Oberstdorf vor 100 Jahren

von Birgitt Schraudolf am 01.06.2004

1903

Januar

  • Anzeige im »Allgäuer Anzeigeblatt«: Freibergsee Oberstdorf (neuerdings spiegelglatt und absolut sicher zugefroren ) bietet z. Zt. die schönste Gelegenheit zum Eissport.
  • Veröffentlichung der Pfarrei Oberstdorf: 1902 sind 18 Paare getraut worden, 49 Personen gestorben und 57 erblickten das Licht der Welt.

Februar k.E.

März

  • Trotz Lawinengefahr scheuten 2 Männer von Holzgau den Weg über das Mädelejoch nicht, um Tabak und Feigenkaffee herüber zu schmuggeln. Unterhalb des Sperrbachtobels wurden beide vom Grenzwachtführer aufgegriffen und wohl oder übel in der Kontrollstation eingeliefert. 12 Rollen Tabak und 8 kg Feigenkaffee wurden mit Strafe und Zollgebühren auf 201 Mark statt 36 Mark belegt. Es fand sich ein Lechtaler Freund bereit die Ware auszulösen, und die Schmuggler traten erleichtert wieder ihren Rückweg an. Hoffentlich sind unsere freundschaftlich gesinnten Tiroler Nachbarn wieder gut heimgekommen!
  • 13. 3. - Heute in der Früh schoß der Frh. von Heyl´sche Revierjäger Max Speiser in Gerstruben einen prachtvollen Steinadler mit Flügelspannweite von 2,26 m auf dem Riefenkopf. Es ist dies der 20te Adler (17 Stein- und 8 Königsadler). Max Speiser ist ein tüchtiger und unermüdlicher Schütze.
  • 20. 3. - Die hiesige Feuerschützengesellschaft hielt ein Preisschießen ab, wobei das verehrte Mitglied Herr Apotheker Fr. Le Feubure mehrere Flaschen Salvator als Festgabe stiftete.

April

  • 1. 4. - In offenbar betrunkenem Zustand wollte gestern abend ein hiesiger verheirateter Arbeiter seinem Leben durch Erhängen ein Ende machen. Jedoch scheints ihn sofort gereut zu haben, denn durch sein lautes Schreien lief die ganze Nachbarschaft zusammen. Zwei tüchtige Männer hatten Erbarmen und schnitten den Strick durch, worauf der zuvor schon Ohnmächtige mit den schönsten Grobheiten dankte. Eine gehörige Tracht Prügel wäre angebracht gewesen.
  • 8. 4. - Ab sofort erhält der Schnellzug München/Lindau täglich einen festen Anschluß nach Oberstdorf, was früher nur an Sonn- und Feiertagen der Fall war.
100 Jahre - Heft 44

Revierjäger Max Speiser, mit seinen beiden Töchtern, zeigt sich stolz mit zwei
 erlegten Steinadlern dem Photographen vor dem Jagdhaus am Rennblock.

100 Jahre - Heft 44

Die Oberstdorfer »Feuerschützengesellschaft« um 1905, 
die heutige »Königlich privilegierte Schützengesellschaft Oberstdorf 1557«.

  • 16. 4. - Unser so gern besuchter Kurort wurde lt. Entschließung des Königl. Ministeriums die staatl. Genehmigung zur Erhebung der Kurtaxe erteilt.
  • 27. 4. - Seine Durchl. Fürst Fugger ist heute zu einem längeren Kuraufenthalt eingetroffen und hat mit seinem Gefolge in seiner herrlich gelegenen Villa Quartier genommen. 100 Jahre ist es jetzt, daß das hohe Fuggergeschlecht in den Fürstenstand erhoben wurde.

Mai

  • Der Besitzer des hiesigen Lothaninbades und Hotelier Herr Gschwender und dessen Ehegattin Frau Maria feiern heute in aller Rüstigkeit das Fest der Silbernen Hochzeit. Viel Glück dem Brautpaar.
  • 9. 5. - Endlich kommt langsam das ersehnte Frühjahr ins Tal, wärend in den Hochlagen noch reichlich Schnee liegt.

Juni

  • Am Pfingstfest „fuhren” 2 Radler über das Mädelejoch zur Kemptener Hütte, von da nach Spielmannsau. Natürlich haben die Radhochtouristen ihre Maschinen mehr getragen als getreten.
  • Der im amtlich geführten Gemeindeverzeichnis bezeichnete Ortsname „Ruben“ wird in „Rubi“ umgenannt.

Juli

  • Der Kurhausverein veranstaltet im Trettachhotel ein großes Sommerfest, dessen reichhaltiges Programm einen sehr genußreichen Nachmittag und Abend verspricht. Glückshafen, Kaffee auf der Alm, Bowlen- und Sektbuden, Blumen und Herzlstand, auch Aufführungen der Allgäuer Gaisbuben, Theatervorführungen unter Leitung des bekannten Theaterdirektors Mausbauer usw. Der Ertrag dieser Veranstaltung kommt dem hiesigen Kurhausbaufond zugute.
  • Zum ersten Mal nach zweijähriger Pause findet der „Wilde Männlestanz” statt.
  • Der Juli ist ein sehr verregneter Monat, nebelverhangen.
  • Die Einschränkungen der Telefonbenutzung nur während der Tageszeit ist bei einer Fremdenfrequentierung von 7.000 Gästen mit großen Unannehmlichkeiten verbunden. Man bittet um Aufhebung der befristeten Stunden.

August k.E.

September

  • Das vom 6 - 8. auf der Schießstätte abgehaltene Preisschießen hat sich, obwohl in bescheidenem Rahmen, zu einem wahren Volks- und Schützenfest entwickelt. Beinahe 50 Schützen von nah und fern sowie zahlreiche Mitglieder verschiedener Volkstrachtenvereine schlossen sich auch einem Schützenzug an. Es wurde sehr viel und ausreichend geschossen.
100 Jahre - Heft 44

Die 1889 erbaute „Schießstatt” der Oberstdorfer »FeuerSchützengesellschaft« mit dem 180-Meter-Stand im Hintergrund.

Im Jahr 1929 mußte die alte „Schießstatt” einem Neubau, dem heutigen Schützenhaus, weichen.

  • Der Prinzregent ist wieder mal in Oberstdorf. Nach dem Besuch des Hochamtes in der Pfarrkirche stattet er mit dem Prinzen Ludwig dem Fürsten Carl von Fugger-Babenhausen in dessen Oberstdorfer Villa einen Besuch ab. Anschließend unternimmt seine königl. Hoheit einen Ausflug in die Spielmannsau. Herzlich und zwanglos verläuft die Unterhaltung mit der Familie Tannheimer.

Oktober

  • Im Fremdenbuch des Nebelhornhauses tragen sich 2.470 Peronen ein.
  • 10.744 Personen gastieren in Oberstdorf. Das sind 1.594 mehr als 1902.

November

  • Auch der Verschönerungsverein Oberstdorf hat ein neues Arbeitsfeld betreten in der Erschließung der Höllwiesen zum Söllereck. Bis zu 5 km lang wird sich die Weglänge und in einer Breite von 1,70 m und mit einer Steigung von 12 % durch die schattigen, großartige Aussicht bereitenden Höllwiesen erstrecken. Dank dem Entgegenkommen der Grundbesitzer kann noch heuer begonnen werden mit dem Wegebau, somit werden die Klagen über zu wenig Schattenwege um Oberstdorf verstummen, und wenn dann die Alpenvereinssektionen Kempten oder Immenstadt die Abzweigung zur Walserschanze rechts und zum Freibergsee links durch eine schmale Weganlage bewerkstelligt, dann ist ein lang ersehntes Ziel erreicht (»Münchner Neueste Nachrichten«).
  • 14. 11. - Im Gasthof »Zur Sonne« findet eine stark besuchte Unterverbandsversammlung der Raiffeisenvereine statt. Seit der Vereinsgründung am 1. 1. 1903 wurde der Geldumsatz allein in Oberstdorf mit 624.000 Reichsmark berechnet. Es zeigt sich, daß der Raiffeisenverein ein guter Bauernfreund ist und großen Nutzen schafft.
  • 26. 11. - Im hiesigen Bahnhofsrestaurant (Besitzer Herr Hastreiter) brennt der ganze Dachstuhl ab. Nur durch beherztes Eingreifen der Feuerwehr konnte schlimmerer Schaden abgewendet werden.
  • Das neuerbaute Anwesen des Schneidermeisters Witsch neben dem Bahnhofsrestaurant geht durch Kauf in den Besitz des Brauereibesitzers Hastreiter über.

Dezember

  • In Oberstdorf erregen sich die Gemüter, speziell bei Bauern und Wiesenbesitzern, über das rüde Vorgehen des Baron von Heyl. Dessen Vorgehensweise bringt einige Bürger um viel Geld. Angesehene Bürger hatten Jagdgrund erworben und wurden vom Baron mit Prozessen überzogen, so daß jegliche Lust und Freude an der eigenen Jagd genommen wird. Es regt sich viel Unwillen gegen die Vorgehensweise des Barons. (Artikel aus der »Frankfurter Zeitung«.)
  • 24. 12. - Die neuerstandenen Wege auf der Weststeite von Oberstdorf sind bestens geeignet zum Rodelsport und werden vom hiesigen Verschönerungsverein auf das sorgfältigste gepflegt. Auch am Freibergsee geht eine von der Villa Freiberg zum See führende Bahn zum Rodeln bis an den See. Die Verlängerung dieser Bahn bietet der gefrorene See. Dem Eissport kann gefrönt werden. So auch stehen am Moorweiher Eisstöcke zum Eisschieben auf 2 Bahnen zur Verfügung.

Quelle: »Allgäuer Anzeigeblatt«, Jahrgang 1903.

Kontakt

Verschönerungsverein Oberstdorf e.V.
1. Vorsitzender
Peter Titzler
Brunnackerweg 5
87561 Oberstdorf
DEUTSCHLAND
Tel. +49 8322 6759

Der Verein

Unser gemeinnütziger Verein unterstützt und fördert den Erhalt und Pflege von Landschaft, Umwelt, Geschichte, Mundart und Brauchtum in Oberstdorf. Mehr

Unser Oberstdorf

Seit Februar 1982 werden die Hefte der Reihe "Unser Oberstdorf" zweimal im Jahr vom Verschönerungsverein Oberstdorf herausgegeben und brachten seit dem ersten Erscheinen einen wirklichen Schub für die Heimatforschung. Mehr

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