Oberstdorf vor 100 Jahren

von Birgitt Schraudolf am 01.06.2003

1902

Januar

  • Die Pläne für das Wohnhaus des Oberjägers Max Speiser sind erstellt. Sobald die Witterung es zuläßt, wird mit dem Bau begonnen. Gleiches gilt für die Kegelbahn, die auf Gemeindegrund vom Schützenverein am „Galgenbichl” im Faltenbach erstellt wird.
  • In der vorderen oberen Gasse, im Haus Nr. 51, baut der Besitzer der Brauerei »zur Sonne«, Karl Richter, eine Gastwirtschaft ein und nennt diese später »Sonnenkeller« (heute »Wilde Männle«).

Februar

  • Der Kemptener Arzt Dr. Max Madlener und der Sonthofener Photograph Fritz Heimhuber besteigen mit „Schneeschuhen” (wie man damals die Ski auch nannte) das Nebelhorn.
100 Jahre - Heft 42

Der »Sonnenkeller«, wie er bis 1936 bestand.

  • „Unser bisheriges Frl. Lehrerin Schulverweserin Kreszenz Wiedemann gedenkt sich schon baldigst in Bolsterlang mit dem dortigen Lehrer zu verehelichen (vivat Sequens!).”

März

  • „In Oberstdorf findet ein Damenschuhkurs statt. Frau Eberl aus Kempten bringt in leicht faßlicher Methode den Schülerinnen bei, in kürzester Zeit Stoff- und Lederschuhe zu billigem Preis herzustellen. Dies ist kein Schwindel, wie es so oft von anderer Seite geschildert wird.”
  • Prinzregent Luitpold wird 81 Jahre.

April

  • Anläßlich der Generalversammlung der Freiwilligen Feuerwehr ergeht der „Dienstbefehl”, daß künftig an Stelle der „Feuerreiter”, die im Brandfalle die Nachbargemeinden Fischen, Schöllang und Tiefenbach zu alarmieren hatten, jetzt Radfahrer eingesetzt werden. Mit dem Satz: „Dieser Befehl ist in den Schlafzimmern der voraufgeführten Feuerwehrmänner sichtbar anzuschlagen”, endet das Protokoll.
  • Im Reichsrat wird ein Gesetzentwurf eingebracht, wonach bei der Kinderarbeit in der Industrie eine tägliche Höchst-Stundenzahl festgelegt werden soll.

Mai

  • Der seit 1888 im Amt befindliche Bürgermeister Ludwig Vogler stirbt mit 46 Jahren an einem Herzinfarkt. Der Beigeordnete Ludwig Fischer führt die Geschäfte bis zur Neuwahl, die ihn dann als neuen Bürgermeister bestätig.
100 Jahre - Heft 42

Ludwig Vogler, Bürgermeister von 1888 - 1902

Juni

  • „Die Entwicklung im Fremdenverkehr in Bayern nimmt mit jedem Jahr an Ausdehnung zu und man sollte meinen, daß die Staatsinstitute Post- und Verkehrswesen dazu berufen wären, diese Entwicklung zu unterstützen. 8-10 Abonnenten haben zum Anschluß an das neue Telefonnetz gemeldet, ohne Aussicht in dieser Saison angeschlossen zu werden. Nicht genug, daß mit der denkbar schlechtesten Bahnverbindung nach Oberstdorf zu rechnen ist. Ein Hemmnis für den Fremdenverkehr.”
  • Am 18. Juni findet im »Trettach-Hotel« ein Vortragsabend ernsten und heiteren Inhalts statt. Der Regisseur und Schauspieler Friedrich Wiebach vom Hoftheater Gera trägt „Almlieder von vor 100 Jahren” von Karl Stieler vor.
  • „In Tiefenbach wird in einem Anwesen eingebrochen und dieses vollständig ausgeraubt. Die Diebesbande versieht sich am Tatort mit gestohlenen Anzügen. Im selbigen Anwesen ist wiederholt ein Einbruch verübt worden und das noch vorhandene Küchengeschirr gestohlen worden. In einem weiteren Anwesen wurden ebenfalls alle Kleider und Wäsche gestohlen. Es wäre sehnlichst zu wünschen, daß es der rührigen Gendarmerie in Oberstdorf gelingt, die scheinbar ortskundige Diebesbande festzunehmen.”
  • Das Ehrenzeichen für 25jährige treue und eifrige Dienstleistung bei der freiwilligen Feuerwehr Oberstdorf wird an Fritz Gschwender (Vorstand), Johann Brutscher (Kommandant), Max Jäger, Michael Hochfeichter und Andreas Berktold durch Bürgermeister Ludwig Fischer feierlich überreicht.

Juli

  • Als in der Werkstätte des Küfers Josef Anton Math ein Brand ausbricht, radelt der Signalist Josef Huber alarmgebend durch den Ort. Der barfüßige Mann erleidet an beiden Füßen solche Blasen, daß er zwei Tage nicht arbeiten kann.
  • „Auf der Trettachspitze, einem am schwierigsten zu besteigenden Gipfel unserer Berge, wird ein ca. 7 m hohes Holzkreuz aufgestellt. Die gefährliche Arbeit wird ohne jeden Unfall glücklich vollendet.”
  • Über den Bau der Straße von Oberstdorf nach Mittelberg im Kleinwalsertal wird im Vorarlberger Landtag berichtet, daß bei diesbezüglichen Verhandlungen über die bayerische Straßenstrecke von der Walserschanz (Reichsgrenze) bis Oberstdorf jegliche Mithilfe seitens der Gemeindevertreter verweigert wird und die Verhandlungen zu keinem Resultat führen.

August

  • ln der Zeitung wird angeregt, doch baldigst ein Lesezimmer einzurichten, damit Kurgäste an Regen- und Nebeltagen nicht nur auf ihre Zimmer oder die Gastronomie angewiesen sind.Die Touristen Beindl, Engelhard und A. Schulze durchklettern als erste die Trettach-Ostwand.
  • Am Schneck bezwingen H. Demeter und sein Seilgefährte erstmals die Nordwand.

September

  • Unter dem Jubel der Bevölkerung trifft Prinzregent Luitpold mit seinem Jagdgefolge im festlich geschmückten Oberstdorf ein.
  • Bei der Hofjagd im Warmatsgunder Revier erlegt der Regent mit einem Blattschuß einen Zehnender.
  • Seine Durchlaucht Fürst Fugger trifft zu einem achttägigen Aufenthalt ein.
  • Das im Juni auf der Trettachspitze errichtete Kreuz wird von Benefiziat Eß geweiht. An dieser Feier nehmen auch mehrere Oberstdorfer teil.

Oktober

  • Nach Ausweisung der letzten Fremdenliste hat Oberstdorf in der heurigen Sommersaison eine Gesamtfrequenz von 9.180 Kurgästen und Passanten; das sind 1.377 mehr als im Vorjahr.
  • „Es wird eine Schneewalze nach Davoser Muster bestellt. Es muß überhaupt anerkannt werden, daß alle interessierten Kreise, insbesondere der Verschönerungsverein, einmütig Zusammenwirken, um den Fremden den Aufenthalt so angenehm als möglich zu machen. Die Wohn- und Gastverhältnisse verbessern sich von Jahr zu Jahr. Unerwähnt soll nicht bleiben, daß die Düngerhaufen vereinzelt unmittelbar neben der Straße liegen oder gar den Weg versperren und der beim Bräuhaus befindliche Haufen Küchenabfälle einen pestilenzialischen Geruch verbreiten, was für die zuständige Polizeibehörde ein Kräutlein Rührmichnichtan zu sein scheint. Ein Ort von der Bedeutung Oberstdorfs hat alle Ursache, den hygienischen Verhältnissen fortgesetzte Aufmerksamkeit zu widmen.”
  • Die hiesige Bahnhofsrestauration wird von Herrn Hastreiter, Gasthof- Brauerei »Hirsch« in Sonthofen, für den Preis von 89.000 Mark verkauft an Herrn Brecheler.
  • Das Hotel am Freibergsee wird von Franz Alois Schratt zum Preis von 60.000 Mark verkauft an Hoflieferant Gustav Stempfle.

November

  • „ln der Sitzung des Verschönerungsvereines wird das Thema Kurort und Wintersaison angesprochen. Dr. Reh eröffnet die Sitzung und gibt seiner Freude über zahlreiche Besuche und rege Anteilnahme dieses Themas zum Ausdruck. Der Vorsitzende des Winterverkehrsausschusses, Herr Förster Hohenadl teilt verschiedene Anfragen von deutschen Wintersport-Vereinen und anderen Interessenten mit.”
100 Jahre - Heft 42

Die "Bahnhofsrestauration",
ehedem Gasthof "zum Stern"

100 Jahre - Heft 42

Das "Hotel Wilhelmshöhe" am Freibergsee

Dezember

  • Erstmalig kommt am 16. Dezember die neuangeschaffte Schneewalze zum Einsatz. Nach jedem Schneefall sollen künftig die Straßen im Markt, die Prozessionsallee (heute Prinzenstraße), die Straße nach Loretto und Fußwege an der Südseite des Marktes gewalzt werden.
  • „Der Eisschießplatz am Moorweiher wird fleißig benutzt, Spuren an den Hängen um Oberstdorf zeugen von fleißig benutzten Rodelschlitten.”
100 Jahre - Heft 42

Die vom Verschönerungsverein angeschaffte Schneewalze.

Quelle: »Allgäuer Anzeigeblatt«, Jahrgang 1902;
Aufzeichnungen von Eugen Thomma.

Kontakt

Verschönerungsverein Oberstdorf e.V.
1. Vorsitzender
Peter Titzler
Brunnackerweg 5
87561 Oberstdorf
DEUTSCHLAND
Tel. +49 8322 6759

Der Verein

Unser gemeinnütziger Verein unterstützt und fördert den Erhalt und Pflege von Landschaft, Umwelt, Geschichte, Mundart und Brauchtum in Oberstdorf. Mehr

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Seit Februar 1982 werden die Hefte der Reihe "Unser Oberstdorf" zweimal im Jahr vom Verschönerungsverein Oberstdorf herausgegeben und brachten seit dem ersten Erscheinen einen wirklichen Schub für die Heimatforschung. Mehr

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