Skizze von Julius Köhnholz
Eigentlich fertigte der Schuhmacher Max Kappeler, geb. 1850 in Oberstdorf, „Schuhbekleidung für Damen, Herren und Kinder unter Zusicherung schnellster und bester Bedienung”. Seine Spezialität waren „Bergschuhe für Touristen”. Zusammen mit seiner Frau Ludwina betrieb er ein „Schuh- Lager”.
Als Ende des 19. Jahrhunderts der Fremdenverkehr zunahm, erkannte er vorausschauend die Zeichen der Zeit und erbaute die »Villa Maxheim« mit 26 Betten in 17 Zimmern, 2 Küchen, 1 Garten und 7 Veranden. Seine Frau und seine Töchter Hulda, Maria und Luise betreuten die nun zahlreich anreisenden Gäste. Doch das war dem rührigen Max Kappeler, mit seinem Weitblick für touristische Entwicklung, nicht genug. Kurze Zeit später ließ er im Oytal ein Wirtshaus erstellen, das im August 1897 offiziell eröffnet wurde. Dort kochten jetzt Ludwina und Maria, Luise bediente anfangs und Hulda versorgte das »Maxheim«. Das neuerbaute »Oytalhaus« wurde, dank seiner Wirtsleute Mäxele und Ludwina sowie ihrer Töchter, schnell zu einer beliebten Einkehr, was durch viele Einträge in die Fremdenbücher belegt ist.
Beginnend ab dem 18. Juli 1897 berichten sie von Tagesausflüglern und auch ersten Logiergästen. Schon vier Wochen später trug sich mit Herrn Dr. Franz Ludwig Baumann der 532. Gast ein. Er war der Verfasser der mehrbändigen „Geschichte des Allgäus” und als Direktor des kgl. Reichsarchivs in München eine bekannte Persönlichkeit. Mit Dr. Karl Reiser, kgl. Reallehrer aus München – von ihm stammt das Buch „Sagen, Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus” (1902) –, und Max Förderreuther – er verfasste 1907 das Buch „Land und Leute” – besuchten weitere für das Allgäu wichtige Autoren öfter das Oytalhaus. Neben humorvollen Einträgen, wie: „Auguste Kellermann. München, ledig und deshalb lustig”, sind viele alpine Eroberungen, wie z. B.: „Eugen und Wilhelm Heimhuber aus Sonthofen mit A. Mayr. Lehrer von Imberg, Höffats 4. Gipfel”, vermerkt. Die kleine Randnotiz „oha” stammt wohl von einem Bewunderer.
Weiter interessante Einträge aus dem ersten Sommer:
Der Kunstmaler Julius Köhnholz aus München verewigte sich mit einer reizenden Zeichnung. Frederick Simms aus London kehrte vom Hornbachjoch mit dem Führer Karl Brutscher bei Regenwetter ein und freute sich über die „freundliche Bedienung, guten Kaffee etc”. Eine vergnügte Gesellschaft, darunter Katharina Eß von Rubi und ihr späterer Ehemann Stefan Witsch von Oberstdorf, machten im August 1897 Zwischenstation im Oytal: „... jetzt geht’s hinauf nach Lugenalp auf Visit zur Tanzmusik, wo alles freundlichst eingeladen ist”. Familie Eß aus Rubi bewirtschaftete damals die Lugenalpe. Angeschlossen hatten sich drei Oberstdorferinnen: „Dass wir sind dagewesen, das können sie hier lesen, wie lange wir sind geblieben, das hab ich nicht geschrieben”. Feine Damen, die im Hotel »Mohren« logierten, trugen sich ins Fremdenbuch ein mit dem humorvollen Nachsatz: „alle noch zu haben”, was prompt vom Kutscher Otto Blattner bestätigt wurde. Während Anton Huber aus Oberstdorf mit Führer Vogler „auf Laufbach und zurück ins Oytal” kam, bemerkten Ludmilla Gschwender sowie Julie und Anna Knapp von Oberstdorf, dass sie „vom Nebelhorn Seealpsee übers Gleit – ohne Führer!” abgestiegen sind.
Die erste Sommerbewirtung endete Anfang Oktober mit einem gemütlichen Abend: „Nachts im schönsten heididldum, bei gutem Humor und bei videler Geschellschaft”. Am nächsten Tag stellte sich noch reichlicher Abschiedsbesuch ein. Darunter befanden sich die Nichte „Thilda Hengge von Oberstdorf und deren Erbtante Josefa Kappeler”.
Schon in den 90er Jahren hatten alpine Pioniere im Oytal gewagte Klettertouren auf die Höfats, den Schneck und die Wilden unternommen. Hier werden immer wieder die Brüder Josef und Ernst Enzensperger erwähnt. Josef E., Mitbegründer des Akademischen Alpen-Vereins München, veröffentlichte die meisterhaften Leistungen 1896 in der Zeitschrift des Deutsch-Österreichischen Alpenvereins und 1906 im Jahrbuch des Alpenvereins. Eigentlich unglaublich, Enzensperger und Gefährten machten bereits 1897, am 4. Januar, die erste Winterbesteigung auf die Höfats. Im gleichen Jahr, am 17. Oktober, bestieg er vom Schneck aus alle drei Gipfel des Großen Wilden und kletterte zum ersten Mal über den Südgrat und die Westwand ab. Im Fremdenbuch sind Josef und Ernst mit Geschwistern und Eltern oft aufgeführt. Vater Josef Enzensperger war zu dieser Zeit kgl. Oberexpeditor in Sonthofen.
Aus touristischer und zugleich alpinistischer Sicht ist folgender Eintrag von Interesse, den Paul Bertelsmann und Carl Wesemann aus Bielefeld schrieben: „Am 29. Juni 1899 benutzten wir den bis dahin durch Herrn Kappeler theilweise fertig gestellten Abstieg vom Nebelhorn nach dem Oythal als erste mal und bekunden unsere Dankbarkeit für diese Anlage, die gewiss noch manchem Freude bereiten wird”.
Hermann Demeter und seinen Gefährten gelang 1902 die Erstbesteigung der Schneck-Nordwand.
Unter anderen gehörte zu den regelmäßigen Oytalhaus-Besuchern, neben Theo Spindler und Hans Daumiller, auch Willi Blenk, genannt „Dago”. Er war der Erstbesteiger des Südwestkamins am Kleinen Wilden. Dieser wird seither „Blenkkamin” genannt. Als er, zusammen mit dem Bäckermeisterssohn Georg Müller aus Oberstdorf, am 1. August 1906 am Kleinen Wilden tödlich abstürzte, war die Wirtsfamilie Kappeler natürlich tief betroffen.
Einem weiteren treuen Besucher, Hermann Rädler, Lehrer in Langenwang, gelang vor 100 Jahren, am 17. Oktober 1910, die Erstbesteigung des ausgesetzten Grates, der sich zum Himmlehorn aufschwingt, den nach ihm benannten Rädlergrat. „Man muss aber die Original-Rädlerroute gehen, die vom senkrechten Aufschwung des Grates links hinaus führt in die 70 bis 80 Grad steile Graswand, um die Eigenart dieser exponierten Graskletterei auszukosten”, schrieb Prof. E. A. Pfeifer im Buch „Oberstdorf im Allgäu”.
Auch internationale Bergsteiger kehrten bei Max Kappeler ein. 1898 waren das die „Mitglieder des intern. Pe für Hochgebirgstouren...Julius Stettenheim aus Wien, Wilhelm Busch aus Kentucky, William Kinley aus New York”. 1907 kamen zwei Kaufleute aus Mailand vom „DÖAV Secta Escursionsti Milanesi”, und auch ein königlicher Rentamtsassessor aus Nürnberg vom „DÖAV, Sekt. Ansbach”. Der Rechtspraktikant Michael Weinzierl, „DOE AV S. Oberland”, schlug am 29./30. September 1905, wegen schlechten Wetters, am Großen Wilden ein Biwak auf. Es waren aber auch Bergsteigerinnen dabei. Frau Fent aus Kempten, Paula Lutz und Anna Pfleghart aus Sonthofen kletterten 1908 mit Hans Daumiller aus Kempten und Hermann Rädler aus Langenwang auf den Großen Wilden.
Von den ersten „Mountainbikern” lesen wir in einem Eintrag vom Mai 1898:
„Therese Fest aus Furth im Wald und Kathi Siebenländer aus München, Radlerinnen”. Auch Mitglieder des Deutschen Touring Club, zwei ledige Radfahrer aus München, radelten ins Oytal.
Im selben Jahr finden wir den Eintrag folgender Personen: Elektromonteure Hermann Müller aus Glarus, Schweiz, Otto Brüning aus Düsseldorf am Rhein, Josef Wimmer aus Wallnersdorf, Franz Erath aus München und Hans Neuner aus Wien. Dies kam nicht von ungefähr, denn zu dieser Zeit richtete die Bayeriche Elektrizitätsgesellschaft München-Landshut im Anwesen Oberstdorf Nr. 9, bei Michael Besler, das Elektrizitätswerk ein.
Eingekehrt waren auch der kgl. bayer. Hofphotograph J. Heimhuber mit Familie und der Fotograf Rauch aus Kempten. Von ihnen stammen viele schöne Oytalbilder. Damals waren Postkartensammlungen groß in Mode und die „flotten Oytalerinnen” haben viel Post erhalten. Als „Briefmarkenlieferant im Oytal” schrieb Anton Schlachter, kgl. Postadjunkt aus Oberstdorf, ins Gästebuch: „Seit 1. Juli 1899 nach Oberstdorf versetzt, heute zum 10. Mal im Oytal”. Ihn begleitete Leonhard Neumair, „fahrender Depeschenbote aus Augsburg, seit 1. Juli in Oberstdorf”.
Der Spengler Sebald Seybold aus Sonthofen meldete per Postkarte im September 1898 seinen Besuch mit einer humoristischen Geschellschaft an: „... würde mich schon freuen, wenn dieser Zitherspieler wieder dabei wäre, könnten Sie ihn vielleicht einladen?”.
A. Metzener, Landschaftsmaler aus Düsseldorf, und Frau besuchten am 12. September 1898, „am Tage der Hofjagd des Prinzregenten”, das Oytal. Ihre Hoheit Heyl zu Hohenstein, der in Gerstruben ein Jagdhaus besaß, übernachtete 1904 mit dem Revierförster und seinem Oberjäger Max Speiser im Oytalhaus. Hier hat es Ihrer Hoheit wohl gut geschmeckt, denn er holte Tochter Luise Kappeler später als Köchin oft nach Gerstruben ins Jagdhaus.
Ein humorvoller Eintrag ohne Unterschrift lautet: „Der Gustav will nicht schreiben, Geht weg, statt hier zu bleiben. So nehm ich jetzt die Feder, Schreib seinen Namen nieder”. Doch oft sind nur Namen, Beruf und Datum vermerkt, von denen sich nach heutiger Sicht einige recht antiqiert bzw. originell anhören. 1898: Mathias Reisek, Lampenputzer aus Österreich, Magnus Thannheimer Stiefelwixer, Bruno Geiger, Schauspieler aus Frankfurt, Ottmar Einsiedler, Heizer in der Mechanischen Bindfadenfabrik in Immenstadt Allgäu. 1899: Xaver Bader aus „Philadelfia”, A. Freyberger, prakt. Tierarzt, Oberstdorf und das Frauenkränzchen aus Kaufbeuren. 1905: Tilly Weinberger aus Budapest, Balletteuse Herta Eckstein aus Berlin, Artur Groß, Frechdachs aus Wien, R. Pitsch, Direktor des Eidgenössischen Flohtheaters in der Aarschlucht. 1906: Ökonomierat A. Hauber von Altstädten. 1907: Adolph Constabel und Frau Papale Aiaina Constabel aus Honolulou Hawaii (USA), Rosa Melber, kgl. Gymnasialrektorstochter aus Regensburg. 1910: Philipp Haneberg aus Berlin, Hauhaarerstraße 42, Ole Rehn aus Stockholm in Schweden, Ludwig Wiedemann, kgl. württ. Hofopernsänger aus Stuttgart.
Auch Vereine nutzten das Oytalhaus als ein beliebtes Ausflugsziel. Der „Turnerbund Ulm 1899” verewigte sich neben einem Eintrag auch mit einem Foto. Im Juli 1905 kehrt der „Turnverein Augsburg II. Wertach Vorstädte gegr. 1887” ein und begann seinen Eintrag mit den Worten: „Zur Erinnerung an das XII. bayer. Turnfest in Kempten”. Einen Tag später erschien der „Männerturnverein aus Nürnberg”, 1910 der „Turnverein Stuttgart Karlsvorstadt”. 1899 waren es der „Gesangverein Sennefelder” aus Kaufbeuren und 1907 die „Sängerabteilung der Bäckerinnung” in Augsburg.
Unter 1906 lesen wir von Studenten der „Merkuria Ulm” und von Zöglingen des „Kassianums zu Donauwörth”, 1907 vom Gebirgstrachtenverein Oberstdorf. Das Mädchenpensionat „Schertlinghaus” in Burtenbach bei Augsburg wurde 1907 und 1909 vermerkt. Gehörten dazu auch Hilde Bach und Erica Zech aus Burtenbach, Fanny Böck aus München, Anny Hess aus Zaborze in Westgalizien und Fritz Amman aus Augsburg, „ z. Zt. Reitschule Sonne in Oberstdorf”?
Am 15. Mai 1906 unternahmen die Langenwanger Schulkinder einen Wandertag ins Oytal. Es unterzeichneten: Franz
Brutscher, C. Eggensberger, F. Eggensberger, Fritz Jäger, M. Kappeler, Josef Klein, Josef Math, Josef Ochsenreiter, A. Schöll und Ludwig Vogler.
Untersützt von Tochter Luise, die 1908 Otto Blattner geheiratet hatte, wurden vor 100 Jahren, im niederschlagsreichen Sommer 1910, wieder viele Gäste bewirtet. Die ersten Gäste kommentierten am 6. Mai:
„Viel Schnee! Prachtvolle Aussicht!”
Kurz darauf, am 13. Mai 1910, machen die Oberstdorfer Schulkinder mit dem Oberlehrer Andreas Scheller einen Ausflug ins
Oytal. Es unterschreiben: Berktold Max, Besler Alois, Braxmair Fritz, Brutscher Claudius, Brutscher Ferdinand, Degen Philipp, Ganzenmüller Otto, Günther Hermann, Herb Alois, Herzog Kaspar, Herzog Wilhelm, Hofmann Karl, Jäger Franz, Jäger Max, Kling Ludwig, Math Kaspar, Math Max, Niederacher Karl, Rees Wilhelm, Schedler Ernst, Schratt Johann, Seifert Heinrich, Speiser Michael, Stahl Fridolin, Thannheimer Alois, Thannheimer Lorenz, Titscher Ludwig, Übelhör Alois, Vogler Konrad.
In den Werktagsschülerlisten der 3./4. und 5. bis 7. Klasse sind rund 90 Buben aufgeführt. Beim Ausflug haben sich aber nur 32 Schüler aus der 4. – 7. Klasse, vorwiegend aus den Jahrgängen 1898/99, eingetragen. Waren nicht alle dabei?
Einen Monat später berichtet das »Allgäuer Anzeigeblatt« unter Verschiedenes: „Auf die heftigen Gewitter zwischen 11. und 21. Mai sind bis zum 10. Juni täglich in allen Teilen Bayerns neuerdings schwere Gewitter mit Hagelschauer und Blitzschlägen niedergegangen”, mit der Wetterprognose „Regen, Regen und nochmals Regen!”
Die meteorologische Centralstation München meldet am 15. Juni 1910 Hochwassergefahr für Südbayern. Glücklicherweise blieb das Oytalhaus selbst vom „Jahrhundert-Hochwasser” verschont. Der Steg hinter der Wirtschaft wurde auf der gegenüberliegenden Seite aus der Verankerung gerissen und dadurch das Wasser abgeleitet. Die gewaltigen Wassermassen flossen am Seeanger in Richtung Oberstdorf und rissen 160 Meter vom Fahrweg fort. In den ersten Nachrichten über die Hochwasserkatastrophe hieß es: „Infolge starken Hochwassers war Oberstdorf vom Verkehr vollständig abgeschlossen, ohne Trinkwasser und elektrisches Licht. Die Brücke bei der oberen Mühle ist samt der Wasserleitung vollständig verschwunden ... alle Brücken in und um Oberstdorf sind weggerissen ... In der Breitachklamm steht das Wasser 4 Meter hoch über der Weganlage”. „So eben, 7 Uhr früh steht die Bahn Sonthofen – Fischen völlig unter Wasser”, konnte man im »Allgäuer Anzeigeblatt« vom selben Tag lesen. Bis zur Wiederherstellung des Bahnbetriebes beförderte der Lohnkutscher Engelbert Blattner zweispännig die Post über Tiefenbach, Obermaiselstein und Bihlerdorf nach Sonthofen und Immenstadt. Ob die Oberstdorfer Firmlinge am 16. Juni rechtzeitig nach Sonthofen kamen, konnte ich nicht in Erfahrung bringen.
Schwerste Schäden wurden auch von Birgsau, Einödsbach und Spielmannsau gemeldet. Bei diesen Schäden erstaunt es schon, dass sich bereits am 18. Juni das Hilfskommando des Eisenbahnbataillons mit 32 Mann im Oytalhaus einquartierte. Max Kappeler, der die Pioniere gut versorgte, musste gute Beziehungen gehabt haben. Vizefeldwebel Josef Stattmüller dankte ihm mit einer Karte von der unteren Arbeitsstelle am „Kritzangar”, gegenüber der Adlerwand: „Zur Erinnerung an das Hilfskommando des k. Eisenbahn Bataillon Oberstdorf – Oytal vom 18. – 23. Juni 1910”.
In der Zeitung fanden sich folgende Bekanntmachungen: „Bei der letzten Hochwasserkatastrophe sind durch die Fluten, namentlich aus dem oberen Allgäu, verschiedene, zum Teil wertvolle Gegenstände weggeschwemmt worden. Da nun diejenigen Leute, denen solche Gegenstände zugeschwemmt wurden, den Eigentümer derselben nicht kennen, richten wir an Sie die Bitte, den Fundgegenstand bei der Expedition des Algäuer Anzeigeblattes anzumelden”. In Fischen wurden ca. 3.500 Sägblöcke weggeschwemmt; die Finder wurden gebeten, solche zu sichern und Mitteilung zu machen. Der Johannimarkt in Oberstdorf (24. Juni) entfiel wegen Beschädigung der Eisenbahnstrecke. Bereits am 22. Juni wurde über eine Fliegenplage geklagt. Der Bahnverkehr zwischen Oberstdorf und Fischen wurde am 26. Juni, am Nachmittag um 2.05 Uhr, wieder aufgenommen.
Der Gast Julius Ross aus Frankfurt erkundigte sich im Nachhinein besorgt um „das Wohlergehen nach der Hochfluht, besonders nach dem kleinen Fräulein Blattner”. Gemeint ist Johanna Blattner, die 1909 zu Welt kam. „Ich konnte nicht mehr zu Ihnen, die Verwüstung war zu traurig. Ich bin auf dieser Karte an der Trettachnotbrücke sichtbar.” (Mit Kreuz gekennzeichnet.)
Max Kappeler hat in seinem Stadel an der Stillach, „im Eschle”, den Wasserstand angezeichnet. Er wurde erst beim Hochwasser 2000 wieder erreicht. „Seit Menschengedenken hat es 1910 den schlechtesten Sommer gehabt, nur geregnet und brachte auch eine große Heunot. Am 22. September hatte es bis in den Esch geschneit, so dass man die Kühe nicht austreiben konnte und das Galtvieh eintreiben musste”, hat Engelbert Blattner notiert.
Im Oytalhaus fanden sich trotz der gewaltigen Schäden an Weg und Flur bereits wieder die ersten Gäste ein und vermerkten:
„Es geht nicht’s über Gemütlichkeit”.
Mit einigen vergnüglichen Zeilen und Skizzen beenden wir den Steifzug durch die Fremdenbücher.
„Das Oytal ist herrlich
das Oytal ist fein
Doch müsst’ das Wetter noch besser sein.”
„O wie ist es doch im Oytal wunderschön
Wenn man tut mit einem Onkel gehen
Mit großer Mühe zogen wir in runter
Und nun sitzt er bei Wein ganz munter.”
„Ein echtes Allgäuer Kind ist Kappelers Marie
Sie ist vor lauter Liebe blind,
so lustig war sie noch nie.”
„Wem Gott will rechte Gunst erweisen
Den lässt er ohne Weiber reisen
Drum schwörn wir wieder aufs neu
Wir bleiben ledig und frei.”
„Nun müssen wir halt fort von hier
Geschmeckt hat gar zu gut das Bier
Doch kommen wir wohl wieder einmal
Zurück ins schöne Oyer-Tal
Und schnüren dann ihr Ränzel
Rosalie und Dora Wenzel!”
Anmerkungen:
Die Oytaler Fremdenbücher, aus dem Nachlass von Johanna Schedler, geb. Blattner, hat Adolf Althaus mir freundlicherweise überlassen. Für gute Hinweise danke ich Alexander Rößle.
Geschichte des Marktes Oberstdorf, Band 4: Die einzige Trettachbrücke im Gemeindegebiet, die nicht weggeschwemmt wurde, war die Zwingbrücke am Haseltopf. Sie lag den Fluten zu hoch. Notiz von Engelbert Blattner: „... die Rubinger Brug hat man noch rechtzeitig abgezogen, trotzdem hat es drei Ausbrüche gehabt. Der erste bei der Rubinger Brug, es hat den Krottenkopf und das halbe Bannholz verwüstet.”
Das Oytalhaus wurde bis Ender 20er Jahre nur im Sommer bewirtschaftet.