Primula veris, mit orangefarbenen Flecken in der Kronröhre.
Entnommen aus: Laux/Tode,
Heilpflanzen, Umschau Verlag
Vorkommen und Beschreibung
Den beiden ausdauernden Schlüsselblumenarten kann man nahezu in ganz Europa begegnen, ausgenommen sind der Norden und der Mittelmeerraum. Sie heißen Frühlingsschlüsselblume, Wiesenschlüsselblume, hohe Schlüsselblume (= Primula veris bzw. officinalis) und Waldschlüsselblume (= Primula elatior). Erstere ist hauptsächlich auf den kalkhaltigen Böden oder feuchten Wiesen anzutreffen, letztere mehr in den Bergwäldern. Sie sind mit die ersten Blumen, die uns im Frühjahr ins Auge fallen und uns erfreuen. Sie waren immer unter den ersten (= primus = primula), welche die Kinder pflückten und als Sträußchen heimbrachten, sofern man nicht in einer Stadt, abseits von Wald und Wiesen, leben mußte.
Meist sind es nicht die seltener vorkommenden Primulae veris, sondern die etwas früher blühenden Primulae elatiores, die vor allem in unserem süddeutschen Raum die Wiesen und Böschungen im wahrsten Sinne des Wortes bevölkern.
Äußerlich ähneln sich beide Primelarten sehr stark. Die runzligen, eiförmig-länglichen Blätter bilden Rosetten, aus deren Mitte der Blütenschaft seine Blütendolden treibt. Botanisch unterscheiden sich die beiden Arten wie folgt: Die Blüten der bei uns am häufigsten anzutreffenden Waldschlüsselblume (Primula elatior) sind schwefelgelb und haben im Schlund einen hellorange eingefärbten Ring. Der Kelch der Blüten ist schmal, trichterförmig, und die Blütenkrone ist flach ausgebreitet. Bei der Primula veris sind die Blüten dottergelb, mit fünf orangefarbenen Flecken in der Kronröhre. Der Kelch ist bauchig aufgetrieben, mit kurzen, breiten Zähnen besetzt, und die Blumenkronenblätter neigen sich glockig zusammen. Erwähnenswert ist eine botanische Besonderheit der Schlüsselblumen: Die Heterostylie, d.h. die Blüten können entweder lange oder kurze Griffel haben mit entgegengesetzt entwickelten Staubgefäßen. Dadurch wird die notwendige Fremdbestäubung gesichert.
Anwendung und Heilwirkung
Während von der Primula veris sowohl die Blüten wie auch die Wurzeln in der Heilkunde verwendet werden, sind es bei der Primula elatior nur die Wurzeln. Das Ausgraben der Primeln mit der Wurzel ist verboten und nur mit besonderer Erlaubnis gestattet, denn sie stehen unter Naturschutz. Dagegen kann man die Primelblüten sammeln, da sie vom Naturschutz ausgenommen sind. Sie spielen aber medizinisch eine untergeordnete Rolle. Verwendet werden in erster Linie die Wurzeln.
Sie haben einen sehr hohen Gehalt an Saponinen (ca. 5 - 10 %), daneben Glykoside und ätherische Öle. Aufgrund dieser Inhaltsstoffe sind bevorzugte Anwendungsgebiete Erkrankungen der Atemwege wie Husten und Bronchitis, vor allem der chronischen Form sowie bei sich länger hinziehendem Husten mit festsitzender Verschleimung. Der Extrakt ist auch heute noch in zahlreichen biologischen Spezialpräparaten wie Säften, Tropfen und Pastillen gegen Erkältung und Husten enthalten.
Als Teemischung empfiehlt sich folgende Rezeptur: Primelwurzel 20 g, Fenchel, Anis und Tymian je 10 g, 1 Teelöffel für 1 Becher mit kochendem Wasser übergießen, 10 Minuten ziehen lassen, abseihen, mit etwas Honig gesüßt, nicht zu heiß trinken.
Zum Schluß noch zwei Anwendungen aus alten Heilbüchern. So heißt es bei Lonicerus: „conserva oder Zucker darvon bereitet, auch Wasser darvon gebrannt, ist gut zum Schlag und eine gute Hertzstärkung.” Fuchs empfiehlt Schlüsselblumen auch als indirektes Schönheitsmittel. Die Abkochung oder der aus den Blüten gedrückte Saft „vertreibe blaue und schwarze Male: darum pflegen die weiber sich mit diesem safft under dem angesicht zu bestreichen und Wäschen in der hoffnung er solle alle flecken, masen und runtzeln vertreiben”.
Quellen:
R. F. Weiss, Lehrbuch der Phytotherapie, 5. Auflage 1982 H. Laux. E. Tode, Heilpflanzen, Umschau Verlag 1990 M. Wichtl, Teedrogen, Wiss. Verlag Ges.mbH., Stuttgart 1984