Oberstdorf vor 100 Jahren

von Eugen Thomma am 01.06.1989

1888

  • Zum Jahresbeginn ist im „Allgäuer Anzeigeblatt” folgendes Inserat zu lesen:

„Das Hochwasser vom 10. Dez. 1887 hat beim Breitachbrückenbau 3 eichene Pfähle 6 - 7 Meter ca. 40 Centimeter Mittelmaß zum Theil mit eisernen Pfahlschuhen versehen sowie eine eiserne Handramme (,Katze’) fortgeschwemmt, um sachdienliche Anzeigen ersucht gegen Belohnung. Die Localbahn-Bauverwaltung Oberstdorf”

  • Oberstdorfer Bauern haben Angst vor Übertragung der in Gunzesried ausgebrochenen Maul- und Klauenseuche.
  • F.F. Fleschhut in Immenstadt bietet den zahlreichen Sennereien in Oberstdorf an: „Kälbermägen 1. Qualität zu 3 Mark per Dutzend. Bei Abnahme von mindestens 20 Dutzend noch etwas billiger.”
  • Am 19. Januar versteigert die Gemeinde 38 Kuhweiden zur Nutzung auf der Alpe Söller. Während die ersten Weiden für 37 Mark an den Mann gehen, wird der Preis mit zunehmender Versteigerungsdauer immer höher, so daß eine Weide zum Schluß 40 Mark kostet.
  • Die „Holzwaarenfabrik Oberstdorf” sucht Schreiner (Herstellung von Bilder- und Spiegelrahmen, Eisschränken u.a. durch die Gebr. Gschwender in der Mittleren Mühle).
  • „Die drei Johann-Frey’schen Familienstipendien sind zu 154, 102 und 60 Mark zu vergeben. Bewerbungen sind an die Gemeindeverwaltung zu richten. Nachgewiesene Verwandtschaftsverhältnisse zum Stifter werden bevorzugt”, ist im Anzeigenteil der Tageszeitung zu lesen.
  • Der Ökonom Karl Fischer wird als stellvertretendes Mitglied der Musterungskommission gewählt, die in Sonthofen zusammentritt.
  • Der Schulgarten wird an die Witwe des Johannes Berktold um 3 Mark 40 Pfennig verpachtet. Sie kann dort Obstbaumpflanzen heranziehen.
  • Die Pacht einer Weide auf der Alpe Bierenwang kostet 5 Mark.
  • Nahezu alle Zeitungen berichten täglich über den Gesundheitszustand des sich in San Remo zur Kur befindlichen Kronprinzen Friedrich. Der sich später als Kehlkopfkrebs herausstellende „Katarrh dauert hartnäckig an”.

Als Pächter von gemeindlichen Einrichtungen oder Grundstücken bezahlen:

Michl Math’s Witwe für die Küferei am Faltenbach20 Mark
Augustin Rietzler für die Gemeindewaage145 Mark
Joseph Heiligensetzer für die Gemeindesäge85 Mark
Joh. Georg Fuchsschwanz für den „Loostampf”18 Mark 86 Pf
Immobiliengeschäft Mohren für Bierkeller Faltenbach12 Mark
Melchjor Jauß, „Sonne”, für Bierkeller Faltenbach12 Mark
Melchjor Jauß, „Sonne”, für den Eisweiher10 Mark
F.X. Sieber, „Löwen”, für Loretto (Garten)20 Mark
Witwe Barabara Rees für Gde. Grund zum Kalkofen15 Mark
Kaspar Hindelang für Gde. Grund zum Kalkofen für
27 Brände a 2 Mark
54 Mark
Stefan Kast für die Obere Mühle1.000 Mark
  • Der 27jährige ledige Schuhmacher Josef Krabacher von Schöllang verunglückt beim Holzschlitteln auf der Gaisalpe so, daß ihm in der folgenden Nacht der rechte Arm amputiert werden muß.
  • Zur „Öffentlichen Faschingsproduktion” im oberen Saale des Gasthofes zum Mohren” lädt für den „Neuen Liederkranz” ein: „LA. Brutscher, Thierarzt und Vorstand.”
  • Der Fuhrunternehmer Engelbert Blattner fährt im Akkord den Ster bzw. cbm Holz vom Buchraine zum Mösle am Eschbach bei insgesamt 336 cbm um 75 Pfennig.

An Holzerlohn wird bezahlt:

Hochleite an Franz Voglercbm 2,30 MSter 2,30 M
Buchraine an Franz Voglercbm -,90 MSter 1,20 M
Seewald - Gerstruber Stieg cbm -.95 MSter 1,20 M
  • Bei der Kulturarbeit (Pflanzen von Bäumchen) erhält der Mann am Tag 2 Mark, eine Frau 1,50 Mark. Der Holzerlohn für einen Gemeindeholzteil beläuft sich auf 3 Mark.
  • Der Postomnibusverkehr zwischen Sonthofen und Oberstdorf (Pferdebespannung) läuft nach folgendem Fahrplan:

Oberstdorf ab 4.30, 13.00, 16.35 Uhr
Sonthofen ab 8.10, 11.50, 15.00 Uhr

  • Am 10. Februar reißt eine Lawine im Schmidentobel im Walsertal fünf Männer samt ihren Pferdegespannen fort. Ein Oberstdorfer muß ausgegraben werden. Ein Pferd wird getötet.
  • Im ganzen Alpenraum kommt es zu Katastrophenlawinen. Das Dorf Tasquare im Wallis wird gänzlich zerstört. In Oberstdorf werden viele Heuschinden weggerissen. Im Gerstruber Älpele kommen in einer Lawine zwei Achtender- und ein Zehnender-Hirsch um. Trotz bester Fütterung geht in den Oberstdorfer Bergen in dem schneereichen Winter eine Menge Wild zugrunde.
  • Am 9. März stirbt Kaiser Wilhelm I. Mit Trauergeläute und einem Gedächtnisgottesdienst gedenkt Oberstdorf des Monarchen.
  • Das Feuerwehrgerätehaus (die 1865 abgebrannte Vierzehnnothelfer-Kapelle) muß der Zufahrt zum neuen Bahnhof weichen (ehern, zwischen den heutigen Anwesen Altstetter und Hypo-Bank). Das Abbruchholz wird in acht Partien zu insgesamt 75 Mark versteigert.
  • Der Tapezierer Geißler richtet hier eine Dampf-Bettfedernreinigung ein und kommt bei großen Aufträgen sogar mit der Maschine ins Haus.
  • Ein Felsen oberhalb der Ringanger Steige löst sich und beschädigt den Weg schwer. Die Stützmauer war aber schon vorher eingestürzt.
  • Die Eschbachalpe erhält ein neues Stallgebäude, das in Blockbauweise aufgeführt wird.
  • Von den Reparaturkosten am Breitachsteg haben die Gemeinden Tiefenbach und Oberstdorf je die Hälfte, 88,45 Mark, zu berappen.
  • Am Pfingstsonntag, dem 20. Mai, wird das während des Winters geschlossen gewesene Gesellschaftshaus wieder eröffnet.
  • Ein Extrablatt verkündet am 15. Juni: „Kaiser Friedrich ist um 11 Uhr 15 Minuten sanft entschlafen.” Bald werden Vorwürfe wegen der Behandlungsmethoden gegen den englischen Arzt Mackenzie in der Presse laut. An Kaiser Friedrich wird in Oberstdorf, wie beim Tode seines Vaters, mit Geläute und Totenamt gedacht.
  • Die Gemeinde erwirbt für 645 Mark von Professor Thürlings ein Grundstück, auf dem das neue Feuerwehrgerätehaus erbaut werden soll.
  • Die am 18. Juli erscheinende Fremdenliste weist für Oberstdorf 101 Personen in Gasthöfen und 196 Personen in Privathäusern aus. Die Gäste halten mit der Abreise zurück, weil sie auf die bessere Reisemöglichkeit der Eisenbahn warten.
  • Mehrere Hochwasser von Breitach und Iller ließen die Fertigstellung der Eisenbahnlinie Sonthofen - Oberstdorf zum geplanten Zeitpunkt Ende Juni nicht zu. Erst am 25. Juli heißt es in dem Bericht: „Heute Nachmittag 3 1/2 Uhr ist die erste Probefahrt von Oberstdorf hier (Sonthofen) eingetroffen.” Am 2. August war dann die feierliche Eröffnung der Bahnlinie. Für die 14 Kilometer lange Strecke kostete damals die Fahrkarte:
II. Klasse III. Klasse
Hinfahrt 115 Pf 70 Pf
Hin- und Rückfahrt 170 Pf 100 Pf
Militärbiletts 20 Pf
Stück Großvieh285 Pf,bei zwei oder mehr Stücken 225 Pf.
  • Bei der Eröffnungsfeier der Bahn schickt die Festversammlung aus dem Gesellschaftshaus ein Huldigungstelegramm an Prinzregent Luitpold, das dieser durch seinen Generaladjudanten Generalmajor Freiherr Freyschlag von Freyenstein mit einem Dank beantworten läßt.
  • Herr Lorenz aus Kempten beabsichtigt in Oberstdorf „effektvolle Vorstellungen in den allerliebsten Wandelbildern zu geben, mit ganz neu eingerichteten Apparaten, welche mit elektrischem Licht gespeist sind.”
  • Der Deutsche und Österreichische Alpenverein baut durch den Sperrbachtobel einen Weg zum Mädelejoch (Ausführung Gebr. Klein, Rubi), wozu die Sektion Immenstadt-Allgäu vom Zentralverband einen Zuschuß von 400 Mark erhält. Die Gemeinde Oberstdorf schießt 200 Mark zu.
  • Waren bisher drei Omnibuspaare zwischen Oberstdorf und Sonthofen verkehrt, so sind es jetzt vier Zugpaare:

Oberstdorf ab 5.20, 10.35, 14.30, 18.00 Uhr
Sonthofen ab 8.03, 11.38, 15.20, 20.30 Uhr

(Die Uhrzeiten wurden von mir in die 24-Stundenzeit umgesetzt. Tho.)

  • Im Saal der »Sonne« hält der „Milchwirtschaftliche Verein im Allgäu” unter Vorsitz von Vorstand Widmann seine 12. Wanderversammlung ab.
  • Umfangreiche Wildbachverbauungen, insbesondere im Warmatsgundtal und im Bierenwanger Tobel, sollen vor weiterem Hochwasser und vor Vermurungen schützen helfen. Die Baukosten belaufen sich:

1887 auf 14.943,11 Mark
1888 auf 20.056,89 Mark.

  • Für die Rasso und Zamperl erhebt die Gemeinde Hundesteuer, was durch die Hundemarke dokumentiert wird.

23 Hunde a 6 Mark 138 Mark,
16 Hunde a 3 Mark 48 Mark (Wachhunde).

  • Nach dem Fleischbeschaujournal von Tierarzt Brutscher wurden 1888 in Oberstdorf geschlachtet: 29 Ochsen, 17 Stiere, 109 Kühe, 37 Jungrinder, 259 Kälber, 33 Schafe, 4 Ziegen, 228 Schweine.

Anmerkung:

Als Grundlage für die Ausarbeitung der Jahreschroniken 1938 und 1888 dienten die entsprechenden Jahrgänge des „Allgäuer Anzeigeblattes”, Aufzeichnungen im Gemeindearchiv und meine privaten Notizen.

Kontakt

Verschönerungsverein Oberstdorf e.V.
1. Vorsitzender
Peter Titzler
Brunnackerweg 5
87561 Oberstdorf
DEUTSCHLAND
Tel. +49 8322 6759

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Seit Februar 1982 werden die Hefte der Reihe "Unser Oberstdorf" zweimal im Jahr vom Verschönerungsverein Oberstdorf herausgegeben und brachten seit dem ersten Erscheinen einen wirklichen Schub für die Heimatforschung. Mehr

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