Aus den Anfängen der Firma W. Geiger - Firmengründer Wilhelm Geiger, „Kiebeargars Wilhelm ”, beim Brennholzscheiden 1927.
Am 6. März 1997 war genau ein Jahrhundert vergangen, seit im Unteren Markt im Anwesen Nr. 274 Wilhelm Geiger „das Licht der Welt” erblickte. Joachim Geiger und Josefa, geb. Schöll, waren seine Eltern. In einem kleinen bäuerlichen Anwesen an der Unteren hinteren Gasse, der heutigen Walserstraße, lebte die Familie. Wilhelm war das jüngste von fünf Kindern der Eheleute. Den Hausnamen „bum Kiebeargar” hatte der Vater 1889 vom Kienberg (Kühberg) oberhalb Oberstdorfs mit heruntergebracht. Als „Bauer und Barometermacher”, so geht es aus alten Steuerlisten hervor, war dort oben der Großvater des Wilhelm, Pius Geiger, ansässig gewesen.
„Kiebeargars Wilhelm”, wie der Junge bei den Einheimischen hieß, besuchte ab 1903 mit seinen Altergenossen anfänglich noch die Schule im heutigen Rathaus, bis 1908 die Volksschule an der Ludwigstraße bezogen wurde. Eine Kleinbauernfamilie mit fünf Kindern konnte keinem Sprößling - und war er auch noch so tüchtig - eine höhere Schulbildung zukommen lassen. Land- und Forstwirtschaft boten dem jungen Burschen nach der Schulzeit Arbeit. Im Jahre 1916 rief „Vater Staat” den Neunzehnjährigen, der dann bis 1919 Soldat war.
Nach der Entlassung in den alten Beruf zurückgekehrt, widmete sich der junge Mann auch der Brauchtumspflege. So war er u.a. Mitglied der Schuhplattlergruppe, in der auch Rosina Huber aktiv tätig war. Beide traten 1921 zusammen vor den Traualtar. Diesem Bund entsprossen 12 Kinder.
Der junge Familienvater eröffnete 1923 einen Holzhandel mit Lohnsägerei und gliederte dem Geschäft bald eine Fuhrhalterei an. Unterstützt von Frau und Kindern und tüchtigen Mitarbeitern, baute der tatkräftige Mann sein Geschäft zu einem blühenden Unternehmen aus.
Trotz erheblicher Belastungen in der Aufbauphase seines Betriebes war Wilhelm Geiger im Vorstand des Trachtenvereins in verschiedenen Funktionen tätig und gehörte 1926 auch zu der Gruppe von Mitgliedern, die den Gedanken an ein Heimatmuseum förderte und Ausstellungsstücke zusammentrug. Den Bemühungen dieser Männer war die Eröffnung des Oberstdorfer Heimatmuseums 1932 zu verdanken.
Im beruflichen Leben hatte der Geschäftsmann seine Firma zu einem Transportunternehmen ausgebaut. Lastwagen mit dem Namenszug »Wilhelm Geiger« fuhren auf den Straßen des Allgäus und darüber hinaus. Da kam der Zweite Weltkrieg. Die Firma wurde samt Firmenchef dienstverpflichtet und zwei Söhne zum Kriegsdienst eingezogen. Frau und Kinder führten mit allen möglichen Helfern den Betrieb unter schwersten Bedingungen weiter.
Mit dem Rest des Fuhrparks und ausgemusterten Fahrzeugen der Besatzungsmacht begann nach dem Krieg der Wiederaufbau. Lebensmittel, Bau- und Brennmaterial für die Bevölkerung galt es heranzuschaffen. Da war ein Mann mit der Tatkraft eines Wilhelm Geiger gefragt. Mit Kiesgruben und Erdbewegungsarbeiten erweiterte er den „Firmengegenstand”. Ausflugsbusse und ein eigenes Reisebüro kamen hinzu. All die unternehmerischen Leistungen Wilhelm Geigers hier zu nennen würde den Rahmen dieses Gedenkens sprengen.
Neben der Arbeit in seinem Betrieb stellte sich der Unternehmer auch den Problemen des öffentlichen Lebens. Als Gemeinderat, Kreisrat, als Mitglied des Rechtlervorstandes, als Aufsichtsratsvorsitzender der Kur- und Verkehrsbetriebe AG und als Mitglied anderer Gremien war er für Oberstdorf tätig. Sein fundiertes Wissen wurde geschätzt, sein Wort hatte Gewicht.
Die Fülle der Arbeit für Geschäft und Ehrenämter hielt den tatkräftigen Mann nicht davon ab, sich für „seinen” Trachtenverein einzusetzen. Bei den großen Trachtenfesten 1926 und 1933, wie auch bei anderen Anlässen, war Wilhelm Geiger in verantwortlichen Positionen tätig, was bereits 1934 mit der silbernen Ehrennadel des Vereins belohnt wurde. Der Geehrte war auch nach dem Zweiten Weltkrieg wieder am Aufbau des Vereins beteiligt. Er zeichnete als 1. Vorstand verantwortlich für die Wiederaufführung des Wilde-Mändle-Tanzes 1950 und das große Jubiläumsfest 1951.
Zum Ehrenvorstand ernannt, zog sich Wilhelm Geiger aus dem aktiven Geschehen zurück. Wenige Jahre später, als dunkle Gewitterwolken über dem Verein standen, übernahm er 1959 wieder das Ruder und steuerte das schlingernde Vereinsschifflein in ruhiges Gewässer. Es folgte eine fruchtbare Zeit, in die auch der Bau der Oybele-Festhalle fiel.
Fast 50 Jahre hat Wilhelm Geiger für die Brauchtumspflege seines geliebten Heimatortes Oberstdorf gearbeitet, bis den am 5. Juni 1968 verstorbenen Ehrenvorstand seine ehemaligen Vorstandskameraden zur letzten Ruhestätte trugen.
Mit Wilhelm Geiger war eine markante Persönlichkeit Oberstdorfs, ja des ganzen Allgäus dahingegangen. Mit ihm ging ein Mann, der mit seinem Wagemut den Grundstein für das Unternehmen gelegt hat, dem heute Hunderte von Mitarbeitern im Allgäu ihren Arbeitsplatz verdanken.
Oberstdorf war um einen dynamischen Unternehmer und echten Brauchtumsfreund ärmer geworden.