Alois Thannheimer und seine Frau Elisabeth, geb. Blattner.
Seine Familie
Geboren wurde Alois Thannheimer am 31. August 1810 auf Haus Nr. 286 (heute Wurzerstraße 6) als Sohn von Josef Thannheimer (Dannheimer) und dessen Ehefrau Johanna, geb. Schraudolf. Bekannt war die Familie bei den Oberstdorfern auch unter dem Hausnamen „b’m Zielar”, später dann „b’m Dahuimar”.
Am 29. Mai 1841 verstarb der Vater Josef mit 68 Jahren. Ein Jahr später, am 21. April 1842, übergab die Mutter Johanna dem Alois das Anwesen Nr. 286. Sie starb am 29. Januar 1856 mit 82 Jahren.
Im Februar 1843 heiratete er Elisabeth Blattner vom Haus Nr. 31 (heute Schrofengasse 15). Im Laufe der Jahre kamen 14 Kinder zur Welt, wovon aber nur sechs das Kindesalter überlebten: Johanna (geb. 10. 11. 1845), Eduard (geb. 1. 2. 1847), Rosina (geb. 10. 3. 1849), Mathilde (geb. 18. 3. 1850), Afra (geb. 27. 4. 1851) und Carl-Magnus, genannt Karle (geb. 2. 11. 1852). Im Januar 1872 starb Eduard mit nur 25 Jahren.
Sohn Karl mit Nachbarn und Freunden; das Bild enstand vor 1878 am alten Eingang zum Haus Nr. 286, an der Nordseite der Blumengasse.
(V. li., stehend) Josef Thannheimer („Vinzenzer”, Hs.Nr. 221 / Bachstraße 18), Ignaz Übelhör („Schmids Nazl”, Hs.Nr. 297 / Wurzerstraße 5), Franz Witsch („Wendelar”, Hs.Nr. 284 / Blumengasse 5);
(sitzend) Martin Hauber (Hs.Nr. 292 / Wurzerstraße 1), Fidel Berktold (Hs.Nr. 295/Wurzerstraße 4), Wilhelm Berktold („Bertesar”, Hs.Nr. 240/Schraudolphstraße 8), Josef Berktold (Bruder des Fidel B., beide geb. in Hs.Nr. 295), Sohn Karl Thannheimer (Hs.Nr. 286/Wurzerstraße 6), Josef Berktold („Gerstrubarmänd- lar”), Hs.Nr. 287 / Blumengasse 1).
Rechts, in der Tür stehend, Alois Thannheimer („Dahuimar”).
Alois Thannheimer starb am 22. Juni 1878, seine Ehefrau Elisabeth folgte ihm am 17. Juli 1883 in die Ewigkeit. Da Sohn Karle, vorsichtig ausgedrückt, geistig nicht ganz auf der Höhe war, musste die älteste Tochter Johanna die Hofnachfolge antreten. Mit dem Tiroler Johann Baptist Huber, von Kaisers im Lechtal, fand sie einen überaus tüchtigen Ehemann. Geheiratet haben sie am 27. April 1884. Aufgrund seiner roten Haarfarbe nannten die Oberstdorfer den Johann Huber „de gfuxede Dahuimar”. Er renovierte und reparierte das Haus in der Blumengasse und kaufte das eine oder andere Äckerle dazu, um den Viehstand auf vier Kühe erweitern zu können.
1885 kam Tochter Maria zur Welt, 1889 folgte Tochter Anastasia. Maria heiratete Johann Leitner von Griesau im Lechtal und folgte ihrem Mann in dessen Heimat. Anastasia heiratete den Mindelheimer Maurer Hermann Birk und lebte bis zu ihrem Tod als „Birks Stasl” im Anwesen Nr. 286.
Weitere Einkünfte, sorgfältig notiert in einem Tagebuch
Da die Landwirtschaft nicht genügend abwarf, musste sich Alois Thannheimer um weitere Einkünfte bemühen. Ein Zubrot verdiente er sich als Oberstdorfer Gemeindediener. Neben vielen Botengängen war der „Verruf” seine Hauptaufgabe. An bestimmten Stellen im Ort musste er obrigkeitliche Anordnungen, Bestimmungen und Beschlüsse oder auch Neuigkeiten ausrufen, oder wie man damals sagte „verrufen”. Auch das Einsammeln von Unterschriften gehörte zu seinen Aufgaben. Reich konnte man dabei aber nicht werden. So notierte er für 1873 u. a.: „... ein Verruf 4 x [Kreuzer] ... den 2. Juni ein Verruf zu Heube 4 x ... im Juni 1 Kataster gebracht 4 x ...” Für 1874 ist vermerkt: „... Im März Unterschriften sammeln im Markt 4 Täg lang 4 fl [Gulden] ... 2 Verruf wegen dem Sandgraben im Schanztobel 8 x ... die Rappenalper Heubat 2 x ... Verruf wegen Verpachtung 20 x ...” Die großen Heubate wie am Laufbach wurden schon im Winter im Adlerwirt versteigert.
Eine weitere wichtige Existenzgrundlage war deshalb die Tätigkeit als Taglöhner oder „Söldner”, wie man es zu dieser Zeit auch nannte.
Einer der Hauptarbeitgeber war der Oberstdorfer Bäcker und Sägewerksbetreiber Johann Gschwender vom Haus Nr. 145 (heute Café Franziskus, Oststraße 1). Schon vor dem großen Brand von 1865 war dieses Haus höher und größer als die meisten anderen. Mit seinem Walmdach hob es sich von der Umgebungsbebauung deutlich ab. Vermutlich hatte es ursprünglich Hans v. Heimenhofen im Jahr 1478 erbauen lassen, unmittelbar beim alten Meierhofer Kappeler (Haus Nr. 147) und zunächst der Pfarrkirche und dem Pfarrhof (Haus Nr. 146). Im Jahr 1845 pachtete Gschwender von der Ortsgemeinde am sog. Schmiddenbach ein Grundstück mit einem Tagwerk auf 30 Jahre, um eine Sägemühle – die „Gschwendersäge” – zu erbauen. Im Jahr 1870 besaß er 10 Kühe, entsprechend Galtvieh, außerdem 79 Viertelsaat (= 10 Tagwerk) Öschfeld und eine große Anzahl an Wiesen in allen Himmelsrichtungen um Oberstdorf.
Dem Tagebuch des Alois Thannheimer ist zu entnehmen, dass Gschwender einen großen Teil der Felder und Wiesen im Akkord heuen ließ. So erhielt er 1873 für 35 Viertelsaat mähen, heinzen und Heu in die Schinden tragen pro Viertelsaat 18 Kreuzer Taglohn. Damit war beiden Seiten gedient. Für diese Söld- oder Teilzeitarbeiten, oft mit Beteiligung der ganze Familie, erhielt Thannheimer Lohn und Gschwender musste nur für diese Arbeiten bezahlen. Ganzjahreslöhne für Mägde und Knechte konnte er dadurch wesentlich minimieren.
Wie sorgfältig Alois Thannheimers Buchführung in seinem Tagebuch war, zeigen, als Beispiel, die zwei nachfolgend abgebildeten Seiten.
1871 Johan Gschwender im Jenner 1 Kohl Kratte (Holzkohlenkorb) geflickt | 36 x |
April 2 Tag verleße am Kinberg (Kühberg) | 30 x |
deto 2 Kohl Krätte geflickt | 2 fl 24 x |
2 im Mai Erdäpfel eingelet (eingelegt) | 30 x |
1 Tag im Juni gewaschen | 18 fl |
Wiese geheubeth beim See (Christlessee) | 15 fl |
Wiese geheubeth auf Wenkle | 20 fl |
Grünbachtel nahe dem Freibergsee Sept. 1 Tag gebutz(t) | 18 x |
Okt. 1 Tag gebutz(t) | 18 x |
Kälbele Hirtlohn a 12 Stuck das Stück 24 x macht | 4 fl 48 x |
Verrichtgelt in Birenwang | 1 fl 30 x |
im Dezember 2 Große Wanna (Wannen) | 2 fl |
Erklärung: fl = Gulden, x = Kreuzer
1872 Johan Gschwender 25 Viertelsath Feld [à 426 qm] geheubeth | 30 fl |
1 Wiese in Dumelsmoß | 10 fl |
1 Wiese beim See | 15 fl |
1 Wiese im Schlatt | 7 fl |
2 Wiese in Helle (Höllwies) | 7 fl 30 x |
1 Wiese im Ochsenmoß | 5 fl 30 x |
2 Schinden das Dach geflickt | 29 x |
1873 im Mai ein Verruf | 4 x |
den 2. Juni ein Verruf zum Heube | 4 x |
2 Kohl Krätte gemacht | 20 fl |
35 Viertelsath geheuheth a 1 fl 18 x macht | 43 fl |
Wiese beim See geheubet | 16 fl |
deto in Dumelsmoß | 12 fl |
deto in Schlatt | 8 fl |
deto 2 in Hellen | 8 fl 30 x |
deto in Ochsenmoß | 6 fl |
Die Nebentätigkeit als Gemeindediener litt unter diesen Arbeiten im Sommer und Herbst nicht. Das Sammeln von Unterschriften oder an diversen Plätzen das „Verrufen” von kommunalen Neuigkeiten konnte er nebenher durchaus bewältigen.
Der verantwortungsbewusste Erwerbssinn von Alois Thannheimer zeigt, dass man auch schon in früherer Zeit „Nebenjobs” benötigte, um eine Familie zu ernähren, zumal das damalige soziale Netz wesentlich weitere Maschen aufwies als heute.