500 Jahre Pfarrei Tiefenbach

von Dr. Thaddäus Steiner am 01.06.1999

500 Jahre, ein halbes Jahrtausend, sind vergangen, seit Tiefenbach eine eigene Pfarrei geworden ist. Bis dahin war es eine Filiale von Fischen, sicher einer der ältesten Pfarreien des Oberallgäus. Diese Pfarrei war sehr ausgedehnt, vor allem seit das Walsertal Dauersiedlungsgebiet geworden war. Bei den für damalige Verhältnisse riesigen Entfernungen zur Mutterpfarrei ist es sehr verständlich, daß 1391 Mittelberg abgetrennt und zu einer eigenen Pfarrei erhoben wurde.

Als erster Bezirk waren bereits früher Obermaiselstein und Ofterschwang abgetrennt worden, jedenfalls schon vor 1353. Schließlich war es im Jahre 1499 mit Tiefenbach soweit. Der Ort hatte sich im Laufe des 15. Jahrhunderts kräftig entwickelt. Im Jahre 1420 hatte man sich mit dem Maierhof in Reichenbach über den Ferlewang geeinigt, den aber bereits 1454 ein Tiefenbacher, „Jägg Renn zu Winckel” in Besitz hat. 1497 wurde dann mit Maderhalm eine Grenze im Wald am Falkenberg festgelegt.

So ist es verständlich, daß man auch kirchlich langsam nach Selbständigkeit trachtete. Erstmals ist vom Jahre 1458 die Existenz einer Kapelle bekannt (vermutlich war das nicht die erste), die am 12. Dezember 1458 vom Generalvikar des Konstanzer Bischofs geweiht wurde. Sie war zur Ehre der Jungfrau Maria, des Heiligen Kreuzes, des Heiligen Theodul und der Heiligen Barbara, der späteren Kirchenpatronin, gewidmet.

Zu dieser Zeit fing man wohl schon an, Kapital für eine spätere Pfarreigründung zu sammeln. Dies geht aus den sogenannten Zinsbriefen, eigentlich Schuldurkunden, hervor, deren Zinserträge später zur Pfarreifinanzierung verwendet wurden, vermutlich oft Stiftungen der Kapitalgeber. Sie beginnen schon 1446, zwei liegen von 1448 vor, weitere folgen von 1460, 1473, 1475 usw.

Jetzt reagierte man von seiten der Bistumsverwaltung und begann sozusagen mit geistlichen Mitteln die finanzielle Grundlage der kommenden Pfarrei kräftig zu fördern. Am Weihnachtsabend des Jahres 1470 wurde von 6 Kardinälen für die Kapelle in Tiefenbach eine Ablaßurkunde ausgestellt, die ihresgleichen sucht. Das Pergament mit 6 prachtvollen Siegeln ist sicher die schönste Urkunde des Tiefenbacher Pfarrarchives und vielleicht vieler Pfarrarchive des Oberallgäus überhaupt. Sie verspricht 100 Tage Ablaß (der zeitlichen Sündenstrafen) für wahre Reue und Beichte, Kirchenbesuch an bestimmten Tagen und Spende zum Bau und Unterhalt der Kapelle, als deren zusätzlicher Patron jetzt der Heilige Laurentius angegeben ist.

Eine Bestätigungsurkunde des Konstanzer Bischofs vom 7. Februar 1471 erhöht den Ablaß (je nach Fall) um 40 Tage bis zu einem Jahr. Merkwürdigerweise nennt diese Urkunde nicht die Heilige Barbara als Patronin, sonder außer der Jungfrau Maria die Heiligen Laurentius und Theodor (statt Theodul!).

Inzwischen hatte Tiefenbach seine Kapelle offenbar erweitert und einen Friedhof dazu geschaffen. Beide werden am 16. März 1485 vom Generalvikar des Konstanzer Bischofs geweiht, und erst jetzt nennt die Urkunde als erste Patronin die Heilige Barbara. Das Fest der Altarweihe wird auf den Sonntag nach dem Fest des Heiligen Vitus (das ist der 15. Juni) festgelegt. Diesen Vitus nennt die Urkunde von 1485 erstmals als zusätzlichen Patron zu Barbara, neben einer Reihe anderer Heiliger. Inzwischen hatte man weiter Kapital angesammelt, das gegen Zinsen wieder ausgeliehen wurde, erstmals vielleicht 1478 an einen Oberstdorfer, später besonders auch an Walser.

1499 war es endlich soweit. Der „Landesherr” und Schutzherr der Pfarrkirche Fischen, Graf Haug von Montfort und Rothenfels, stellte zusammen mit dem Fischinger Pfarrer Sigmund von Heimenhofen am 7. Februar den Antrag auf Erhebung Tiefenbachs zur Pfarrei. Diese Urkunde liegt heute im Staatsarchiv Augsburg. Sie ist allerdings nicht mehr in allen Teilen lesbar. Das Mittelstück ist nämlich stellenweise stockfleckig, und kleine Stellen sind gar ausgebrochen, so daß dem Leser hier nur die Leere entgegentritt. Dennoch läßt sich der Inhalt der Urkunde noch klar erkennen. Außerdem gibt es im Staatsarchiv eine gute Inhaltsangabe aus dem vorigen Jahrhundert. Fotografieren läßt sich die Urkunde auch nicht mehr als ganzes, denn sie ist im Mittelteil durch Zusammenfaltung sehr stark geknickt, gerade an den brüchigen Stellen, so daß sie nicht ohne zusätzliche Schäden völlig eben gemacht werden könnte.

Ihr Inhalt ist folgender:

Graf Haug von Montfort bittet den Bischof Haug von Konstanz oder seinen Generalvikar um Genehmigung dafür, daß er auf Bitte seiner Untertanen zu Tiefenbach, Winkel und Rohrmoos wegen zu weiter Entfernung von der Pfarrkirche St. Verena zu Fischen mit Zustimmung von dessen Pfarrer Sigmund von Heimenhofen deren Filialkirche zu Obertiefenbach von der Mutterkirche getrennt und selbständig gemacht hat.

Er nennt sich den Lehensherrn dieser Kirche und gibt als vorzügliche Weihepatrone das Heilige Kreuz und die Heilige Barbara an. Als Bedingungen für die Abtrennung werden genannt: Dem Pfarrer von Fischen, Sigmund von Heimenhofen, soll zeit seines Lebens von seinen Bezügen am großen und kleinen Zehnten und allen sonstigen Rechtsansprüchen des Pfarrers nichts entgehen, ausgenommen jene 15 Schilling Pfennige für Jahrtage, welche laut den Stifterbriefen dem Pfarrer von Tiefenbach zustehen. Nach dem Tode des von Heimenhofen geht dann alles an den Pfarrer von Tiefenbach über, allerdings wieder mit einem Vorbehalt.

Am sogenannten Vogtrecht der Kirche zu Fischen, d. h. an den Bezügen, die der Vogt (das ist der Schutzherr, in unserem Fall der Graf von Montfort) vom Fischinger Pfarrer fordert, muß sich der Tiefenbacher Pfarrer mit 4 Malter Haber beteiligen und diese nach Fischen abliefern. Zur Unterhaltung des neuen Pfarrers verpflichten sich die Einwohner von Tiefenbach, Winkel und Rohrmoos, einen anständigen Pfarrhof zu bauen und stiften 40 Pfund Haller jährlichen Ewigzinses aus verschiedenen, mit ihren Einzelleistungen namhaft gemachten Gütern und Grundstücken. Diese liegen in Tiefenbach, Winkel und Rohrmoos selbst, aber auch in Fischen, Berg, Obermaiselstein und Bettentried, weiter in Oberstdorf, im heute nicht mehr besiedelten Traufberg (Gd. Oberstdorf) und sogar in Mittelberg im Kleinen Walsertal.

Von den 40 Pfund Hallern Stiftungsgeld sollen nach dem Tode Sigmunds von Heimenhofen 7 Pfund für das Ewige Licht zu Tiefenbach, 6 Pfund zum Kirchenbau daselbst, 3 1/2 Pfund für die Kirche St. Verena zu Fischen, 10 Schilling Haller schließlich für den dortigen Meßner verwendet werden. Der Rest aber, 23 Pfund, sowie der Groß- und Kleinzehnte sollen dem jeweiligen Pfarrer von Tiefenbach zustehen. Die „Untertanen” der neuen Pfarrei Tiefenbach sind ferner dem Fischinger Pfarrer Sigmund von Heimenhofen, solange er lebt, zu Bauscharwerken (Fronarbeiten) für die Kirche zu Fischen verpflichtet. Die Siegel des Grafen Haug und des Pfarrers Sigmund von Heimenhofen, welche ehemals die am Donnerstag nach dem St. Agathentag (also am 7. Februar) 1499 ausgefertigte Urkunde beglaubigten, sind nicht mehr vorhanden.

Im Mittelteil der Urkunde sind dann eben jene in der Inhaltsangabe schon erwähnten Güter aufgeführt, aus denen die Versorgung des Tiefenbacher Pfarrers bestritten werden soll. Sie sind in der Originalurkunde zu erheblichen Teilen nicht mehr lesbar. Die größten Beträge, sie liegen zwischen 6,8,10 Schillingen Pfennig bis zu einem Pfünd Pfennigen, sind durch die im Pfarrarchiv Tiefenbach heute noch vorhandenen Schuldurkunden genau zu belegen. Die vielen kleinen Einzelstiftungen aus der Pfarrei selbst, meist von 5 Schillingen Pfennig, bis herab zu einem Schilling könnten nur noch teilweise, zudem im einzelnen oft nur bruchstückhaft, wiedergegeben werden.

Der Schluß der Urkunde, etwa die letzten 6 Zeilen, ist großenteils wieder lesbar, bietet aber mit Ausnahme der erwähnten Scharwerksverpflichtungen inhaltlich nichts Neues oder zum Verständnis der Urkunde Notwendiges.

500 Jahre Pfarrei - Heft 34

Pfarrkirche St. Barbara vor 1892.

Im gleichen Jahr, in dem Graf Haug von Montfort die Bitte an den Bischof von Konstanz richtete, muß dann auch die Erhebung Tiefenbachs zu einer eigenen Pfarrei erfolgt sein. Zwar liegt keine Urkunde darüber vor, doch das Annatenregister des Bistums Konstanz verzeichnet schon am 21. August 1499 eine Vereinbarung des Bischofs mit dem Pfarrer Jo(hannes) Meßnang über die Annaten, auch „Erste Früchte” genannt. Das ist die Abgabe eines Teiles vom ersten Jahreseinkommen des Pfarrers aus der neuen Pfarrei zur Finanzierung der Bistumsverwaltung. Sie wird auf 8 Gulden festgelegt, doch diesmal um 3 Gulden ermäßigt, weil die neue Pfarrei erst frisch von der Mutterpfarrei abgetrennt worden war („quia a primo separata est ab e[cclesia] Fischi.

Selbstverständlich war damit noch keine neue Pfarrkirche geschaffen. Die mußte erst gebaut und ausgestattet werden. Dafür waren laut der Antrags-Urkunde von 40 Pfund Pfennigen jährlichem Einkommen, die sich Sigmund von Heimenhofen bis zu seinem Tod vorbehielt, nur 6 Pfund Pfennige jährlich vorgesehen, sehr wenig, wenn man bedenkt, daß allein für das Ewige Licht 7 Pfund Pfennige bestimmt waren. So mußten wohl der Kirchenpatron, Graf Haug, und die Gemeinde kräftig zuzahlen. Es kann deshalb eigentlich gar nicht verwundern, wenn es bis zur Weihe der Pfarrkirche noch 14 Jahre dauern sollte. Über diese Zeit wissen wir nur indirekt Bescheid.

Vom Langhaus der alten Kirche ist auf jeden Fall die Nordwand in den Erweiterungsbau übernommen worden, denn das einzige erhaltene Fresko des berühmten Malers Hans Strigel ist mit 1477 datiert und signiert. Ein neuer Chor, der 1504 erbaut und 1505 ausgemalt wurde, kennzeichnet der Baufortschritt. Der qualitätvolle Taufstein ist mit 1515 bezeichnet. Es hat also recht lange gedauert, bis die Kirche ganz gebaut und ausgestattet war, zumal man an der Qualität nicht gespart und erstklassige Künstler beschäftigt hat. Im Jahre 1512 scheint Pfarrer Sigmund von Heimenhofen verstorben zu sein. Damit hatte der Tiefenbacher Pfarrer auch finanziell einigermaßen eigenen Boden unter den Füßen.

Am 21. Juni 1513 kam dann das große Fest der Kirchenweihe. Der Konstanzer Generalvikar Balthasar konnte die Pfarrkirche des Heiligen Kreuzes und der Heiligen Barbara mit zwei Altären weihen, dazu die Weihe am alten Friedhofsteil erneuern, seine Erweiterung gegen Süden zu erstmals weihen, dazu den neuen Choraltar zu Ehren der heiligen Dreifaltigkeit, des Heiligen Kreuzes, der Jungfrau Maria, des Heiligen Christophorus und aller Heiligen, den rechten Seitenaltar zu Ehren der heiligen Mutter Anna, der heiligen Drei Könige, der Heiligen Martin, Ursus und Genossen. Als Kirchweihtag wurde damals der Sonntag nach Jakobi (das ist der 25. Juli) festgesetzt. Die regelrechte Seelsorge mit eigenem Gotteshaus war damit vollständig organisiert.

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