Oberstdorf vor 100 Jahren

von Eugen Thomma am 01.06.2017

1916

  • Die seit November 1915 hier einquartierten 280 Soldaten beenden ihre Ausbildung und rücken am 16. Januar ab.
100 Jahre - Heft 70

Mit Postkarten dieser Art versuchte man immer noch die Zuversicht auf den Sieg aufrecht zu erhalten

100 Jahre - Heft 70

Glück und Frieden im Neuen Jahr 1916

100 Jahre - Heft 70

Am 24. Januar verstirbt Oberstdorfs Pfarrherr, Kgl. Geistl. Rat Alois Heinle, der vom 1. Mai 1881 bis zu seinem Tod hier wirkte. Er war ein Förderer des Kranken-, Alten- und Armenhauses (1900), des Schulhausbaues (1907) und Mitbegründer des Vereins für ambulante Kranken- und Altenpflege (1909)

  • Wegen Materialmangels stellt die Baumwollweberei Oberstdorf vorübergehend den Betrieb ein.
  • Am 3. Februar, zwischen 10 und 11 Uhr, schwebt ein Luftschiff im Westen über Oberstdorf.
  • Am 20. März kommt ein Trupp gefangener Russen auf die Seealpe.
  • Vom 18. bis 31. März und vom 6. bis 21. April werden je 120 Mann des Kemptener Jägerbataillons in Oberstdorf einquartiert.
100 Jahre - Heft 70

Sonntagsbesuch beim Wachlokal an der Walserschanz

(v. li.) Otto Dünßer, seine Frau Marie (geb. Hindelang), ein Kamerad von Dünßer, Katharina Schraudolf (verh. Merz - Willi) und Monika Kaiserswerth (verh. Berktold - Hans)

  • Seit Kriegsbeginn 1914 muss Oberstdorf, auf höchsten Befehl, eine Grenzschutzwache unterhalten und verpflegen. Die Verpflegungskosten werden vom Militär dem Markt ersetzt. Der Walserschanz-Wirt stellt der Gemeinde Oberstdorf folgende Rechnung:

„Miete des heizbaren Gartenhauses mit 4 Betten als Wachlokal für 4 Mann vom 1. Dezember 1915 mit 30. April 1916

152 Tage à Tag 50 Pf. = 76,– Mark.

Johann Georg Schwendinger berechnet der Gemeinde: für das Wachkommando Walserschanz

5 Ztr. Briketts à 1,55 M = 7,75 M, Zufuhr 2,– M = 9,75 Mark

  • Der nach dem Tod von Pfarrer Alois Heinle zum Vikar bestellte Kaplan Josef Hartmann übergibt am 11. Mai sein Amt. Johann Baptist Witzigmann wird Oberstdorfs neuer Pfarrherr.
  • Die am 31. Mai stattgefundene Skagerrak-Seeschlacht wird zwar von britischer wie deutscher Seite jeweils als Sieg verbucht, aber tatsächlich haben beide nur an Menschenleben und Schiffen verloren.
  • Max Prestele wird, als Nachfolger des zum Kriegsdienst einberufenen Karl Sinz, Senior des „Kath. Gesellenverein Oberstdorf”.
  • Am 29. Juni und an den folgenden Tagen ist in Oberstdorf heftiger Kanonendonner von der Südfront zu hören.
  • Die Gemeindejagd Oberstdorf wird um einen jährlichen Pachtschilling von 7.000 Mark bis zum Jahr 1920 an Seine Majestät König Ludwig III. verpachtet. Der Gemeinde obliegt es dann, diese Summe anteilmäßig an die einzelnen Grundeigner auszuzahlen.
  • Infolge der Einberufung von Oberstdorfer Postboten werden Mädchen als Briefträgerinnen eingesetzt.
  • Die Feuerwehr hat zwei Brände, einer davon durch Blitzschlag, zu bekämpfen. Der Feuerwehrverein zeichnet für 1.000 Mark Kriegsanleihen.
  • Laut Statistik hat die Marktgemeinde Oberstdorf 2.792 ständige Einwohner (1883 waren es noch 1.800).
  • Die noch zur Verfügung stehenden Männer müssen im Rahmen des eingeführten „Hilfsdienstes” bei der Heuernte arbeiten. Der Männermangel zeigt sich auch an anderer Stelle: Weil eine Dienstmagd ein Liebesverhältnis mit einem Kriegsgefangenen eingegangen ist, wird sie zu einer Gefängnisstrafe von vier Wochen verurteilt.
  • Die Sammlung zum „Kriegsopfertag”, am 1. August, bringt eine Spendensumme von 2.500 Mark ein, zum „Marineopfertag” 1.000 Mark.
  • Am 18. November werden am Bahnhof die Kirchenglocken von Mittelberg, die zur Ablieferung bestimmt sind, verladen. Nur Tage später werden auch die Glocken von Riezlern und Hirschegg angefordert und abgenommen. Österreich war mit diesen Maßnahmen dem deutschen Kaiserreich um ein Jahr voraus.
  • An die Ortsgemeinde bezahlen an Pacht und anderem:

der Mohrenwirt Sebastian Streifeneder dafür, dass er auf einem Teil des Marktplatzes zur Sommerszeit Gäste bewirten darf 60,- Mark

Johann Schmid für die Wasserkraft des Faltenbaches zum Betrieb der Knochenmühle und dem Platz vor dem Haus 20,- Mark

der Hammerschmied Ludwig Besler für den Platz des Kohlenlagers zum Betrieb der Dampfmaschine im Elektrizitätswerk 18,- Mark

eine Reihe von Bauern für die Bergheueten auf Laufbach insgesamt 371,50 Mark;

der Kur- und Verkehrsverein (Verschönerungsverein) zahlt der Gemeinde die Hälfte der Straßenbeleuchtungskosten 494,14 Mark.

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Das Anwesen des Johann Schmid am Faltenbach

  • Die politische Gemeinde deckt ihren Finanzbedarf durch Steuern und Umlagen. Für das Jahr 1916 sind 82 Hunde angemeldet. Pro Tier müssen 12,– Mark an Hundesteuer entrichtet werden. Für die Außenbezirken wurde auf 5,– Mark ermäßigt. Eine Sonderstellung nimmt der „schwarze Spitz” der Krankenhausschwestern ein. Er darf ganz ohne Steuermarke seine Kreise ziehen.
  • Um einen Preisvergleich ziehen zu können:

Der Hilfspolizist Alois Fischer, der nur bei Bedarf eingesetzt wird und auch Botengänge besorgt, erhält einen Stundenlohn von 35 Pfg. Bei Hand- und Spanndiensten (Pflichttagwerke) für die Gemeinde werden pro Handtagschicht 1,20 Mark und pro Pferdetagschicht 3,44 Mark bezahlt. Ein Pfund Krakauer Wurst kostet 2,30 Mark, d. h. mehr als zwei Tage arbeiten für ein Pfund Wurst! Die Zwangsbewirtschaftung von Lebensmitteln macht sich schon stark im Preis bemerkbar.

  • Männer des „Hilfsdienstes” werden auch zur Mithilfe beim Heuzug herangezogen.
    Damit die Geistlichen auch im Winter eine warme Stube haben, liefert die Gemeinde an den Pfarrer 20 Ster Buchenscheiter und 12 Ster Fichtenholz.
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Hilfspolizist Alois Fischer vor dem Anwesen Jäger in der Pfarrstraße

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Ludwig Schäffler (li.), Sanitäter, berichtet in einer Mitteilung in die Heimat, dass er Gefallene selbst beerdigt und dafür die Kreuze gefertigt habe

  • Der Benefiziat in Loretto bekommt 6 Ster Buchenscheiter und 12 Ster Fichtenholz, wobei jeweils der Ster Buche mit 10 Mark und der Ster Fichte mit 8 Mark angerechnet werden.
  • Durch einen Lawinenabgang am 17. Dezember kommen zwei Soldaten, die sich mit ihrer Einheit zur Skiausbildung im Bereich Schnippenkopf und Sonnenkopf befinden, ums Leben.
  • Die Gemeinde Oberstdorf verschickt 400 Päckchen mit Weihnachts-Liebesgaben an ihre im Felde stehenden Söhne.
  • Erstmals an Weihnachten brennt in der Evangelischen Christuskirche elektrisches Licht.
  • Die Kriegsbedingte Abwesenheit vieler Männer macht sich auch in der Bevölkerungsstatistik bemerkbar. Zum Vergleich sind die Zahlen des letzten Friedensjahres 1913 (und das nur aus der katholischen Pfarrgemeinde) in Klammern dazugesetzt. Für das Jahr 1916 sind beim Standesamt Oberstdorf registriert 9 (28) Eheschließungen und 34 (77) Geburten. An Sterbefällen stehen 72 (38) zu Buche, wovon 28 junge Männer an den Fronten in Ost und West gefallen sind. Allein 10 davon fielen bei Verdun und 5 in den Karpaten. An diesen Brennpunkten waren u. a. das 20. Bayer. Infanterieregiment (Prinz Franz-Regiment) und das 3. Bayer. Jägerregiment, deren Heimatgarnisonen im Allgäu (Lindau, Kempten und Oberallgäu) lagen, eingesetzt.
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Die Rolle der Frau, die den Mann ersetzen muss, wird auf solchen Postkarten dokumentiert

Kontakt

Verschönerungsverein Oberstdorf e.V.
1. Vorsitzender
Peter Titzler
Brunnackerweg 5
87561 Oberstdorf
DEUTSCHLAND
Tel. +49 8322 6759

Der Verein

Unser gemeinnütziger Verein unterstützt und fördert den Erhalt und Pflege von Landschaft, Umwelt, Geschichte, Mundart und Brauchtum in Oberstdorf. Mehr

Unser Oberstdorf

Seit Februar 1982 werden die Hefte der Reihe "Unser Oberstdorf" zweimal im Jahr vom Verschönerungsverein Oberstdorf herausgegeben und brachten seit dem ersten Erscheinen einen wirklichen Schub für die Heimatforschung. Mehr

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