Jauchen vor 55 Jahren
Der Jauchen, eine kleine Ortschaft südwestlich von Oberstdorf, ist wohl einer der sonnigsten Flecken im Oberstdorfer Talkessel. Vom „Bichl“ im Norden her geschützt, schmiegten sich schon um 1620 sechs Bauernhäuser aneinander, umgeben vom Anger, Fanacker und Schiebele, und durch die gemeinsame Viehweide gegen Süden abgeschlossen.
Dieser kleine Weiler bildete mit der angrenzenden Reute schon seit Urzeiten eine kleine eigene Dorfgemeinschaft mit Öschzwang und Austriebsregelungen für das Gassenvieh.
Doch nicht immer war hier eitel Sonnenschein. Die vergangenen Zeiten brachten oft auch sorgenvolle Monate und Jahre ins kleine Dorf.
Von Schwedeneinfällen bis auf den Jauchen, Mißernten und Krankheiten gerade in der Zeit um den 30jährigen Krieg wußte man in den winterlichen Stubenhuigärten noch lange zu erzählen. Das bewegteste Jahr in der Geschichte des Jauchen ist sicher das Jahr 1629.
Zunächst ging noch alles seinen gewohnten Gang.
Die Frühjahrsarbeit war mühsam wie eh und je; auch vom Sommer 1629 weiß der Chronist noch nichts Außergewöhnliches zu berichten. Aber am 17. September 1629 finden wir im Oberstdorfer Sterbebuch die 17jährige Maria Brackin vom Jauchen verzeichnet, mit der Bemerkung, daß sie an der Pest gestorben sei.
Und damit begann sich ein grausames Karussell zu drehen, bei welchem der Schwarze Tod innerhalb von 4 Monaten 18 Personen forderte. Im Sommer 1629 zählte man auf dem Jauchen 37 Seelen. Im Januar 1630 lebten noch 19 Menschen. Nach der großen Pest im Markt Oberstdorf (1634/35), wohnten auf dem Jauchen jedoch nur noch 10 bis 11 Personen.
Innerhalb der 4 Monate zu Ende des Jahres 1629 verlor die Ortsgemeinde Jauchen demnach 50 % ihrer Bevölkerung, nach Abklingen der Pest im Ort Oberstdorf überlebten sogar nur noch 25 % diese furchtbare Krankheit.
Fast 50 Jahre hat es gedauert, bis die Lücken in den Familien der Jaucheler wieder geschlossen werden konnten.
Von den damals 6 Bauernhäusern sind zumindest 3 Höfe ganz ausgestorben, alle übrigen verloren die Ernährer und Eltern.
Im Jahre 1640 heiratete Christian Spiss von Keimen im Tirol die junge Maria Reiserin vom Jauchen. Das Oberallgäu verzeichnete nach der Pest den größten Zuzug überhaupt, denn es waren überall viele Häuser neu zu besetzen. Dieser vorgenannte Christian Spiss von Keimen ist der Stammvater der Familien Spiss, welche heute noch in Oberstdorf und Umgebung leben.
Nachfolgend ein Auszug aus dem Sterberegister der Pfarrei Oberstdorf.
Es starben in der Ortschaft Jauchen an der Pest:
Maria Brackin | 17 jar | 17. 9. 1629 peste |
Agathe Bebingerin | 46 jar | 29. 9.1629 peste |
Elisabeth Brackin | 5 jar | 1. 10. 1629 peste |
Hans Brack | 4 jar | 4. 10. 1629 peste |
Catharina Brackin | 18 jar | 6. 10.1629 peste |
Hans Brack | 45 jar | 9. 10. 1629 peste |
(Diese vorgenannten 6 Personen waren die gesamte Familie Hans Brack) | ||
Barbara Huoberin | 36 jar | 29. 10. 1629 peste |
Anna Huoberin | 2 jar | 13. 11.1629 peste |
Andreas Huober | 50 jar | 14. 11.1629 peste |
Maria Huoberin | 6 jar | 23. 11. 1629 peste |
Conrad Ladner | 70 jar | 24. 11. 1629 peste |
Petrus Renn | 46 jar | 2. 12. 1629 peste |
Andreas Renn | 6 jar | 2. 12. 1629 peste |
Elisabeth Reiserin | 15 jar | 2. 12.1629 peste |
Anna Voglerin | 34 jar | 5. 12.1629 peste |
Maria Rennin | 19 jar | 10. 12. 1629 peste |
Anna Rennin | 9 jar | 12. 12. 1629 peste |
Jerg Renn | 1 jar | 31. 12. 1629 peste |
Christian Reiser | 7 monat | 14. 4. 1633 peste |
Jacob Lecher | 1 jar | 26. 8. 1633 peste |
Maria Reiserin | 6 monat | 7. 9. 1633 peste |
Anna Voglerin | 42 jar | 1. 2. 1634 peste |
Ursula Heinzelmännin | 52 jar | 25. 3. 1634 peste |
Maria Reiserin | 11 wochen | 23. 11. 1634 peste |
Anna Lecherin | 3 wochen | 16. 11. 1634 peste |
Maria Reiserin | 3 monat | 10. 12. 1634 peste |