Edith Baumann-Maussner wurde zusammen mit ihrem Ehemann Manfred Maussner vor zehn Jahren auf dem Friedhof in Tiefenbach, Gemeinde Oberstdorf beigesetzt.
Edith Baumann Maussner, geboren 1942 in der Steiermark, lebte in Immenstadt/Allgäu. Sie war seit 1983 freiberuflich als Künstlerin tätig und unterrichtete im Oberallgäu an der Volkshochschule. Als Mitglied im Berufsverband Bildender Künstler (BBK) Schwaben-Süd erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Kunstpreis der Stadt Kempten, den Thomas-Dachser-Gedenkpreis (Bürgerpreis Kempten), den Kunstpreis Oberallgäu und den Schwäbischen Kunstpreis der Kreissparkasse Augsburg. Mit Ausstellungen war sie in Österreich, Slowakei, Japan, in Hamburg, Düsseldorf, Augsburg und immer wieder im Oberallgäu vertreten.
Manfred Maussner, geboren 1938 in Nürnberg, studierte an den Kunstakademien in Nürnberg und Amsterdam, war viele Jahre als Kunsterzieher tätig und lebte in Kempten und Immenstadt/Allgäu. Von 1994 bis 2005 war er Vorsitzender im Berufsverband Bildender Künstler Schwaben-Süd, organisierte Ausstellungen und war Mitgründer der Kunstausstellung „Die Südliche”. M. Maussner hatte zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen in Holland, Österreich, Italien, Spanien, England, Frankreich sowie im Bundesgebiet. Internationale Grafikpreise wurden ihm 1967 in Haarlem (Holland) und 1987 in Saverne (Frankreich) verliehen. 1998 erhielt er den Alfred-Oberpaur-Kunstpreis in Kempten und 2004 den Kollegenpreis des Berufsverbandes Schwaben Süd.
Eine große Schar von Künstlerkollegen begleitete das kurz hintereinander verstorbene Ehepaar zu ihrer Ruhestätte auf den Friedhof in Oberstdorf/Tiefenbach. Dieser ruhige Ort wurde gewählt, da die Tochter Judith Thomaschek mit Familie ihren Wohnsitz in Wasach bei Tiefenbach hatte, inzwischen jedoch seit 2010 in Kempten wohnt.
Leben und Werk der beiden für das Oberallgäu bedeutenden Künstler fächert das Kunsthaus Villa Jauss in Oberstdorf im Dezember 2018 mit einer großen Gedächtnisausstellung nochmals auf; denn schnell sind die Namen der Verstorbenen aus dem Bewusstsein der Bevölkerung verschwunden, wenn ihre Arbeiten in Ausstellungen nicht mehr auftauchen. Zwar befinden sich ca. 80 Werke aus einer Privatsammlung in der Berufsschule Immenstadt und es besitzen das Museum der Stadt Füssen, die Städtischen Sammlungen in Kempten, die Bayerische Staatsgemäldesammlung München und auch der Landkreis Oberallgäu sowie zahlreiche Privatpersonen Ankäufe beider Künstler. Aber mit der Retrospektive im Jahre 2018 besteht nach zehn Jahren wieder die Gelegenheit zum Erwerb von Kunstwerken dieses sehr unterschiedlichen Paares.
Seit 1986 fanden die beiden verschiedenen Charaktere zu einer Lebensgemeinschaft zusammen. 1996 heirateten sie und wohnten ab dem Jahr 2000 in Bühl am Alpsee. Diese Wohnung wird inzwischen als Künstlerferienwohnung vermietet.
Edith bereicherte ihre Umgebung durch emotionale Kraft und Stärke, Manfred dagegen war zurückhaltend und bescheiden. Jede Begegnung mit ihm wurde von seiner natürlichen Autorität geprägt. Die Gegensätze trugen zur gegenseitigen Steigerung des Lebensgefühls bei und befruchteten die künstlerischen Produktionen.
Die bescheidenen und einfachen Lebensverhältnisse als Künstler in der Provinz meisterte Edith Baumann durch ihre beschwingte Lebenslust und Manfred Maussner durch seine ruhige und geplante Vorgehensweise. Sie war Autodidaktin auf künstlerischem Gebiet, er dagegen hatte von 1960 bis 1966 die Kunstakademien in Nürnberg und Amsterdam besucht und später, von 1970 bis 1972, freie Grafik in England und Salzburg studiert. Beruflich arbeitete er einige Jahre als Kunsterzieher. In dieser Zeit bekam er Aufträge zu Wandmosaiken in Stuttgart und Eschenau. Wandmalereien und Fresken in Eckental, Kempten, Buchenberg und Ronsberg folgten, ebenso Betonglasfenster in Eschach, Ronsberg, Eckental und Lauf. Während seiner Amtszeit als Vorsitzender des Berufsverbandes Bildender Künstler Schwaben Süd, von 1994 bis 2005, entstanden Radierungen und Holzschnitte, teils in Kempten, seit dem Jahr 2000 vorwiegend in Immenstadt.
Die 1942 in der Steiermark geborene Edith Baumann-Maussner kam über Nordrhein-Westfalen erst 1966 in das Allgäu. Sie hatte eine künstlerische Ausbildung an der staatlich anerkannten Malschule Huber in München aufgenommen und Kurse bei Josef Mickl in Wien besucht. Durch eine Weiterbildung beim akademischen Kunstmaler Arnulf Heimhofer in Burgberg fasste sie Fuß in der schwäbischen Kunstszene und war ab 1983 als freischaffende Künstlerin tätig. Mit vier eigenen Kindern und dem von Manfred in die Ehe mitgebrachten Sohn meisterte sie auch als Mutter das alltägliche Leben.
Das Schicksal wollte es, dass diese unermüdlich arbeitenden Künstlerpersönlichkeiten ihre letzten Lebenstage in Krebskliniken verbringen mussten und im Abstand von nur einem Monat in Freiburg bzw. in Wasach bei Tiefenbach verstarben.
Edith Baumann-Maussner war eine kreative Frau mit explosiver Dynamik. Sie sprengte die engen Grenzen jeglicher Art, ließ sich nicht auf eine Linie festlegen. Dabei blieb sie immer authentisch, arbeitete aus den inneren Spannungen heraus, die sie bewegten. Persönliche Lebenslinien grub sie buchstäblich in die Materialien hinein, die sie für ihre Aussagen wählte: ins Holz, in Zeitungspapiere, in Plexiglas und Kunststofffolien, in farbige Grundierungen und einfache Verpackungskartons. Wenn man sie stilistisch mit informeller Malerei in Verbindung bringt, dann trifft dies tatsächlich in Bezug auf die unkonventionelle Verwendung und Bearbeitung ihrer Materialien zu. Sie collagierte und übermalte, kratzte und malträtierte ihre Malgründe mit Schwung und zielsicherer Zeichengebung; denn dies war ihr wichtig: nicht belanglose, dekorativ schöne Bilder für das Wohnzimmer, sondern aussagekräftige Arbeiten über Freud und Leid, Zärtlichkeit und Leidenschaft. Menschliche Figuren in bewegten Körperhaltungen durchziehen tanzend oder stolpernd die Bilder, erotische und naturnahe Symbole lassen Erinnerungen an intensiv erlebte Situationen wach werden. Jeder, der sie kannte, wird dabei ihr befreiendes Lachen vor Augen haben. Fazit: Sie schaffte es überzeugend, die eigenen existenziellen Erfahrungen in Bilder umzusetzen.
Manfred Maussner musste bei seinen Mosaiken, Fresken und Glasfenstern im öffentlichen Raum viel rationaler vorgehen; denn die Auftraggeber forderten klare Entwürfe und die eigene handwerkliche Arbeit bedingte planendes Vorgehen, um die erwarteten Ergebnisse hervorzubringen. Auch die pädagogische Arbeit in der Schule war von klaren Strukturen, von Planung und Reflexion geprägt. Betrachtet man seine grafischen Arbeiten, dann findet sich dort ebenfalls das verstandesmäßige, überlegte Vorgehen. Bezeichnend die vielen Serien, die konzeptionelles Denken voraussetzen, z. B. in Farbradierungen und farbigen Holzschnitten. Stets war die Natur die Grundlage seines bildnerischen Denkens, auch wenn er sich weit in die Abstraktion hinein wagte. Eine reduzierte Farbpalette, grafische Linien als Ausdrucksträger und spannungsreiche Kompositionen ergeben einen Bildkosmos „parallel zur Natur” (Cezanne). Im tätigen Sehen, Schauen und Kombinieren erschließen sich die Bilder von Manfred Maussner. Damit sind sie etwas spröder als die oft spontan gesetzten Farben und Zeichen seiner Ateliergefährtin und Frau. Doch gerade deshalb ist die Gegenüberstellung dieser beiden Charaktere so spannend und lohnend im Ergebnis. Das Schauen und Entdecken von explosiven Momenten und angenehmen Ruhezonen gerät zum reizvollen Erlebnis – in der Erinnerung an dieses ungewöhnliche Künstlerpaar.