Kleine Oberstdorfer Trachtengeschichte von 1700 - 1986 (Teil 3)

von Marie Luise Althaus am 01.12.1987

Um die Weiterentwicklung in der hiesigen Trachtengeschichte besser verstehen zu können, ist es notwendig, etwas weiter auszuholen.

Mit der „Aufklärung” der Alpen, die mit der Erstbesteigung des Montblanc 1786 einsetzte und sich im Laufe der nächsten 100 Jahre von West nach Ost auf das ganze Alpengebiet ausbreitete, kam eine grundlegende Wende in das Leben der Gebirgsbewohner. Diese Bewegung machte sich in Oberstdorf etwa ab Mitte des vorigen Jahrhunderts bemerkbar. Hatten bis dahin nur einige Landvermesser und Gelehrte die Oberstdorfer Umgebung erforscht und wenige Gipfel bestiegen, so kamen nun die ersten Fremden ins Dorf. Und waren auch die Gebrüder Jochum 1853 die ersten auf dem „Spitz”, so wurden die Berge des oberen Allgäus vor allem durch Hermann von Barth (1844 - 1876) erst richtig erschlossen.

1888 schnaufte der erste Zug nach Oberstdorf. Die damaligen Fremden und Touristen waren gutsituierte, gebildete Bürger. Sie brachten oft neben der ganzen Familie ihre Bediensteten mit - falls diese nicht aus Oberstdorfer Familien gestellt wurden -, um die herrliche Bergwelt und die gute Luft für mehrere Wochen zu genießen. Sie wurden deshalb auch von den Einheimischen als „Hearrelit” geachtet.

In diese Zeit der Erschließung fällt auch die „Entdeckung” der Alpenblumen, welche eng mit dem Namen einer Tiroler Malerin verbunden ist, nämlich mit Anna Stainer-Knittel, geboren 1841 in Untergiblen im Lechtal. Sie ist eine Verwandte des Joseph Anton Koch, des „Vaters der heroischen Landschaft”, 1768 in Obergiblen geboren. Auf Betreiben Anton Falgers studierte Anna Stainer-Knittel an der Münchner Akademie Porträtmalerei und verlegte sich 1870, als durch das Aufkommen der Photographie die Aufträge ausblieben, auf das Malen von Alpenblumen.

1873 erschien ihr erstes Alpenblumenbild auf der Wiener Weltausstellung, welches nach England verkauft wurde. Ihre Bilder zeichnen sich durch eine besonders naturgetreue Wiedergabe aus. Alpenblumen, die sie auf Leinwand, Holz, Marmor und Alabaster malte, fanden bald zahlreiche Liebhaber, was die bescheidene Künstlerin selbst am meisten wunderte.

Der Alpinismus erhob das Edelweiß zur Königin der Alpenblumen, das bis dahin bei uns schlicht als „Hahnedobbe” bekannt war und als Heilmittel gegen Ruhr beim Vieh angewendet wurde. Es wird deshalb vor 1850 in unserem Raum keine Tracht geben, die das Edelweiß als Stickerei aufgenommen hat. Auch das Porträt Anna Stainer-Knittels von ihrer Tochter Rosele, geb. 1872, in Lechtaler Feldtracht mit eingestickten Edelweiß im Brustlatz, stammt aus dem Jahr 1900 (vgl. Bild S. 209)

Anna Stainer-Knittel, gest. 1915 in Wattens, ist übrigens das Vorbild für den von Wilhelmine von Hillern 1880 erschienenen Roman „Die Geier-Wally”. Der Inhalt geht auf die unerschrockene Tat der 17jährigen Nanni Knittel zurück, die sich abseilen ließ, um einen Adlerhorst in der Saxerwand bei Madau auszunehmen.

Wiederum in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts fällt die Gründung der Gebirgstrachtenvereine. Der Einfluß auf die Entstehung der Gebirgstracht kommt von Österreich durch den beliebten Erzherzog Johann, dem Bruder des Kaisers, der die steirische Tracht als ein dem zivilen Frack und Gehrock ebenbürtiges Kleidungsstück trug. Es wird also mit Ende der höfischen Parforce- und Treibjagden in Zopf und Rock auch vom Adel eine praktischere Jägerkleidung bevorzugt. Zudem hat sich die steirische und oberbayrische Männertracht entlang des Gebirges immer gern der Berufskleidung der Jäger angepaßt.

1855 hat Hanfstaengel den ersten Wittelsbacher, nämlich König Max von Bayern, in Jagdkleidung photographiert. Aus der gleichen Zeit stammt ein Bild seines Bruders, Prinz Luitpold von Bayern. Wenn man nicht wüßte, so Paul Ernst Rattelmüller, daß es der spätere Regent ist, könnte man ihn in seiner graulodenen Joppe, der landesüblichen Lederhose, dem dunkelgrünen Stopselhut, der grünen Weste und den gemodelten, mit grüner Wolle bestickten Strümpfen für einen Bauern oder Jäger aus dem Tegernseer - Schlierseer Gebiet halten. Interessanterweise übernimmt also Luitpold nicht die beim Adel übliche steirische Tracht. Er trägt die Jägertracht des Tegernseer Isarwinkler Gebietes.

Auch Herzog Maximilian in Bayern, der Vater Kaiserin Elisabeths, war ein prominenter Träger dieser Tracht. Er ist im Volksmund auch als „Zithermaxl” bekannt, weil er die Zither hoffähig machte. Zudem ist er der Herausgeber des ersten bayrischen Volksliederbüchls und sicherlich mitverantwortlich, daß auch in Oberstdorf nur bayrische Lieder gesungen wurden.

1883 wird als Gründungsjahr des ersten Gebirgstrachtenvereins angegeben. Es ist das Verdienst einiger heimatverbundener Männer aus dem Gebiet von Bayrischzell, allen voran des Lehrers Ludwig Vogel, die sich der Vermassung der Kleidermode entgegenstellten. Der allgemeine Aufschwung in Wirtschaft, Technik und Industrie war der Tod der alten Volkstrachten. Etwa 1880 gingen die Reformer ans Werk, um noch zu retten, was zu retten war. Sie entwarfen eine tragbare Tracht aus Elementen der alten Schlierseer und Miesbacher Tracht unter Verwendung anderer historischer Vorbilder.

Bei der Männertracht wurde anstatt des langen Rockes die aus dem Tuxer Tal (Tirol) stammende graulodene kurze Joppe eingeführt. Ähnlich verfuhr man mit der Bundlederhose: Sie wurde bis über das Knie verkürzt - es entstand die Kurzlederhose. Vor allem letztere Reformtat stieß auch im Entstehungsgebiet auf heftige Kritik. Die Geistlichkeit wandte sich gegen das als unsittlich empfundene nackte Knie, und in manchen Orten wurde sogar verboten, in dieser Kleidung die Kirche zu betreten. Trotz allem fand die „Neubayrische Tracht”, wie sie zuerst genannt wurde, großen Beifall. Sie breitete sich in kurzer Zeit über die Grenzen Bayerns aus, ja es wurden in der Folgezeit sogar in Amerika Gebirgstrachtenvereine gegründet. Auch im Allgäu entstand eine ganze Reihe solcher Vereine.

Aber es scheint auch hier eine Ausnahme zu geben. Im Fall Oberstdorf (und Hindelang) war der Prinzregent ausschließliches Vorbild, zumindest für die Männertracht. Sie ist eine so getreue Kopie der „Oberlandlerischen Jägertracht”, der Jagdkleidung Prinz Luitpolds also, daß der Umweg über den Oberbayrischen Gebirgstrachtenerhaltungsverein ausgeschlossen ist. In der Tat lesen wir in den Aufzeichnungen von Wilhelm Math, Oberstdorf, daß schon im Jahre 1852 die kurze Lederhose durch Prinzregent Luitpold für seine Jäger und Treiber eingeführt wurde.

Dies verwundert auch nicht, da der Landesherr bis ins hohe Alter in Oberstdorf zur Jagd ging und seit 1856 hier ein Jagdhaus besaß.

Als Ergänzung zu den Ausführungen Rattelmüllers wäre für Oberstdorf nur noch hinzuzufügen, daß über dem anfangs kragenlosen Hemd grüne Hosenträger getragen wurden. Auf dem Mittelstück waren zuerst nur drei Edelweiß (vgl. Bild S. 212), zeitweise auch eine Alpenrose zwischen zwei Edelweiß eingestickt. Später wurden auch die Träger bestickt. Ein bayrisches Rautenmuster auf dem Steg oder eine Krawatte waren bei den Einheimischen nie üblich. Der „Stöpsel” wurde ab 1860 niedriger und machte einem Jägerhut Platz, welchen der Huaterer Schätz vom Tegernsee heute noch neben dem Stöpsel als Modell „Jagerloisl” führt. Als Hutschmuck diente eine Spielhahnfeder, ein einfach gebundener kleiner Gemsbart oder die noch ältere Kokarde, das Gemsrädle.

Der Adlerflaum kam erst kurz vor der Vereinsgründung auf und hielt sich bis über den 1. Weltkrieg (vgl. Bild S. 212).

Nun wollen wir uns das Schuhwerk noch anschauen. Die „Grobgenähten” oder „Griffschuhe”, d. h. Bundschuhe, welche mittels Kappennägeln und am Absatz mit einem dreizackigen Eisen beschlagen waren, werden in der Fachsprache als „Jägerschuhe” bezeichnet (vgl. Bild S. 214 oben). Dazu gab es Ledergamaschen, die durch Haken an drei Ösen am Absatz befestigt wurden. Zum Binden konnten die Schuhbänder seitlich durch zwei Öffnungen gezogen werden. Diese Kombination ergab die sog. „Griffschüehbössle”. „Bossen” im heutigen Sinn eines hohen Bergschuhs gibt es erst seit den 30er Jahren dieses Jahrhunderts.

Die Griffschuhe sind keine Importware aus Oberbayern. Schon die Tatsache, daß Schuhnägel seit der Errichtung von Schmelzöfen im Allgäu (in Oberstdorf seit 1760 Hornsteinscher Schmelzofen am Faltenbach) hergestellt wurden, deutet auf ein frühes Vorkommen genagelter Schuhe hin. Vorläufer dürften dabei die „Gaisarholtsche”, d. h. Gaishirtenholzschuhe sein, die auch schon mit Nägeln beschlagen waren (vgl. Bild S. 214 unten).

Wie aus zuverlässiger Quelle zu erfahren war, hat der Schuhmacher Joachim Schratt (Schüechtarmändle, wohnhaft Hs.Nr. 121, heute Nebelhornstraße 16) vor 1850, also bevor Prinz Luitpold nach Oberstdorf kam, Griffschuhe hergestellt. Er vererbte diese Kunst seinem Sohn Ludwig Schratt weiter. Aus dem Tagebuch des Fuhrhalters Engelbert Blattner entnehmen wir, daß Blattner am 22. September 1889 eben diesen Ludwig mit dem Fuhrwerk nach Linderhof fahren mußte. Prinzregent Luitpold ließ sich dort von Schratt Griffschuhe anmessen. Dies ist wiederum ein Beweis dafür, daß diese Art Schuhe für Bergheuer und Jäger bei uns gemacht wurden. Wären sie von Oberbayern durch den Regenten eingeführt worden, hätte dieser bestimmt einen geeigneten Schuhmacher im Tegernseer Gebiet konsultiert.

Auch der Sohn Ludwigs, wiederum ein Joachim Schratt, der bereits Gründungsmitglied des hiesigen Volkstrachtenvereins war, hat wiederholt Kundschaft aus dem Königshaus gehabt, wie z. B. Prinz Albrecht von Bayern, den Neffen der Herzogin von Urach. Er verarbeitete die Schuhnägel von den Nagelschmieden von Wechs, Bruck bei Hindelang und Ludwig Vogler (Nennar) aus Oberstdorf.

Einer weiteren Quelle zufolge hat ein anderer Oberstdorfer Schuhmacher, nämlich Franz Schratt (heute Schuh-Schratt), zusammen mit seinem Zeitgenossen, dem Adlerkönig Leo Dorn (1836 - 1915), ein eigenes System von Griffschuhen entwickelt, welches den Gemsfuß als Vorbild genommen hat. Die Schuhnägel dazu lieferte der Hintersteiner Nagelschmied Haas. Zum Platteln hat man allerdings den unbeschlagenen Bundschuh verwendet.

Was die Frauentracht angeht, so scheint sie aus Teilen der ortsansässigen Tracht in gleichzeitiger Anlehnung an die Miesbacher Trachtenbewegung entstanden zu sein. Wilhelm Math schreibt: „Nach Angaben von Karl Schedler sen., gest. 1932, 76 Jahre, wurde die Miedertracht von Nazle Ludwig (Ludwig Gschwender, Kaufmann) um 1890 hergebracht. Er hatte dann die Stoffe in seinem Laden feil.”

Übernommen wurde mit großer Wahrscheinlichkeit das schwarze Samtleibchen ohne Latz von der hiesigen Werktagstracht (vgl. BildS. 208 und S. 211). Es wurde mit einem Latz ausgestattet und nach bayrischer Art mit einer Panzerkette von unten nach oben kreuzweise an Silberhaken geschlossen. Nun wurden auch verzierte Haken verwendet, die außen auf das Mieder aufgenäht wurden. Von der Münchner Kellnerinnentracht des Biedermeier wurde die Sitte, Taleran der Miederkette zu befestigen, übernommen. Bei den Münzen handelte es sich ursprünglich wohl um Erinnerungsstücke und Geschenke.

Am schwarzen Mieder war ein hellgrauer, an der Taille angereihter, knöchellanger Rock befestigt. Darüber wurde eine grüne Seidenschürze getragen, die anfangs noch vorne gebunden wurde. Bei der einfachen Silberkette, die um den Leib gewunden wurde, könnte es sich um die alte Briskette handeln.

Alt ist mit Sicherheit die Bluse, die später am Ärmel etwas abgeändert wurde (vgl. Titelbild). Sie besitzt noch den degenerierten Goller in Form eines aufgenähten Spitzenkragens. Statt des schwarzen Schälkles hatte man sich ein zum grauen Rock passendes, kleidsames Tuch-Schälkle zugelegt. Dazu trug man schwarze Strümpfe, auch an Festtagen. Als Schuhe dienten zuerst noch Lederbössle (Schnürstiefelchen), obwohl es natürlich damals schon Bundschuhe für Damen gab.

Der grüne Hut, anfangs auch mit Spielhahnfeder und Edelweiß geschmückt, stammt aus dem Tegernseer Gebiet. Das bayrische Schultertuch mit Fransen, als Einstecktuch getragen, fand in Oberstdorf keinen Einlaß.

Aus dem Jahre 1891 stammt eine der ersten Photographien der neuen Tracht. Sie zeigt Treiber des Regenten und einige Frauen im „Mieder”. Das Bild entstand anläßlich einer Fahrt nach München zu Prinzregent Luitpolds 70. Geburtstag am 12. März (vgl. Bild S. 210).

Um die Jahrhundertwende wurde auf Initiative der beiden Landshuter Karl Richter, Brauereibesitzer „Zur Sonne” und Anton Merz, Hirschwirt, auch in Oberstdorf die Gründung eines Trachtenvereins angeregt. In den Aufzeichnungen von Wilhelm Math lesen wir:

„Am 28. April 1901 fand die Gründungsversammlung statt, auf welcher die Statuten festgelegt wurden unter dem Namen:

Verein zur Erhaltung der Volkstracht.

Die 16 Mann der Musikgesellschaft ,,D’ Oberillertaler” sowie 74 Mitglieder bildeten den Grundstock des Vereins.

Vorsitzender: Johann Huber (Martes Hannes, Hs.Nr. 19)

Schriftführer: Karl Geiger (Tierarzt)

Kassier:Anton Huber (Boddars Anton)
Beisitzer:Lorenz Lutz (Lehrer)
Alois Thannheimer (Gotteriedar)
Michel Huber (Zimmermändlar, Jäger)
Wolfgang Hohenadl (Förster)
Karl Richter (Brauereibesitzer „Zur Sonne”)

Als erste Aktivität wurde im Sommer 1903 der Wilde-Männle-Tanz dreimal auf der Hofmannsruh aufgeführt.”

Eine Schuhplattlergruppe bestand wohl noch nicht vor 1902; denn Markus Hellbock, der den Oberstdorfern das Platteln zeigte (im Renneblock auf der Bohne), kam erst in diesem Jahr nach Oberstdorf. Nach Aussage von Hermann Schedler (1900 - 1987), kam er vom Bayrischen hierher in die Fabrik. Was jedoch verwundert, ist die Tatsache, daß Hellbock kein Bayer war. Seine Eltern stammten aus dem vorarlbergischen Feldkirch und kamen durch die Spinnerei und Weberei nach Kottern. Er selbst ist am 3. März 1882 in Kottern geboren und verehelichte sich am 4. Mai 1905 mit der Oberstdorferin Maria Osswald. Das jungvermählte Paar wohnte in der Trettachstraße 152 1/6. Wo Hellbock selbst das Platteln erlernt hat, ist nicht mehr zu erfahren. Sicher ist nur, daß er diese Kunst so schneidig beherrschte, daß er die Oberstdorfer überzeugen konnte. Er stellte die herkömmlichen Tänze wie den „Sechsertanz” und „Dri liderne Strimpf” in den Schatten.

Beleuchten wir in diesem Zusammenhang die Herkunft des Plattelns noch etwas näher. Der Gruppen-Schuhplattler entstand aus alpenländischen Tanzformen und wurde von reisenden Berufssängern und Tänzern zur besonderen Zugnummer für die Fremden gemacht. Er entwickelte sich, nach Richard Wolfram, aus den Elementen der drei Großformen der Geselligkeits- und Werbetänze:

1. Dem Almerischen, verbreitet in Kärnten, Steiermark, Niederösterreich, Salzburg und Teilen Oberösterreichs. Er ist der Tanz des Gebirges und der Hügel.

2. Dem Landlerischen, verbreitet in Ober- und Niederösterreich und Oberbayern. Er ist der Tanz der Ebene, wobei das Gebiet um Landl als Kernstück angesehen wird. Davon leitet sich auch die Bezeichnung „Ländler” ab.

3. Dem Bayrisch-Tirolischen Schuhplattler, wobei die freien Vorformen gemeint sind. Freiherr Otto von Aufsess schreibt, daß er auch in Bayern nur von einzelnen Paaren getanzt wurde.

Seit der Jahrhundertwende wurden Gruppen- und Massenplattler bevorzugt. Nur in Südtirol konnte sich der freie Plattler noch lange Zeit neben dem Vereinsplattler behaupten. Der erste Vereinsplattler im heutigen Sinn dürfte nach Franz Fiedler, Oberlehrer aus München-Milbertshofen (1911), der „Neubayrische” sein. Er wurde erstmals vor 1850 von den Burschen in der Ramsau unter dem Namen „Pempererstoisser” (pumpern, klopfen) aufgeführt.

Ähnlich der Trachtenbewegung, oder auch Hand in Hand mit ihr, griff der Gruppenplattler in Windeseile um sich und siedelte sich auch in Gegenden an, wo er nie zu Hause war, so auch im Allgäu. Schon der Name der Schläge verrät das Ursprungsland im Chiemgau, wie z. B. der „Bayrisch Zeller”, „der Haushamer”, „der Haidauer” usw. Dazu gesellten sich dann die speziellen Vereinsschläge, wie z. B. beim „Oytalar” oder „Illertalar”. Bei Letzterem könnte man Elemente aus „Dri liderne Strimpf’ wiedererkennen.

Auch in Hindelang wurde das Plattein von Hausham her eingeführt. Der Gaißbüebe-Tanz wurde natürlich für die Fremden erfunden. Die „Gaißbuam” waren eine Gruppe der Oberstdorfer Plattler und sind es bis heute geblieben.

Wilhelm Math notiert über die ersten Vereinsjahre:

Zwischen 1902 und 1905 entstand in Oberstdorf ein Schuhplattlerverein, der am 2.4.1905 aufgelöst wurde und mit dem Volkstrachtenverein vereinigt wurde.

1905. am 24. Juni, waren dann die Schuhplattler beim Gautag des Gebirgs- und Volkstrachtenvereins in München.

1906. Anton Merz wird nach Fidel Berktold (v. 1904 - 06) neuer Vorstand.

1907. Eine Abordnung der Schuhplattler fuhr zur Fahnenweihe des Gebirgstrachtenvereins Oberwarngau, um die Heimat des echten Schuhplattelns kennenzulernen.

1908. Vorstand wird Ludwig Huber (Wilde Lises Ludwig). Der Wilde-Mändle-Tanz wird dreimal im Gschlief aufgeführt.

25. 12. 1908. Auf der Generalversammlung waren nur der Vorstand, 2 Ausschußmitglieder und 5 Vereinsmitglieder.

27. 2. 1910. Vorstand wird Wilhelm Übelhör (Klei Schmiedle, Hs.Nr. 110). Der Verein wird nicht aufgelöst, wie zuerst beabsichtigt war.

20. 4. 1912. Auf der Generalversammlung sind wieder nur 4 Auschußmitglieder und 2 Vereinsmitglieder anwesend.

1913, ein Jahr später, gründet Markus Hellbock zusammen mit den „Lustigen Trettachtalern” und anderen den Trachtenverein „Almrausch”, da die „Auswärtigen” keine Aufnahme im Oberstdorfer Verein fanden.

1914. Mit Ausbruch des 1. Weltkrieges wurde jegliches Vereinsleben lahmgelegt.

Der letzte Vorstand war Ludwig Schmied.

Teil 3 Trachtengeschichte - Heft 12

Die Töchter des Valentin Brutscher (Glasar); links Blandina (1858 - 1937) und rechts Senz (1867 - 1923) in Oberstdorfer Werktagstracht.

Das schwarze Leibchen ohne Latz wurde mit dem Brisbändel oder einer einfachen Silberkette von unten nach oben im Zick-Zack-Verfahren geschlossen.

Der knöchellange Rock war nach mündlicher Überlieferung blaugedruckt.

Teil 3 Trachtengeschichte - Heft 12

Rosa Stainer in Lechtaler Feldtracht als Blumenverkäuferin,
gemalt von ihrer Mutter, Anna Stainer-Knittel, im Jahre 1900.

Blumensträuße dieser Art wurden zu Beginn dieses Jahrhunderts sackweise von den Lechtalern an die Oberstdorfer geliefert - das Stück zu 1 Pfennig -, wo sie um 10 Pfennig an die Fremden verkauft wurden.

Überliefert von Hermann Schedler
(1900 - 1987),
entnommen aus: Karl Paulin, Anna Stainer-Knittel - aus dem Leben einer Tiroler Malerin. Innsbruck 1951.

Teil 3 Trachtengeschichte - Heft 12

Dieses Bild enstand anläßlich einer Fahrt der,, Treiber” nach München am März 1891 zu Prinzregent Luitpolds 70. Geburtstag.

Sitzend von li. nach re.: Clöudese Frieda (Vogler, Hs.Nr. 150), Wilde Lise (Huber), Nazle Ludwig Mala (Gschwender, Kaufmann), Zimmermeisters Senz (Hs.Nr. 71), Jachemars Michl (Rietzler, Dietersberg), Hislars Karies Emilie (Frau A. Hofmann)

Stehend von li. nach re.: Michle Donele (Anton Berktold, Hs.Nr. 203), Martes Hannes (Huber, Hs.Nr. 19), Wendle Donese Donates (Vogler Hs.Nr.218), Höugs Rosina (Haug), Blattnars Willem (Bruder von Otto, Hs.Nr. 10), Zobels Luitpold, Schwarzkopfs Marie

Teil 3 Trachtengeschichte - Heft 12

Arbeiterinnen und Arbeiter der Oberstdorfer Fabrik im Jahre 1897.

Auch wenn nicht mehr alle Personen bekannt sind, dürfte es sich bei den Frauen in Tracht um Oberstdorferinnen handeln.

In großen Familien war es durchaus üblich, daß ein Familienmitglied „in die Fabrik ging”, um das nötige Bargeld nach Hause zu bringen.

Im Hintergrund sind die „ Welschtirolerinnen” zu erkennen.

1. Reihe von li. nach re.: 6- Adolf Berktold, 7- Schwendinger, 8- Ludwig Berktold (Rubi), 11- Relinda Hengge, 12- Schwendinger

2.Reihe von li. nach re.: 1- Brutscher (Zilleler), 5- Haid, 6- Viktörle Titscher, 7- Obermeister Schwendinger (mit Schlüssel)

Teil 3 Trachtengeschichte - Heft 12

Diese Photographie stammt aus der Gründungszeit des Trachtenvereins um 1902.

Sie zeigt sitzend von li. nach re.: Gerstrubars Adolf (Berktold), Walter Sepp, Färbas Anton (Kappeler), Jacheme Otto (Schratt)

Untere Reihe von li. nach re. : Käsperles Hannele (Vogler, Gruben), Dünßars Fritz, Hengge Tilda, Jachemars Resa (Rietzler), Jacheme Senz (Schratt), Blattnars Regina, Schugge Marie, Osswald (Hellbock) Maria, Hellbock Markus, Sehrwinds Hans, Dünßars Otto

Mittlere Reihe von li. nach re.: Stanze Wilhelm (Köcheler), Kappelars Mathies, Petre Sophie (Schratt), Donatese Anton (Vogler), unbekannt, Berktold Fidel, Adlarwirts Karle?, Sehrwinds Ludwig, Engelberte Otto (Blattner)

Obere Reihe von li. nach re.: Jacheme Jachem (Schratt), Petre Hans (Schratt), Altstädtars Leo (Geister)

Teil 3 Trachtengeschichte - Heft 12

Hier präsentiert sich Otto Blattner (Engelberte Otto, 1878 - 1936) als Gründungsmitglied 
in perfekter Tracht, wie sie durch Prinzregent Luitpold eingeführt wurde.

Teil 3 Trachtengeschichte - Heft 12

Über die weiteren Ereignisse und das Wiederaufgreifen der historischen Tracht wird in der nächsten Folge berichtet.

Fortsetzung folgt

Anmerkung:
Für die freundliche Unterstützung bei der Abfassung des gesamten Berichtes danke ich: Frau Frieda Math, Frau Pepi Blattner, Frau Paula Schratt, Frau Elsa Zorn, Herrn Adolf Schleich, Herrn Meinhard Kling, Herrn Eugen Thomma, Herrn Josef Zobel - alle Oberstdorf; Herrn Ludwig Berthold, Kempten; Herrn Hans Dondel, Icking.

Quellen:
Dr. Dr. A. Weitnauer: „Vom Feigenblatt zur Schwabentracht.” Kempten 1955.
Karl Paulin: „Anna Stainer-Knittel - aus dem Leben einer Tiroler Malerin.” Innsbruck 1951.
Aufzeichnungen von Wilhelm Math, Oberstdorf.
Paul Ernst Rattelmüller: „Dirndl, Janker, Lederhosen.” München 1970.
Richard Wolfram: „Die Volkstänze in Österreich und verwandte Tänze in Europa.” Salzburg 1951.
Baumann - Rottenkolber: „Geschichte des Allgäus”, IV.
Dr. Friedr. v. d. Leyen - Dr. Adolf Spamer: „Bayrische Hefte für Volkskunde.” Carl Schnell, München 1918 (aus dem Nachlaß von Franz Alois Schratt).

Kontakt

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1. Vorsitzender
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DEUTSCHLAND
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