Bergheuerinnen am Laufbach;
links eine Heu-»Schupfe«.
(Aufnahme aus dem Terra-Film
»Heuzug im Allgäu«.)
Bedingt durch den Dualismus von Ortsgemeinde und politischer Gemeinde haben wir es im 19. Jahrhundert in Oberstdorf - wie auch in den meisten anderen Orten des Oberallgäus - mit jeweils zwei verschiedenen Rechnungslegungen zu tun, einmal mit der der politischen und einmal mit jener der Ortsgemeinde.
Die politische Gemeinde hatte kaum, man kann schon sagen keinen Grundbesitz und mußte daher ihren Finanzbedarf durch Umlagen auf die Einwohner decken. Dies brachte ihr den nicht gerade schönen Namen »Beatlgmuind« ein. Anders die Ortsgemeinde; sie hatte großen Grundbesitz, ihr gehörten die »Hofstattbesitzer« an, also nur jene Personen, die in Oberstdorf das Bürgerrecht hatten und somit Teilhaber der umfangreichen Gemeindefluren waren.
Gebäudemäßig bestand die Ortsgemeinde Oberstdorf aus den 313 Hausnummern des Ortes Oberstdorf. Gerstruben, Spielmannsau - Traufberg, Einödsbach, Kornau und Jauchen - Reute waren je eigene Ortsgemeinden mit eigenen Rechten und eigener Gemeindeflur. Die Einwohner dieser Filialorte gehörten wohl zur politischen Gemeinde Oberstdorf, aber sie hatten dort kein Bürgerrecht, außer sie waren auch dort Hofstattbesitzer. In den amtlichen Schreiben wurden sie immer als »Filialisten« bezeichnet.
Einige Anwesenbesitzer von Schwand, Ringang, Laiter, Anatswald, Gundbach und Birgsau haben sich nach jahrelangem Streit mit der Ortsgemeinde Oberstdorf verglichen. Sie wurden nach Zahlung einer »Aufnahmegebühr« in den Gemeindeverband der Ortsgemeinde aufgenommen und hatten ab diesem Zeitpunkt auch Weide- und Holznutzungsrechte in den Fluren der Ortsgemeinde. Das Protokoll über diesen Vorgang lautet:
Certivicat |
Laut beyliegnder landgerichtlicher Verhandlung vom 20. Aug. 1844 hat die Marktgemeinde Oberstdorf an Nachstehente Streits-Consorten durch Vermittlung einer Königl. Landgerichts Commißion Gemeinde Gerechtigkeiten zugesagt, wofür dieselbe eine gesamt Summe mit 910. fl an die hiesige Markts-Caße zu entrichten haben.
In der letztjährigen Marktgemeinderechnung pro 1843/44 wurden vereinnahmt:
1. Joseph Brutscherin | Ringang | 75 fl | |
2. Franz Eberle | in Schwand | 75 fl | |
3. Jos. Ant. Vogler | von Laiter | 75 fl | |
4. Steffan Vogler | von da | 75 fl | |
5. Magdalena Brutscher | Schwand | 75 fl | |
Summa | fl 375 |
in Gegenwertiger Rechnung pro 1844/45 wurden vereinnahmt:
6. Joseph Kapeler | v. Birgsau | 75 fl |
7. Johann Georg Weber | von da | 75 fl |
8. Andreas Vogler | von Anatswald | 75 fl |
9. Anton Thannheimer | in Schwand | 75 fl |
10. Anton Kecheler | von da | 60 fl |
11. Joachim Desinger Wittib | Anatswald | 50 fl |
12. Ulrich Hindelang | im Rest 50 fl | |
13. Joseph Kapeler | im Rest 75 fl | |
verzinslich angelegt | = 125 | |
785 fl | ||
Zusammenstellung | 125 fl | |
Summa | 910 fl |
Daß bei den letzteren nämlich Anton Kecheler, Joachim Desingers Wittib und Ulrich Hindelang dieser Nachlaß ertheilt worden ist
Bestätiget die Markt = Gemeinde Verwaltung
Oberstdorf, am 29 Septbr 1845 Al. Rietzler, Vorsteher
Dinser, Stiftungspfleger; Martin Vogler, Bevollmächtigter; Jg. Zobel, Bevollm.;
Jos. Ant. Übelhör, Bevollm.; Joseph Hindelang, Bevollm.”
(Anmerkung: Die Nachlässe bei den Nummern 10, 11 und 12 erfolgten, wie aus anderen Schriftstücken zu ersehen ist, in Anbetracht der großen Armut dieser Leute.)
Das Vermögen der Ortsgemeinde, auch Real- oder Marktgemeinde genannt, waren die umfangreichen Gemeindefluren. Soweit diese nicht von den Dorfgenossen gemeinschaftlich genutzt wurden (Gassenkuhherden, Jungvieh-Vor- und Nachweide, Ziegenherde u. a.), hat man sie an die Gemeindeglieder verpachtet. Mit dem Ertrag aus diesen Verpachtungen konnte die Gemeinde einen Großteil ihrer Auslagen decken.
Da waren z. B. die »Berg-Mäder«, wie die steilen Grasflanken zu Laufbach, an der Höfats und anderen Orten genannt wurden, zu verpachten. Es gab da solche Mäder, die „herkemlich alle zwey Jahre für einen annehmbaren Pachtschilling an die hiesigen Gemeindeglieder ausgelooset” wurden. Bei der Auslosung waren „Besserbegüterte” wie solche mit zwei Häusern oder Pferdebesitzer ausgeschlossen, um „dem armen Mann” die zusätzliche Futtergewinnung für seine Kuh oder Ziege zu ermöglichen.
Im Jahre 1845 erfolgte die Verlosung am 7. Juli und erbrachte folgendes Ergebnis:
1. Den unteren Ebenzer Gehre | Martin Vogler Nr. 111 | 40 kr |
2. Daß Trußach zu Laufbach | Lukas Huber | 24 kr |
3. Den Bethlerheubat | Kaspar Schedler | |
I. helfte zu Laufbach | in Gruben | 1 fl 20 kr |
4. Il. Helfte alda | Franz Tauscher Nr. 187 | 1 fl 20 kr |
5. Die Hirtenköpf | Alois Kapeler | 2 fl |
I. Helfte zu Laufbach | ||
6. II. Helfte alda | Johannes Braxmayr | 2 fl |
7. Daß Tagweidle | Johannes Zweng | 1 fl 20 kr |
I te helfte a Laufbach | ||
8. II te helfte alda | Joachim Haneberg Nr. 267 | 1 fl 20 kr |
9. Die Gumzrinnen a Laufbach | Jos. Kapeler, Nagler | 16 kr |
10. Den untern Vogeles Gehre | Johannes Hindelang 296 | 40 kr |
11. Den Gerichts Diener Heubath | Joseph Hindelang Nr. 29 | 1 fl 36 kr |
I. helfte | ||
12.II. helfte alda | Ignatz Schiebel1 fl 36 kr | |
13. Den Siibuggel a Laufbach | Fidel Schrads Wittib | 12 kr |
14. Die Rinnenen a Laufbach | Afra Beyser | 18 kr |
I te helfte | ||
15. II te helfte alda | Johannes Hubers Witt, (bendles) | 18 kr |
16. Den Rothen Tenne | Thaddäus Kennerknecht | 24 kr |
a Laufbach | ||
17. Deß Loch a Laufbach | Johannes Übelhör | 12 kr |
18. Linde Gehre a Laufbach | Jos. Brutscher Haus 175 | 1 fl |
I te Theil | ||
19. II te Theil alda | Johannes Seloß | 1 fl |
20. Die Gehrle bey See | Dioniß Papst | 20 kr |
a Laufbach |
21. Tistelmändles u Kirch | Ant. Schradt Haus 24 | 1 fl 36 kr |
zu Laufbach I. Theil | ||
22. II te Theil alda | Johannes Blattner | 1 fl 36 kr |
23. Wald zu Laufbach | Andreas Wehr | 12 kr |
I te Theil | ||
24. te Theil alda | Aloys Thanheimer Haus 286 | 12 kr |
25. III te Theil alda | Jos. Mart. Brutscher Balbierer | 12 kr |
26. IV te Theil alda | Jos. Schmidt | 12 kr |
27. Vögles Gehre | Johannes Schugg | 1 fl |
I te Theil | ||
28. II te Theil alda | Michl Math Haus 43 | 1 fl |
29. III te Theil alda | Anton Schugg | 1 fl |
30. IV te Theil alda | Margareta Brutscher | 1 fl |
31. Die Rügle zu Laufbach | Johann Huber (Wilde) | 40 kr |
I te Theil | ||
32. II te Theil alda | Xaver Haug | 40 kr |
33. Am Hof zu Laufbach | Joh. Kaspar Blatners Kinder | 1 fl 40 kr |
I te Theil |
34. II te Theil alda | Anton Kennerknechts Wittib | 1 fl 40 kr | ||
35. Groß und Klein Spitzrugge | Franz Kapeler 83 | 1 fl 40 kr | ||
I te Theil z Laufbach | ||||
36. II te Theil alda | Johannes Bach | 1 fl 40 kr | ||
37. Daß Glaitt | Klaudi Witsch | 1 fl 12 kr | ||
I te helfte | ||||
38. II te helfte alda | Anton Tauscher | 1 fl 12 kr | ||
39. am Anatsstein | Florian Käufler | 2 fl | ||
40. Fahne Heubath | Philip Hindelangs Witt | 1 fl | ||
I te Theil | ||||
41. II te Theil alda | lg. Tannheimers kinder | 1 fl | ||
42. Den Keßlerrugge | Aloys Eberle | 1 fl 40 kr | ||
zu Laufbach | ||||
43. Kollgehre zu Laufbach | Jägers Kinder (Kiefer) | 24 kr | ||
44. Gehrle beym See | Anton Berchtolds Wittib | 40 kr | ||
45. Am unteren Hof | Mathies Reß | 3 fl | ||
zu Laufbach I te Theil | ||||
46. II te Theil alda | Peter Waibels Wittib | 3 fl | ||
47. Am oberen Hof zu Laufbach | Klaudi Brutscher 140 | 1 fl 20 kr | ||
I te Theil | ||||
48. II te Theil alda | Kaspar Vogler | 1 fl 20 kr | ||
49. III te Theil alda | Thaddä Weitnauer | 1 fl 20 kr | ||
50. Auf der Lache zu Laufbach | Peter Haslach Kühnberg | 48 kr | ||
I te Theil | ||||
51. Lache II te Theil | Anna Fischer 118 | 48 kr | ||
52. Die Schneflucht a Laufb: | lg Übelhör | 48 kr | ||
53. Daß Grieß a Laufbach | Steffan Vogler | 1 fl 30 kr | ||
I te Theil | ||||
54. Grieß II te Theil alda | Franz Tauscher jung | 1 fl 30 kr | ||
55. Daß Aroy hinter Jauche | ------- | |||
Summa | = 58 fl 48 kr |
Daß vorstehnte Berg Mäder an Vorstehente Pächer um fünfzig und acht Gulden,
vierzig u acht Kreuzer Pachtschilling erlaßen, nicht mehr auch nicht weniger bey
der Markts Caße dafür vereinnamt wurden bestätigt die
Markt Gemeinde Verwaltung
- Unterschriften -
Das königl. Landgericht Sonthofen setzte hinzu:
Wird vorstehendes Pachtprotokoll von Curatel wegen genehmigt:
Sonthofen 30 Novbr. 1845 Königl. Landgericht - Thalhauser, Landrichter
Neben den vorstehend aufgeführten »Bergmäder« gab es in der Gemeindeflur weitere Flächen, die nicht beweidet werden konnten, oder einzelne Plätze, auf welchen nach der Beweidung noch Streue gemäht werden konnte. All diese Flächen wurden jährlich an den Meistbietenden öffentlich zum Heuen vergeben.
Mit Schreiben vom 28. 7. 1845 holte Gemeindepfleger Rietzler die Genehmigung des Landgerichts zur bereits am 5.7.1845 erfolgten Versteigerung ein, die folgendes Ergebnis erbrachte:
1. Daß Gemeindle auf | Bakus Vogler | 2 fl | |
der Laitter | |||
2. Den Schlapolder Steig | Steffan Vogler | 4 fl | |
3. Das Becherholz | wurde nicht vergeben | --- | |
4. Der Höllwald | Ignaz Schedler | 1 fl 12 kr | |
5. 2 Waiden zu Haldenwang | nicht verpachtet sondern mit dem Gemeinde Zuchtstier selbst benützt | ||
6. Die Rooßen | Kaspar Wüst | 1 fl 24 kr | |
7. Phieliebe Töbele | Martin Brutscher | 2 fl 3 kr | |
8. Viehweide beym See | Stanislaus Besler | 2 fl | |
Landstrich | in Langenwang | ||
9. Am Schäfhof I. Theil | nicht verpachtet | --- | |
10. II te Thail alda | Joseph Steiner | 5 fl 24 kr | |
11. III te Theil alda | hat sich kein Pächter gefunden | --- | |
12. IV. te Theil alda | wurde nicht verpachtet | --- | |
13. fordere Schattenberg | Joseph Steiner | 4 fl 30 kr | |
14. hintere Schattenberg | Joseph Rietzler, Schmidt | 3 fl | |
15. Daß Himmelhorn | Johannes Brutscher | 3 fl | |
Schwend Mändler | |||
16. Daß Gleit in der Oib | Thaddä Huber | 3 fl 42 kr | |
17. Die Roß gehre | wurde nicht verpachtet | --- | |
18. Daß Blett auf Höchen | Fidel Brutscher | 2 fl 24 kr | |
leute | |||
19. Am Gundsberger Höfle | Wendelin Vogler | 4 fl 36 kr | |
I te Theil | |||
20. II te Theil alda | Wendelin Vogler | 2 fl 6 kr | |
III te Theil alda | Wendelin Vogler | 2 fl | |
21. Das innere Höfle | Klaude Renn | 40 kr | |
am Gundsberg | |||
22. Daß alt Heubathle | Melchior Vogler | 2 fl | |
am Gundsberg | |||
23. Den Lippenbüchl | Ignaz Rietzler | 30 kr | |
24. Daß Elbele unter | Kaspar Rietzler | 1 fl | |
dem Einatsberg | |||
25. Bürkarts Güntle und | Joseph Eberle | 30 kr | |
Arbonte | |||
26. Den Schrofen unter | Georg Weber | 1 fl | |
dem Grießgundt | |||
27. Den obere Rothe Tenne | Bonifatz Schradt | 1 fl 30 kr | |
zu Laufbach | |||
28. Die Seilhänge | nichts | --- | |
29. Den Neuschwand | Jos: Ant: Jochum | 5 fl | |
in Kornau I. Theil | Kornau | ||
30. II te Theil alda | Joseph Speiser Kornau | 5 fl | |
31. III te Theil alda | Joachim Tauscher | 12 fl 30 kr | |
obere Schlatt | |||
32. IV te Theil alda | |||
obere Schlatt | Jos: Ant: Brutscher | 13 fl | |
Kornau | |||
33. Den Gemeinds Gehre | Joseph Renn | 24 kr | |
34. neben der Spairube | Joseph Rietzler Schmidt | 24 kr | |
35. Daß Rape Tobel und | Joseph Renn | 1 fl | |
Lugen Alper Gehre | |||
36. Daß Riefe rieß | Thaddä Kennerknecht | 30 kr | |
37. Den Brenter rugge | Joachim desingers Wittib | 48 kr | |
Wald | |||
38. Den Ebenzer Gehre | Thaddä Weitenauer | 20 kr | |
39. Bergacht und Ringanger | Joseph Schmidt | 17 fl 12 kr | |
Gehre I. te Theil | |||
40. II. te Theil alda | Martin Hehl | 14 fl 12 kr | |
41 III te Theil alda | Papist Hindelang | 8 fl | |
42. IV te Theil alda | Joh. Tanheimer Kratter | 8 fl 42 kr | |
43. V te Theil alda | Joseph Tanheimer | 3 fl | |
44. VI te Theil alda | Franz Schedler | 8 fl 6 kr | |
Streue auf den Viehweiden, welche am 29. Septbr. verpachtet wurde | |||
45. Daß Mösle auf der Blatte | Aloys Eberle | 5 fl 30 kr | |
46. Daß Dickach | Anton Tauscher | 2 fl 48 kr | |
47. Daß Thurmwächter | Peter Haslach | 1 fl 30 kr | |
Heubathle | |||
48. Häseles Gehre | Joseph Elderle | 1 fl 30 kr | |
49. Vogeles Schwänd | Joseph Elderle | 30 kr | |
50. Ochsen Gehre | Joseph Anton Kircher | 36 kr | |
51. I te Theil auf dem Stockach | Kaspar Vogler | 8 fl 33 kr | |
52. II te Theil auf dem Stockach | Vallentin Rietzler | 12 f 6 kr | |
53. III te Theil auf dem Stockach | Anton Übelhör | 11 fl 30 kr | |
54. Auf der Halde | Joseph Tauscher | 6 fl | |
I te Theil | Mehlber | ||
55. II te Theil alda | Jos: Anton Übelhör | 5 fl 30 kr | |
56. III te Theil alda | Ant: Jägers Kinder | 4 fl | |
IV te Theil alda | Martin Brutscher | 3 fl 18 kr | |
57. Am Burgstall | Joseph Blatner | 7 fl 12 kr | |
I te Theil | Lebzelter | ||
58. II te Theil alda | Lukas Huber | 6 fl 40 kr | |
59. in der Zimmeroi Nr. 1 | Thaddä Berchtold | 6 fl | |
60. beym Edelmann Nr. 2 | Klaudi Brutscher | 3 fl 6 kr | |
61. Mößle auf Hohe leute Nr. 1 | Franz Eberle | 33 kr | |
62. Nr. 2 alda | Joseph Brutscher Nazeler | 1 fl | |
63. Auf dem Sattel | Anton Kecheier | 2 fl 18 kr | |
64. Auf dem Hinnermoß | nicht verpachtet | --- | |
I Theil | |||
65. II Theil alda | Johannes Huber | 2 fl | |
66. im Sack auf Hoche leute | Anton Kecheler | 2 fl 18 kr | |
67. Fahne in Joasse Schwand | Johannes Vogler | 2 fl | |
68. Daß Baumrieß | Franz Papst | 1 fl | |
69. Die Hochleiter | Ignaz Metzler | 30 kr | |
Summa | = 246 fl 41 kr |
Mit der Bezahlung des Pachtschillings war auch das Recht verbunden, dieses Bergheu im eigenen Stall zu verfüttern bzw. die Streue dort zu verwenden. So selbstverständlich, wie das klingt, war die Sache aber nicht.
Es gab da das sogenannte Abkom (Abkommen), in dem sich die Dorfgenossen verpflichtet hatten, nur Heu aus dem Gemeindebereich zu verfüttern und Streue aus diesem Raum zu verwenden. Für alles, was von außerhalb der Ortsgemeinde
eingebracht wurde, war das Abkom zu bezahlen. 1845 betrug dieses z. B. für:
1 Bürde Bergheu ---------------------- 1 1/2 Kreuzer, 1 Bürde gutes Ackerheu ------------ 3 Kreuzer, 1 Bürde Streue ------------------------ 1 Kreuzer 1 Kohlehaufen (Holzkohle) --------- 30 Kreuzer, 1 Kalkhaufen (ein Brand Kalk) ---- 30 Kreuzer. |
Dieses Abkom war eine Art von Schutzzoll. Aufgrund alter Vorschriften durfte, um eine Überweidung zu vermeiden, nur soviel Vieh auf die Gemeinschaftsweiden (Allmenden) ausgetrieben werden, als im eigenen Stall über den Winter gefüttert werden konnte.
Vorschriften sind nun einmal da, daß sie übertreten werden. Die Dorfgenossen vermehrten nach Möglichkeit ihre Futtervorräte durch Einfuhr, konnten so mehr Vieh überwintern und dann auf die Gemeinde weiden austreiben. Um den Überschlag zu verringern, war nun die Einfuhrabgabe des Abkoms zu bezahlen. Es spielte dabei keine Rolle, ob Heu oder Streue auf eigenem oder gepachtetem Grund gewonnen worden war. Entscheidend war ausschließlich das Einbringen in den Bereich der Ortsgemeinde.
So zahlte Ignaz Neybergs Wittib für 6 Burden Streue (Laubstreue), die sie von Kornau nach Oberstdorf brachte, 6 Kreuzer. Johannes Math hatte für 10 Burden Bergheu aus dem Traufberg 15 kr an die Gemeindekasse zu entrichten. Die auf diese Art in die Gemeindekasse gelangenden Gelder betragen 1845 immerhin 122 fl 53 kr.
Trotz der »Bremse« des Abkoms war immer noch ein Überschlag auf den Gemeindeweiden und vor allem bei der gemeinschaftlichen Herbstweide, dem Oschaustrieb, zu verzeichnen. Die Gemeindeversammlung (Bürgerversammlung) beschloß deshalb 1833, daß für jedes Stück Vieh, das in den Ösch getrieben wurde, eine gewisse Anzahl von Viertelsaat Feld (eigen oder gepachtet) vorhanden sein mußte. Für die fehlende Fläche wurde der Tierhalter „für jedes mangelnde Viertelsaat Feld zu 3 Kreuzer Ordnungsstrafe angehalten”.
Mit den Ordnungsstrafen war die Ortsgemeinde nicht besonders zurückhaltend, was die Anzahl der »gebührenpflichtigen Verwarnungen« betraf, in der Strafgeldhöhe ließ man jedoch »die Kirche beim Dorf«.
Unter dem 29. September 1845 ist folgender Eintrag zu lesen:
„Nachstehende Individuen welche Ihre eigenthümliche Feldwege nicht in gutem
Zustande erhalten haben, sind von der Gemeinde Verwaltung als Orts Pollicey jedes
a 15 kr Strafe angehalten worden.
Haus Nro. | ||
20 | Johan Seweg | 15 kr |
22 | Roman Jäger | 30 kr - (für 2 Weeg) |
26 | Johan Berchtold | 15 kr |
88 | Joseph Geißler | 15 kr |
106 | Kaspar Witsch | 15 kr |
112 | Anton Jäger | 15 kr |
180 | Johann Rietzler | 15 kr |
187 | Franz Tauscher | 30 kr - (für 2 Weeg) |
211 | Anton Ley sing | 15 kr |
Summa | = fl 3 |
Im Vergleich zu anderen Orten und Städten waren die Strafgelder in Oberstdorf gering. Betrachtet man jedoch die Strafe in der Relation zum Einkommen, waren die Bußen hoch. Weil die „Individuen” einen Schrotweg im Ösch nicht ordnungsgemäß gepflegt hatten, mußten sie 15 Kreuzer bezahlen. Für 10 Stunden Arbeit (ein Taglohn) bezahlte die Gemeinde zu gleicher Zeit 30 Kreuzer.
Bestraft wurden auch jene, die zu den angesetzten Feuerwehrproben nicht erschienen oder ihren Pflichten der Dorfbachreinhaltung nicht entsprechend nachkamen. Für damalige Verhältnisse eine Unsitte war es auch, den ,,Markt=Bach” (Dorfbach) zu verengen, d. h. entlang des eigenen Grundstückes den Bachlauf einzuengen, um die »Buind« zu vergrößern.
Ein Protokoll vom 11. Januar 1845 sagt uns darüber:
„Nachstehente Individuen wurden wegen nicht Reinigung und zu eng haltung des
Markt=Baches jedes um 15 Kreuzer bestraft:
Bartholome Hartmann | Johannes Schedler |
Kaspar Vogler | Joachim Weißenbach |
Jos: Ant: Kircher | Johannes Hindelang |
Joseph Schmidt | Joseph Spiß |
Klaude Witsch | Johann Titscher |
Johann Zweng | Anton Tauscher |
Kaspar Kapeler | Ignaz Zobel |
Johann Schradt | Georg Becherer |
Die Jahresrechnung 1845 enthält auch eine Niederschrift über Strafgelder besonderer Art:
„pro 1844 im Monath May ist Markt Gemeinde Oberstdorf mit deßen Verwaltung ins einverständniß gekommen daß wegen zu großen Schaden anrichtung der Maykäfer auf jedes Haus Vs Schaf [Schaff] eingeliefert werden solle, und denjenigen welche mehr als Ihre aufgab einliefern sollen von jedem Viertl a 24 Kr aus der Gemeinde Caße bezahlt werden, und diejenigen welche auch keine sammeln oder einliefern haben 24 Kreuzer in die Gemeinde Caße zu zahlen. Die Auslage vür die mehrgesammelten Maykäfer ist in Rechnung pro 1843/44 mit 8 fl 51 kr.
Die Einnahmen für die nichtgesammelt sind Nachstehent:
Haus No. | ||
26 | Johann Berchtold | 24 kr |
27 | Johann Schmidt | 24 kr |
97 | Ignaz Dorn | 24 kr |
138 | Ignaz Brutscher | 24 kr |
163 | Rudolf Schaflitzl | 24 kr |
179 | Lorenz Schmiedeier | 24 kr |
195 | Johann Tauscher Senn | 24 kr |
210 | Franz Titscher | 24 kr |
212 | Ignaz Zobel | 24 kr |
220 | Joseph Math | 24 kr |
232 | Thaddä Brutschers Wittib | 24 kr |
256 | Barbara Blatner | 24 kr |
266 | Ignaz Schradt | 24 kr |
291 | Thaddä Math | 24 kr |
296 | Johann Hindelang | 24 kr |
Summa | = 5 fl 36 kr |
Daß fünf Gulden 36 Kreuzer auf diesen Zweck bei der h. Gemeinde Caße vereinnahmt wurden
Bestätigt die Gemeindeverwaltung
- Unterschriften -
Der moderne Mensch im Zeitalter der hochgiftigen Spritzmittel und der Massenvernichtung von Insekten wird über eine solche Strafe lächeln. Wer jedoch schon von Maikäfern kahlgefressene Obstbäume gesehen hat, kann die damaligen Anordnungen eher verstehen. Die Obstbäume im Ort waren ein wichtiger Bestandteil der Ernährungsgrundlage. Wurde die Käferbekämpfung nur von wenigen durchgeführt, half sie nichts. Es mußten alle mithelfen, daher auch die relativ hohe Strafe für die Säumigen.
Fortsetzung folgt