Abstoßen der Buchenschwämme mit dem Repler (Schäleisen).
Schlechte Zeiten bahnten sich an für Raucher, als im Kriegsjahr 1940 die industriell hergestellten Feuersteine, diese kleinen ca. 2 bis 3 mm starken und 5 bis 6 mm langen, kupferfarbigen Röllchen rar wurden. Zudem hieß es, daß das Feuerzeugbenzin rationiert würde. Dieses Gerücht veranlaßte so manchen Zeitgenossen Benzin zu hamstern und dieses in den damals noch üblichen 1-Liter-Bierflaschen aufzubewahren. Die Folgen des Versuchs, aus der Bierflasche Benzin in die kleine Öffnung des Feuerzeug umzufüllen, verspürte so mancher schmerzhaft, wenn beim ersten Anknipsen das übergelaufene Benzin mit einer Verpuffung verbrannte.
Auch die Zündhölzer wurden rar und der Bewirtschaftung unterworfen. Zudem waren die „Welthölzer”, ein Monopolprodukt mit giftgrünem Schwefelkopf, ein richtiges „Glump” geworden. Manchmal brauchte man an die zehn Hölzer, bis der Pfeifentabak zum Glühen kam. Zudem hatte der Zündkopf die Eigenschaft, in kurzer Zeit abzubröckeln, und am meisten konnte man sich ärgern, wenn dieser beim Anrieb schon an der Reibfläche verglühte und nach einem kurzen „Pfuzger” nur ein verkohlter Holzstummel übrigblieb.
Da kam dann wieder eine alte Art des Feuermachens zu Ehren, wie sie auch mein Vater noch kannte und praktizierte, nämlich die mit dem Feuerstein, dem Stachelmesser und dem Zundelschwamm.
In diesen harten Zeiten zogen wir im Herbst mit dem ganzen Vieh in unseren Futterort am Dietersberg und haben dort das Heu abgefüttert. Zudem hatten wir einige Jahre die Bergwiesen von Baron von Heyl am oberen Dietersberg um die Halbung geheut und nebenbei den kleinen Hoibat im Riefenriis um zwei Mark gepachtet. Dieses Riefenriis, mit einem Murengraben in der Mitte, gab höchstens an die fünf Burden Bergheu. Im Frühjahr mußten immer wieder Murensteine weggeräumt und Lawinenholz aufgemacht werden. So hat eine Lawine auch einmal eine riesige, alte Buche umgerissen, die auf einer Seite voll dicker Baumschwämme war. Gleich oberhalb stand noch so ein Kaliber, ebenfalls mit vielen Schwämmen besetzt, wobei mein Vater meinte, daß die im nächsten Jahr fällig sei, denn der Schwamm habe diese Buche schon „versticken” lassen. Bei dieser Baumart geht bei einem Schwammbewuchs der Absterbeprozeß wesentlicher schneller voran als bei anderen. Erste Anzeichen sind bei den befallenen Buchen Wipfeldürre, aufgeplatzte Rinde und absterbende Wurzeln; „Weißfäule” nennt man das.
Nachdem wir den Stamm zu Kuglern zersägt und zu Tal gebracht hatten, hieß uns der Vater, die riesigen Buchenschwämme abzuhauen, denn das gäbe einen guten Zundelschwamm, wie man ihn früher überall benutzte und wie er es bei Vater und Mutter gesehen und gelernt hatte.
Früher - das war, als Schwefelhölzer (erfunden 1829) noch etwas Besonderes und Teures waren. Doch zu uns in die Täler kamen die erst um 1844/45. Der Drüdeslar Jock von der Birgsau war so einer, der sie von Reisen mitbrachte und ein großes Geheimnis darum machte.
In alter Zeit gab es die Baumschwammsucher, die Schwammfilze herstellten und in den Handel brachten. Mit Schubkarren mit hohen Rückenlehnen zogen sie übers Land und belieferten Kaufleute wie z. B. in Oberstdorf den „Donelar” oder gingen damit von Haus zu Haus. Manche kamen auch mit blauen Tuchsäcken, wie sie die Gewürz-Graner hatten.
Wie der Zundelschwamm hergestellt wurde, habe ich bei meinem Vater gesehen: Wollte man beste Qualität haben, dann durfte der Schwamm am Baum nicht älter als zwei Jahre sein. Die äußere Schale der Schwämme, die aussahen wie Konsolen oder Pferdehufe, war steinhart und auf der Unterseite hatten sie eine graubräunliche Röhrenschicht. Mit dem Beil wurden die Schwämme aufgehauen und eine braune, glänzende Filzschicht freigelegt. Diese Schicht wurde in feine Scheiben geschnitten und in ein Schaff mit Aschenlauge gelegt. Nach ein paar Tagen nahm man die Scheiben heraus und klopfte sie stark, bis sie sich wie eine weicher Lappen anfühlten. Nun wurden sie in einem Kessel in Salpeterlauge kurz aufgekocht, dann abgetrocknet und mit Alaun eingerieben. Zum Schluß nochmals weichgeschlagen, getrocknet, mit der Hand etwas gewalkt und fertig war der Zundelfleck. Je zottiger und seidiger er war, um so besser war er entzündbar. Die größeren Flecken waren an die 10 qcm groß.
Dann ging’s ans Feuermachen. Feuerstein und Stachelmesser hatte er gleich zur Hand und schon bei den ersten Anschlägen sprang ein Funke über. Er blies ihn noch etwas an und der Zundelschwamm glühte auf. Diesen legte er auf die Pfeife und schon qualmte er drauf los. Mein Bruder und ich haben es dann auch probiert, doch bei uns dauerte es länger, bis es funktionierte.
Dann zeigt er uns noch wie man ein Herdfeuer anmacht. Zuerst legte er feine Späne ein, darauf etwas Heu und obenauf den Zundelschwamm. Schon nach dem ersten Schlag glühte der Schwamm, brannten das Heu und gleich darauf die Späne. Den ganzen Krieg hindurch hat der Vater immer wieder seinen Zundelschwamm benutzt.
In früheren Jahren verwendete man den Zundelschwamm auch als blutstillendes Heilmittel. Das Bachtelmändle in Tiefenbach hatte dazu eigens einige Bauern beauftragt, ihm laufend solche Schwämme zu besorgen, denn offene und blutende Wunden heilte er in kürzester Zeit nur mit der Auflage dieses Filzes.
Feuerstein, auch Flint oder Silex genannt, ist ein quarzhaltiges Mineral und wurde schon in der Steinzeit ein wichtiges Handelsgut.
Das Stachelmesser ist meist ein normales Sackmesser mit Holz- oder Hornschalengriff, hat aber einen Stahlrücken, der ca. 8 -10 cm lang, ca. 12 mm breit und 3 mm stark ist. An diesen Stahl schlägt man den Feuerstein, um einen Funken zu erzeugen.
Seit im 16. Jahrhundert, in Folge der Entdeckung Amerikas, in Europa das Tabakrauchen in Mode kam, hatten die Männer, die es sich leisten konnten, ständig Tabakskraut, Feuerstein, Stachelmesser und Zundel in einem Beutel bei sich. Später taten es ihnen die Frauen gleich, trugen jedoch den Beutel mit den Utensilien am Gürtel, verdeckt unter dem „Füerschoaß”. Bei den Wälder Frauen gehörte es zur Tracht, Beutel und feststehendes Stachelmesser (Schnitzer), meist in zierlicher Ausführung, offen am Gürtel zu tragen.