Abt Hermann Vogler - Ein hoher geistlicher Würdenträger aus Oberstdorfer Geschlecht (1680-1749)

von Dieter Weigel am 01.11.1984

Josephus Vogler, der erst später den Klosternamen Hermann nach dem Prämonstratenserheiligen Hermann Josef erhielt, wurde am 5. November 1680 zu Oberstdorf getauft. Seine Eltern waren Jerg Vogler und Maria Härtmanen. Nach einer Tätigkeit als Pfarrer zu Haisterkirch, wurde Hermann Vogler der gleichwürdige Nachfolger des trefflichen Abtes Martin Ertle aus Sonthofen (Greggenhofen), der 1681 den Großbrand des Klosters erleben mußte und den Neubau von Kloster und Kirche durchführte.

Hermann Vogler (1711 - 1739), wiederum ein Allgäuer, war erst 31 Jahre alt und hatte in Rot und in Dillingen studiert. Abt Martin Ertle verstarb am 11. 5.1712. Bei der Kirchenrenovierung von 1962 - 64 wurde dessen Grabstein wieder entdeckt, den Abt Hermann seinem Vorgänger und Allgäuer Landsmann gesetzt hatte. Das schöne Barockdenkmal, heute als Abguß in der Kirche wieder sichtbar, trägt im unteren Teil das Wappen des Abtes Hermann in seiner ersten Fassung: Viergeteilt mit dem Verenafisch im 1. und 4. Feld und ein Mann mit Vogel auf der Hand im 2. und 3. Feld, darüber die Abtmitra mit Infuln und Abtstab. Die Widmungstafel:

HOC MONUMENTUM GRATITUDINIS ET
FILIALIS RESPECTUS ERGO POSUIT IN
REGIMINE SUCCESSOR HERMANNUS ABBAS
A. MDCCXII

Abt Hermann war ein richtiger Barockprälat mit großem Interesse an der Seelsorge, aber auch an Bauten und deren Ausschmückung. Ein Freund von Wallfahrten und Reliquienübertragungen, im Gottesdienst und in der Haushaltung auf Glanz und Pracht eingestellt. Seine Lieblingsandachten waren die zum heiligen Altarsakrament, Leiden Christi, Maria, Josef und Theresia. Er stand in dauerndem Verkehr mit dem mystisch begnadeten Karmelitermönch Johann vom Kreuz in Augsburg, in Briefwechsel mit der seligen Franziskanerin Kreszentia Höß von Kaufbeuren, die im Oktober 1731 selbst nach Rot kam. Seinen Ordensbrüdern galt er als heilig.

Der neue Abt baute gleich zu Beginn seiner Regierung das Refektorium im Kloster und erneuerte nach einer Wallfahrt zum elsässischen Odilienberg die 200 Jahre alte, fast verfallene Odilienkapelle.

Dem Schmuck des Klosters diente der 1716 gefertigte Springbrunnen aus rotem Marmor. Die aus Blei gefertigten kunstvollen Röhren und Ornamente dieses Brunnens wurden leider in der Hitlerzeit weggenommen, seither ist der Brunnen nur noch eine Ruine. Abt Hermann vollendete die Kirche in Haslach, dazu ein Mesner- und Lehrerhaus mit einem hübschen Zimmer für den Pfarrer, der vom Kloster aus die Seelsorge ausübte (Heute dient das Gebäude als Kindergarten und Schwesternhaus). Abt Hermann baute auch die Kapellen in Gwigg und Molpertshaus, er ließ die Kirche in Haisterkirch restaurieren und errichtete dort ein neues schloßähnliches Pfarrhaus.

Das bedeutendste Werk unter seiner Regierung ist freilich die heute großenteils stehende Ökonomie. Ein Teil wurde erst vor wenigen Jahrzehnten abgetragen. Im Februar 1719 drohte dem Kloster wieder ein gefährlicher Brand, der aber unterdrückt werden konnte. Im Herbst 1721 brannte das (1695 neu errichtete) Wohnhaus für die Dienstboten vollständig aus (An seiner Stelle steht das jetzige Mesnerhaus).

Als der Sturm im Januar 1724 den großen Merzen niederlegte, beschloß Abt Hermann, mit dem Holz den schon längst nötigen einheitlichen Wirtschaftshof für die Landwirtschaft und die Handwerker zu errichten. Mit seltener Großzügigkeit wurde das Gebäude angelegt, mit Ausmaßen von 143 und 93 Metern und einem Innenhof von drei Morgen. Hier konnten das Vieh eingestellt, die Ernte geborgen, die Zehnten entgegengenommen werden, die Wagen ihren Platz finden und alle Handwerksstuben eingerichtet werden.

Das Kloster wurde unter Abt Hermann mehr als je zu einer Stätte der Frömmigkeit und der geistigen Bildung. Abt Hermann ließ das Stift regelmäßig visitieren und erntete immer wieder Lob wegen des guten Standes des Klosters. Der Besuch des Schweizer Nuntius im Jahre 1715 war eine große Ehre. Man erbat sich von ihm die Erlaubnis, im Kloster und in den Klosterpfarreien die Bruderschaft vom Altarsakrament zu errichten. Für die Tage der Ordensheiligen bemühte sich Abt Hermann um Ablässe. 1724 wurden in der Klosterkirche Rot 24.150 hl. Kommunionen gezählt.

Große Sorge verwandte Abt Hermann auf den Erhalt von Reliquien. In diesem Jahr erwarb er aus einer Katakombe von Rom die geborgenen Leiber der Eheleute Aurelius Renatus und Domitia, die er nach der erfolgten bischöflichen Approbation zur feierlichen Verehrung in die Kirche überführen ließ. Auf ähnlichem Weg erhielt er auch eine ansehnliche Reliquie des hl. Kreuzes.

Abt Hermann Vogler - Heft 6

Gemälde in der Lorettokapelle Oberstdorf

Abt Hermann Vogler besucht 1714 Loretto (Bild von ihm gestiftet)

Kleinere Teile schenkte er den Klosterpfarreien, zuerst seinem geliebten Haisterkirch, wo er selbst bei der Übertragung die Festpredigt hielt, dann nach Maria Steinbach, Kirchberg und Erolzheim. Die Heiligjahrpilger 1725 mußten ihm Reliquien bringen. 1738 erhielt Abt Hermann von dem Paulanereremiten Theophil Müllerin Rötenbach eine weitere Kreuzreliquie, deren Geschichte bis 1511 zurückgeführt werden kann und die von der hl. Kreszentia von Kaufbeuren für echt erklärt worden war.

Eigenes geschichtliches Interesse dürfte Abt Hermann veranlaßt haben, den Plan, durch einen französischen Prämonstratenser eine Ordensgeschichte zu erstellen, durch Sammlung und Sendung von Quellenmaterial über Rot zu unterstützen.

Erstmals wurden unter Abt Hermann auch die Jubiläen gefeiert. Die 600-Jahr-Feier des Klosters wurde mit barockem Gepränge zelebriert. Von St. Johann aus wurden die Leiber der hl. Eheleute in feierlicher Prozession in die Klosterkirche geleitet und unter dem Schutz der beiden Heiligen eine Ehebruderschaft errichtet, die mit der Sebastiansbruderschaft die meisten Mitglieder zählt. Beim Jubiläum zählte man 15.000 Festgäste.

1730 wurde Abt Hermann Direktor des Oberschwäbischen Prälatenkollegiums. Die Titulatur Abt Voglers lautete „Hochwürdigster Herr des Hl. Römischen Reiches Prälat und Herr des löblichen Reichsstifts Rot”.

1731 wurden zur 500-Jahr-Feier des Todes des seligen Willebold in Berkheim dessen Gebeine aus dem Grabe in der Kirche erhoben und am 21. Oktober mit großer Feierlichkeit durch Abt Hermann von Rot in einem eichenen, außen mit Bleiplatten beschlagenen Sarge, der innen mit roter Seide ausgeschlagen war, wieder am alten Platze beigesetzt.

Im Orden erwarb sich Abt Hermann Vogler große Verdienste durch die fleißige Visitation in den Roter Tochterklöstern, die ihn von 1713 an mehrfach bis nach Wilten und Steingaden führte. Im Auftrag des Kapitels war er 1718 in dem armutsvollen und labilen Schwarzwaldkloster Allerheiligen bei der Abtwahl anwesend. 1721 wurde Abt Hermann zum Generalvikar in der Provinz ernannt. Nun führte er die üblichen Visitationen mit noch größerer Gewissenhaftigkeit durch. Die Aufzählung der einzelnen Reisen würde ermüden, zeigt aber das außerordentlich weite Ausmaß seiner Tätigkeit. Bis nach Griffen in Kärnten und nach Chur reichten seine Aufträge.

Entscheidenden Anteil hatte das Kloster, besonders der begeisterte Abt Hermann Vogler, an dem Aufkommen der Wallfahrten nach Maria Steinbach. Der Ursprung liegt im Kloster Rot.

An einer holzgschnitzten Pieta, die bis zum Brand 1681 in der Roter Kirche stand und 1728 in Maria Steinbach aufgestellt wurde, zeigten sich seit 1730 wunderbare Erscheinungen. Auch in Haslach waren schon zuvor besondere Gnadenerweise von einer Muttergottes mit Jesuskind erbeten und wunderbare Gebetserhörungen seit 1726 in Haisterkirch aufgezeichnet worden. Hier in Steinbach wollte man das Öffnen und Schließen der Augen und der Lippen der Muttergottes und den Wechsel ihrer Gesichtsfarbe gesehen haben. Die unerklärlichen Erscheinungen riefen bei den Bauern der Umgebung eine gewaltige Wallfahrtsbewegung ins Leben, die von Abt Hermann noch gefordert wurde. Der Konstanzer Generalvikar forderte vom Kloster Rot die Entfernung des Bildes und die Abberufung des Pfarrers. Gegen dieses Verdikt wandte sich Abt Hermann an den Nuntius in Luzern.

Darauf wurde eine Untersuchungskommission nach Steinbach gesandt. Als Ergebnis erschien gegen Jahresende ein Dekret des Bischofs, worin die Echtheit der Vorgänge und die Verehrung des Gnadenbildes bestätigt wurde. 1734 wurde durch Abt Hermann der Pfingstdienstag erstmals als Patrozinium hochfestlich begangen. Rot hatte so einen Wallfahrtsort, der in den zwei Jahren 1737/39 nicht weniger als 125.000 Kommunikanten sah. Der eine Roter Pater in Steinbach konnte dem steten Zulauf nicht mehr genügen, so wurden von Abt Hermann noch zwei weitere Patres eingesetzt, die die Pfarrei und die Wallfahrtskirche „Maria Steinbach” zu betreuen hatten.

Um sich dem geistlichen Leben mehr widmen zu können, wollte Abt Hermann schon 1729 seinen Abtsrang niederlegen und schrieb darüber an die selige Kreszentia von Kaufbeuren. Diese gab Abt Hermann Vogler zu bedenken, er sei ja nicht gegen den Willen Gottes, sondern durch seine Vorsehung zu dieser Würde gekommen und habe sie bisher immer zur Ehre Gottes getragen. Im Jahre 1739 glaubte der Abt und Prälat Vogler wohl alles geordnet zu haben und trat auch als Abt zurück. Noch zehn Jahre gab er als einfacher Ordensmann seinen Mitbrüdern ein Beispiel der Frömmigkeit und Regeltreue bis zu seinem Tod.

Abt Hermann Vogler starb im Jahre 1749 im Kloster Rot a. d. Rot. Voglers Nachfolger war Abt Ignaz Vetter von Kirchheim (1739 - 1755).

Anhang:
1714 besuchte Abt Hermann Vogler seinen Geburtsort Oberstdorf, wobei er den Gnadenaltar in Loretto weihte. Zu diesem Anlaß stiftete Abt Hermann ein großes Gemälde, wo er selbst mit seinen weißen Klosterbrüdern abgebildet ist und sie sich der in den Wolken erscheinenden Gottesmutter von Loretto ergeben. Auf der rechten Seite des Bildes ist die Ansicht des Klosters Rot abgebildet. Das Gemälde befindet sich in der Wallfahrtskapelle Maria Loretto in Oberstdorf.

Quellennachweis:
Zirkel/Grundmann: „Geschichte des Marktes Oberstdorf. Bd. 3. 1976. S. 311 315.
W. Stemmer, Pfarrer (Rot an der Rot): Kirchenführer. 2. Aufl. 1965. S. 23 - 26.
Hermann Tüchle und A. Schahl: Festschrift „850 Jahre Rot an der Rot". 1976.

Kontakt

Verschönerungsverein Oberstdorf e.V.
1. Vorsitzender
Peter Titzler
Brunnackerweg 5
87561 Oberstdorf
DEUTSCHLAND
Tel. +49 8322 6759

Der Verein

Unser gemeinnütziger Verein unterstützt und fördert den Erhalt und Pflege von Landschaft, Umwelt, Geschichte, Mundart und Brauchtum in Oberstdorf. Mehr

Unser Oberstdorf

Seit Februar 1982 werden die Hefte der Reihe "Unser Oberstdorf" zweimal im Jahr vom Verschönerungsverein Oberstdorf herausgegeben und brachten seit dem ersten Erscheinen einen wirklichen Schub für die Heimatforschung. Mehr

Wir verwenden Cookies
Wir und unsere Partner verwenden Cookies und vergleichbare Technologien, um unsere Webseite optimal zu gestalten und fortlaufend zu verbessern. Dabei können personenbezogene Daten wie Browserinformationen erfasst und analysiert werden. Durch Klicken auf „Alle akzeptieren“ stimmen Sie der Verwendung zu. Durch Klicken auf „Einstellungen“ können Sie eine individuelle Auswahl treffen und erteilte Einwilligungen für die Zukunft widerrufen. Weitere Informationen erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.
Einstellungen  ·  Datenschutzerklärung  ·  Impressum
zurück
Cookie-Einstellungen
Cookies die für den Betrieb der Webseite unbedingt notwendig sind. weitere Details
Website
Verwendungszweck:

Unbedingt erforderliche Cookies gewährleisten Funktionen, ohne die Sie unsere Webseite nicht wie vorgesehen nutzen können. Das Cookie »TraminoCartSession« dient zur Speicherung des Warenkorbs und der Gefällt-mir Angaben auf dieser Website. Das Cookie »TraminoSession« dient zur Speicherung einer Usersitzung, falls eine vorhanden ist. Das Cookie »Consent« dient zur Speicherung Ihrer Entscheidung hinsichtlich der Verwendung der Cookies. Diese Cookies werden von Verschönerungsverein Oberstdorf auf Basis des eingestezten Redaktionssystems angeboten. Die Cookies werden bis zu 1 Jahr gespeichert.

Cookies die wir benötigen um den Aufenthalt auf unserer Seite noch besser zugestalten. weitere Details
Google Analytics
Verwendungszweck:

Cookies von Google für die Generierung statischer Daten zur Analyse des Website-Verhaltens.

Anbieter: Google LLC (Vereinigte Staaten von Amerika)

Verwendete Technologien: Cookies

verwendete Cookies: ga, _gat, gid, _ga, _gat, _gid,

Ablaufzeit: Die Cookies werden bis zu 730 Tage gespeichert.

Datenschutzhinweise: https://policies.google.com/privacy?fg=1

Externe Videodienste
Verwendungszweck:

Cookies die benötigt werden um YouTube Videos auf der Webseite zu integrieren und vom Benutzer abgespielt werden können.
Anbieter: Google LLC
Verwendte Technologien: Cookies
Ablaufzeit: Die Cookies werden bis zu 179 Tage gespeichert.
Datenschutzerklärung: https://policies.google.com/privacy?hl=de&gl=de

Cookies die benötigt werden um Vimeo Videos auf der Webseite zu integrieren und vom Benutzer abgespielt werden können.
Anbieter: Vimeo LLC
Verwendte Technologien: Cookies
Ablaufzeit: Die Cookies werden bis zu 1 Jahr gespeichert.

Datenschutzerklärung: https://vimeo.com/privacy