Oberstdorf vor 100 Jahren

von Birgitt Schraudolf und Fini Fülle am 01.06.2012

1911

Januar

  • Der Verkehrs- und Kurverein Oberstdorf veranstaltet am 7. 1. ein Jugendrodelrennen. Start ist unterhalb der Restauration Waldesruhe.
  • Hier findet auch die Preisverleihung statt.
  • Der alpine Ball im Hotel zum Hirschen verläuft sehr gemütlich. Der Auftritt der Schuhplattler, Zitherspieler und Jodler und des Streichorchesters sorgen für flotte Unterhaltung. Sehr orginell und täuschend echt ist die Dekoration einer Almhütte.
100 Jahre - Heft 60

Am Höllrücken, vorbei am »Bergkristall« und der »Waldesruh«, verläuft die Rodelbahn. In der »Waldesruh« werden Rodelschlitten ausgeliehen.

  • Zur Gründung einer Esperanto-Ortsgruppe treffen sich 16 Herren im Kaffee Stempfle. Hiermit zeigt sich ein sehr zufriedenstellendes Resultat, so dass Esperanto sicher noch viele Anhänger finden wird in unserem aufblühenden Markte.
  • Der Skiklub hält am 22. 1. einen kostenlosen Sprungkurs an seiner kleinen und großen Schanze ab, geleitet von Herrn Bruno Biehler, München. Hierzu sind die Mitglieder des Allgäuer Ski-Verbandes herzlichst eingeladen. Es herrschen günstige Schneeverhältnisse, auch die Rodelbahn vom Höllrücken ist sehr gut fahrbar.

Februar

  • Die Arbeiten am Wehr- und Brückenbau an der Trettach sind beendet und Ruhe und Stille ist eingekehrt , wo seit 5 Monaten reges Leben herrschte. 150 Jahre hatte das Holzwehr gestanden und dem Anprall des Wassers getrotzt, bis ihm am 15. Juni 1910 der Todesstoß versetzt wurde. Möge das neue Wehr auf unabsehbare Zeit die wogenden Wellen im Zaume halten und späteren Generationen verstünden, dass etwas geschaffen wurde, worauf noch spätere Zeiten stolz sein können.
  • Die warme Witterung setzt jetzt dem Schnee bedenklich zu. In den Höhenlagen dagegen haben die Skifahrer immer noch guten Schnee. Auch vom Walsertal brachte man heute noch 12 – 14 Personen, welche dort dem Wintersport huldigten.
100 Jahre - Heft 60

Skispringen an der 1909 erbauten Haldenschanze. Im gleichen Jahr werden die ersten Allgäuer Skimeisterschaften auf der Schanze durchgeführt, wo Bruno Biehler mit einem Sprung von 21 1/2 m Sprungmeister wird.

100 Jahre - Heft 60

Die neue Mühlenbrücke über die Trettach und das Stauwehr sind fertig. Von hier wird der Kanal mit dem Triebwasser für drei Sägewerke, zwei Mahlmühlen und das Elektrizitätswerk abgeleitet.

März

  • Die kgl. priv. Schützengesellschaft Oberstdorf veranstaltet aus Anlass des 90. Geburtsfestes Sr. kgl. Hoheit des Prinz-Regenten Luitpold ein Zimmerstutzen-Brettschießen im Saale des Hotel Hirsch.
  • Im Hotel Mohren findet eine Hauptversammlung des Verkehrs- und Kur- Vereins Oberstdorf e.V statt. Die Entlastung der Vorstandschaft wird einstimmig ausgesprochen. Herr Dr. Bösl spricht der Vorstandschaft seine Anerkennung aus für ihre ersprießliche Tätigkeit, besonders Herrn Vorsitzenden Dr. Reh für seine anerkennenswerte Tätigkeit betreffs Regelung des Fischervereins. Bei der Wahl der Vorstandschaft fallen auf Herrn Dr. Otto Reh, den seitherigen Vorsitzenden 87 Stimmen von 91. Neu wird Herr kgl. Förster Hohenadl als technischen Leiter gewählt.
100 Jahre - Heft 60

Sanitätsrat Dr. Otto Reh ist nicht nur als Arzt in die Fußstapfen seines Vater, Dr. Ulrich Reh, getreten, sondern hat auch verschiedene Ehrenämter von ihm übernommen.

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Der kgl. Oberforstverwalter Wolfgang Hohenadl hat sich, im Rahmen des Verschönerungsvereins, um das Oberstdorfer Spazierwegenetz verdient gemacht. Ihm zu Ehren heißt der Weg von Gruben ins Oytal „Hohenadlweg”

100 Jahre - Heft 60

Bergführer Leonhard Braxmair,
der Sohn des bekannten Bergführers Franz Braxmair, war später noch etliche Jahre Wirt im Waltenbergerhaus.

  • Dieser Tage unternimmt Herr Probst von Immenstadt mit dem Bergführer Leonhard Braxmair von Oberstdorf eine Tour auf den Hochvogel, die von Hindelang ausgehend durch das Hintersteiner Tal, das Prinz Luitpold-Haus geht, welches spätabends erreicht wird und am nächsten Morgen 4 Uhr der Aufstieg beginnt. Um 8 Uhr vormittags wird die Spitze erreicht. Es ist dieses eine ganz außerordentliche Leistung zu dieser Zeit. Abends um 5 Uhr kommen die tapferen Bergsteiger wohlbehalten in Hindelang an.

April

  • In den letzten 8 Tagen werden noch Touren gemacht aufs Nebelhorn, Kemptner Hütte, auf den Hochvogel, aufs Hohe Licht, nach dem Söllereck und auf den Hohen Ifen. Die Fuhrwerke aus dem Walsertal benützen von der Höhe beim Kalkofen aus immer noch den Schlitten, während dieselben von Oberstdorf bis dorthin schon seit Wochen den Wagen benützen müssen.
  • Die Bockquellen sind noch nicht versiegt, es findet ein Bockausschank im Hirsch bei fideler Bockmusik statt.
  • Allerhöchste Auszeichnung: Unserem früheren langjährigen Feuerwehr- Kommandanten Herrn Joh. Brutscher, Schneidermeister hier, wird in Würdigung seiner Pflichttreue von Sr. kgl. Hoheit dem Prinz-Regenten das Feuerwehr-Verdienstkreuz verliehen und demselben vom hochverehrten Herrn Bezirksamtmann Hartmann am letzten Sonntag unter feierlicher Ansprache übergeben.

Mai

  • Vom 16. Mai ds. Js. ab wird der Sprechverkehr zwischen Oberstdorf und Düsseldorf unbeschränkt zugelassen. Sprechgebühr 1 Mark.
  • Ende Mai [29. 5.] werden ein neues Kreuz auf dem Ost- und eins auf dem Westgipfel der steilen Höfats aufgestellt. Von Gerstruben aus erfolgt der Transport in die Berge am frühen Morgen. Die beiden Kreuze sind einen Meter tief in den Felsen verkeilt und ragen 6 Meter hoch in die Lüfte. Dieselben sind mit Blech beschlagen und jedes mit einem Blitzableiter versehen. Nach getaner Arbeit wird ein kleiner Imbiss eingenommen und in guter Laune über die gelungene Arbeit ziehen die Führer mit ihren Begleitern nach Gerstruben, um beim schäumenden Gerstensaft nach des Tages Last und Mühen sich zu erholen.
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Oberstdorfs Bergführer bei der Errichtung des Gipfelkreuzes auf dem Ostgipfel der Höfats:

(v. li.) Xaver Steiger, Johann Rietzler I,
Johann Rietzler II, Fritz Dünßer,
Leo Huber, Leo Köcheler,
Wendelin Weitenauer sen.,
Alois Tauscher, Donatus Vogler,
Franz Braxmair, Kaspar Schwarz sen.,
Otto Rees, Bernhard Graf,
Johann Schöll.

Juni

  • Wer von der Rappenseehütte zum Hohen Licht und Heilbronner Weg wandert, wird erstaunt sein, auf der Spitze des Wilden Männle eine drehbare Wetterfahne zu finden. Drei freche Männer aus Oberstdorf haben im Stillen alles vorbereitet und befestigten eine eiserne Stange 3 1/2 Meter hoch. Die Windfahne aus Blech trägt auf der einen Seite das deutsche, auf der anderen Seite das österreichische Wappen.
  • 20. 6. - Heute sind es 40 Jahre, dass sich Herr Hofrat Dr. Reh als praktischer Arzt dahier niedergelassen hat. Er hat sich während dieser Zeit große Verdienste um Oberstdorf, sowohl als Arzt wie als Bürger erworben. Speziell auch die Feuerwehr- und Fremdenverkehrssache haben durch ihn viele Förderung erfahren.
100 Jahre - Heft 60

Hofrat Dr. Ulrich Reh hat sich nicht nur als Arzt in Oberstdorf verdient gemacht. Er gehörte auch zu den Initiatoren, die den Verschönerungsverein (1872), die Feuerwehr (1874) und den Turnverein (1888) gründeten. Ihm zu Ehren heißt der Weg von der Wanne zum Freibergsee „Dr. Rehweg”.

  • Die Fremdenliste erweitert sich zusehends. Gäste aus Holland, Rußland, Schweden, England, Wien, New York und Cincinnati weilen in Oberstdorf. Bis zum 27. Juni sind es 1.230 Kurgäste und 1.425 Passanten.

Juli

  • Dass die Gewitter heuer sehr zahlreich und auch stark auftreten, haben wir bereits zur Genüge erfahren. Dass aber ein Gewitter schon morgens zwischen 5 und 6 Uhr einsetzt mit Blitz und Donnerschlägen, dass die Häuser erzittern und der Regen in Strömen fließt, war heuer noch nicht da.
  • Der Wildemännlestanz kann dann aber ungestört abgehalten werden. Eine ungeheuerer Menschenstrom bewegt sich auf der Birgsauer Straße nach dem dreiviertel Stunden entfernten Festplatz, wo, umgeben von schattenspendenden Tannen, die Bühne aufgeschlagen ist. Zwei Bierbuden mit riesigen Fässern sorgen dafür, den ausgetrockneten Gaumen zu laben und ganze Berge von Wurstwaren lagen aufgehäuft zur Vertilgung. Der Wildemännlestanz, der zwei Stunden in Anspruch nimmt, macht den wilden Männle ordentlich warm, weil die Sonne direkt auf die Bühne brennt.
  • Das Turnfest auf der Hofmannruh nimmt einen gelungen Verlauf trotz großer Hitze. Mit musikalischer Untermalung und Erbauung wird gefeiert und abends im Traubegarten die Preise verteilt
  • Ein schweres Gewitter geht am 29. über Oberstdorf hernieder. Es kommt zu einer schweren elektrischen Entladung, wodurch im Elektrizitätswerk ein Dynamo vollständig ausfällt, so dass Oberstdorf für Stunden vollständig im Dunkeln liegt.
  • Ein ebenso stattlicher als schmucker Bau entsteht unserem Markt durch den Bau der Villa des Grafen von Geldern-Mirbach an der Lorettostraße. Die bauausführenden Meister, Maurermeister Seif und Herr Zimmermeister Blenk haben ihrem Namen alle Ehre gemacht zur vollen Zufriedenheit des Bauherren.
100 Jahre - Heft 60

Schnurgerade verläuft die Lorettostraße durch die freien Wiesen. Am Ende der Straße, rechts, hat Graf Geldern-Mirbach seinen Sommersitz erbauen lassen.

August

  • Im Touristengeschäft Kögl wird eingebrochen. Ein Seitenfenster ist geöffnet und im Laden große Unordnung. Sportanzüge, Pelerinen, Hosen, Schuhe usw. sind in die Hände der Diebe gefallen. Die Gendarmerie entfaltet eine fieberhafte Tätigkeit nach allen Seiten, um eine Spur der Diebe ausfindig zu machen.
  • Wieder ereignet sich ein tödlicher Absturz, jetzt am Kleinen Wilden. Der erfahrene Verunglückte ist Dr. Schwarz aus Memmingen.

September

  • Der ständige Landratsausschuss von Schwaben und Neuburg trifft in der Früh in 5 Automobilen ein und nimmt im Hotel Sonne Quartier. Nach Besichtigung der Verbauung an der Stillach und Trettach fahren die Herren im Laufe des Nachmittags wieder ab.
  • 11. 9. - Der Abtrieb von der Herdebuch-Alpe Warmatsgund findet heute bei prachtvollem Wetter statt. Gut genährt kommen die Tiere zu Tal.
100 Jahre - Heft 60

Die Wankhütte der Alpe Warmatsgund im gleichnamigen Tal. Rund ein Dreivierteljahrhundert später riss eine Staublawine die große Alphütte weg.

  • 19. 9. findet ein Pferdemarkt auf dem Marktplatz statt.
  • Der ambulante Krankenverein beschließt eine vierte Krankenschwester anzustellen.
  • Im prachtvoll geschmückten Sonnensaal findet eine Festversammlung des Liberalen Vereins Oberstdorf statt, die nicht nur von hier zahlreich besucht ist, sondern auch viele Gäste aus Sonthofen, Immenstadt usw. bringt. Der Saal und Garten ist dicht belegt. Der Versammlung präsidierte ein alter liberaler Kämpfer, Herr Hofrat Dr. Reh, der die Anwesenden begeistert begrüßt.

Oktober

  • Am 1. Oktober schließt das Prinz Luitpold-Haus. Die Zahl der Besucher war im heurigen schönen Sommer überaus groß. In das Hüttenbuch haben sich 2.222 Touristen eingeschrieben.
  • Am 11. 10. wird der Auslagekasten des Schuhmachermeisters Kreittner erbrochen und mehrere Schuhe daraus entwendet. Zwei Burschen werden als der Tat verdächtigt, verhaftet und ins Amtsgerichtsgefängnis Sonthofen eingeliefert.
  • Die Weber der hiesigen Filiale der Allgäuer Baumwollspinnerei und Weberei Blaichach treten in den Ausstand.

November

  • Die Verbauungsarbeiten an der Trettach werden infolge der günstigen Witterung sehr gefördert. Es ist sehenswert, wie die Dämme von Woche zu Woche sich verlängern und aus den Schuttmassen sichere Anlagen entstehen.

Dezember

  • Oberstdorf rüstet sich auf den Wintersportverkehr. Neben den Hotels, die das ganze Jahr geöffnet sind, hat auch das Hotel Luitpold geöffnet, ebenso auch die Villa Alpina. In der Bahnhofsrestauration ist während der Feiertage ein Weltbiograph aufgestellt, der vollständig flimmerfreie Bilder gibt und bestens zur Besichtigung empfohlen werden kann.
  • Im Hotel Löwen findet ein interessanter Lichtbildervortrag der Herren Heimhuber und Stiefenhofer statt, bei dem Bilder aus dem Allgäu, dem Walsertal und Vorarlberg vorgeführt werden.

Kontakt

Verschönerungsverein Oberstdorf e.V.
1. Vorsitzender
Peter Titzler
Brunnackerweg 5
87561 Oberstdorf
DEUTSCHLAND
Tel. +49 8322 6759

Der Verein

Unser gemeinnütziger Verein unterstützt und fördert den Erhalt und Pflege von Landschaft, Umwelt, Geschichte, Mundart und Brauchtum in Oberstdorf. Mehr

Unser Oberstdorf

Seit Februar 1982 werden die Hefte der Reihe "Unser Oberstdorf" zweimal im Jahr vom Verschönerungsverein Oberstdorf herausgegeben und brachten seit dem ersten Erscheinen einen wirklichen Schub für die Heimatforschung. Mehr

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