Ein Mistelzweig
Volksnamen:
Wintergrün, Vogelmist, Hexennest, Donarbesen.
Vorkommen:
Als typischer Halbschmarotzer ist die Mistel auf eine Wirtspflanze angewiesen. Bevorzugte Wirte sind Pappeln, Weiden, Linden, Birn- und Apfelbäume, aber auch Kiefern und Weißtannen.
Pflanzenbeschreibung:
Die Mistel ist ein zweihäusiger, reich verästelter, rundlich bis kugeliger immergrüner Busch, der auf weichholzigen Laub- und Nadelbäumen wächst. Er stellt sich zwar seine Nährstoffe durch Assimilation selbst her, bezieht aber Wasser und Salze aus dem Wirt, dem Baum, ohne je in Kontakt mit dem Erdboden zu treten. Die zapfenartigen Senker der Mistel dringen tief in den Ast ein und verankern den Schmarotzer fest im Holz. Die Rinde der Mistel ist gelbgrün und bildet keine Korkschicht aus. Die Blätter sind ledrig, umgekehrt länglich-eiförmig und sitzen gegenständig an den Enden der Gabeläste. Die unscheinbaren, bleichgelben Blüten stehen endständig dicht gedrängt. Sie werden schon im Vorjahr angelegt.
Blütezeit:
März bis April; Reifezeit der Beeren: Dezember.
Ernte und Aufbereitung:
Am leichtesten findet man die Mistel auf Laubbäumen im Spätherbst, da die rundlichen »Nester« auf entlaubten Bäumen gut zu sehen sind. Die günstigste Erntezeit ist in den Monaten März und April. Die Zweigspitzen werden schonend getrocknet und zerschnitten.
Geschichtliches:
Seit ältester Zeit umgibt die Mistel das Odium des geheimnisvollen. Vor allem Germanen und Kelten bezogen die Pflanze, die dem Winter trotzt, in ihre Kulte ein und verehrten sie besonders dann, wenn sie auf einer Eiche wuchs, was selten vorkommt (zu hartes Holz). Plinius berichtet: „In den Trank getan, soll die Mistel alle unfruchtbaren Tiere fruchtbar machen und ein Heilmittel gegen alle Gifte sein.”
Im Mittelalter gewann die Mistel Bedeutung als Heilpflanze. So rät eine Handschrift aus dem 15. Jahrhundert, ein Stückchen Mistel unter einen Fingerring an der Hand zu klemmen. Dies schützt sicher vor der „fallenden Sucht”.
Ein „Haußhaltungslexicon” aus dem Jahre 1754 meint, daß Mistel „mit Wein eingenommen der fallenden Sucht, mit Brandtewein dem Schlag und Schwindel, mit Milch den Bandwürmern wehren soll”.
In England hängt man noch heute an Weihnachten einen Mistelzweig über die Tür. Jeder darf ein Mädchen, wenn es unter dem Zweig steht, küssen.
Inhaltsstoffe:
Die Mistel enthält herzwirksame Stoffe (Viscotoxine). Cholin, Acetalcholin und Histamine beeinflussen den Blutdruck.
Von Bedeutung sind Lectine, welche nach neuesten Untersuchungen des Max- Planck-Instituts in Göttingen die Aktivität und Abwehrkraft des Immunsystems fördern, was als therapiebegleitende Maßnahme bei Tumorbehandlung bereits ausgenutzt wird. Diese Wirkung kann allerdings nur durch Injektionen erreicht werden, da die Lectine in Magen und Darm ensymatisch gespalten werden.
Wirkung und Anwendung:
Man kann Mistel zur Unterstützung der ärztlichen Therapie bei Bluthochdruck verwenden. Man gibt sie außerdem zusammen mit Weißdorn älteren Menschen zur Verbesserung der Herzleistung und zur Stärkung des Herzmuskels nach schweren Infektionskrankheiten und zur Steigerung der Immunkräfte bei Krebserkrankungen (siehe oben).
Bereitung des Misteltees: 2 gehäufte Teelöffel Mistel mit 1/4 l kaltem Wasser übergießen, nach 10 - 12 Stunden abseihen. Davon trinkt man täglich 2 Tassen.
Homöopathie:
Man gebraucht Viscum album zur Hebung des Wohlbefindens älterer Leute, zur Vorbeugung und Linderung arteriosklerotischer Beschwerden sowie gegen Schwindel und epileptische Zustände. Die Potenzen D 3 und D 6 werden bevorzugt gebraucht, und zwar 3mal täglich 5 - 15 Tropfen.
Nebenwirkungen:
Bei der sachgemäßen Verwendung von Misteltee sind Nebenwirkungen nicht bekannt.
Zum Schluß muß noch die Frage beantwortet werden, wie die Mistel auf den Baum kommt. Vögel fressen gerne die weißen Beeren. Die darin enthaltenen Samen werden unverdaut ausgeschieden. Manche Samen bleiben auch am Schnabel hängen, da der Beerensaft klebrig ist. Man bereitete daraus früher den leim für die Leimruten der Vogelfänger. Reinigt der Vogel den Schnabel durch Abstreifen am Ast, so kann eine Same an der Rinde hängen bleiben und anschließend auf dem Baum keimen.
Quelle:
M. Pahlow, Das große Buch der Heilpflanzen. Verlag Gräfe und Unzer, München. Mit freundlicher Genehmigung des Verlags.