Schon seit vielen Wochen vom menschlichen Verkehr abgeschlossen ist der in Diensten des Fabrikbesitzers Otto stehende Jagdaufseher Steinbach und seine Familie. Erstmals quartiert der Aufseher mit seiner Familie zur Überwinterung in der 1.800 m hoch gelegenen Krautersalphütte im Traufbachtal ein. Ohne Nachricht, bei primitivsten Wohnbedingungen hofft man, daß die Nahrung ausreicht und die einzige altersschwache Kuh noch lebt. Die gute Nachricht kommt ins Tal, daß die Alpbewohner bei bester Gesundheit sind, die Nahrung bis Mai reicht und oben mehr sonnige Tage in dieser Höhe als im Tal waren.
Die Herren Dr. Max Madlener/Kempten und Fritz Heimhuber/Sonthofen haben eine Skitour auf das 2.224 m hohe Nebelhorn ausgeführt, eine anerkennenswerte Leistung bei großen Terrainschwierigkeiten.
Februar
Die Feuerwehr beantragt bei der Gemeinde, daß im Rahmen der anstehenden Renovierung des Spritzenhauses zwei bis drei „elektrische Flammen” eingebaut werden.
März
Zu den 80. Geburtstagsfeierlichkeiten des Prinzregenten haben sich auch Kaiser Wilhelm II. und der ihm verbundenen Kaiser Franz Josef angesagt.
Der Veteranen- und Kriegerverein Oberstdorf ist dem Bayerischen Veteranen-, Krieger- und Kampfgenossenbund beigetreten.
Das Unterkunftshaus auf dem Nebelhorn wird erweitert, und somit können 50 Personen dort oben auf luftiger Bergeshöhe nächtigen. Die Erweiterung beinhaltet 3 Wirtschaftsräume, 6 Zimmer mit 15 Betten, einen allgemeinen Schlafraum und sonstige Matratzenlager für 25 - 30 Personen. Allseits beliebt ist Küche und Keller des Herrn Sieber.
Das Nebelhornhaus nach der Erweiterung.
April
In der Weststraße entsteht nach Abbruch des alten Gebäudes die neue Brauerei »Zur Sonne« von Karl Richter.
Der Hafner Peter Niederacher errichtet an der Fabrikstraße ein Wohnhaus mit Stadelanbau, der als Lager und Werkstätte dient.
Gasthof »Zur Sonne« mit der neuerbauten Brauerei (in Bildmitte).
Mai
Im »Gasthof Sonne« trifft sich eine große Anzahl Einwohner zur Gründung eines „Vereines zur Erhaltung der Volkstracht”. Förster Wolfgang Hohenadl eröffnet die Versammlung und gibt dann das Wort an Hofrat Dr. Ulrich Reh um Zwecke und Ziele des Vereines zu erklären.
Die Fahnenweihe des aus 340 Mitgliedern bestehenden Katholischen Gesellenvereins, gegründet 1900, verläuft auf das Schönste bei prächtiger Witterung. Fast sämtliche Kurorte des Allgäus entsenden Delegierte.
Juni
Am 7. und 9. Juni erfolgt in diesem Jahr die erste Ersteigung der Trettachspitze und der vier Höfatsgipfel durch Dr. Karl Siegel aus Stuttgart, in Begleitung des erstklassigen Führers Franz Braxmair aus Oberstdorf.
Juli
Am Freibergsee, in Birgsau und Einödsbach werden Telegraphenanstalten und Telephonbetriebe eröffnet, welche an Oberstdorf angeschlossen und als Unfallmeldestellen eingerichtet sind.
Gründungsort des Trachtenvereins, der Saal im Gasthof »Zur Sonne«.
Die Fahnenweihe des Katholischen Gesellenvereins vor der Pfarrkirche.
Durch heftigste Wolkenbrüche und Überschwemmungen entstehen im Oberallgäu erhebliche Schäden. In Oberstdorf ist die Trinkwasseranlage durch Absprengungen von Leitungsrohren so demoliert, daß der Ort einen ganzen Tag ohne Wasser ist. Die Anlagen des Verschönerungsvereins am Faltenbach sind gänzlich ruiniert. Der Fabrikkanal wird erheblich beschädigt. Es wird wohl geraume Zeit vergehen, bis die Werke der Zerstörung wieder gut gemacht sind. In einem Aufruf des »Allgäuer Anzeigeblattes« heißt es: „Mit Rücksicht auf das schreckliche, elementare Unglück, das so viele arme Familien unseres schönen Oberallgäus betroffen, eröffnen auch wir eine Sammlung und hoffen, daß derselben reichlich Mittel edler Menschenfreunde zufließen - Hilfe tut dringend noth“.
August
Am Sonntag, dem 18. August, findet bei günstiger Witterung wieder das beliebte Wildemännlestanzen statt. Anfang nachmittags 15 Uhr auf der Hofmannsruh.
Zugunsten der Erbauung einer protestantischen Kirche findet im Badhotel in Oberstdorf ein äußerst gelungenes Konzert statt.
Die Zahl der Gäste hat sich auf über 5.000 erhöht, obwohl die Schäden durch das Hochwasser noch sichtbar sind. Auf ca. 25.000 - 30.000 Mark wird der Schaden der Gemeinde und des Verschönerungsvereins veranschlagt.
September
Unter den Allgäuer Bergen erfreut sich das Nebelhorn eines hervorragenden Besuches. Die heurige Frequenz beträgt 1.900.
Carl Fürst Fugger-Babenhausen ist zu einem längeren Erholungsaufenthalt angekommen.
Fürst Fugger, nach dem Fuggerstraße und Fuggerpark ihren Namen haben.
Oktober
7.808 Personen beträgt die Gesamtfrequenz an Kurgästen; das sind 640 Personen mehr als im Vorjahr.
Die Errichtung einer Schulstelle in Rohrmoos wird von der königlichen Regierung genehmigt. Josefa Ellenrieder aus Mindelheim wird als Hilfslehrerin eingestellt.
Das in Touristenkreisen überall bekannte Märzle bzw. Kreuzeck und die Kemptner Hütte gehen durch Kauf an Freiherrn von Heyl zu Herrnsheim in Worms über.
Eine Kuh der Witwe Tauscher bringt ein Kalb zur Welt, welches das enorme Gewicht von 128 Pfund hat.
November
Fritz Gschwender läßt an sein »Trettachhotel« einen Theatersaal anbauen.
Dezember
Der Freibergsee ist vollständig zugefroren und lädt zur Abhaltung von Eisfesten vorzüglich ein.
Quellen: »Allgäuer Anzeigeblatt«, Jahrgang 1901;
Archiv von Eugen Thomma.