Schutz der Oberstdorfer Fluren vor Hochwässer und Muren - 100 Jahre staatliche Wildbachverbauung

von Albert Göttle und Arthur Glogau am 01.12.2001

1. Die bayerischen Alpen und ihre Wildbäche

1.200 km lang durchziehen die Alpen Europa. Aufgrund ihrer geografischen Lage und ihrer landschaftlichen Besonderheit stellen sie Siedlungs- und Erholungsraum für Millionen von Menschen dar. Die Alpen sind ein junges Faltengebirge, das durch verschiedenste geologisch-tektonische Einheiten gekennzeichnet ist. Ihr vielfältiger innerer Bau, die unterschiedliche stoffliche und strukturelle Beschaffenheit der Gesteine und der Einfluß der Gletscherströme der Eiszeit prägen die alpinen Lebensräume und sind kennzeichnend auch für die Oberstdorfer Täler und Höhen.

Die Wildbäche, von alters her Gefahr für Siedlung und Infrastruktureinrichtungen, sind typische Fließgewässer der Hochgebirge. Sie sind gekennzeichnet durch großes Gefälle, rasch und stark wechselnden Abfluß mit zeitweise sehr viel Kies und Geröll. Der Geschiebeanteil in Wildbächen, von dem neben Holz und Schlamm die größte Gefahr ausgeht, hängt insbesondere von den Eigenschaften des Einzugsgebietes, der Steilheit des Geländes und der Intensität oft nur kurzer sommerlicher Starkregen ab.

Wie der gesamte bayerische Alpenraum sind auch die Oberstdorfer Täler geprägt durch steile Hänge entlang der Wildbachläufe mit meist mächtigen Ablagerungen von Verwitterungsmaterial aus eiszeitlichen Perioden und Stausedimenten der letzten Jahrtausende. Wo immer die Wildbäche aufgrund der Festigkeit des Untergrundes sich tief in die Talsohle hineingefressen haben, sind in der Folge ausgiebige Rutschungen und Erosionsherde zu beobachten, die insbesondere zu Muren mit verheerenden Folgen führen können.

Andererseits kennen wir abschnittsweise stark verzweigte Strecken in breiten Tälern, denen eine wichtige Rückhalte- und Ausgleichsfunktion eben für Hochwässer und Muren zukommt, so die Stillach im Talboden von Oberstdorf oder die Breitach unterhalb Weidach bei Tiefenbach. Anders z. B. die Situation im Klamm-Abschnitt, wo es der Breitach allmählich gelungen ist, sich in den harten Fels einzugraben und die heute als so wunderbar empfundene Morphologie zu erzeugen. Im lockeren, eiszeitlichen Hangschutt dagegen entstehen rasch tiefe Gräben, Runsen und Blalken, aus denen große Mengen an Geschiebe auch sehr kurzfristig in die Wildbäche gelangen können. Aufgrund der Steilheit von Gelände und Bachläufen können auch bei kleineren Bächen während der Zeit des Hochwassers große Blöcke mit hoher zerstörerischer Kraft transportiert werden. Vor allem von mitgerissenen Bäumen (dem sogenannten Wildholz) geht eine große Gefahr der Verklarung von Engstellen im Wildbachlauf insbesondere in den Ortslagen aus, wodurch es zu verheerenden Überflutungen kommen kann.

2. Ein gesunder Bergmischwald, wichtigster Verbündeter im Kampf gegen die Wildbachgefahren

Die Bergwälder und die von ihnen geprägten Böden beeinflussen den Weg der Niederschläge in sehr entscheidendem Umfang. So verbleiben z. B. 200 mm des jährlichen Niederschlages im Kronendach der Bergwälder und verdunsten von dort aus unmittelbar. Auch die Böden der Bergwälder können kurzfristig große Niederschlagsmengen aufnehmen, die sie dann allmählich in den tieferen Untergrund abgeben oder erst stark verzögert über Gräben und Rinnen dem eigentlichen Wildbachlauf zuleiten. Die hohe ausgleichende Wirkung des Bergwaldes auf die Vergleichmäßigung der Hochwasserabflüsse, der Geschiebemengen und die Bedeutung des Bergwaldes für die Stabilität der Hänge sind kennzeichnend für das Wildbach-Geschehen und die damit verbundenen Gefahren.

Die Beeinträchtigung unserer heutigen Bergwälder durch Wildverbiß, Waldweide und Waldschäden als Folge von Luftschadstoffen hat auch Auswirkungen auf die Wildbachtätigkeit, wenn infolge geringerer Zwischenspeicherung und Verdunstung von Niederschlägen mehr Wasser in die Böden eindringt und es somit zu Vernässungen und Rutschungen kommen kann.

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Zerstörter Bergwald als Folge von Stürmen und Borkenkäfer.

Dementsprechend werden seit Mitte des 19. Jahrhunderts in allen europäischen Alpenländern intensive Bemühungen unternommen, auf der einen Seite die Belastungsfaktoren des Bergwaldes zu verringern (u. a. zu hohe Wildbestände) und damit die Naturverjüngung, die Bestandsdichte und Zusammensetzung zu verbessern. Nur so kann in vielen Bereichen die nicht oder nur noch teilweise vorhandene Schutzfunktion gesunder Bergmischwälder zurückgewonnen werden.

3. Die Besiedelung der Gebirgstäler

Die Anfänge der Kulturlandschaften des Berglandes gehen bis in die Jungsteinzeit zurück, als der Mensch begann Ackerbau zu treiben und Haustiere zu züchten. Die erste Siedlungstätigkeit beschränkte sich jedoch auf randalpine Täler und Terrassen, so auch in den Oberallgäuer Bergen, wo nur sehr selten sporadische Nachweise einer steinzeitlichen Besiedelung zu finden sind.

Als Bronze und Kupfer, später dann Eisen als neue Werkstoffe entdeckt wurden, setzte in den Alpen eine Bevölkerungsentwicklung ein, die zu einer für damalige Verhältnisse dichten Besiedelung und nachhaltigen Nutzung des Berglandes führte. So hatte der Bedarf an Bauhholz sowie Grubenholz in Verbindung mit der Ausbeutung von Erzlagerstätten, die Gewinnung von Weideflächen und Siedlungsraum umfangreiche Rodungen der Bergwälder zur Folge.

Das mittelalterliche Klimaoptimum, mit einer Erhöhung der mittleren Jahrestemperatur von 1,5 bis 2° C, erlaubte auch in den Oberstdorfer Tälern einen Anstieg der Waldgrenze. Andererseits führte die stärkere Besiedelung des Gebirgsraumes zu weiteren Rodungen. In den bayerischen Alpen verblieb damals nur ungefähr ein Drittel der ursprünglichen Waldfläche, Verhältnisse wie sie heute im Allgäu in etwa gleichem Umfang noch bestehen. Mit Beginn des industriellen Zeitalters setzte auch in den Alpentälern ein allgemeiner wirtschaftlicher Aufschwung ein, da mit dem frühen Ausbau der Verkehrswege eine Infrastruktur geschaffen wurde, die die Alpenbevölkerung sehr rasch in die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung einbezog. Erneut wurde Holz als Baumaterial für die in den Tallagen entstehenden Städte, Dörfer und Märkte, für Salinen und als Brennmaterial benötigt.

Die damals eingerichteten Waldweiderechte schafften vor allem in Oberbayern einen willkommenen Futtergewinn, belasteten jedoch bis heute die Naturverjüngung und die Stabilität der Bergwälder, in vielen Bereichen überprägt durch eine verstärkte Schalenwildhege mit zum Teil bis heute hohen Verbiß- und Schälschäden.

Als Ergebnis dieser menschlichen Einwirkungen in den alpinen Naturraum haben wir heute eine reich strukturierte, abwechslungsreiche, schöne, gegenüber den Naturgewalten jedoch in vielen Teilbereichen empfindliche Kulturlandschaft geschaffen. Die hier entstandenen Werte, vor allem die Siedlungen und Anlagen, waren von Beginn an der Gefährdung durch Wildflüsse und -bäche, durch Rutschungen, Steinschlag und Lawinen ausgesetzt; es war ein immerwährender Kampf gegen Wildbachgefahren. Auffällig ist die Entwicklung insbesondere seit Ende des 2. Weltkrieges, wo mit Zunahme der Bevölkerung und des Fremdenverkehrs ein sprunghafter Ausbau der Infrastruktureinrichtungen aller Art erfolgte. Es entstanden Hotels, Bäder und Freizeiteinrichtungen, Bergbahnen und Skipisten und dies leider aufgrund der räumlichen Gegebenheiten häufig auch in den Gefahrenbereichen von Wildbächen oder Lawinen. Infolge der Raumnot wurden in den letzten Jahrzehnten die vorhandenen Siedlungsflächen häufig erweitert und stark verdichtet und in unmittelbarer Nähe von gefährlichen Wildbächen und Lawinengassen hohes Schadenspotential angesammelt.

4. Hochwasser und Muren

Der durchschnittliche Jahresniederschlag in Bayern beträgt im Bergland bis zu 2.800 mm, im Markt Oberstdorf im Durchschnitt 1.800 mm; Tageshöchstniederschlagsmengen bis 250 mm wurden gemessen. Ursache sind kurze Gewitterregen mit hoher Intensität, jedoch geringer räumlicher Ausdehnung, oder mehrere Tage andauernde großflächige Starkregen mit geringerer Intensität.

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Faltenbach an der Trettachmündung, 1921.

In der Folge kann es zu einem starken Anschwellen der Wildbäche sowie einer innigen Vernässung der Berghänge kommen mit der Folge von Hochwässern, Muren und Rutschungen. Jüngstes Beispiel waren die großen Hochwasserereignisse an Pfingsten 1999 und im August 2000, bei denen auch im Markt Oberstdorf erhebliche Schädigungen und Überschwemmungen zu beklagen waren.

Im geschichtlichen Rückblick berichten uns die Chroniken der Märkte immer wieder von Hochwässern und Überschwemmungen und den dadurch entstandenen Sach- und Flurschäden. So auch im Markt Oberstdorf, wo z. B. der vordere Ösch mehrfach von der Stillach überschwemmt wurde. Die noch als weit wilder bekannte Trettach riß immer wieder Brücken, Stege und Uferschutz weg, auch in den Teilorten des heutigen Marktes Oberstdorf; in Reichenbach und Rubi sowie in Tiefenbach war fast nach jedem größeren Hochwasser erheblicher Schaden durch Geisalpbach, Breitach, Rohrmooser Starzlach usw. zu beklagen.

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Oybachtobel-Schaden am Hohenadlweg.

Das „Hochwasser des 19. Jahrhunderts” im bayerischen Alpenraum und auch in Oberstdorf entstand nach einem Wolkenbruch am 1. August 1851. Trettach und Faltenbach schwollen damals zu wilden Strömen an und rissen in der folgenden Nacht die große Hammerschmiede, die etwa auf dem Platz des heutigen Elektrizitätswerkes stand, bis auf die Grundmauern weg.

Es sollte noch schlimmer kommen. Soweit Aufzeichnungen zurückreichen, sind zu keiner Zeit Hochwasserschäden in einem Ausmaß vermerkt, wie sie durch das Juni-Hochwasser 1910 entstanden. Damals gingen sintflutartige Regenfälle, die mit der Schneeschmelze zusammentrafen, übrigens fast identisch mit der Situation des Jahres 1999, nieder und ließen Trettach und Stillach zu reißenden Strömen anschwellen. Gewässernahe Weideflächen und Waldparzellen wurden übermurt und fortgerissen, leichte Uferverbauungen und Brückenfundamente wurden zerstört. Ähnlich, so wird berichtet, war die Situation am Faltenbach, Oybach, Dietersbach, Traufbach, Rappenbach, Schlappolder- und Söllerbach. Sie alle standen bei diesem Zerstörungswerk nicht zurück und ließen weder Stege noch Brücken den Fluten standhalten.

Die Stillach überschwemmte, wie auch bei den Hochwässern 1999 und 2000, große Flächen des vorderen und hinteren Öschs und lagerte Unmengen von Geröll, Schlamm und Treibholz ab. Für die Trettach wird entsprechendes berichtet im hinteren Ösch und in der Rubinger Oy. Beklagt werden aus jener Zeit auch schwere Schäden am gemeindlichen Wegenetz; vor allem die Straßen in die Oberstdorfer Gebirgstäler Birgsau, Spielmannsau und Oytal waren auf weite Strecke abgerissen, beschädigt oder vermurt, die Heuernte vernichtet.

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Wildbach-Umlagerungsstrecke, Stillach.

Allein für den Ort Oberstdorf wird von einem Schaden in Höhe von 321.026 Mark berichtet, der die Leistungsfähigkeit der Gemeinde bei weitem überforderte. Wirksame Abhilfe brachte damals erst die neugeschaffene, moderne Wildbachverbauung, eine umfassende Aufgabe, der sich der Staat durch königliche Verordnung im Jahre 1902 verpflichtet hatte.

5. Staatliche Wildbachverbauung

Im gesamten Alpenraum haben sich die bedrohten Bergbewohner, soweit sie den Gefahren des Wassers nicht überhaupt ausweichen konnten, stets bemüht, sich durch Schutzbauten vor den Verheerungen zu schützen. Aufgrund der begrenzten technischen Möglichkeiten umfaßte dieser Schutz jedoch meist nur die unmittelbar benachbarten Häuser, Wege und Fluren. Erst mit der Einrichtung der staatlichen Wildbachverbauung war Gelegenheit gegeben für die Anwendung modernerer und umfassender sowie dauerhafter Verbauungstechniken, entwickelt und umgesetzt von den Protagonisten des alpinen Wasserbaus wie Georg Freiherr von Aretin, seines Zeichens Leiter der Königlich-Bayerischen Landwirtschaftsgesellschaft, sowie Adrian von Riedl und Carl Friedrich von Wiebeking. Ihre einschlägigen Erkenntnisse zur Wasserbaukunst und Wildbachtätigkeit im Gebirge haben bis heute weitgehend Gültigkeit.

Trotz der grundlegenden Erfahrungen und Ausarbeitungen wurden in jener Zeit nur einige kleinere, meist aus Holz hergestellte Sperren und Uferschutzbauten an den Wildbächen errichtet, die im Laufe der Zeit wieder verfielen. Haupthindernis für einen nachhaltigen Wildbachschutz war die fehlende Finanzkraft der Gemeinden, in deren Verpflichtung der Ausbau der Wildwässer war. Den ersten entscheidenden Anstoß zu einer organisierten Wildbachverbauung in Bayern brachten die großen Überschwemmungskatastrophen der Jahre 1878,1880 und 1882, die innerhalb wie außerhalb des bayerischen Alpenraumes zu außerordentlichen Verheerungen führten.

Unter dem Eindruck der damaligen Ereignisse faßte z. B. der Landrat von Schwaben und Neuburg am 19. 11. 1885 den für die Oberstdorfer Flur so wichtigen Beschluß: „Die dringenden Schutzvorkehrungen gegen jähe Überschwemmungen und Wildwasserschädigungen in den Seitenflüssen des Illergebietes, insbesondere im Stillachthale und Warmatsgunde” erstellen zu lassen und die Kosten hierfür aus einem Fond für „Förderung der Waldkultur” zu bestreiten.

Verantwortlich für die Projektierungsarbeiten war der Bauamtsassessor des Straßen- und Flußbauamtes Kempten, Adalbert Stengler. Ihm verdankt Oberstdorf die Verbauung des Warmatsgundbaches und des oberen Stillachgebietes mit Einödsbach und dem Leiterberg, der Trettach bei Spielmannsau und im Faltenbach bei Oberstdorf sowie zahlreicher weiterer Bäche im oberen Illertal.

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Längsverbauung des Warmatsgundbaches, 1921.

Angeregt durch diese ersten grundlegenden Verbauungen wurden mehr und mehr Wünsche der durch Wildbäche bedrohten Gemeinden und Anlieger im oberen Allgäu laut. Da hierbei auch rein örtliche Belange in den Vordergrund traten, wurde außer der schon bisher beanspruchten unentgeltlichen Bereitstellung von Grundstücken und der kostenlosen Überlassung von Baumaterial (Holz und Steine) auch die Leistung entsprechender Kostenbeiträge verlangt. Der Staat zahlte die Hälfte, Kreis und Beteiligte je ein Viertel der Gesamtkosten.

6. Finanznot bringt Rückschläge für die Wildbachverbauung

Als Folge des großen Hochwassers vom 14. und 15. Juni 1910, bei dem das gesamte Alpengebiet schlimm betroffen wurde - mehrtägiger Starkregen in Verbindung mit dem Abschmelzen der im Hochgebirge noch liegenden großen Schneemengen ließen vielfach die bis dahin bekannten höchsten Pegelstände überschreiten setzten starke Aktivitäten in der Wildbachverbauung ein. Es bewährte sich die Gründung der Sektionen für Wildbachverbauung in Rosenheim und Kempten aus dem Jahr 1902 nunmehr in besonderer Weise.

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Alte und neue Geschieberückhaltesperre beim Gschlief an der Stillach

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Runsenverbauung am Faltenbach mittels
Steinkastensperren.

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Geschieberückhaltesperre im Oberlauf der Trettach bei Spielmannsau mit einem Stauraum von etwa 140.000 cbm, Gesamtabsturzhöhe 14 m.

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Geschieberückhaltesperre an der Stillach

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Hangverbauung am Faltenbach: Großbauten und Weidenbreitlagen während der Verbauungsarbeiten

Der Kriegsausbruch von 1914, die einsetzende Weltwirtschaftskrise und die Inflation brachten jedoch auch für die Wildbachverbauung im Allgäu schwere Einschnitte, viele Maßnahmen blieben halbfertig, nur für die nötigsten Unterhaltungen standen Mittel zur Verfügung. Erst ab 1924 wurden z. B. die Bauarbeiten zur Beseitigung von Hochwasserschäden an der Stillach, Trettach und Breitach bei Oberstdorf sowie der Rohrmooser Starzlach, Ortsteil Tiefenbach, wieder aufgenommen.

Auch in der Zeit des 2. Weltkrieges wurden wiederum nur die allernotwendigsten Arbeiten durchgeführt, und so verfielen zahlreiche Bauwerke mangels hinreichender Unterhaltung. Das Hochwasser von 1940 brachte neuerlich schwere Schäden und wiederum fehlte es an Facharbeitern, Ingenieuren und Baumaterialien für eine sachgerechte und dauerhafte Sanierung der Bachläufe und ihrer Einzugsgebiete.

Das Hochwasser von 1954, das wiederum den gesamten bayerischen Alpenraum heimsuchte, zeigte, daß die früheren Anstrengungen der Wildbachverbauung bei weitem nicht genügten. Die Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsminjsterium des Innern arbeitete deshalb einen Gesamtsanierungsplan für den bayerischen Alpenraum aus, um künftigen Hochwassergefahren besser begegnen zu können. Damals waren bereits 360 Millionen DM an Kosten veranschlagt, ein großer Teil davon für das obere Allgäu.

Der Alpenplan war die Grundlage für eine konsequente Sanierung der Wildbacheinzugsgebiete zur nachhaltigen Sicherung der Täler, Orte und Weiler. Konsequent wurde der Grundsatz der Integralmelioration, d. h. der ganzheitlichen Sanierung eines Wildbacheinzugsgebietes verfolgt, indem sowohl technische, forstliche, ingenieur-biologische, besitzordnerische und landwirtschaftliche Maßnahmen kombiniert wurden. Ein herausragendes Projekt war hierfür im Jahr 1957 das Schlappoldgebiet südlich von Oberstdorf, wo die Voraussetzungen für einen solchen integralen Ansatz besonders günstig erschienen, da das Gebiet nicht besonders groß und in der Hand einer einzigen Alpgenossenschaft war, was langwierige Auseinandersetzungen mit verschiedenen Besitzern ersparte.

Ein Kernpunkt der Sanierung waren die Trennung von Wald und Weide und Verbesserungen in der Alpbewirtschaftung. Die Kosten beliefen sich damals auf 1,6 Millionen DM, und der erzielte örtliche Erfolg konnte die Allgäuer Alpwirte davon überzeugen, daß es möglich ist, Gebietssanierungen durchzuführen, ohne Angst, die alpwirtschaftlichen Belange und Nutzungen zu schmälern. Diesem guten Beispiel folgten zahlreiche weitere Sanierungen im Allgäu wie im übrigen bayerischen Bergland.

7. Das Pfingsthochwasser 1999
Beispiel für stetige neue Herausforderungen im Wildbachschutz

Eine neuerliche Bewährungsprobe für die mittlerweile weit fortgeschrittene Sanierung der alpinen Einzugsgebiete und der Gewässerläufe im oberen Allgäu und im Werdenfelser Land brachte das Pfingsthochwasser 1999. Ähnlich den Verhältnissen bei den Hochwässern 1910 und 1954 kamen auch diesmal intensive und länger dauernde Niederschläge mit der Schneeschmelze zusammen und ließen die Oberstdorfer Wildbäche über ihre Ufer treten. Betroffen war insbesondere der westliche Teil von Oberstdorf mit Überschwemmungen entlang der Stillach und hohen Sachschäden.

Auch die Übermurung von Alpflächen, der Abriß von Ufern, Rutschungen und Waldabbrüche in nahezu allen Oberstdorfer Tälern waren zu beklagen. Die Sanierungsarbeiten laufen seitdem auf Hochtouren, und einmal mehr zeigt sich am Beispiel der Stillach die Schwierigkeit einer Planung im bebauten Ortsbereich mit mühsamen, zeitaufwendigen Verhandlungen zur Erlangung der benötigten Grundstücke. Dazu kommen Finanzierungsprobleme, da gleichzeitig viele Projekte bis weit die Donau hinab durch das Pfingsthochwasser 1999 erforderlich wurden.

Es bleibt zu wünschen, daß in Erinnerung an die große Gefährdung, die von Wildbächen ausgeht, hier zügig vorangegangen werden kann; denn die Hochwässer von Pfingsten 1999 und August 2000 haben gezeigt, daß auch statistisch sehr seltene Extremabflüsse durchaus in kurzer Abfolge einen Markt wie Oberstdorf heimsuchen können. Sie haben aber auch aufgezeigt, daß es eine absolute Sicherheit vor Wildbachgefahren nicht gibt.

Es kommt deshalb darauf an, die integrale Sanierung der Niederschlagseinzugsgebiete im Sinne einer Begrenzung der Abfluß- und Erosionsbereitschaft zügig fortzusetzen und durch eine Ergänzung und regelmäßige Unterhaltung der Bauwerke die notwendige Sicherheit für die Tallagen auch in Zukunft zu gewährleisten. Gefordert sind hier neben der staatliche Wildbachverbauung alle, die im Berggebiet Verantwortung tragen, insbesondere die Alp- und Fortswirtschaft, die Jagd, der Fremdenverkehr und die Gemeinde im Sinne einer maßvollen Siedlungsentwicklung und konsequenten Beachtung der Gefahrenbereiche.

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Uferabriß Stillach im Bereich Skiflugschanze,
1999.

Kontakt

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Tel. +49 8322 6759

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