Made in Oberstdorf - Skihistorischer Fund in einem Keller in Thüringen

von Hannes Kirschner am 01.12.2012

Als Annelore Waldhäusl in ihrem neugekauften Haus in Jena den Keller entrümpelte, staunte sie nicht schlecht: Sie fand ein sehr gut erhaltenes Paar Holzski mit einem Metallschild „Ski-Spezial-Werkstätte Fidel Huber, Oberstdorf/Allgäu”. Per Internet wurde sie auf die Fa. Sport Huber aufmerksam, und so fanden diese Ski nach langen Jahren den Weg zurück zu ihrem Entstehungsort.

Es handelt sich dabei um ein Paar handgemachte Ski aus Hickory, einer nordamerikanischen Nussbaumart. Deren Holz ist härter und haltbarer als das der heimischen Esche, das für die ersten Ski ab ca. 1880 verwendet wurde. Alle kleineren Skihersteller im Allgäu, meistens Wagner von Beruf, wurden bereits um 1920 von der Fa. Laupheimer in Weißenhorn mit Hickory-Rohlingen zum Skibau für ihre exklusiveren Modelle beliefert.

Auch Fidel Huber (1910 – 1987) war Wagnermeister. Er kam 1928 als Geselle nach Oberstdorf in die Werkstatt von Otto Schratt (Jacheme Otto), wo er auch wohnte. Nach der Meisterprüfung machte er sich 1934 in der Trettachstraße 13 selbstständig, wobei ihm die Skimacherei ein wachsendes Geschäftsfeld auftat.

Skifund - Heft 61

Geschäftseröffnung von 1934;

vor dem Laden Fidel Huber und seine Frau Resa (geb. Niesl).

Im Schaufenster links sind ähnliche Skimodelle wie das beschriebene ausgestellt.

Das charakteristische am vorliegenden Ski ist die Spitzenform mit Zapfen. Es muss sich um ein frühes Paar aus der Zeit von 1934 – 1939 handeln. Mathias Baumgartner, der von 1946 – 48 seine Wagnerlehre bei Fidel Huber absolvierte, erinnert sich, dass nach 1945 zunächst nur Eschenski gebaut wurden. Die ersten Hickoryski nach dem Krieg wurden erst wieder speziell für die Rennläufer Sepp Högerle und Willi Klein ab ca. 1947 gebaut und da war diese Schaufelform längst aus der Mode. Zur Lagerung wurde über die Zapfen an der Schaufel ein verstellbarer Spitzenspanner aus Holz gesteckt, der verhindern sollte, dass sich die dampfgebogenen Spitzen im Sommer zurückbiegen und der Ski flach wird.

An den Kontaktpunkten wurden Schraubzwingen angebracht und in die Mitte unter der Bindung ein Holzklotz gesteckt, der aber nicht mehr erhalten ist. Trotzdem weist der Ski bei einer Länge von 195 cm noch 9 mm Vorspannung auf. Die Taillierung beträgt 88 – 74 – 80 mm, was einem Radius von stolzen 77 Metern entspricht. Wem dies viel vorkommt, muss bedenken, dass die damaligen Ski auf drei Disziplinen ausgelegt waren: Aufstieg, Abfahrt und Sprunglauf, für den ein kleinerer Radius fatal wäre. Für Auftrieb im Tiefschnee sorgte die 30 cm lange Schaufel.

Auf dem Ski ist die modernste Bindung der damaligen Zeit montiert, eine GEZE Kandahar. Sie konnte leicht in Länge und Federspannung angepasst werden, und per Umhängen des Kabels konnte schnell von Aufstieg auf Abfahrt gewechselt werden. Unser Ski muss noch im Telemarkstil gefahren worden sein, bei späteren Modellen der Kandahar sind weiter hinten zweite Kabelführungen angebracht, damit die Ferse für den Parallelstil besser am Ski fixiert wird.

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GEZE Kandahar-Bindung.

Links in Abfahrt,
rechts in Aufstiegs-/Sprung- Position.

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Verstellbarer Spitzenspanner.

Seitlich vor und hinter der Bindung sind an den Ski Hohlkehlen gefräst, die zur Spitze und zum Skiende auslaufen. Diese Fräsungen erhöhen die Stabilität und den Kantendruck der Ski immens. Die Anfertigung dieser Hohlkehlen war absolute Chefsache. Fidel Huber erledigte sie nach Feierabend.

Die Mitarbeiter bekamen niemals eine Schablone zu Gesicht und fragten sich oft, wie er das wohl gemacht hat.

Der Ski hat bereits geschraubte Stahlkanten bis zur Spitze hoch, was für die damalige Zeit eher die Ausnahme war9). Die Kanten sind im Spitzenbereich durchgenietet, deshalb könnte es auch sein, dass die Kante nachträglich angebracht wurde. Nach dem Krieg wurden Stahlkanten allgemein Standard. Sie wurden in ca. 16 cm langen Stücken in einen gefrästen Falz geschraubt. Bei Beschädigungen durch Steine konnte dadurch einfach ein Teilstück ausgewechselt werden, was bei einem modernen Ski nicht mehr möglich ist. Die Kante für den Spitzenbereich wurde anhand einer Eisenbahnschiene auf die Krümmung zurechtgebogen. Zuvor wurde noch eine 8 mm breite Laufrille in die Unterseite gefräst. Zuletzt wurden die Ski lackiert.

In den 50er Jahren endete mit dem Aufkommen der industriellen Fertigung die Ära der handwerklichen Skibauer. Die hauseigene Skiproduktion wurde eingestellt, und Fidel Huber konzentrierte sich ganz auf den Bereich Sportfachhandel.

Dass ein handgemachter Ski von ihm länger hält als das sog. „1000jährige Reich” und bruchstabiler ist als die Berliner Mauer hätte er aber wohl selbst nicht geglaubt.

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