Vorbemerkung:
Auszug ist ein finanztechnischer Ausdruck der frühen Neuzeit, der vor allem in den Steuerbüchern der hochstiftischen (bischöflichen) Finanzverwaltung, aber auch der königseggisch-rothenfelsischen, also der montfortischen Finanzverwaltung vorkommt, aber seltener auch in anderen Quellen. Was will er besagen? Ein Oberallgäuer, besonders ein Oberstdorfer, kann ihn mit dem Mundartwort übersetzen. Ein weiter im Norden und zudem noch westlich der Iller lebender Allgäuer kann sich unter diesem Wort möglicherweise schon gar nichts mehr vorstellen.
Beim Auszug oder Füetrat handelt es sich um , sondern nur in den Sommermonaten zur Viehweide oder auch Heugewinnung dient. Gegen den Herbst zu wird der Auszug oder das Füetrat wieder benutzt, bis dem Vieh im Dorf oder am Hauptwohnsitz des Eigentümers wieder Platz und Nahrung zur Verfügung steht.
Einen frühen Beleg bietet mit einem und damit scheint die Titelfrage schon beantwortet, denn jeder Wanderer oder Tourist wird das Gasthaus Gaisalpe zwar als Dauersiedlung erfassen, doch wissen wir zu wenig Bescheid, zumal es nach 1860 dort drei Alpen gab. Gerade bei der Gaisalp, über die Agnes Schöll, aus Reichenbach, in langjähriger Arbeit viele Nachrichten gesammelt hat, zeigt sich, dass die Entwicklung vom Auszug zur Dauersiedlung im einzelnen doch schwer zu verfolgen ist. Auch Willi Kappeler und Karl Zobel haben in mit einer Chronologie das Thema Siedlung in der Gaisalp schon einmal aufgegriffen. Nach ihnen wären bereits 1534 vier Anwesen, Hs.-Nr. 1, 2, 3 und 4, nachweislich schon ganzjährig bewohnt gewesen; leider fehlt der Nachweis. Hier sei nun versucht, anhand einer Auswahl von Belegen mögliche Fragestellungen und Antworten zu finden.
Das bietet in der Unteren Gaißalb [drei?] Auszüge. empfängt ein Marx Schratt, Jergen sun in der Gaißalb als Lehenträger für sich und seine Geschwister die Wiß und Guet, dar Innen das Hauß steet. Doch hat ihr gemelter Vatter die Behaußung und Herberg und Underschlauf Im Hauß sein Lebenlang vorbehalten. Noch früher, bereits 1435, soll ein Annderlin von Gaissalbe 8 ß dn aus Gaissalbe bezahlen. Der Zuname von Gaissalbe legt nahe, dass es sich auch hier bereits um eine Dauersiedlung handelt.
Für Beurteilung und Funktion der Auszüge im Gaisalpgebiet scheint es dienlich, die Steuerbewertung dieser Häuser zu beachten.
Im heißt es von Martin Schratt: hat ainen halben Sommer und Winterauszug in der oberen und unteren Gaiß Alb zu 450 fl. Derselbe Steuerwert von 450 fl wird dann auch für den halben Sommer- und Winterauszug von Hans Schratten Kinder angegeben in der oberen und undren Gaißalb. Interessant ist hier nebenbei die , dass 1604 Michael, Martin und Mang, die Schratten „alles Eigentum in der Gaisalb” besitzen. Es ist eigentlich nicht vorstellbar, dass es sich bei einfachen Auszügen um so hohe Vermögenswerte von 450 fl. handeln könnte, es sei denn, sie wären durch Ausbau und Verbesserungen ihres Wertes dem einer Dauersiedlung nahegekommen. Darauf scheint auch der Vermerk in besagter Gaisalpchronologie zu deuten, dass die Schweden 1634 Haus Nr. 3 auf der Gaisalpe niedergebrannt hätten, das Kind in der Wiege sei aber gerettet worden. Ob der genannte Sommer- und Winterauszug aber wirklich auf ganzjährigen Wohnsitz deutet, ist zweifelhaft. Eine Mitteilung vom Wirt der Richtersalpe, Herrn Johannes Holderried, der mit dem Gebiet von seiner Kindheit an bestens vertraut ist, dass noch im vorigen Jahrhundert Jugendliche der Besitzerfamilien mit dem Vieh bis Weihnachten oben auf der Gaisalpe bleiben und dieses versorgen mussten, gibt hier zu denken. Gegebenenfalls mussten sie sich, zusammen mit dem Vieh, einen Weg durch den Schnee ins Tal stapfen.
Unsere Ausgangsfrage kann in der Gaisalp nicht eindeutig beantwortet werden, eher sprechen die Quellen tatsächlich für eine sehr frühe Dauerbesiedlung oder für ganzjährige Wohnhäuser und Auszüge nebeneinander. Die Quellen belegen eine auffällige Eigenschaft der Gaisalpbewohner im Umgang mit ihrem Besitz an Grundstücken, Alpweiden und Ähnlichem aus diesem Bereich, es war der Handel damit. Selbstverständlich wurde auch viel vererbt, sodass auch Familienbesitz blieb, der aber nicht selten später doch noch verkauft oder auch getauscht wurde. Ein Ausnahmefall war Besitzerwerb und Verkauf im Bereich Wald und Holz. Vielleicht darf man an den großen Holzbedarf beim Bau oder der Reparatur von Alphütten, Auszügen und Wohnhäusern denken, wobei letztere sicher auch großen Heizungsbedarf im Winter hatten. Wie schon bemerkt, ging es beim Handel, Kauf oder Erbschaft mit eingeschlossen, fast nur um landwirtschaftliche Güter, oft um Weiden und Anteile oder Auszüge. In solchen Fällen wurde meist darauf geachtet, dass in den Verträgen die früheren Lehenträger mitgenannt wurden. Allerdings gab es nach Auswanderung oder Heirat auch Gaisalper mit auswärtigem Besitz, so z. B. Joh. Jakob Schratt, mit dem interessanten Zusatz: temporär: Gaißalp 1, sonst Oberstdorf; Bauer, andere in Schöllang oder Altstädten.
, dass um 1870 die noch 1840 auf der Gaisalpe bestehenden Gehöfte Hs. Nr. 1 – 4 vollständig in Alpen umgewandelt wurden. Zwei Notizen in der Gaisalpchronik für 1851 und 1874, die vom Umbau von Hs. Nr. 1 und einem genehmigten Neubauplan für Hs. Nr. 3 handeln, deuten aber eher auf durchgehend bestehende Dauersiedlung.