Rund um das Posthorn - 150 Jahre Post in Oberstdorf (Teil 4)

von Eugen Thomma am 01.06.2007

Unter Verwendung von Aufzeichnungen von Erwin Mittl (München) und Sigmar Stowinsky (Gütersloh)

Edmund-Probst-Haus am Nebelhorn

Das Unterkunftshaus am Nebelhorn war gerade ein Jahr alt, als am 14. Oktober 1891 Kommerzienrat Edmund Probst, der Vorsitzende der AV-Sektion Allgäu-Immenstadt, beim Oberpostamt Augsburg (OPA) eine Telefonverbindung zwischen Oberstdorf und dem Nebelhornhaus beantragte. In einem Kostenvoranschlag vom 30. Juni 1892 wurde „die Einrichtung einer Telegraphenstation” dieser Art mit 2.000,– Mark beziffert. Es scheint, daß die Post schon „Gewehr bei Fuß” gestanden hat, denn bereits einen Tag später, am 1. Juli, telegraphierte der Bauleiter Dietrich nach Augsburg, daß er morgen mit dem Bau beginnen werde, doch müsse sofort ein Antrag an Seine Königliche Hoheit Prinzregent Luitpold gerichtet werden. Der Förster von Oberstdorf – es war Joseph Schwarzkopf – verweigere die Zustimmung zum Aufstellen der Leitungsmasten, soweit sie auf königlichem Grund zu stehen kommen.

Posthorn - Heft 50

Das 1890 erbaute Nebelhornhaus mit dem bereits zugebauten Balkon (links) um 1900.

Die Arbeiten hatten schon begonnen, aber der zuständige Sachbearbeiter in Augsburg, Inspektor Schüler, kam ins Schwimmen, ruderte sofort zurück und untersagte den Weiterbau. Es kam noch schlimmer. München schaltete sich mit Entschließung vom 13. August 1892 ein: „Dem Vernehmen nach sind für die von der Section Allgäu Immenstadt des Deutsch-Österreichischen Alpenvereins angeregte Errichtung einer Telegraphenstation mit Telephonbetrieb im Unterkunftshause am Nebelhorn die Telegraphenstangen für die erforderliche Leitung aufgestellt sowie Baugruben für die Stangen ausgehoben worden ohne hierzu den Auftrag der unterfertigten Stelle an das P ergangen ist. Es ergeht nun an das kgl. OPA der Auftrag alle aufgestellten Stangen beseitigen, die Baugruben einfüllen und alle Stangen auf Lagerplätze verbringen zu lassen sowie den Vollzug zu melden.”

Dieser geharnischten Rüge von höchster Stelle ließ Augsburg sofort Taten folgen. Die Stangen wurden entfernt, die Löcher verfüllt und der Vollzug nach München gemeldet. In einem Telegramm vom 15. September 1892 heißt es dann: „S.K.H. der Prinz-Regent haben die Herstellung der Telegraphenleitung auf das Nebelhorn Allergnädigst genehmigt.” Als dann am 28. Oktober auch die Generaldirektion (GD) der Post ihren Segen dazu gab, stand dem Bau nichts mehr im Wege. Oder doch? War es nun Landschaftsschutz oder falsch verstandener Naturschutz, als die GD sich nochmals meldete: „Im Nachgang zu Entschl. v. 28. v. M. wird das k. OPA angewiesen, seinerzeit beim Bau der Telegraphenlinie Oberstdorf – Nebelhornhaus zur Anbringung der Drahtleitung statt Stangen so viel wie möglich lebenden Bäume zu benützen und wo die Aufstellung von Stangen sich nicht vermeiden läßt, letztere mit grüner Ölfarbe anstreichen zu lassen.”

Posthorn - Heft 50

Die Vordere Seealpe um die Jahrundertwende, mit einer der „Telephonstangen” der zum Nebelhornhaus führenden Leitung: Diese Sennalphütte wurde im Winter 1913/14 von der Geißfuß-Lawine weggerissen.

Die fortgeschrittene Jahreszeit ließ die Arbeiten erst im folgenden Frühjahr zu, wo dann in einem paragraphierten Vertrag zwischen Post und Alpenverein auch die Nutzung der Anlage geregelt wurde. So kostete z. B. ein „Publikumsgespräch”, das bis zu fünf Minuten dauern konnte, vom Nebelhorn zum Postamt Oberstdorf 50 Pfennige. (Ein Handwerker verdiente damals am Tag bei zehn Stunden Arbeit etwa 2,80 Mark.)

„Vom 1. Juli l. Js. [Anm.: laufenden Jahres 1893] beginnend wird in der Unterkunftshütte am Nebelhorn – Nebelhornhaus – eine PHSt – Zustellpostanstalt Oberstdorf – errichtet und deren Führung der Wirtschaftsbesitzerin Frau Kunigunde Sieber übertragen. ... Frau Sieber und deren Tochter Emma Sieber sind bereits am 3. 06. 1893 auf die Wahrung des Amtsgeheimnisses verpflichtet worden. ...” Es würde zu weit führen, die Details des Posthilfsstelle Nebelhornhaus – das nach dem Tod des verdienstvollen Vorstandes 1918 in »Edmund-Probst-Haus« umbenannt wurde – hier aufzuschlüsseln, daher nur kurz die jeweiligen Hilfsstellenleiter:

1.7.1892 – 6.1909 ------- Kunigunde Sieber
15.5.1910 - 3.1913 ------ Franz Xaver Sieber
5.6.1913 – 1919 ---------- Konditor Schneider (Schwiegersohn)
1919 – 20.9.1919 --------- Wilhelm Liebherr
1.10. 1919 – 13.6.1920 - Ludwig Hertel
14.6. - 1920 – 25.10.1920 Leonhard Braxmair (Bergführer)
7.1921 – 29.2.1924 ------- Fritz Hesselschwerdt (Schwiegersohn von Sieber)
1.8.1955 – 31.10.1965 --- Alois Schedler

Mit dem Pachtablauf von Alois Schedler im Probsthaus endete auch die Posthilfsstelle Nebelhorn. Durch den gewaltigen Zuwachs an Gästen und Bewohnern am Berg wurde der Ruf nach Einbeziehung des Nebelhorns in den täglichen Zustellungsbereich der Oberstdorfer Briefträger immer lauter. Es würde zum abendfüllenden Programm, die Probleme und Verhandlungen hier auszubreiten. Es waren sicher Millionen von Postsendungen, die von der Hilfsstelle am Nebelhorn in alle Welt gingen.

Kemptner Hütte und Rappenseehütte

Die Alpenvereinssektion Allgäu-Immenstadt hatte nun ihre Posthilfsstelle. Die Schwestersektion Kempten brachte am 12. Juli 1900 folgenden Antrag ein: „Die unterfertigte Sektion des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins gestattet sich, an das Königliche Oberpostamt Augsburg die ergebenste Bitte zu richten, es möge für die Sommermonate auf den beiden dem Alpenverein gehörenden Schutzhütten: Kemptner Hütte und Rappenseehütte, beide in den Oberstdorfer Bergen gelegen, je eine Posthilfsstelle eingerichtet werden. Die beiden Hütten sind während der Sommermonate bewirtschaftet und werden alljährlich von zahlreichen Touristen besucht, wie sich aus folgender Übersicht ergibt:

Besucher: Kemptener HütteBesucher: Rappenseehütte
1892 ... 405151
1893 ... 476170
1894 ... 425153
1895 ... 581230
1896 ... 350141
1897 ... 498157
1898 ... 608300
1899 ... 992808

Der Besuch der Hütten ist, wie aus der Tabelle ersichtlich, in raschem Zunehmen begriffen: Die Kemptner Hütte liegt nämlich an einem mit jedem Jahr mehr begangenen Alpenübergange, der die Verbindung zwischen Holzgau in Tirol und Oberstdorf im Allgäu herstellt; die Rappenseehütte dagegen ist der Ausgangspunkt für den großartigsten Höhenweg in den Allgäuer Alpen, den sog. Heilbronner Weg. Die meisten Touristen welche diese Hütten besuchen, benützen die daselbst aufliegenden Ansichtspostkarten, und es wäre daher sehr erwünscht, wenn dort auch die Postwertzeichen abgegeben und die Poststempel aufgedrückt werden könnten. Einer geneigten Berücksichtigung unserer Bitte entgegensehend, zeichnen wir hochachtungsvoll ... Max Förderreuther, I. Vorstand.”

Mit der für Behörden schwindelerregenden Schnelligkeit erging bereits am 23. Juli vom OPA folgende Verfügung:

„Vom 1. August l. Js. ab wird in der dem deutsch-österreichischen Alpenverein gehörigen ,Kemptnerhütte’ (auf Obermädelejoch) im Zustellbezirk Oberstdorf eine Posthilfsstelle errichtet und deren Führung dem Wirtschaftspächter Johann Friedle übertragen. Die genannte Posthilfsstelle wird nur während der Sommermonate für den allgemeinen Verkehr geöffnet & mit dem Abzuge des vorgenannten Pächters geschlossen.”

Eine gleichlautende Verfügung wie vorstehend erging auch für die Rappenseehütte, nur daß dort als Hilfsstellenleiterin die Wirtschaftspächterin Maria Braxmair fungierte.

Die AV-Sektion übernahm 1903 die Kemptner Hütte in eigene Regie. Johann Adolf Schaul übernahm die Hütte und auch die Posthilfsstelle. Ihm folgte Leonhard Eisenbeiß als Hüttenwart. Die Bewirtschaftung lag jedoch ab 1907 bei Josef Frey aus Holzgau. Er war auch stellvertretender Hilfsstellenleiter, denn der Leiter selbst wohnte im fernen Kempten.

Nun wieder zur Rappenseehütte. Hier wurde es etwas schwieriger, denn bei der Post ging 1910 der Akt Rappensee verloren, und so wird in späteren Akten bis 1910 immer noch Frau Braxmair als Hilfsstellenleiterin geführt. Das dürfte allerdings falsch sein, denn im Jahr 1905 hat der Wirt von Birgsau, Kaspar Mayer, die Bewirtschaftung der Rappenseehütte übernommen.

Sein Schwager Franz Kaufmann war zuerst für ihn oben tätig, übernahm aber nach drei Jahren die Hütte selbst und behielt sie über 50 Jahre. Nachfolger wurden Tochter Fanny und Schwiegersohn Heinrich Geißler. Insgesamt dauerte die Ära Kaufmann/Geißler über 80 Jahre!

Posthorn - Heft 50

Die Wirtin der Kemptner Hütte, die Gattin des Josef Frey, in ihrer Lechtaler Tracht.

Posthorn - Heft 50

Die Posthilfsstelle Rappenseehütte im Bauzustand von 1900 bis 1913.

Posthorn - Heft 50

Die „Mulitreiber” der Kemptner Hütte am Mädelejoch im Sommer 1924 (v. l.: Max Bußjäger und Georg Rehm). Nachdem die früheren Wirte aus dem Lechtal stammten, erfolgte die Belieferung der Hütte von Holzgau aus über das Mädelejoch.

Posthorn - Heft 50

Die „Postboten” der Rappenseehütte trugen die Sendungen zu Tal und auch zum Berg hinauf. Hinter den Tragtieren links der Wirt und Hilfsstellenposthalter Franz Kaufmann.

Die Berge im Hintergrund sind Hochrappenkopf und Rappenköpfle.

Ein Bericht des Postamtes Oberstdorf vom 30. Januar 1924 an das OPA deutet das Ende der beiden Hilfsstellen an:

„Die Belassung der Posthilfsstellen Birgsau, Einödsbach und Spielmannsau ist sowohl im postdienstlichen als auch im Interesse des Fremdenverkehrs dringendes Bedürfnis. Die Hilfsstelleninhaber der 3 in Betracht kommenden Anstalten haben laut anliegender Erklärung auf Entschädigung aus der Postkasse und vom Gemeindeamt Oberstdorf Verzicht geleistet. Die Posthilfsstellen Edmund-Probsthaus (Nebelhorn), Gerstruben, Oytal, Kemptnerhütte und Kornau werden vom 1. Februar 1924 an aufgehoben. ...”

Obwohl in dem Bericht nicht namentlich aufgeführt, dürfte das auch das Ende der Hilfsstelle Rappenseehütte gewesen sein. Ab diesem Zeitpunkt versiegen zumindest die Postakten. Die eigentlichen „Postboten” der beiden großen Alpenvereinshütten waren die Mulitreiber. Auf dem Rücken ihrer langohrigen Gehilfen gelangte der Postsack ins Tal und auf dem selben Wege erreichten die Sendungen aus dem Tal die Hütten. An Stelle der oft sehr eigenwilligen Tragtiere transportiert heute die Materialbahn klaglos Brief und Ansichtskarte. Ein bißchen Romantik ging mit der Auflösung der Posthilfsstellen in unseren Bergen verloren.

Tiefenbach

Die Anfänge der Postgeschichte von Tiefenbach haben nichts mit Oberstdorf zu tun, denn am 10. Juli 1859 genehmigte die oberste Postbehörde eine Briefablage in Tiefenbach im Postbezirk Fischen. Erst als auch das Landgericht Immenstadt bestätigt hatte, daß die Straße (Anm.: von Obermaiselstein) erweitert und einige gefährliche Stellen „entsprechend versichert” seien, ging man an eine Verbesserung der Situation des Postwesens heran. In einem Bericht des OPA von Augsburg nach München vom 30. Juni 1861 heißt es: „... nach den desfalls eingezogenen Erhebungen der Ort Tiefenbach (Post Fischen) allerdings – abgesehen von der Badesaison, die einen immer zunehmenden Aufschwung zu gewinnen scheint – auch bezüglich des Verkehrs im Winter die Errichtung einer Postablage vollkommen rechtfertigt. ...”

Am 1. Januar 1862 wurde Tiefenbach schließlich zur Postablage erhoben, „... nachdem der dortige Gemeinde-Vorsteher Müller sich die nöthigen Kenntnisse zur Führung einer Postablage erworben ...” hat. Müller erhielt für seine Dienste ein jährliches „Aversum” (Vergütung) von 32 fl (Gulden). Sein Nachfolger, der Zolleinnehmer Mathias Batz, 1872 schon 50 fl. Er, der ohne Liegenschaftsbesitz war, mußte als Amtsbürgschaft 200 fl hinterlegen.

In einem Bericht vom 13. März 1891 lesen wir:

„Die für Empfänger in Tiefenbach ... bestimmten Briefe und Zeitungen werden von dem Postboten, welcher den Botengang nach Tiefenbach auszuführen hat, bei dem Postablage-Inhaber in Tiefenbach hinterlegt und von den Schulkindern dort abgeholt. ...”

Mit Dienstvertrag wurde dem Lehrer Benedikt Leble die Postablage am 1. April 1891 übertragen. Von ihm wurde eine Amtsbürgschaft von 400,– Mark (Anm.: die Umstellung vom Gulden zur Mark erfolgte 1876) gefordert. Leble hatte werktags täglich einen Botengang zu verrichten und in den Ortsteilen Bachtl, Dorf, Ferlewang, Kapf, Oib, Räppele, Winkel und Tiefenbach die Sendungen persönlich abzugeben bzw. einen unter seiner Haftung tätigen Vertreter zu schicken. Für diese Arbeit erhielt er pro Jahr 192,– Mark. Ob da beim „Lehrer-Postboten” nicht weiterhin die Schulkinder Briefträger waren? Nach einem Antrag der Gutsverwaltung Rohrmoos wird dieser Ort ab 16. Mai 1895 wöchentlich dreimal in die Zustellung einbezogen und die Entlohnung des Postablage-Inhabers auf 300,– Mark erhöht.

„Die mit der Postablage Tiefenbach vereinigte Telegraphenstation wurde heute für den allgemeinen Verkehr eröffnet”, lautet ein Telegramm. Die Gestehungskosten für diese Station mit Telefonbetrieb wurden mit 950,– Mark beziffert. Vermittlungsstation für Tiefenbach war Oberstdorf.

Als der Gasthof- und Badbesitzer Georg Schmidt erfuhr, daß sein Freund Leble versetzt wird, bewarb er sich um die Postablage, die ihm am 31. Januar 1896 übertragen wurde. Schmidt bediente sich des Hilfsboten Johann Spettel.
Im Juni 1898 wird erstmals von einer Botenpost Langenwang – Tiefenbach berichtet. Dieser Bote hatte zusätzlich die werktägliche Zustellung in Tiefenbach für eine Gesamtlohnsumme von jährlich 420,– Mark zu verrichten.

Posthorn - Heft 50

Der Bad- und Gasthofbesitzer Georg Schmidt hat 1896 die Postablage in sein Haus geholt und diese im „Bad” bis zu seinem Wegzug 1902 betrieben. Im Anwesen HSNr. 38 – im Bild ganz rechts am Bach – war in späteren Jahren die Post untergebracht.

Die Post überholte sich selbst. Am 1. Oktober 1898 wurde Tiefenbach Postagentur, mit Georg Müller ein entsprechender Vertrag geschlossen und die einzelnen Ortsteile „dem Postzustellbezirk Tiefenbach Schwaben zugetheilt”. Als Georg Müller in Sonthofen einen Gasthof erwarb und dorthin zog, übernahm Martin Müller am 22. Januar 1900 die Agentur auf HsNr. 201⁄2.

Nachdem die Gemeinde Tiefenbach in den Jahren 1898/99 mit einem Finanzaufwand von 57.500,– Mark die Breitachstraße vom Weidach bis zur „Langenwanger Brücke” hatte bauen lassen, war der Ort durch eine täglich verkehrende Karriolpost mit Oberstdorf verbunden, die von Martin Müller betrieben wurde.

Es ergeht eine Entschließung: „Vom 1. 12. 1902 anfangend wird der PAg Tiefenbach Schwaben eine Postbotenstelle zugeteilt.” Anscheinend war ab dem Zeitpunkt auch eine sonntägliche Postzustellung eingeführt worden, denn im August 1903 wird verfügt, daß dem „... aufgestellten Aushilfsboten behufs Ablösung des betreffenden Postboten an jedem zweiten Sonntag gegen eine jährliche ... Vergütung von je 24 M genehmigt” wird. Wenn man hier rechnet, hatte der etatmäßige Postbote in Tiefenbach in einem ganzen Jahr 26 (!) freie Tage und war noch besser gestellt als z. B. ein Knecht, der nicht einen freien Tag hatte.

Posthorn - Heft 50

Der Gasthof »Alpenrose« war von 1902 bis 1919 Sitz der Post in Tiefenbach. Der Gastwirt Martin Müller betrieb von hier auch die täglich zwischen Oberstdorf und Tiefenbach verkehrende Karriolpost.

„Der fürstliche Guts- und Forstverwalter Franz Hohenadl in Rohrmoos, dem auch der PHSt-Dienst daselbst übertragen ist, hat unterm 18. 11. [1904] darum nachgesucht, es möge in den Monaten November mit März der wöchentlich 3 x Landzustellgang von Tiefenbach nach Rohrmoos nicht schon ab 6.00 Uhr, sondern erst nach Ankunft der ersten Karriolpost aus Oberstdorf angetreten werden. Für den Postboten sei bei den großen Schneemassen der Gang nachmittags leichter als früh morgens, weil der dann stets gebahnten Weg habe.”

Posthorn - Heft 50

Der Fahrplan der kgl. Karriolpost zwischen Tiefenbach und der Bahnstation Oberstdorf. Die Abfahrtszeit um 4.15 Uhr in Tiefenbach war notwendig, um den ersten von Oberstdorf abfahrenden Zug zu erreichen.

Posthorn - Heft 50

Die noch romantische Postverbindung Oberstdorf – Tiefenbach im Jahr 1939.

Die Nöte des Postboten Ulrich Schweier sprechen aus seinen Anträgen um Hilfe. Der gute Mann hatte je nach Anfall täglich Zustellungen vom Bachtl bis Rohrmoos, von Wasach bis zur Klamm, vom Weidach zum Falken, in den Sommermonaten sogar bis zur Schriene und Hinterenge zu tätigen. Er bat um ein Dienstfahrrad oder zumindest einen Zuschuß für sein eigenes Fahrrad. Das OPA lehnte das Ansuchen ab, weil „an sich seltenen Falle eine erhebliche Überschreitung der für die Postboten sonst allgemein bestimmten 9 1⁄2 – 10- stündigen Tagesleistung sich ergeben.”

Im Verkehrsministerialblatt für das Königreich Bayern wird am 18. Juni 1906 veröffentlicht: „Tiefenbach Schwaben ist abzuändern in Tiefenbach b. Oberstdorf”.

Die stetig steigende Gästezahl verlangte Änderungen. Erstmals im Jahr 1908 gewährte die Post während der Sommermonate dem Posthalter eine „Berufspostgehilfin”, jedoch ohne Haftung. Die Beengtheit bei den Räumlichkeiten führte dazu, daß die Post mit Vertrag vom 31. Dezember 1912 beim Gastwirt Martin Müller in der »Alpenrose«, Hs Nr. 32 1⁄2, Räume anmietete und dort künftig die Amtshandlungen vornahm. Als Müller das Anwesen 1919 verkaufte, wurde der pensionierte Förster Franz Hohenadl Nachfolger in Tiefenbach und die Agentur wurde in das Haus Nr. 93 verlegt. Des Försters Töchter Gundula und Mathilde wurden als Beihilfen verpflichtet und gleich dem Vater vereidigt. (Heute spielt das Vorleben eines Ministers eine geringere Rolle als damals das eines Briefträgers!)

Laut Verfügung wurde die PAg Tiefenbach am 21. Mai 1921 bezüglich des Betriebsverbandes und der Abrechnung dem Postamt Oberstdorf zugeteilt. Nach Förster Hohenadls Ausscheiden übernahm Mathilde Kurzwart am 1. November 1924 die PAg, die sich nun im Haus mit der Nummer 38 befand. Die Agenturhalterin bekam dort auch von der Gemeinde eine Wohnung.

Anscheinend machte man sich um die Sicherheit der Post Gedanken, was aus der folgenden Verfügung vom 26. Juli 1927 hervorgeht: „Der Postagentur Tiefenbach wurde für den Wachhund ein monatlicher Futtergeldzuschuß von 8 RM – ab 1. 6. 1927 – genehmigt. ... Nach einer Prüfung des Obersten Rechnungshof wurde dieser Zuschuß beanstandet und ab 1. 10. 1932 auf 3 RM reduziert.” Nochmals „auf den Hund gekommen” ist man in einem Bericht von 1936: „Der bei der PAg Tiefenbach bei Oberstdorf gehaltene Wachhund ist am 23. 4. 1936 eingegangen. Die Wiederbeschaffung eines Hundes ist nicht mehr erforderlich, weil das Agenturgebäude nicht mehr allein steht, sondern durch den Anbau eines Gebäudes, in welchem die Zollwache untergebracht ist, besser gesichert ist.”

Posthorn - Heft 50

In dem gemeindlichen Anwesen Hs Nr. 38 befand sich die Poststelle von 1924 bis 1987.

Kein Aprilscherz war es, als am 1. April 1939 die Postagentur Tiefenbach zur Poststelle und Frau Kurzwart zur Posthalterin erhoben wurde. Auf Befehl der amerikanischen Militärregierung wird sie dann am 10. Februar 1946 aus dem Postdienst entlassen, aber schon nach drei Wochen wieder eingestellt. Als die langjährige Bedienstete in Rente ging, war im Berufungsblatt der Post zu lesen: „Da die Voraussetzungen gegeben sind, wird die PSt (I) Tiefenbach/über Oberstdorf nach dem Ausscheiden der bisherigen PHn ab 1. 4. 1954 in ein Zweigpostamt der Gruppe M umgewandelt und mit der PAng. Ilse Stephan besetzt. Annahme und Zustelldienst bleibt unverändert.”

Kaum eineinhalb Jahre später scheidet Frau Stephan aus und ab da wird die Post in Tiefenbach durch verschiedene Bedienstete vom Amt Oberstdorf geführt, bis 1966 Postsekretär Josef Metzger die Stelle übernimmt und bis zu seiner Pensionierung im April 1975 behält. Zwei Zusteller unterstützten ihn.

In der 50er und 70er Jahren erfolgen verschiedene Änderungen in der Bezeichnung der Post in Tiefenbach, auch die kommunale Änderung des Jahres 1972 zeigte ihre Auswirkungen. So änderte sich z. B. die Postleitzahl. Vorher hieß es 8982 Tiefenbach bei Oberstdorf, neu lautete die Anschrift dann z. B. 898 Oberstdorf/Winkel Nr... . Es änderte sich nicht nur die Postleitzahl, sondern auch der Sitz der Post in Tiefenbach. Am 8. Mai 1987 präsentierte sich die Post mitten im Ort in den neuen Diensträumen im Anwesen Lochbachstraße 4.

Nichts erinnert heute mehr daran, als die Schulkinder die Postsendungen austrugen. Nichts erinnert mehr an den Postboten, der 12 und mehr Stunden täglich zu Fuß die Zustellungen besorgte und dem das Dienstfahrrad verweigert wurde. Nichts erinnert mehr an die unbequemen Sitze der Karriolpost auf der holperigen Breitachstraße. In wenigen Stunden besorgt heute ein Bediensteter der Post- AG mit dem Auto die Zustellungen der um ein Vielfaches gestiegenen Anzahl der Postsendungen.

Fortsetzung folgt

Kontakt

Verschönerungsverein Oberstdorf e.V.
1. Vorsitzender
Peter Titzler
Brunnackerweg 5
87561 Oberstdorf
DEUTSCHLAND
Tel. +49 8322 6759

Der Verein

Unser gemeinnütziger Verein unterstützt und fördert den Erhalt und Pflege von Landschaft, Umwelt, Geschichte, Mundart und Brauchtum in Oberstdorf. Mehr

Unser Oberstdorf

Seit Februar 1982 werden die Hefte der Reihe "Unser Oberstdorf" zweimal im Jahr vom Verschönerungsverein Oberstdorf herausgegeben und brachten seit dem ersten Erscheinen einen wirklichen Schub für die Heimatforschung. Mehr

Wir verwenden Cookies
Wir und unsere Partner verwenden Cookies und vergleichbare Technologien, um unsere Webseite optimal zu gestalten und fortlaufend zu verbessern. Dabei können personenbezogene Daten wie Browserinformationen erfasst und analysiert werden. Durch Klicken auf „Alle akzeptieren“ stimmen Sie der Verwendung zu. Durch Klicken auf „Einstellungen“ können Sie eine individuelle Auswahl treffen und erteilte Einwilligungen für die Zukunft widerrufen. Weitere Informationen erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.
Einstellungen  ·  Datenschutzerklärung  ·  Impressum
zurück
Cookie-Einstellungen
Cookies die für den Betrieb der Webseite unbedingt notwendig sind. weitere Details
Website
Verwendungszweck:

Unbedingt erforderliche Cookies gewährleisten Funktionen, ohne die Sie unsere Webseite nicht wie vorgesehen nutzen können. Das Cookie »TraminoCartSession« dient zur Speicherung des Warenkorbs und der Gefällt-mir Angaben auf dieser Website. Das Cookie »TraminoSession« dient zur Speicherung einer Usersitzung, falls eine vorhanden ist. Das Cookie »Consent« dient zur Speicherung Ihrer Entscheidung hinsichtlich der Verwendung der Cookies. Diese Cookies werden von Verschönerungsverein Oberstdorf auf Basis des eingestezten Redaktionssystems angeboten. Die Cookies werden bis zu 1 Jahr gespeichert.

Cookies die wir benötigen um den Aufenthalt auf unserer Seite noch besser zugestalten. weitere Details
Google Analytics
Verwendungszweck:

Cookies von Google für die Generierung statischer Daten zur Analyse des Website-Verhaltens.

Anbieter: Google LLC (Vereinigte Staaten von Amerika)

Verwendete Technologien: Cookies

verwendete Cookies: ga, _gat, gid, _ga, _gat, _gid,

Ablaufzeit: Die Cookies werden bis zu 730 Tage gespeichert.

Datenschutzhinweise: https://policies.google.com/privacy?fg=1

Externe Videodienste
Verwendungszweck:

Cookies die benötigt werden um YouTube Videos auf der Webseite zu integrieren und vom Benutzer abgespielt werden können.
Anbieter: Google LLC
Verwendte Technologien: Cookies
Ablaufzeit: Die Cookies werden bis zu 179 Tage gespeichert.
Datenschutzerklärung: https://policies.google.com/privacy?hl=de&gl=de

Cookies die benötigt werden um Vimeo Videos auf der Webseite zu integrieren und vom Benutzer abgespielt werden können.
Anbieter: Vimeo LLC
Verwendte Technologien: Cookies
Ablaufzeit: Die Cookies werden bis zu 1 Jahr gespeichert.

Datenschutzerklärung: https://vimeo.com/privacy