Oberstdorf vor 100 Jahren

von Birgitt Schraudolf am 01.06.2005

1904

Januar

  • Der katholische Gesellenverein bringt auf allgemeines Verlangen das sehr sensationelle Volksstück „Der Tazelwurm oder das Glöcklein vom Birkenstein” am Dreikönigstag heraus. Der Erlös kommt den wackeren Mitspielern zu gute.

Februar

  • 1904 ist seit 8 Jahren wieder ein Schaltjahr, da 1900, wie in allen Jahren mit nicht durch 4 teilbarer Jahrhundertziffer - der Schalttag - ausfällt.

März

  • Am 5. u. 6. findet im Gasthof »Hirschen« ein von der Schützengesellschaft Oberstdorf arrangiertes Bockschießen statt, welches von vielen auswärtigen Schützenbrüdern besucht wird. Es wird sehr viel und gut geschossen, und das Geschehen verläuft ohne Mißton.
  • Der Schuhmacherlehrling Hermann Blattner, bei Schuhmachermeister Johann Herzog dahier, hat seine Gesellenprüfung mit der Note 1 bestanden. Ehre dem Meister und seinem jetzigen Gesellen.
  • Die Breitachklamm soll erschlossen werden. Diesem Vorsatz gilt eine im »Hirsch« tagende Versammlung. Wer hat nicht schon einen Abstecher vom Schänzle zu dem 10 Minuten weit entfernten Zwingsteg unternommen, über den die Sage berichtet, daß über diesen ein verfolgter Wilderer gesprungen sei. Treibende Kraft dieses Projektes ist Pfarrer Schiebel aus Tiefenbach. Der Verschönerungsverein Oberstdorf, Tiefenbach, Riezlern sowie Privatpersonen haben eine Gesellschaft gebildet, um das Projekt mit ca. 16.000 Mark auszuführen. Ca. 1.450 m lang wird der Pfad, wovon 670 m in den Felsen auszusprengen ist.

April

  • Um die Kasse des Verschönerungsvereines etwas zu unterstützen, gibt Direktor Graßl, welcher in Oberstdorf ein behagliches Heim besitzt, mit seinem Frl. Tochter am Ostermontag - abends - im Trettachhotel einen musikalisch-deklamatorischen Vortragsabend zu Gunsten der entstehenden Breitachklamm.
  • Am Mittwoch, dem 13.4., vergibt der neu gegründete Breitachklamm-Verein im Gasthof »Hirsch« an alle Genossenschaftsmitglieder und sonstige Interessenten „Anteilscheine“.
  • 23 Männer treffen sich am 17. April im Gasthof »Sonne« und heben den „Obstbau- und Bienenzuchtverein für Oberstdorf und Umgebung” aus der Taufe. Initiatoren sind Pfarrer Johannes Schiebel und der ehemalige Brauereibesitzer Melchior Jauss, der auch zum ersten Vorstand des Vereins gewählt wird.

Mai

  • Auf dem Freibergsee wird die Kahnfahrt eröffnet. Neue Kähne stehen den verehrten Gästen zur Verfügung, ebenso werden Schwäne eingesetzt.
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Die neuen Kähne des Verschönerungsvereins am Freibergsee.

  • Aus dem Inseratenteil geht hervor, daß das Oytalhaus wieder öffnet. Die hervorragenden Natur Schönheiten und altbewährt, daß man bei Vater Kappeler stets gut aufgehoben ist. Auf alle Fälle kann man alljährlich den Touristen den Gefallen tun, auf die vorzügliche Bewirtschaftung hinzuweisen, so sich ein fideles Leben entwickelt bei Gesang und Zupfgeigenbegleitung.
  • Das Wasser des Freibergsees hat bereits eine Temperatur, die manchen Badelustigen zu einem kühnen Sprung in die tiefgrünen Fluten verlocken dürfte. Das Thermometer zeigt 14 - 15° an.
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Mit einer Postkarte wie dieser ging ein „ Gruss vom Freibergsee bei Oberstdorf” in alle Welt.

  • Beim Brand des Filmateliers des Fotografen Otto von Zabuesnig, einem Holzblockbau an der Ecke West-/Luitpoldstraße, kann die Feuerwehr nur noch die Nachbargebäude schützen.
  • Die Kemptener und Rappenseehütte und der Heilbronner Weg sind an Pfingsten nicht begehbar wegen der vorhandenen Schneemassen.

Juni

  • Die Gesellschaft der Oberländer Bauern, „Schnackl Franz”, Instrumentalisten, Alpensänger und Schuhplattler aus Tölz konzertieren dahier im Hotel »Trettach«. Ein volles Haus wird denselben zu gönnen sein.
  • Der Breitachklammverein ist gegründet und der Bau eines Gasthauses ist in Aussicht genommen. Vorstand ist Pfarrer Schiebel in Tiefenbach. Mit den Arbeiten soll in diesem Sommer begonnen werden.
  • In der Zeit vom 1. Mai bis 15. Juni werden 920 Sommergäste gezählt.

Juli

  • Ab Juli wird im Rathaussaal ein Lesezimmer für die Sommergäste eingerichtet.
  • Das fortdauernde heitere Wetter hat den Fremdenzufluß erheblich gefördert.
  • Der preußische Kriegsminister von Einem weilt zur Gamsjagd im vielbesuchten Oytalhaus. Das Glück ist dem hohen Herrn hold, ein dreijähriger Gamsbock kam zur Strecke.
  • Herr Schratt, früher Besitzer des Freibergsees, eröffnet in der Nähe von Oberstdorf das »Cafe Waldesruhe«. Es dürfte dem neuen Etablissement nicht an Besuchern mangeln ob seiner prächtigen Umgebung.
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Die »Waldesruh« des Franz Alois Schratt.

August

  • Die beiden Feiertage locken ganze Scharen Touristen auf die Berge. Alle Hütten sind voll besetzt.
  • Bedingt durch den ständig wachsenden Tourismus herrscht im gastronomischen Gewerbe eine rege Bautätigkeit: Am Hotel »Sonne« entsteht nach Süden ein großer Anbau und in der Kirchstraße wird das Anwesen Hs.-Nr. 166 zur Dependance des Hotels »Löwen« umgebaut. Braureibesitzer Hastreiter errichtet neben der Bahnhofswirtschaft eine Bierhalle und Fritz Gschwender gliedert seinem »Trettach-Hotel« einen Bühnenbau an.

September

  • Seine königl. Hoheit Prinz Luitpold trifft in Oberstdorf ein. Zur Tafel werden hochrangige Herren geladen.
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Der Anbau des Hotels "Sonne" von der Sonnenstraße aus gesehen

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Das Anwesen Fischer Hs. Nr. 166 in der Kirchstraße im Umbau

  • Wegen des anhaltend schlechten Wetters schließt die Rappenseehütte am 18. September. In der Zeit vom 24. Juni bis zum 15. September werden 1.372 Touristen gezählt.
  • Ende September findet das alljährliche Feuerstutzenschießen der hiesigen Schützengesellschaft statt. Gestern abend fuhren die Equipagen seiner königl. Hoheit am Schützenhaus vorbei. Sichtlich erfreut über die spontane Huldigung - ein dreifach ausgebrachtes Hoch dankt Prinz Luitpold den versammelten Schützen.
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Die
„ Dependance des Hotel »Löwen« in der
Kirchstraße

Oktober

  • Fremdenliste zum 1.10.: 12.514 Personen, das sind 1.740 Personen mehr als im Vorjahr.
  • Die Arbeiten zur Erschließung der Breitachklamm nehmen einen günstigen Fortgang. Bei den erforderlichen Sprengungen kam es zu keinem Unfall.

November

  • Jagdaufseher Berktold in der Birgsau hat das Glück, einen Steinadler zu erlegen. Derselbe hat eine Flügelspanne von 2 m 15 cm. Das ist innerhalb 11 Monaten der dritte - „Waidmannsheil”.
  • Die 2 km lange Rodelbahn ist eröffnet. Auch sind Rodelschlitten daselbst im »Cafe Waldesruhe« leihweise zu haben.

Dezember

  • Wintersportlustige werden mit Freude vernehmen, daß der Freibergsee ganz zugefroren ist und zudem von der Restauration ab in den See auslaufend eine schöne Rodelbahn gemacht ist. Die Restauration ist geöffnet.

Quellen: »Allgäuer Anzeigeblatt«, Jahrgang 1904 (die Schreibweise wurde weitgehend beibehalten), Aufzeichnungen von Eugen Thomma.

Kontakt

Verschönerungsverein Oberstdorf e.V.
1. Vorsitzender
Peter Titzler
Brunnackerweg 5
87561 Oberstdorf
DEUTSCHLAND
Tel. +49 8322 6759

Der Verein

Unser gemeinnütziger Verein unterstützt und fördert den Erhalt und Pflege von Landschaft, Umwelt, Geschichte, Mundart und Brauchtum in Oberstdorf. Mehr

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Seit Februar 1982 werden die Hefte der Reihe "Unser Oberstdorf" zweimal im Jahr vom Verschönerungsverein Oberstdorf herausgegeben und brachten seit dem ersten Erscheinen einen wirklichen Schub für die Heimatforschung. Mehr

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