Der Jauchen im Pestjahr 1629

von Leo Huber am 01.02.1982

Der Jauchen, eine kleine Ortschaft südwestlich von Oberstdorf, ist wohl einer der sonnigsten Flecken im Oberstdorfer Talkessel. Vom „Bichl“ im Norden her geschützt, schmiegten sich schon um 1620 sechs Bauernhäuser aneinander, umgeben vom Anger, Fanacker und Schiebele, und durch die gemeinsame Viehweide gegen Süden abgeschlossen.

Dieser kleine Weiler bildete mit der angrenzenden Reute schon seit Urzeiten eine kleine eigene Dorfgemeinschaft mit Öschzwang und Austriebsregelungen für das Gassenvieh.

Doch nicht immer war hier eitel Sonnenschein. Die vergangenen Zeiten brachten oft auch sorgenvolle Monate und Jahre ins kleine Dorf.

Von Schwedeneinfällen bis auf den Jauchen, Mißernten und Krankheiten gerade in der Zeit um den 30jährigen Krieg wußte man in den winterlichen Stubenhuigärten noch lange zu erzählen. Das bewegteste Jahr in der Geschichte des Jauchen ist sicher das Jahr 1629.

Zunächst ging noch alles seinen gewohnten Gang.

Die Frühjahrsarbeit war mühsam wie eh und je; auch vom Sommer 1629 weiß der Chronist noch nichts Außergewöhnliches zu berichten. Aber am 17. September 1629 finden wir im Oberstdorfer Sterbebuch die 17jährige Maria Brackin vom Jauchen verzeichnet, mit der Bemerkung, daß sie an der Pest gestorben sei.

Pestjahr - Heft 1

Jauchen vor 55 Jahren

Pest - Heft 1

Bild aus der Pestkapelle 1682

Und damit begann sich ein grausames Karussell zu drehen, bei welchem der Schwarze Tod innerhalb von 4 Monaten 18 Personen forderte. Im Sommer 1629 zählte man auf dem Jauchen 37 Seelen. Im Januar 1630 lebten noch 19 Menschen. Nach der großen Pest im Markt Oberstdorf (1634/35), wohnten auf dem Jauchen jedoch nur noch 10 bis 11 Personen.

Innerhalb der 4 Monate zu Ende des Jahres 1629 verlor die Ortsgemeinde Jauchen demnach 50 % ihrer Bevölkerung, nach Abklingen der Pest im Ort Oberstdorf überlebten sogar nur noch 25 % diese furchtbare Krankheit.

Fast 50 Jahre hat es gedauert, bis die Lücken in den Familien der Jaucheler wieder geschlossen werden konnten.

Von den damals 6 Bauernhäusern sind zumindest 3 Höfe ganz ausgestorben, alle übrigen verloren die Ernährer und Eltern.

Im Jahre 1640 heiratete Christian Spiss von Keimen im Tirol die junge Maria Reiserin vom Jauchen. Das Oberallgäu verzeichnete nach der Pest den größten Zuzug überhaupt, denn es waren überall viele Häuser neu zu besetzen. Dieser vorgenannte Christian Spiss von Keimen ist der Stammvater der Familien Spiss, welche heute noch in Oberstdorf und Umgebung leben.

Nachfolgend ein Auszug aus dem Sterberegister der Pfarrei Oberstdorf.

Es starben in der Ortschaft Jauchen an der Pest:

Maria Brackin17 jar17. 9. 1629 peste
Agathe Bebingerin46 jar29. 9.1629 peste
Elisabeth Brackin5 jar1. 10. 1629 peste
Hans Brack4 jar4. 10. 1629 peste
Catharina Brackin18 jar6. 10.1629 peste
Hans Brack45 jar9. 10. 1629 peste
(Diese vorgenannten 6 Personen waren die gesamte Familie Hans Brack)
Barbara Huoberin36 jar29. 10. 1629 peste
Anna Huoberin2 jar13. 11.1629 peste
Andreas Huober50 jar14. 11.1629 peste
Maria Huoberin6 jar23. 11. 1629 peste
Conrad Ladner70 jar24. 11. 1629 peste
Petrus Renn46 jar2. 12. 1629 peste
Andreas Renn6 jar2. 12. 1629 peste
Elisabeth Reiserin15 jar2. 12.1629 peste
Anna Voglerin34 jar5. 12.1629 peste
Maria Rennin19 jar10. 12. 1629 peste
Anna Rennin9 jar12. 12. 1629 peste
Jerg Renn1 jar31. 12. 1629 peste
Christian Reiser7 monat14. 4. 1633 peste
Jacob Lecher1 jar26. 8. 1633 peste
Maria Reiserin6 monat7. 9. 1633 peste
Anna Voglerin42 jar1. 2. 1634 peste
Ursula Heinzelmännin52 jar25. 3. 1634 peste
Maria Reiserin11 wochen23. 11. 1634 peste
Anna Lecherin3 wochen16. 11. 1634 peste
Maria Reiserin3 monat10. 12. 1634 peste

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