Nachdem im ersten Teil die Bedeutung und Geschichte der Wetterstation Oberstdorf behandelt wurde, werden nun in diesem Beitrag die Ergebnisse von 100 Jahren Temperatur-, Niederschlags und Sonnenscheinmessungen dargestellt.
I. Lufttemperatur
Die Lufttemperatur ist der Ausdruck der ungeordneten Molekularbewegungen in der Luft. Ein Thermometer, das im Freien aufgehängt ist, wird von dieser Molekularbewegung getroffen, aber es wird auch von der Strahlung von Sonne, Himmel und Umgebung beeinflußt. Erst wenn dieser Strahlungsfluß eliminiert ist, kann das Thermometer die wirkliche Lufttemperatur anzeigen. Meßtechnisch wurde dies in den letzten hundert Jahren durch verschiedene Mittel bewerkstelligt. So befanden sich in der Periode von 1886 bis 1936 die Thermometer in sogenannten „Fensterhütten” auf der Nordseite des Pfarr-, bzw. Schulhauses in 4.7, bzw. 2.0 Meter Höhe. Seither wird die Lufttemperatur in freistehenden „Wetterhütten” in 2 Meter Höhe gemessen. Die erste Aufstellungsart ist mit zahlreichen Mängeln behaftet. Doch Vergleichsmessungen in den Jahren 1936 - 1939 zwischen den beiden Meßsystemen zeigten erfreulicherweise, daß die Monatsmittel und vor allem die Jahresmittel sich nur um Zehntel unterscheiden. Bei Einzelbeobachtungen gab es dagegen Unterschiede von mehreren Graden.
Als Beobachtungszeiten galten fast den ganzen Zeitraum die „Mannheimer Stunden” - 7.14 und 21 Uhr Ortszeit die auf das erste internationale meteorologische Meßnetz der „Societas Meteorologica Palatina” zurückgehen. Durch eine Kombination der Terminbeobachtungen wurde ein Tagesmittel der Lufttemperatur (TM = 7h+14h + 21h + 21 h/4) bestimmt, das erstaunlicherweise dem wahren (aus 24 Einzelbeobachtungen gewonnenen Mittel) sehr nahe kommt. Abbildung 1 zeigt den mittleren Jahresgang der Lufttemperatur. Dabei stellen die einzelnen Punkte die für jeden Tag berechneten 30jährigen Durchschnittswerte (Zeitraum 1951 - 80) dar.
Der durchgezogene Kurvenzug mit den Pentadenwerten (5-Tagesmittel) zeigt das Wesentliche eines Jahresganges ohne die vielen kleinen Zacken bei den Tagesmitteln, die trotz des 30jährigen Beobachtungsmaterials zum Teil noch zufällig durch einen Extremwert an diesem Tag bedingt sein können. Nach diesem mittleren Jahresgang tritt in Oberstdorf die kälteste Zeit Mitte Januar auf. Die wärmste Zeit etwa beim Monatswechsel Juli/August. Auffallend ist der „glatte” Verlauf in den Frühjahrs- und Herbstmonaten, gekennzeichnet durch eine rasche Zu- bzw. Abnahme der Temperaturmittel. Einige markante Sprünge im Temperaturverlauf zeigen sogenannte „Witterungsregelfälle” (oder auch Singularitäten) an. Erwähnt seien hierbei nur die „Eisheiligen” um den 15. Mai, die „Schafskälte” (Mitte Juni) sowie der „europäische Sommermonsun” im letzten Julidrittel.
Neben den drei Terminbeobachtungen wird auch jeden Tag die höchste bzw. tiefste Temperatur mit speziellen Thermometern registriert. Die folgende Tabelle 1 zeigt für jeden Monat die absolut höchste und tiefste Temperatur samt Datum, die in Oberstdorf in den hundert Jahren von 1886 bis 1985 gemessen wurde.
Tab. 1 Monatshöchst- und Tiefstwerte der Lufttemperatur (°C) von 1886 - 1985
JAN | FEB | MAE | APR | MAI | JUN | |
Max. | + 17.4 | + 20.0 | + 22.0 | + 25.8 | + 30.3 | +33.1 |
Jahr | 1919 | 1926 | 1974 | 1934 | 1950 | 1888 |
Tag | 5. | 2. | 22. | 17. | 21. | 16. |
JUL | AUG | SEP | OKT | NOV | DEZ | |
Max. | +34.9 | + 34.4 | +33.3 | +26.2 | + 22.6 | + 20.2 |
Jahr | 1983 | 1923 | 1975 | 1890 | 1968 | 1925 |
Tag | 26. | 10. | 17. | 1. | 2. | 31. |
JAN | FEB | MAE | APR | MAI | JUN | |
Min. | -31.1 | -32.0 | -25.3 | -12.3 | -10.9 | -2.4 |
Jahr | 1891 | 1956 | 1971 | 1952 | 1957 | 1962 |
Tag | 19. | 10. | 6. | 3. | 8. | 4. |
JUL | AUG | SEP | OKT | NOV | DEZ | |
Min. | + 0.8 | -0.3 | -5.7 | -15.6 | -21.0 | 27.6 |
Jahr | 1906 | 1896 | 1904 | 1887 | 1942 | 1940 |
Tag | 1. | 28. | 20. | 27. | 26. | 16. |
Die Lufttemperatur schwankte also in den letzten hundert Jahren zwischen -32.0 Grad (10. Februar 1956) und +34.9 Grad (26. Juli 1983). Auffällig ist die Häufung von Rekordwerten in den letzten Jahrzehnten und daß in Oberstdorf eigentlich nur der Monat Juli völlig frostfrei ist. Die hohen Wintermaxima gehen auf starke Föhnlagen zurück.
Die nach obiger Formel berechneten Tagesmittel können nun auch zu Monats- und Jahresmittel zusammengefaßt werden. In Tabelle 2 werden ebenfalls die bisher höchsten und tiefsten Monatsmittel dargestellt.
Tab.2 Höchste und tiefste Monatsmittel der Lufttemperatur (°C) von 1886 - 1985
JAN | FEB | MAE | APR | MAI | JUN | |
Max. | + 1.7 | + 3.7 | + 5.5 | + 8.9 | + 13.3 | + 17.2 |
Jahr | 1936 | 1926 | 1957 | 1961 | 1917 | 1930 |
JUL | AUG | SEP | OKT | NOV | DEZ | |
Max. | + 19.3 | + 17.0 | + 14.7 | + 10.0 | + 5.5 | + 2.7 |
Jahr | 1983 | 1911 | 1932 | 1942 | 1963 | 1939 |
JAN | FEB | MAE | APR | MAI | JUN | |
Min. | -9.8 | -12.8 | -3.0 | + 1.9 | + 6.3 | + 10.0 |
Jahr | 1891 | 1956 | 1971 | 1973 | 1902 | 1923 |
JUL | AUG | SEP | OKT | NOV | DEZ | |
Min. | + 12.2 | + 11.7 | + 6.2 | + 1.8 | -1.7 | -10.2 |
Jahr | 1913 | 1912 | 1912 | 1905 | 1915 | 1890 |
Das wärmste Jahr wurde 1920 mit einer Mitteltemperatur von +7.2 Grad, das kälteste 1887 mit einer Temperatur von nur +4.2 Grad beobachtet.
Der Verlauf der Jahresmitteltemperatur über die letzten hundert Jahre in Oberstdorf ist in AAbbildung 2 zu sehen. Die einzelnen Jahreswerte (gestrichelte Linie) sind dabei als Abweichungen vom hundertjährigen Mittel (6.1 Grad Celsius) eingetragen. Um aus dem sehr unruhigen Verlauf einen Trend ablesen zu können, wurden in dieser Abbildung auch 10 jährig übergreifende Mittel (dicke Linie) aufgenommen. Sehr deutlich erkennt man die kalte Phase gegen Ende des letzten Jahrhunderts, die als Ende der „Kleinen Eiszeit” zu deuten ist. In dieser, über mehrere Jahrhunderte sich hinziehenden und in Schüben auftretenden kalten Klimaepoche erreichten unter anderem die Alpengletscher um 1850 vielfach ihre größte Ausdehnung seit fast tausend Jahren.
Ab 1900 setzte dann eine markante Erwärmung ein, die ungefähr um 1947 ihren Höchstwert erreichte. Dieses sogenannte „Moderne Klimaoptimum war im übrigen die wärmste Epoche seit etwa 1100. Sie führte auch zu dem dramatischen Rückgang der Alpengletscher, von dem sich einige (z. B. der Schwarzmilzferner, südlich der Mädelegabel - der einzige Gletscher der Allgäuer Alpen) bis heute nicht erholt haben.
Anschließend setzte eine Abkühlung ein, die um 1970 ihren Höhepunkt erreichte. Seither deutet sich wieder eine Erwärmung an. Vergleicht man diesen säkularen Verlauf der Jahrestemperatur in Oberstdorf mit den als am besten geltenden nordhemisphärischen Mittelwerten von Jones, so unterscheiden sich die Temperaturen von Oberstdorf nur wenig von den Nordhalbkugelwerten. Die langjährige Oberstdorfer Temperaturreihe scheint daher recht zuverlässig zu sein. Außerdem machen sich großräumige Klimaschwankungen auch im Oberallgäu bemerkbar. Einzige Ausnahme sind trockene, sonnige Wintermonate, wo sich das obere Illertal unter einer Inversion vom globalen Wetter regelrecht abkoppelt.
II. Niederschlag
Im Vergleich zur Lufttemperatur ist die Messung des Niederschlages relativ einfach und unproblematisch. Auch die verwendeten Geräte haben sich in den letzten 100 Jahren nur unwesentlich verändert, wodurch eine relativ gute Homogenität der Reihe gewährleistet ist.
Abgesehen von sommerlichen Schauern ist die Verteilung des Niederschlages auf horizontale Entfernungen von 500 Meter (um diesen Betrag änderten sich die verschiedenen Standorte der Wetterstation) recht homogen. Als Tagessumme des Niederschlages gilt die Menge, die zwischen 7 h des betreffenden Tages und 7 h des folgenden Tages gefallen ist. Als Einheit wird „Millimeter Niederschlag” verwendet und gibt an, wie hoch das Wasser (bei Schnee wird das Wasseräquivalent benutzt) stehen würde, wenn es weder abfließen, versickern oder verdunsten würde. Dabei entspricht 1 mm auch einem 1 Liter Niederschlag pro Quadratmeter. Die größten beobachteten Tagessummen werden in Tabelle 3 für jeden Monat samt Datum mitgeteilt.
Tab. 3 Höchste Tagessummen des Niederschlages in mm von 1886 - 1985
JAN | FEB | MAE | APR | MAI | JUN | |
Summe | 94.7 | 79.5 | 71.2 | 57.6 | 84.2 | 98.0 |
Jahr | 1951 | 1957 | 1907 | 1977 | 1940 | 1910 |
Tag | 20. | 24. | 10. | 13. | 30. | 14. |
JUL | AUG | SEP | OKT | NOV | DEZ | |
Summe | 103.3 | 121.8 | 82.9 | 88.2 | 76.9 | 75.3 |
Jahr | 1977 | 1970 | 1984 | 1901 | 1979 | 1916 |
Tag | 31. | 9. | 5. | 9. | 6. | 31. |
Der regenreichste Tag in diesem Jahrhundert war somit der 9. August 1970 mit 121.8 Litern Regen pro Quadratmeter. Auffällig sind auch die vergleichsweise hohen Tagessummen in den Wintermonaten. Allerdings muß zu dieser Tabelle bemerkt werden, daß als Zeitraum nur die Zeit zwischen 7h und 7h gilt. Es können sehr wohl noch höhere 24 stündige Summen in anderen Intervallen (etwa 15h - 15h) aufgetreten sein.
Aus den täglichen Niederschlagssummen werden Monats- und Jahressummen gebildet. Die größten und kleinsten Monatssummen sind in Tabelle 4 aufgeführt.
Tab. 4 Höchste und tiefste Monatssummen des Niederschlages in mm von 1886 - 1985
JAN | FEB | MAE | APR | MAI | JUN | |
Max. | 313.4 | 436.7 | 348.1 | 296.6 | 314.6 | 445.7 |
Jahr | 1968 | 1935 | 1914 | 1977 | 1930 | 1926 |
JUL | AUG | SEP | OKT | NOV | DEZ | |
Max. | 369.3 | 431.2 | 332.9 | 295.1 | 395.0 | 377.4 |
Jahr | 1906 | 1970 | 1985 | 1981 | 1947 | 1919 |
JAN | FEB | MAE | APR | MAI | JUN | |
Min. | 11.3 | 4.8 | 21.6 | 0.2 | 30.7 | 69.9 |
Jahr | 1887 | 1890 | 1904 | 1893 | 1917 | 1887 |
JUL | AUG | SEP | OKT | NOV | DEZ | |
Min. | 39.9 | 59.4 | 13.0 | 0.4 | 6.0 | 4.5 |
Jahr | 1983 | 1943 | 1895 | 1943 | 1920 | 1888 |
Danach war der Juni 1926 mit 445.7 mm der niederschlagsreichste Monat in den letzten hundert Jahren. Ausgesprochene „Dürremonate” waren der April 1893 und der Oktober 1943 mit nur 0.2 bzw. 0.4 Liter Regen pro Quadratmeter. Erstaunlich ist auch der hohe Februarwert (436.7 mm im Jahre 1935). Ergiebige Niederschläge im Winter sind eine „Besonderheit” der Allgäuer Alpen. Sie werden durch anhaltende Nordwestströmungen, in der feuchte Meeresluft herangeführt wird, verursacht. Bei dieser Anströmungsrichtung können die Allgäuer Alpen ihre Stauwirkung richtig „entfalten”.
Die Jahressummen schwankten zwischen 1364.7 mm im Jahr 1893 und 2465 mm im Jahr 1970.
In Abbildung 3 sind nun die Jahressummen des Niederschlages in Oberstdorf für den Zeitraum 1886 bis 1985 gestrichelt dargestellt. Auffallend sind dabei die großen Schwankungen zwischen den einzelnen Jahren. Zehnjährige, übergreifende Mittel zeigen jedoch einen Trend an. So nahm vom Ende des vergangenen Jahrhunderts bis in die Dekade 1910-20 der Niederschlag zu. Dies ist vor allem auf höhere Winterniederschläge zurückzuführen. Ab 1920 hat sich der Jahreswert bis zum Ende des „modernen Klimaoptimums” (1950) bei ca. 1750 mm eingependelt. Anschließend stiegen die Jahresniederschlagssummen noch einmal an und erreichten um 1970 ihr Maximum der hundertjährigen Reihe.
Gesamthaft zeigt die Abbildung über die 100 Jahre eine allmähliche Zunahme des Niederschlages, die auch an anderen Orten beobachtet wurde. Sie wird als Folge des „Treibhauseffektes” (also der Erwärmung der Atmosphäre durch die Zunahme von „strahlungsaktiven” Gasen wie Kohlendioxid, Methan usw., die eine Wärmeabstrahlung der Erde in den Weltraum verhindern) gedeutet. Allerdings sind das nur erste statistische Resultate, die genaue physikalische Erklärung steht noch aus.
III. Sonnenschein
Die Messung der Sonnenscheindauer erfolgt mit einem sogenannten „Sonnenscheinautograph”. Dieser besteht aus einer Glaskugel, welche die Sonnenstrahlen bricht und auf einem besonders präparierten Registrierpapier Brandspuren erzeugt, wenn die Sonne scheint. Aus dieser kann dann die Sonnenscheindauer bestimmt werden. Die gewonnenen Werte hängen stark vom verwendeten Modell des Meßgerätes ab (Farbe und Verarbeitung der Glaskugel), dem Aufstellungsstandort (Abschattung durch Bäume, Häuser, Berge) und vor allem von der immer noch subjektiven Auswertung der Brandspur.
Leider liegen keine Vergleichsmessungen zwischen den verschiedenen Standorten vor, aber die in Abbildung 4 dargestellte Änderung der jährlichen Sonnenscheindauer ist (vor allem ab 1938 mit Verlegung in die Wannackerstraße) mit anderen Stationen vergleichbar. Die Registrierungen der Sonnenscheindauer begannen in Oberstdorf zwar im Jahre 1890, doch sind die Werte erst ab dem Jahre 1910 regelmäßig veröffentlicht worden. Die Aufzeichnungen der Sonnenscheindauer gestatten auch genauere Aussagen über die Veränderungen der Bewölkungsverhältnisse; denn die aus den geschätzten Bewölkungsangaben berechneten Mittel zeigten bei jedem Beobachterwechsel in Oberstdorf einen markanten Sprung.
Wie schon bei den anderen Klimaelementen werden nun auch für die Sonnenscheindauer die größten und kleinsten Monatssummen mitgeteilt.
Tab. 5 Größte und kleinste Monatssummen der Sonnenscheindauer in Std. von 1910-1985
JAN | FEB | MAE | APR | MAI | JUN | ||
Max. | 126.1 | 179.0 | 228.5 | 217.2 | 241.7 | 283.6 | |
Jahr | 1964 | 1959 | 1953 | 1914 | 1979 | 1976 |
JUL | AUG | SEP | OKT | NOV | DEZ | |
Max. | 288.5 | 256.1 | 212.0 | 204.2 | 145.0 | 129.1 |
Jahr | 1983 | 1947 | 1919 | 1969 | 1953 | 1972 |
JAN | FEB | MAE | APR | MAI | JUN | |
Min. | 23.2 | 22.9 | 71.5 | 78.0 | 74.5 | 68.2 |
Jahr | 1923 | 1970 | 1926 | 1972 | 1939 | 1923 |
JUL | AUG | SEP | OKT | NOV | DEZ | |
Min. | 124.5 | 104.8 | 72.2 | 32.4 | 34.0 | 24.5 |
Jahr | 1954 | 1912 | 1912 | 1974 | 1933 | 1923 |
Der sonnenärmste Monat mit nur 22.9 Stunden war der Februar 1970. Die meiste Sonne in einem Monat konnten wir im schon mehrfach erwähnten „Jahrhundertsommer”-Juli 1983 mit 288.5 Stunden genießen. Die Jahressummen lagen zwischen 1200.5 Stunden im Jahre 1912 und 1855.2 Stunden im Jahre 1959.
In Abbildung 4 ist nun der Verlauf der jährlichen Sonnenscheindauer in Oberstdorf in den Jahren 1910 - 1985 (gestrichelt) dargestellt, wobei die dicke Linie wiederum 10 jährige übergreifende Mittel beschreibt. Der säkulare Verlauf deckt sich mit den bei den anderen Parametern schon erwähnten Klimaveränderungen. So wurde nach einem Minimum um 1925 der Zeitraum 1940-50 („modernes Klimaoptimum”) die sonnigste Zeit des Jahrhunderts. Damals waren besonders die Spätsommer sehr sonnig und warm. Anschließend setzte eine Klimaverschlechterung bis etwa in die 70er Jahre ein. Es fiel mehr Niederschlag, wurde kälter und sonnenärmer (also wolkenreicher). Es bleibt abzuwarten, ob der anschließende Trend zu sonnigerem Wetter weiter anhält.
IV. Schlußbemerkungen
In den vorangegangenen Kapiteln wurden anhand der kleinen Auswahl von Klimaparametern (Lufttemperatur, Niederschlag und Sonnenschein) der Jahre 1886 bis 1985 die Auswirkungen von globalen Klimaschwankungen auf das Oberallgäu gezeigt. Mit diesem umfangreichen Datenmaterial kann man nun zum Beispiel sehr schön die Veränderungen der Alpengletscher erklären).
Für die Menschheit entscheidend ist jedoch die Frage, wie sich das Klima weiterentwickelt; denn neben den natürlichen Klimaschwankungen „pfuscht” nun auch der Mensch mit seiner Luftverschmutzung immer mehr beim Klima mit. Messungen belegen, daß der atmosphärische Gehalt an Kohlendioxid seit der Mitte des letzten Jahrhunderts von 0,028 Volumenprozent auf momentan 0,035 % zugenommen hat. Das ist zwar auf den ersten Blick wenig - doch diese Zunahme bewirkt bereits eine globale Temperaturzunahme um etwa 1.5 Grad.
Spurengase wie Kohlendioxid lassen zwar die Sonnenstrahlung ungehindert zur Erde Vordringen, verhindern aber das Abstrahlen von Wärme in den Weltraum und führen so zu einer Temperaturerhöhung (ähnlich wie in einem Treibhaus). Diese Wirkung des Kohlendioxids, das vor allem durch die Verbrennung von Kohle, Erdöl und Erdgas in die Atmosphäre gelangt, wird durch die rasante Zunahme der Spurengase Methan, Stickstoffoxide, Ozon und der Chlor-Fluor-Kohlenwasserstoffe (diese sind auch mit Schuld am antarktischen „Ozonloch”) jetzt weiter verstärkt). Modellrechnungen zeigen deshalb für die nächsten hundert Jahre einen Anstieg der globalen Mitteltemperatur von etwa 3 bis 9 Grad Celsius.
Bis jetzt wurde aber nur eine Temperaturzunahme von 0.5 Grad (statt 1.5 Grad) beobachtet. Die restliche Erwärmung ging in die Ozeane (die immerhin 3/4 unseres Planeten bedecken) und führte dort durch Ausdehnung des Wasservolumens bereits zu einer Erhöhung des Meeresspiegels um 10 - 20 cm in den letzten hundert Jahren).
Anscheinend wurden aber in den Computer-Modellen, die das Klima anzunähern versuchen, verschiedene Faktoren bisher nicht berücksichtigt. So haben Vulkanausbrüche, Schwankungen der Sonneneinstrahlung, Veränderungen des planetaren Reflexionsvermögens auch einen großen Einfluß auf unser Klima, die nur schwer abschätzbar sind. Dazu kommen interne Rückkopplungsmechanismen im Klimasystem, die extreme Ausschläge dämpfen (aber auch verstärken) können.
Auch über die regionale und jahreszeitliche Verteilung der Erwärmung können derzeit noch keine genauen Angaben gemacht werden.
Der Mensch hat jedenfalls das größte Experiment mit seiner Atmosphäre begonnen, ohne zu wissen, wie es ausgeht. Auch wenn bis jetzt nur eine Tendenz in Richtung Erwärmung der Erde und Veränderung des Klimasystems vorhanden ist, so sollte eine vernünftige Menschheit in dieser Situation doch auf jeden Fall so rasch wie möglich Maßnahmen ergreifen, die zu einer rechtzeitigen, ausreichenden Minderung der Emission aller Spurengase führt.