Oberstdorf vor 100 Jahren

von Birgitt Schraudolf am 01.06.2006

1905

Januar

  • Die Gemeinde Schöllang meldet: 1904 gab es 22 Geburten, 2 Verehelichungen, 11 Sterbefälle (6 Erwachsene und 5 Kinder).
  • Dem Turnverein fehlt immer noch eine Turnhalle. Über den Winter können die Sportler im Speisesaal der Bahnhofswirtschaft ihre Übungsabende abhalten. Zur Geselligkeit des TSV trägt nun auch die neugegründete „Sängerriege” bei, für deren Mitglieder eigens Gesangbücher gekauft werden.
  • Der aus Immenstadt stammende Kunstmaler Eugen Ludwig Höß gestaltet das neue Vereinsabzeichen der „Königlich privilegierten Schützengesellschaft Oberstdorf”.

Februar

  • Im Hotel »Hirschen« findet der Faschingsball der Schützen statt. Aufgewertet wird das besondere Ereignis durch den Auftritt der Schuhplattler. Den musikalischen Teil besorgt die Oberstdorfer Musik, die schon seit geraumer Zeit Gediegenes leistet.
  • Durch Kauf geht das Hotel »Mohren« an den bisherigen Pächter des Gasthofes »Hirsch«, Herrn Sebastian Streifeneder, über. Der Kaufpreis beträgt 170.000 Mark.
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Gäste des Hotel »Mohren« und auch Passanten speisen auf dem von der Gemeinde angemieteten Marktplatz

  • Zu Ehren des 85. Geburtstages des Prinzregenten feiert Oberstdorf in recht erhebender Weise. Reicher Flaggenschmuck, ein Gottedienst und ein Frühschoppen im »Löwen« mit Honoratioren, Bürgerschaft und Vereinen. Die Blechmusik trägt zur Stimmung bei. Benefiziat Eß versteht in seiner Rede die rechten Saiten anzuschlagen.

April

  • Der Lehrer Lochbrunner zieht sich nach 25jähriger Tätigkeit als Lehrer und Chorregent zurück. Von der Gemeinde wird ihm der Silberne Dirigentenstab als Zeichen der Anerkennung überreicht und das Ehrenbürgerrecht verliehen.
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Agathe Ortlieb
(Erbauer des "Wittelsbacher Hof")

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Wilhelm Ortlieb
(Erbauer des "Wittelsbacher Hof")

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Das Hotel »Wittelsbacher Hof« stand damals allein mitten in
 den Wiesen im Süden von Oberstdorf

  • Das bisherige Pächterehepaar des Hotel »Mohren«, Wilhelm und Agathe Ortlieb, erbauen im Süden von Oberstdorf ein Hotel und dürfen es mit „obrigkeitlicher Zustimmung” Hotel »Wittelsbacher Hof« benennen.
  • Der 1901 gegründete „Verein zur Erhaltung der Volkstracht in Oberstdorf” ändert seinen Namen in „Gebirgstrachtenverein”.
  • Am 30. April werden 12 Paare von der Kanzel verkündet, die sich in diesen Tagen trauen lassen; eine ungewöhnlich hohe Zahl von Ehestandskandidaten.

Mai

  • Am 1. Mai werden nicht weniger als 60 ABC-Schützen aufgenommen. Darunter befinden sich 18 Kinder, d. h. 30 %, deren Eltern nicht in Oberstdorf geboren sind.
  • Bei den Neubauarbeiten des Hotels »Wittelsbacher Hof« stürzt ein Malergeselle 14 m in die Tiefe und wird mit schweren Verletzungen ins hiesige Krankenhaus eingeliefert.
  • Ab 18. Mai ist das Oytalhaus wieder bewirtschaftet. Bei dieser Gelegenheit möge allen Touristen, welche etwa gesonnen wären, vom Nebelhorn über das sog. Gleit ins Oytal zu gehen, zur Notiz dienen, daß dieser Weg infolge des vielen Schnees bis auf weiteres ohne Führer nicht passierbar ist.
  • Der alljährliche Führertag findet statt. Bei demselben haben die autorisierten Bergführer und Bergführeraspiranten zu erscheinen, ihre Karten, Verbandszeug und sonstige Utensilien vorzuzeigen, etwaige Klagen und Wünsche entgegenzunehmen. Es kommt zum Ausdruck, daß das letzte Jahr ohne nennenswerte Unfälle in unseren schönen Bergen verlief.

Juni

  • Das Nebelhornhaus erhält eine neue Wasserleitung, welche nicht nur genügend, sondern auch stets frisches Quellwasser liefern wird. In halber Höhe zur Spitze wird ein Sammelreservoir angelegt. Mit der Ausführung dieser Arbeit wurde Herr Hagspiel aus Oberstdorf betraut.
  • Das »Cafe Stempfle« eröffnet.

Juli

  • Wie die Alpenvereins-Sektion Kempten mitteilt, ist der Heilbronner Weg nunmehr instandgesetzt und mit der nötigen Vorsicht und mit Ausrüstung begehbar.
  • Im hohen Alter von 92 Jahren verstirbt Johann Gschwendner. Über 50 Jahre wirkte dieser älteste Bürger Oberstdorfs im Kirchenchor mit und in früheren Jahren auch als Mitglied der Liedertafel.
  • Am 30. Juli werden morgens um 5.20 Uhr 250 Militärbrieftauben von ihren Begleitern freigelassen. Pfeilschnell geht es in die Höhe. Interessant zuzuschauen, wie sich die munteren Tierchen erst lange im Kreise drehen und dann, in 3 Gruppen formiert, immer höher fliegen und in nordwestlicher Richtung dem Auge entschwinden.

August

  • Durchlaucht Fürst Fugger ist zu einem längeren Aufenthalt eingetroffen.
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Carl Fürst Fugger-Babenhausen war 1892 der Erbauer des Fuggerhauses, das 1936 abgebrannt ist. Der heutige
Fuggerpark ist nach dem Fürsten benannt.

  • Die Birgsau wird in diesem Jahr besonders frequentiert. Die günstige Fahrgelegenheit mit dem Stellwagen und die vorzügliche Küche tut ihr Übriges.
  • Seit der Eröffnung der Breitachklamm am 4. Juni ist eine gewaltige Besucherziffer von 15.000 Personen schon weit überschritten. Noch täglich bringen Züge ganze Scharen von Interessenten. Auch von Riezlern aus wird eifrig gearbeitet, den Weg der Breitach entlang in Bälde zu schließen.
  • Ein Bazar zu Gunsten des Neubaues eines evangelischen Kirchenhauses erbringt 1.305,75 Mark.
  • Am 24. August wird die feierliche Grundsteinlegung zur evangelischen Christuskirche begangen. Dem schönen Akt wohnen zahlreiche Glaubensgenossen von hier und Umgebung bei. So an die 500 Personen sind anwesend. Die Immenstädter Musikkapelle setzt zu einem feierlichen Choral an.

September

  • Der Wettersturz der letzten Tage bringt auf vielen Bergen Neuschnee und erhebliche Kälte, welche die Sommerfrischler im Kurort zu zahlreichen Abreisen veranlaßt.
  • Der Viehscheid erfreut sich eines sehr guten Besuches vonseiten der Händler und Interessenten. Bei regem Handel werden gute Preise erzielt. Die gekaufte Ware (8 Waggon) wird auf dem Bahnhof verladen.
  • Bei der Generalversammlung des Breitachklammvereins werden 27.000 Besucher und Einnahmen von 15.000 Mark incl. der Wirtschaftspacht vermeldet.
  • Prinzregent Luitpold zeichnet den Oberstdorfer Gendarmeriekommandanten Josef Keibl für 25 Jahre treue Dienste persönlich mit der »Prinzregent Luitpold-Medaille« aus.
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Der Gendarmeriekommandant Josef Keibl und seine Gattin Karoline. Oberkommissar Keibl verrichtete von 1884 bis 1916 in Oberstdorf seinen Dienst.

  • Mit dem Ziel, die Braunviehrasse züchterisch zu verbessern, schließen sich zehn fortschrittlich denkende Landwirte Tiefenbachs am 16. September zur Viehzuchtgenossenschaft zusammen.
  • Das Nebelhornhaus wurde von 3.000 Personen besucht.

Oktober

  • In Oberstdorf wird ein Stenografenclub gegründet, und bei genügender Beteiligung der Damen wird auch ein Tanzabend veranstaltet.
  • Der alljährliche Veteranenball findet im »Mohren« statt.
  • Der Spenglergeselle Johann Rietzler II wird nach absolviertem Lehrgang und bestandener Prüfung als Bergführer autorisiert.
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Bergführer Johann Rietzler II, „Roseblies Johann”; die Bezeichnung Rietzler II war notwendig zur Unterscheidung von Bergführer Johann Rietzler I, „Jachemars Hans

  • Am 3. Oktober schneit es bis ins Tal, und es bleibt fortan Winterwetter.

November

  • Das Projekt der Einrichtung eines Kurhauses bildet gegenwärtig wieder Gesprächsstoff.
  • Das Pensionat »Zum Jägerhaus« dahier geht in den Besitz des Herrn Konditormeister Xaver Knaus über.
  • Am 11. November wird Ludwig Fischer wieder zum Bürgermeister gewählt; er hat dieses Amt bereits seit zwei Jahren inne. Mit 114 zu 4 Gegenstimmen wird er bestätigt.

Dezember

  • Mehrere Anwesen und Grundstücke auf dem Wasach werden begutachtet. Die notarielle Verbriefung findet statt. Im nächsten Jahr soll hier ein Sanatorium entstehen. Nach ärztlichem Ausspruch ein idealer Sonnenplatz.
  • Die Gemeinde will eine Kinder-Bewahranstalt erbauen. Hierzu spendet die Blaichacher Fabrik 10.000 Mark.
  • Selten schöne und angenehme Feiertage sind uns an Weihnachten beschieden. Prächtig schönes Wetter, spärlich vorhandener Schnee, und die Breitachklamm erfreut sich eines ziemlich guten Besuches.

Quellen: »Allgäuer Anzeigeblatt«, Jahrgang 1905 (die Schreibweise wurde weitgehend beibehalten); Aufzeichnungen von Eugen Thomma.

Kontakt

Verschönerungsverein Oberstdorf e.V.
1. Vorsitzender
Peter Titzler
Brunnackerweg 5
87561 Oberstdorf
DEUTSCHLAND
Tel. +49 8322 6759

Der Verein

Unser gemeinnütziger Verein unterstützt und fördert den Erhalt und Pflege von Landschaft, Umwelt, Geschichte, Mundart und Brauchtum in Oberstdorf. Mehr

Unser Oberstdorf

Seit Februar 1982 werden die Hefte der Reihe "Unser Oberstdorf" zweimal im Jahr vom Verschönerungsverein Oberstdorf herausgegeben und brachten seit dem ersten Erscheinen einen wirklichen Schub für die Heimatforschung. Mehr

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