die Kommunikation untereinander war äußerst spärlich, da eine frühzeitige Aufdeckung der Aktivitäten den sicheren Tod für die Beteiligten bedeutet hätte. Oft kannte man nur einen oder zwei der anderen Mitglieder der Organisation, die sich „Heimatschutz” (HS) nannte.

Die entscheidenden Männer dieser Bewegung waren die Oberstdorfer Dr. Ernst Richter, sein Bruder Oberleutnant Karl Richter sowie der Münchner Rechtsanwalt Dr. Franz J. Pfister, ein Bergkamerad der beiden Söhne des Besitzers der Sonnenbrauerei und mehrerer Gasthöfe in Oberstdorf und Umgebung.

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Oberleutnant Karl Richter

Dr. Falk berichtet, daß sich von Februar 1945 an eine Kerntruppe von etwa 70 Mitgliedern bildete, mit dem Ziel, Oberstdorf den herannahenden alliierten Truppen kampflos zu übergeben. Die noch lebenden Zeitzeugen können diese Zahl nicht bestätigen, sie erscheint hoch angesichts der Lebensgefahr, die eine solche Verschwörung mit sich brachte.

Unbestritten ist jedoch, daß im März 1945 Dr. Ernst Richter und Dr. Franz Pfister im Kleinen Walsertal einen Aufruf entwarfen und druckten, der die Ziele des HS darlegte und Soldaten aufforderte, sich den „Männern mit der weiß-blauen Armbinde” anzuschließen - ein Aufruf, der natürlich ebenso wie die Herstellung der weiß-blauen Armbinden selbst noch streng geheim bleiben mußte.

Im östlich von Oberstdorf gelegenen Oytal bildete Oberleutnant Karl Richter Gebirgsjäger aus. Im Laufe der letzten Kriegsmonate kreierte er dort so etwas wie eine Schaltzentrale für die Verschwörer.

Eine frühzeitige Aufdeckung der Aktivitäten hätte den sicheren Tod für alle Beteiligten bedeutet. Man hoffte, keine Verräter in den eigenen Reihen zu haben und wartete auf den Tag X.

Die Ereignisse im April 1945

Die entscheidende Rolle für den militärischen Erfolg des HS ist wohl Oberleutnant Karl Richter zuzuschreiben, der seit Februar 1945 als Hochgebirgs- Ausbildungs- und Schutzkreisoffizier für das obere Illertal dem Gebirgsjägerbataillon in Sonthofen angehörte. Er nützte seine Führungsposition in der Ordensburg dazu, durch eigenmächtiges Verhalten, zum Teil hochstaplerische Kompetenzüberschreitung und Befehlsumgehung, möglichst günstige militärische Voraussetzungen für den HS zu schaffen.

Zunächst sorgte er dafür, die ihm unterstellten Hochgebirgs-Ausbildungslager möglichst SS-frei zu halten. Falk berichtet, daß es ihm im März 1945 gelang, seinen Kommandeur zu überzeugen und die Besetzung des Oytals durch die SS zu verhindern.

Am 24. April 1945 sah es jedoch so aus, als seien die geheimen Vorbereitungen des HS vergeblich gewesen. Falk berichtet, daß eine SS-Brigade unter Brigadeführer Thumser auf dem Weg von Donauwörth in die Birgsau war und die schwere Artillerie bereits durch Oberstdorf rollte. Am selben Tag war Richter unter dem Vorwand eines dienstlichen Auftrages, aber ohne
Wissen seines Kommandeurs, auf dem Weg in die Birgsau, um sich Waffen für „Geländeübungen” aushändigen zu lassen.

Die schwere Artillerie in Oberstdorf wird von noch lebenden Zeitzeugen nicht bestätigt, vielmehr wird berichtet, Richter sei in Sonthofen auf die Thumser-Brigade getroffen. Unbestritten ist jedoch, daß es ihm mit halsbrecherischer Hochstapelei und Beredsamkeit gelang, Thumser davon zu überzeugen, daß er und seine Männer sich in der Birgsau in eine Mausefalle begäben und es militärisch vorteilhafter wäre, über Hindelang und das Oberjoch in Richtung Tirol zu ziehen. Als es sich abzeichnete, daß seine Argumentation erfolgreich war, trieb er sein Spiel weiter und luchste Thumser eine Bescheinigung ab, die ihn ermächtigte, von der SS in Birgsau sechs MG 42 mit Munition anzufordern.

Damit waren zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, die Thumser- Brigade zog ab in Richtung Oberjoch und wurde später in Tirol in Gefechte mit den Amerikanern verwickelt, und Richters hochbrisante Aktion, die SS in der Birgsau zu schwächen und den HS zu stärken, hatte unerwartet einen erschwindelten „legalen” Deckmantel erhalten. Am selben Tag wurden Richter in der Birgsau hochoffiziell sechs MG 42 ausgehändigt, die ins Waffenlager im Oytal transportiert wurden.

Als Richter kurz darauf - vermutlich nach dem 27. April - den Befehl erhielt, die ihm unterstellten Ausbildungslager aufzulösen und sich in Sonthofen einzufinden, setzte er sich über diesen Befehl hinweg und blieb im Oytal. Während Oberleutnant Karl Richter sein Leben durch subversive militärische Aktivitäten riskierte, bereiteten Dr. Ernst Richter und Dr. Franz Pfister im Walsertal - wie bereits erwähnt - den organisatorischen, aber auch den diplomatischen Boden für den Erfolg der HS-Aktion. Dabei kam ihnen ein glücklicher Umstand zu Hilfe, den sie geschickt auszunützen wußten.

Im »Hotel Ifen« in Riezlern waren unter SS-Bewachung ausländische Diplomaten und Generäle inhaftiert. Unter diesen befand sich der ehemalige französische Botschafter in Berlin (und später in Bonn), Andre Frangois- Poncet. Es gelang den Verschwörern mit ihm in unbewachten Kontakt zu treten und ihn für die HS-Aktion als Vermittler mit den herannahenden alliierten Truppen zu gewinnen. Ein von ihm verfaßtes Schreiben wurde sofort an den kommandierenden Offizier der inzwischen in Sonthofen einmarschierten französischen Truppen weitergeleitet.

27. und 28. April 1945

Die letzten Apriltage brachten als Auftakt für den Umsturz zwei dramatische Ereignisse, die bei der Bevölkerung Oberstdorfs Angst, Schrecken und Entsetzen verbreiteten.

Zunächst erlebte Oberstdorf am 27. April seinen ersten - und Gott sei Dank einzigen - Bombenangriff. Drei Tiefflieger befanden sich plötzlich über dem Ort und verschwanden nach der Detonation einiger kleinerer Bomben auf dem im Osten gelegenen Plattenbichl, am Faltenbach und am Kühberg.

Der Schrecken war schlimmer als der tatsächliche Schaden, es wurde niemand verletzt. Am Kühberg wurden zwei Fuhrwerke eines Versorgungstransports für den HS im Oytal beschossen. Die Fuhrleute und zwei Pferde kamen mit dem Schrecken davon, aber zwei Mulis sorgten später vor der Freibankschlächterei für eine Schlägerei unter der Menge. Diese hatte sich schnell versammelt, als es sich herumgesprochen hatte, daß der Angriff den Oberstdorfern eine zusätzliche Fleischration beschert hatte.

In der folgenden Nacht vom 27. zum 28. April wurde der Revierjäger Ludwig Käufler zwischen dem Gasthaus Birgsau und den Zollhäusern erschossen. Die Versionen über den Hergang und den Grund für diese Tat gehen weit auseinander. Da die Vernehmungsprotokolle der Staatsanwaltschaft Kempten trotz intensiver Nachforschungen über mehrere Jahre nicht auffindbar waren, sollen hier die verschiedenen Versionen ohne Wertung dargestellt werden. Ich möchte jedoch anmerken, daß bei genauerer Überprüfung alle Hergangsschilderungen beträchtliche Ungereimtheiten aufweisen.

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Dr. Falk berichtet, Käufler sei vom HS beauftragt gewesen Bewaffnung und Stärke des SS-Lagers auszuspionieren und sei bei der Ausführung des Auftrages ertappt und liqidiert worden. Zeitzeugen berichten, der als Antinazi bekannte, in der Birgsau tätige Jäger sei dem SS-Scharführer Kohlhofer schon lange ein Dorn im Auge gewesen und das Opfer einer persönlichen Racheaktion geworden. In einer weiteren Version ist die Rede von dem harmlos nach Hause radelnden Revierjäger, der das Pech hatte, daß ihn sein Weg am Pistolenlauf des schießwütigen SS-Mannes vorbeiführte. In einer weiteren Version wird berichtet, Käufler und sein Bruder wollten in dem Lager, das bereits in Auflösung war, Lebensmittel beschaffen und wurden dabei von einem Posten überrascht. Käufler wollte fliehen und wurde von dem Posten erschossen.

Was auch immer der wirkliche Hergang in jener Nacht war, der Tod des Jägers Käufler zeigte zweifelsfrei, wie hochbrisant und gefährlich die Lage in Oberstdorf geworden war.

Erst später sollte bekannt werden, daß am Tag nach Käuflers Tod, nämlich am 28. April, in Penzberg die vom dortigen Altbürgermeister Rummer geleitete, dem HS vergleichbare, „Freiheitsaktion” tragisch endete. Das von Rummer und seinen Mitstreitern besetzte Rathaus wurde vom Werferregiment 22 zurückerobert, und Rummer und sechs weitere Männer wurden erschossen. In der darauffolgenden „Mordnacht von Penzberg” rückte eine Werwolf- Einheit in Penzberg ein und erhängte acht „verdächtige” Bürgerinnen und Bürger, die an ihren Häusern weiße Fahnen gehißt hatten.

Auch die Münchener „Freiheitsaktion Bayern” wurde am 28. April von SS- und Wehrmachtseinheiten niedergeschlagen und endete mit der sofortigen Hinrichtung von 39 Beteiligten.

Vor diesem Hintergrund sollte man die Errungenschaften des Oberstdorfer HS und die Ereignisse der nun folgenden Tage und Wochen sehen.

30. April und 1. Mai 1945

Am 30. April wurde von Unbekannten am Kirchturm am Marktplatz eine weiße Fahne gehißt (man umging damit den sog. „Flaggenbefehl”, der anordnete, daß aus Häusern, die eine weiße Fahne zeigten, alle männlichen Personen sofort zu erschießen seien). Diese erste Aktion des HS war ein Versuch die Stimmung im Dorf zu testen und herauszufinden, wer die Verteidigung des Naziregimes weiterhin unterstützte und für die Wiedereinholung der Fahne verantwortlich war.

In der folgenden Nacht marschierte Richter mit ca. 30 Mann des HS in Oberstdorf ein (viele wurden erst in der Nacht aufgefordert, sich anzuschließen), besetzte alle wichtigen Gebäude wie Rathaus, Post, Feuerwehrhaus und Bahnhof und ließ alle führenden Vertreter der Naziorganisationen sowie Befürworter und potentielle militärische Führungspersönlichkeiten einer möglichen Verteidigung festnehmen. Sie wurden in den Kellern des Sanitäts- und des Rathauses inhaftiert. Dabei kam es zwar zu keinen folgenschweren Gewalttaten, persönliche Demütigungen blieben aber nicht aus.

Der wohl gefährlichste Aspekt der Vorbereitung des Coups war die Einbeziehung des Volkssturms gewesen. In den letzten Apriltagen war Richter das Risiko eingegangen, einige der ihm bekannten Führungspersönlichkeiten des Volkssturms ins Vertrauen zu ziehen und ihre Unterstützung zu erlangen. Die ca. 500 Männer und Kinder, die in den letzten Kriegsmonaten mit dem Befehl „ Volkssturm, Einspruch zwecklos” oft gegen ihren Willen und ihre Überzeugung als letzte Reserve zur Verteidigung verpflichtet worden waren, schlossen sich am 1. Mai dem HS fast vollständig an.

Der Walsertaler HS kam am Morgen des 1. Mai in Begleitung von Botschafter Frangois-Poncet nach Oberstdorf. Dieser informierte den französischen Kommandanten in Sonthofen telefonisch über die Lage und bot erneut die friedliche Übergabe an. Am frühen Nachmittag wurden bei dichtem Schneetreiben die französischen Panzer an der Breitachbrücke von Oberleutnant Richter empfangen und Oberstdorf wurde offiziell übergeben. Eine Panzerabordnung besetzte ohne Zwischenfälle den Marktplatz.

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Französische Panzer in Oberstdorf

In dem Brief einer Oberstdorferin vom 15. Juli 1945 werden diese Ereignisse anschaulich beschrieben:

„Die Spannung hier im Ort lag dick in der Luft, Dr. K. gründete im Kino den Werwolf! der Bürgermeister hielt wilde Reden! Die SS aus Birgsau gab durch, dass sie den Ort niederbrennen würde und so weiter. Dann platzte die Bombe in der Nacht vom 30. 4. auf den 1. Mai. Die geheime Organisation ging zur Tat über und setzte alle, was Nazi war, mit einem raschen ausserordentlich guten Handstreich gefangen. ... Die Aktion selbst war wohl nicht das Schlimmste, aber den Zeitpunkt richtig zu berechnen und die ganzen Vorbereitungen, das war wirklich etwas Ausserordentliches. Am Morgen des 1. Mai saßen also all unsere ,Lieblinge' im Keller des Rathauses ... kurzum, im ganzen 72 Stück! Das kleine Oberstdorf hat also auf unblutige Weise seine Bartholomäusnacht gehabt! Der Jubel am Morgen des ersten Mai war ungeheuer! Ganz von selbst gingen überall die weissen Flaggen auf, ja, es war wirklich, als ob wir grosse Wäsche gehalten hätten!”

Einige Aussagen des Briefes werden von anderen Zeitzeugen in Frage gestellt. So wird zum Beispiel die Bildung einer Werwolfgruppe in Oberstdorf bestritten, die laut einer späteren Aussage des oben genannten Dr. K. „nur in den Köpfen der Leute bestand”. Auch andere als „Werwölfe” Verhaftete bestanden darauf, sie hätten damit nichts zu tun gehabt und es habe eine solche Organisation nie gegeben.

Auch der oben beschriebene Jubel hatte wohl uneingeschränkt vor allem die Mitglieder des HS und ihre Familien erfaßt, die nun nicht mehr um ihr Leben bangen mußten, die zahlreichen Kriegsgefangenen, die bei der Fabrik in Baracken lebten, die Sozialisten und Kommunisten und die Eltern der Jungen, die dem Volkssturm durch das Ende des Krieges entkommen waren. Ansonsten wird berichtet von der Angst unter der Bevölkerung. Schließlich war es der Erzfeind der Propagandamaschinerie, der nun in Oberstdorf einmarschieren sollte, die Franzosen mit Truppen, die in erster Linie aus Marokko kamen. Besonders unter den Frauen breitete sich große Angst aus.

Weitgehend unbegründet, wie sich später herausstellen sollte, trotz einiger Belästigungen und einer Vergewaltigung, die streng geahndet wurde. In den vielen Gesprächen mit Zeitzeugen wurde immer wieder von der großen Kinderfreundlichkeit und Menschlichkeit der marokkanischen Besatzungstruppen berichtet, die allerdings den lokalen Hühnerbestand praktisch auf null reduzierte.

Die bereits zitierte Dame schreibt weiter:

„ Alles war in Festkleidung, man stand selig vor den Türen, schüttelte sich die Hände und war unsagbar stolz auf sich selbst!... Nachmittags kurz vor 5 hörten wir ein mächtiges Gedröhn - Frau N. war gerade bei uns - wir riefen alle aus: die Panzer! die Panzer! Frau N. stürzte sofort weg, denn ihr sollte doch von allem nichts entgehen. ... dann stürzte ich natürlich auch auf den Marktplatz, von genau demselben Trieb beseelt wie Frau N! Da standen 10 französische Tanks, hübsch im Kreise. Im Rathaus wurde verhandelt, Prinz Lippe machte den Dolmetscher, die Leute strahlten, die geheime Organisation nannte sich nun Heimatschutz, trug weiss-blaue Armbinden und Gewehre und machte sich gewaltig edel ... Also jetzt waren wir französisch. ”

Am Abend des 1. Mai war die Situation jedoch noch nicht so eindeutig wie das obige Zitat vermuten läßt. Trotz des großen Menschenauflaufs am Marktplatz blieben viele Oberstdorfer bei geschlossenen Fenstern in ihren Häusern aus Angst vor Repressalien der französischen Truppen und aus Unsicherheit darüber, wie die Besatzer mit ihrem neuen „Beuteort” umgehen würden.

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Einmal in einem französischen Militärjeep sitzen ...

Auch militärisch war die Lage nicht so klar wie oben beschrieben. Nachdem der französische Kommandeur Oberleutnant Richter für Ruhe und Ordnung persönlich verantwortlich gemacht und den HS als bewaffnete Miliz dem französischen Befehl unterstellt hatte, kehrte die französische Abteilung mit dem befreiten Botschafter zunächst nach Sonthofen zurück und ließ den Ort in der Ungewißheit zurück, wie die Birgsauer SS reagieren würde.

Zum damaligen Zeitpunkt war im Ort nicht bekannt, daß das Lager sich schon seit Tagen in der Auflösung befand. Man wußte nicht, daß die meisten Offiziere bereits in Zivilkleidung über die Berge geflohen waren und die 16- und 17jährigen führungslos im Lager zurückgelassen hatten. Es ist jedoch zu vermuten, daß Karl Richter durch einen Sympathisanten im Lager über die Situation informiert war und somit keine Vorbehalte gegen den Abzug der Franzosen hatte. Die Nacht brachte auch keinen Angriff aus Birgsau, und am nächsten Morgen, dem 2. Mai 1945, erfolgte der reguläre Einmarsch der französischen Truppen.

Die Verdienste des HS für die Erhaltung von Oberstdorf und der persönliche Mut aller Beteiligten, die monatelang in der Angst gelebt hatten, verraten und liqidiert zu werden, kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Wäre es dem HS möglich gewesen, sich am 2. Mai gänzlich aus dem öffentlichen Leben zurückzuziehen, so könnte man über den erfolgreichen Coup - immerhin eine Woche vor Ende des Krieges - schon längst in vielen stolzen lokalen Veröffentlichungen und Denkschriften nachlesen und es wäre nicht zum langfristigen Totschweigen seiner Verdienste gekommen.

Aber das Rad der Geschichte kann nicht im Moment des Triumphes angehalten werden. Krieg, Tyrannei, Unrecht und Unmenschlichkeit lösen sich durch die heroische Tat einer Handvoll Verschwörer nicht innerhalb weniger Stunden in allgemeinen Frieden auf. Oberstdorf und seine Bewohner wurden zwar bewahrt vor Kampf, Zerstörung, Plünderungen und Vergewaltigungen (wie etwa in Immenstadt am 29. April 1945). Dem schrecklichen Wirbelstrom von Schuld, Rache, Strafe und Vergeltung, aber auch der Tabuisierung und Verdrängung, der Götterdämmerung am Ende des sogenannten lOOOjährigen Reiches konnte sich jedoch niemand entziehen. Das galt für die Mitglieder des HS ebenso wie für die heimkehrenden Soldaten, überzeugte Nazis, Birgsauer SS, Mitläufer oder Nazigegner.

Tod in der Birgsau

Am 3. Mai informierte Karl Richter den Kommandanten des SS-Lagers in der Birgsau offiziell über die Lage in Oberstdorf und forderte ihn auf, am nächsten Morgen die Waffen abzuliefern. Obwohl das Lager de facto nicht mehr existierte, antwortete Obersturmbannführer Lindemann zweideutig: „Die müßt ihr euch schon holen kommen!” So fuhren am Morgen des 4. Mai etwa 40 HS-Leute in die Birgsau.

Über die nun folgende Gewalttat schreibt Dr. Falk:

„Bei der Alpe Finkenberg wurde der SS-Scharführer Kohlhofer von einem einzelnen HS-Mann entdeckt. Der Unterschlupf des Kohlhofer war den HS-Männern, als sie bereits in die Birgsau eingedrungen waren, von einem SS-Angehörigen, der mit dem HS sympathisierte, verraten worden. Auf die Frage, warum er, Kohlhofer, den Käufler ermordet habe, nahm Kohlhofer eine herausfordernde und aggressive Haltung ein. Darauf schlugen zwei HS-Männer in äußerster Erregung mit dem Gewehrkolben auf den Mörder ihres Kameraden ein, bis er kein Lebenszeichen mehr von sich gab."

Die Vernehmungsakten der Staatsanwaltschaft Kempten und des Sonthofener CIC und damit detaillierte Kenntnisse über die Ereignisse des 4. Mai 1945 sind in den Nachkriegsjahren auf mysteriöse Weise verschwunden bzw. bis heute unzugänglich. Unbestritten ist jedoch, daß der SS-Scharführer Kohlhofer an diesem Tag auf qualvolle Weise ums Leben kam und sein Tod den ersten großen Schatten auf die Verdienste des HS warf.

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Die Küchenbaracke des sich im Aufbau befindlichen SS-Lagers vor den Zollhäusern in der Birgsau, im September 1943.

Der HS als Ordnungsmacht der französischen Besatzer

In den Tagen und Wochen, die der Gewalttat in der Birgsau folgten, handelte sich der HS zunehmend die Bezeichnung „Heimatschmutz” ein.

Dabei spielte es sicherlich eine große Rolle, daß der HS die bewaffnete Miliz im eigenen Ort war, wo jeder andere, inklusive Polizei und Jäger, entwaffnet war. Allein die Tatsache, daß damit das Wildern - von vielen Oberstdorfern damals als Symbol echter Männlichkeit betrachtet und in den Nachkriegsmonaten eine wichtige Nahrungsquelle - praktisch das Monopol der HS- Mitglieder wurde, führte zu viel bösem Blut. Darüber hinaus war der HS dafür verantwortlich, die Beschlagnahmungsbefehle der Besatzer im Ort auszuführen. Das betraf unter den Franzosen besonders Fahrräder, Kameras und Radios, aber auch Motorräder, Autos, Kleidung und Lebensmittel. Die Auswahl der Häuser, in denen beschlagnahmt wurde, lag beim HS, der sich besonders auf die von Parteimitgliedern konzentrierte.

Es gibt auch Zeitzeugenaussagen dafür, daß es einigen Mitgliedern des HS an moralischer Größe mangelte und sie ihre plötzlich gewonnene Macht zu persönlichen Racheaktionen oder zu ihrer eigenen Bereicherung ausnützten.

Weiterhin ist den Zeitzeugenaussagen zu entnehmen, daß die einheimischen Führer der Bewegung, die Brüder Richter, von ihrer Persönlichkeit her nicht dazu geeignet waren, einer so delikaten Führungsaufgabe gerecht zu werden. Vor dem Krieg hatten die beiden den Ruf des Bürgerschrecks gehabt, Draufgängertypen, die vor keiner Wirtshausrauferei zurückschreckten, sie eher suchten und von dem wohlhabenden Vater mehr als einmal aus brenzligen Situationen „freigekauft” worden waren. Diese unbürgerlichen Eigenschaften, die für den Coup so wichtig, wahrscheinlich sogar eine Voraussetzung gewesen waren, stellten sich nun als Handicap heraus.

Der Bericht in dem bereits zitierten Brief ist in dieser Beziehung ziemlich vernichtend:

„Die inneren Zustände des Dorfes waren äusserst dramatisch. Der HS wuchs zu einer Apachenbande aus, untere wilder Anführung der Gebrüder Richter, die wohl allerhand Abenteuer organisieren können, sich aber in dieser Stellung als verwaltende und vermittelnde Stelle den Hass des ganzen Dorfes zuzogen ... alle Häuser wurden auf Vorräte vom HS untersucht, oft unter den unziemlichsten Formen (z. B. bei uns in der Hütte drückten sie ein Fenster ein ... und Dein göttlicher E. genierte sich nicht, in eigenster Person dort einzusteigen! ...). Nun hatte natürlich jeder einige kleine mühsam ersparte Vorräte, es wurde ja auch amtlich angeregt, sich diese anzulegen. Der HS nahm nun im Namen des Vaterlandes alles weg und wo blieb es? In den Kellern und Mägen selbigens!”

Daß es in Sachen Lebensmittel jedoch auch schon vor dem Umsturz und dem Eingreifen des HS in Oberstdorf hoch hergegangen war, ist dem Brief einer Oberstdorferin an ihren Verlobten zu entnehmen, in dem sie über die letzten Kriegstage berichtet:

„Dazu kamen dann auch noch die Sonderzuteilungen. 7 1/2 Pfund Käse, 1 Pfund Butter, 1 Pfund Mehl und 1 Pfund Nährmittel. Jetzt kannst Du Dir vorstellen, wie die Menschen rasten. Vor den Geschäften standen unübersehbare Schlangen (z. B. vom Braxmair bis zum Schratt!). Die dazugehörigen Schimpfereien und Schlägereien blieben natürlich nicht aus. Die Polizei musste eingreifen, als die wildgewordenen Frauen einander den Quark ins Gesicht warfen!”

Nazis und Soldaten

Das zentrale Problem des HS war jedoch dasselbe, das sich durch alle Gruppierungen, Institutionen, ja sogar Familien des besetzten Deutschland und später der jungen Bundesrepublik zog: die Frage, wer ist/war ein Nazi? Wo war die Grenze zwischen einem Opportunisten, der schnell sein Fähnchen nach dem neuen Wind richtet und einem heimlichen Regimegegner, der nur nach außen hin mitmachte, in Wirklichkeit aber nur auf die Gelegenheit wartete, den Nazis den Garaus zu machen?

Wer war ein „schlimmerer Nazi”, der Bürgermeister, der als Parteimitglied in Uniform flammende Reden gehalten, sich in entscheidenden Situationen aber sehr menschlich gezeigt hatte oder der Rüstungsunternehmer, der ohne Parteibuch Millionen verdient hatte und sich nun seiner weißen Weste rühmte? Wer kann wissen, entscheiden, was in den einzelnen wirklich vorging? Die Antworten auf diese Fragen waren wohl letzten Endes auch bei höchster persönlicher Integrität mehr oder weniger willkürlich und persönlich - egal, ob sie vom HS als sog. „Persilschein” gegeben wurde, von den „Entnazifizierungs”-Spruchkammern der Alliierten oder von einzelnen Einheimischen.

Der HS war großzügig mit den „Persilscheinen” und mit der Aufnahme in seine Reihen, was dazu führte, daß die Organisation innerhalb kürzester Zeit auf 385 Mann anwuchs. Wegen früherer Mitgliedschaft in einer Naziorganisation mußten 125 wieder ausscheiden, wobei Falk Uber zwei „besonders gelagerte Ausnahmen” berichtet, die nach eingehender Prüfung von der französischen Kommandantur gebilligt wurden.

In dem bereits zitierten Brief ist zu diesem Thema zu lesen:

„Zunächst nahm der HS alles auf, was mit Richters befreundet war, ob Nazi oder kein Nazi, ob SS oder keine SS! Damit war schon alles verloren. Sogar S. war plötzlich selig und wichtig im HS; ich veranlasste aber hinter den Kulissen, dass ihm die Armbinde wieder abgenommen wurde...

Aus der Sicht eines Soldaten, der in Sonthofen stationiert gewesen war und von Anfang an zum HS gehört hatte, sah das anders aus. Er berichtet, wie er einem ihm befreundeten Frontsoldaten einen „Persilschein” ausstellte, obwohl dieser in der Waffen-SS gewesen war:

"Ich war mit dem drei Jahre in Griechenland und der war genausowenig ein Nazi wie ich. Aber das weiß man nur, wenn man jemanden genauer kennt."

Hunderte von deutschen Soldaten, die nicht aus Oberstdorf stammten und in diesen Tagen über die Berge oder das Rohrmoos den Weg nach Hause suchten, hatten weniger Glück. Sie wurden vom HS aufgegriffen, entwaffnet und den Besatzern übergeben. Eine Vielzahl von Zeugen erinnert sich an die vom HS im Auftrag der Franzosen auf dem Platz zwischen Hofmann und Herberg und im Kino festgesetzten Soldaten, die dann in einem langen Zug durch Oberstdorf in die Gefangenschaft geführt wurden. Auch ein Teil der im Rathaus- und Sanitätshauskeller Gefangenen mußte sich diesem Zug anschließen. Das bedeutete zwei bis drei Jahre schwere und gefährliche Arbeit in Bergwerken oder als Minensucher. Besonders in der zweiten Gruppe bezahlte das mancher mit dem Leben.

Das war wohl der höchste Preis, der vor allem durch auswärtige deutsche Soldaten für die friedliche Übergabe des Ortes bezahlt wurde. Und es waren nicht wenige Oberstdorfer, die sich dafür schämten.

Dr. Falk berichtet darüber wesentlich weniger kritisch als mancher einheimische Zeitzeuge:

„... Nur dank dem Vertrauen, das die französische Kommandantur von Anbeginn an der Führung des HS entgegenbrachte, war es überhaupt möglich, dass der HS mit den Franzosen eine Vereinbarung treffen konnte, wonach alle heimkehrenden deutschen Soldaten (mit Ausnahme der SS und der Parteifunktionäre), soweit sie im oberen Illertal beheimatet waren, nicht in französische Gefangenschaft gerieten, falls sie Mitglied des HS wurden. Die gleiche Vereinbarung galt aber auch für kranke oder alte Heimkehrer, deren Heimat nicht im Allgäu lag. Auf diese Weise blieb Hunderten von heimkehrenden deutschen Soldaten die Kriegsgefangenschaft erspart. Überall in der französischen Besatzungszone war es sonst anders."

Neben den bisher beschriebenen Ereignissen, die große Ausschläge sowohl auf der positiven wie auf der negativen Seite zeigen, soll auch die wichtige Rolle des HS im Oberstdorfer Alltagsleben nach der Stunde X gewürdigt werden.

Lebensmittel

Die schwierige Versorgungssituation Oberstdorfs mit einigen Tausend Fremden, Verwundeten, Kriegsgefangenen und Evakuierten wurde bereits angedeutet. Das vorzeitige und friedliche Ende der Kriegshandlungen änderte daran zunächst nichts. So wurde es eine der wichtigsten Aufgaben des HS, den Ort ausreichend mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Unter der Leitung eines Oberstdorfer Unternehmers wurde diese Aufgabe ehrenamtlich erfolgreich durchgeführt.

„Nicht vergessen sollte man auch die erfolgreichen Bemühungen des HS zur Sicherung der Ernährung für damals ungefähr 15000 Einwohner, als während der ersten Nachkriegswochen die Lebensmittelversorgung in Oberstdorf auf wichtigen Gebieten völlig ins Stocken geraten war”, ist bei Dr. Falk zu lesen.

Ein Mitglied des HS berichtet:

„Nun mußte ich täglich die Lebensmittel vom Großmarkt in München ... herbeischaffen: Tagesarbeit 18-20 Stunden ... Einmal schickten mich die Besatzer mit dem von ihnen beschlagnahmten Lkw der ehemaligen Waffen-SS, die Runen noch sichtbar, nach Reichenhall, um Salz zu holen. Dabei wurde ich (wegen der SS-Runen) zweimal eingesperrt, in Bad Tölz von den Amerikanern und in Rettenberg von den Franzosen ...”

Ein Zitat, das auf anschauliche Weise erinnert, daß vor 55 Jahren eine Fahrt zwischen Oberstdorf und Bad Tölz andere Gefahren und Komplikationen in sich barg als zu viele Autos oder eine Baustelle.

„Außer den bereits genannten drei Hauptakteuren haben zahllose Männer des HS und zwei Frauen, derer aller Namen unvergessen sind, an der Vorbereitung und dem Gelingen des Planes wesentlichen Anteil gehabt und ihr Leben wiederholt aufs Spiel gesetzt. Es ist zu hoffen, daß die Marktgemeinde Oberstdorf es sich nicht nehmen lassen wird, eines Tages eine Chronik der Heimatschutzbewegung der Öffentlichkeit vorzulegen. Sie würde damit einer Ehrenpflicht und Dankesschuld nachkommen.

So schrieb Falk 1947.

Der Artikel ist ein erster Schritt in dieser Richtung. Daß er zur Veröffentlichung kommt ist vielleicht ein Hinweis darauf, daß auch in Oberstdorf die Zeit gekommen ist, dem Beispiel Immenstadts zu folgen und die lokale Geschichte der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts niederzuschreiben.

Ich danke allen, die diese Veröffentlichung durch ihre Offenheit möglich gemacht haben.

COPYRIGHT Angelika Patel und Max Maile
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Verschönerungsverein Oberstdorf e.V.
1. Vorsitzender
Peter Titzler
Brunnackerweg 5
87561 Oberstdorf
DEUTSCHLAND
Tel. +49 8322 6759

Der Verein

Unser gemeinnütziger Verein unterstützt und fördert den Erhalt und Pflege von Landschaft, Umwelt, Geschichte, Mundart und Brauchtum in Oberstdorf. Mehr

Unser Oberstdorf

Seit Februar 1982 werden die Hefte der Reihe "Unser Oberstdorf" zweimal im Jahr vom Verschönerungsverein Oberstdorf herausgegeben und brachten seit dem ersten Erscheinen einen wirklichen Schub für die Heimatforschung. Mehr

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